Wenn es um Jacquère geht, erforscht Caviste Rudolf Polifka alles, worüber er stolpert. Na ja, Industrieweine lässt er weitgehend aus. Was jedoch abseits von sauvignoiden Funduebegleiterinnen angeboten, gepriesen oder auch nur beschreiben wird, findet früher oder später den Weg in die Gasse vom Rudl. Am Weg zu einem Kompetenzzentrum für Jacquère und Welschriesling bereut der Rudl keinen zurückgelegten Kilometer und freut sich auf jeden vor ihm liegenden. Zurückgekommen ist er dabei bis jetzt praktisch immer auf drei Namen: Dupasquier, Masson und vor allem Giachino.
- 2023 Primitif, Domaine Giachino, Chapareillan, (4,50/7)
Geschmacklich nachvollziehbar zu machen, wie savoyardische Weine vor dem Einzug der Technik in die Keller und vor der Erderwärmung geschmeckt haben, ist das Motto der Giachinos für diesen Wein. Deutlich frühere Lese und dabei trotzdem spontane alkoholische und malolaktische Gärung ist, was den Rudl an diesem Wein besonders fasziniert, zumal das mit der Malo ja nicht so einfach zu sein scheint, wenn die Apfelsäure hoch ist. Keine Zutaten, drei Monate auf der Feinhefe, neun Percent Alkohol. „Fast wie wenn man in eine Weintraube beißt“, steht auf der Homepage. „Passt zu jeder Speise“, steht dort auch. Und „ein bis hundert Jahre Reifepotenital“ auch. Optisch kristallklar wie Wasser, florale und an Zitrusfrüchte erinnernde Aromen, trinkbar wie Wasser, nur besser.
- 2021 Jacquère « Jonona », Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France (4,50/7)
Um Weine wie früher zu machen, muss Francis Rousset nicht früher lesen. Vor etwa zehn Jahren hat er einen bewaldeten Hang über dem Lac d’Annecy gerodet, um einen seit über 130 Jahre aufgelassenen Weingarten aus dem 19. Jahrhundert zu revitalisieren, eine andere Variante von „Weine wie früher“. Die Rebstöcke bekommen kaum einmal mehr Sonne als für einen zweistelligen Alkoholwert erforderlich ist, für die Jacquère sowieso nicht einmal das. 2021 war kein durchschnittliches, sondern ein besonders kühles Jahr. Das schreit förmlich nach einem Vergleich mit dem Primitif der Giachinos.
- 2023 Apremont, Domaine Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie (4,50/7)
Viel gibt es ja nicht, das die Giachinos aus Jacquère nicht machen. Ein ganz klassischer Cru Apremont gehört da selbstverständich dazu. Am Fuß des Mont Granier liegt der Lac de Saint André. Das war nicht immer so. In der Nacht vom 24. auf 25. November 1248 sind mehrere hundert Kubikmeter Felsblöcke vom Mont Granier herunter gebrochen und haben diese Landschaft geformt. Heute noch liegen massive Felsblöcke mitten in den Feldern und Weingärten. Der Apremont der Giachinos zeichnet sich durch ausdrucksstark steinige Weine, die an Bergamotten, Ananas und Hollunderblüten erinnern, aus. Wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, die Giachinos fragen, dann sind die der Meinung, dass ihr Apremont in einer Höher von 2000 Metern noch besser schmeckt. Ausprobiert hat das der Rudl noch nicht.
- 2023 Silice Blanc, Maison des Ardoisières, Freterive, Vin de France
Für engagierte Menschen erweisen sich Rückschläge manchmal als Chance. Im Fall von Brice Omont wird man das annehmen können. Es war wieder so ein Jahr, in dem die Weinterrassen in Cevins kaum nennenswerte Mengen an Trauben getragen haben. Spätfrost, Hagel, Niederschläge zur falschen Zeit … das mittlerweile leider Übliche. Es ist in der Regel leider so, dass seinerzeit reguläre Ernten heute eher die Ausnahme darstellen und deshalb nicht mehr die Regel sind. Zu heftig und zu regelmäßig geraten über den exponierten Weingärten Savoyens und des Juras, aber nicht nur dort extreme Luftmassen aneinander. Und zu heftig und zu regelmäßig verteilen sich Niederschläge über das Jahr nicht mehr oder weniger regelmäßig, sondern kommen zuerst gar nicht und dann quasi im Rudel, wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, dem Rudl diesen Kalauer gestatten. Es war auf jeden Fall wieder einmal so ein Jahr, in dem Brice Omont nicht erst im September gewusst hat, dass sein Leseertrag nicht ausreichen würde, um die Unkosten zu decken und seine Familie zu ernähren. Deshalb ist er vor allem zu Nebenerwerbsweinbauern in Apremont gefahren, hat sie davon überzeugt, ihre Weingärten auf biologische Bewirtschaftung umzustellen und ihm die Jacquère-Trauben zu verkaufen. Aus diesen handgelesenen Trauben – auch das ist in dieser Gegend nicht die Regel – macht Brice eine mittlerweile sogar zertifiziert biologische, kristalline Jacquère mit Biss und Tiefgang, und das regelmäßig.
- 2020 Jacquère, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Vin de Savoie (3/5)
Dieser Wein hat seinen Weg zwar nicht mit der letzten Lieferung nach Reindorf gefunden, sondern ist schon seit zwei Monaten in der Weinhandlung Rudolf Polifka et fils. Aber es hat diesen Jahrgang noch nicht oft glasweise gegeben.
- 2023 Giac’ Bulles, Domaine Giachino, Chapareillan, Vin de France (4,50/7)
Als Fred Giachinos Antwort auf Red Bull hat das Weingut diesen Pétillant naturel seinerzeit herausgebracht. 7,5 % Alkohol, trocken, reinsortige Jacquère.
- Da zumindest zu Beginn der Lehrveranstaltung noch etwas vom Argile Blanc und vom Schiste da sein wird, kann man 3 der 4 neuen Weine der Domaine, bzw. Maison des Ardoisières glasweise studieren.
DONNERSTAG, 27. Februar von 17 bis 21 Uhr
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils
Reindorfgasse 22
Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.
Frisch und munter grüßt Caviste Rudolf Polifka!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien