Premiere! Schistes und Grès. Die geologischen Cuvées der Domaine Arretxea
Seit der Rudl über die Appellation Irouléguy bei James E. Wilson gelesen hat, ist er von ihr fasziniert. Und spätestens seit seinem ersten Besuch dort ist Hégoxuri, der damals einzige Weißwein der Domaine Arretxea sein Lieblingswein.
Mit dem Jahrgang 2009 hat die Familie Riouspeyrous begonnen, zusätzlich Weißweine nach den spezifischen geologischen Untergründen der Weingärten auszubauen. Der Rudl kann sich noch gut daran erinnern, als er im Sommer 2011 Fassproben der beiden Premieren „Pantxuri“ und „Hégoxuri Grès-Schistes“ kosten durfte. Damals war man auch noch auf der Suche nach Namen für die beiden neuen Weine.
Den „Pantxuri“ vom Vulkangestein gibt es mittlerweile nicht mehr. Dafür sind aus dem anderen zwei Weine geworden, einer vom Schiefer, der andere vom Sandstein (Grès).
Caviste Rudolf war im November so glücklich, vom Schistes und vom Grès jeweils sechs Bouteillen zugeteilt zu bekommen. Diese Woche wird er jeweils ein Flascherl öffnen.
Biodynamie
Natürliche Gleichgewichte und Kreisläufe, als Influencer der Mond und Beobachtung von Vorgängen und Abläufen, die man naturwissenschaftlich noch nicht erklären kann, Intuition und Tradition statt Chemiekasten – so ähnlich bringt die Familie Riouspeyrous von der Domaine Arretxea ihren anspruchsvollen wie begeisterten Zugang zum biodynamischen Weinbau auf den Punkt.
Terroir
Oft verkehrt und zu Unrecht strapaziertes beziehungsweise überstrapaziertes Wort, jedoch ein entscheidender Aspekt der Typizität eines Weines sowie Dreh- und Angelpunkt der Arbeit im Haus Arretxea.
Wenn vorher erwähnt wurde, dass man sich auch an Beobachtungen, die man sich noch nicht so leicht erklären kann, orientiert, dann bedeutet das keine Geringschätzung der Naturwissenschaft. Ganz im Gegenteil, pflegt die Familie Riouspeyrous nicht erst seit gestern eine intensive Zusammenarbeit mit Geologie, Botanik und Kartographie, um immer mehr von dem, worin ihre Rebstöcke grundeln, zu verstehen und angemessen darauf reagieren zu können. Dass es sich dabei vorwiegend um außerordentlich eisenreichen Glimmerschiefer, Sandstein und vulkanische Ophite- sowie Dolomiteinschlüsse handelt, hat Caviste Rudolf schon hie und da erwähnt. Aber der Rudl hat selten so viele für einen Laien erkennbare Wechsel an geologischen Gegebenheiten auf so engem Raum gesehen wie in Irouléguy. Und dem entspricht eine geschmackliche Vielfalt der Weine von dort, die ihresgleichen sucht, aber ziemlich sicher nirgends so schnell findet. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass Monokultur in Irouléguy wirklich noch ein Fremdwort ist, wobei für des Baskischen mächtige Menschen ja sowieso fast jedes Wort ein Fremdwort ist. Und natürlich ist auch Biodiversität ein Fremdwort, aber in der Sache ist den Weingärten der Weinbauernfamilien Riouspeyrous (Arretxea) und Espil (Ilarria) die Biodiversität gar nicht fremd. Die ist dort sozusagen zuhause.
Pflanzen wie Farne, Brennessel, Löwenzahn, Fenchel, Schachtelhalm, Weide oder auch Piments stärken nicht nur das natürliche Gleichgewicht der Landschaft, sondern werden auch verwendet, um nicht so willkommenen Insekten oder Schwammerln den Weisel zu geben.
Biodynamie wird nicht nur als landwirtschaftliche Technik, sondern auch als Philosophie über das Verhältnis zwischen Menschen und Natur verstanden. Ganz unwesentlich scheint das dem Rudl nicht zu sein. Dass Wein dann am großartigsten schmeckt, wenn er möglichst im Einklang mit der Natur gekeltert wurde, erscheint dem Rudl als evident. Zu einer Idealisierung oder gar Ideologisierung von Natur und einer Geringschätzung von Wissen, Beobachtungen und Fertigkeiten als Kultur scheint dem Rudl aber kaum ein Anlass zu bestehen, beim Wein nicht und sonst auch nicht.
In naturwissenschaftlichen Kategorien nicht immer kausal erklärbare Einflüsse wie der Mond werden beobachtet und in einem für einen Bauern realistischen Maß genützt, ohne dabei dogmatisiert zu werden.
Die Fauna zwischen den Rebstöcken wird penibel und äußerst kontrolliert kultiviert, anstatt chemisch vernichtet und dem verseuchten Erdboden gleich gemacht zu werden. Aber sie wird auch nicht sich selbst überlassen. Das ist vor der Lese eine ziemlich Hackn, weil es ohne Traktor, aber mit einem auf den Schultern getragenen Mäher geschieht. Nach der Lese ist das für die Riouspeyrous dafür keine so kolossale Anstrengung mehr. Denn dann kommen die biologisch gehaltenen Viecherl von einem befreundeten Schäfer in den Weingarten, fressen bis zum Antrieb im Frühling das Gras, düngen die Rebstöcken und sorgen nebenbei für einen ziemlich extraordinairen Ossau-Iraty.
Im Oktober muss sich dann ein ziemliches Spektakel auf den Hügeln am Fuß der Pyrenäen abspielen, farbenmäßig, worauf der Rudl sehr neugierig wäre, föhnmäßig, worauf der Rudl viel weniger neugierig wäre, zugvögelmäßig, vor allem aber weinlesemäßig.
Und auch dabei wird wieder penibelst darauf geachtet, dass ausschließlich physiologisch optimal reife, gesunde und unverletzte Trauben in den Keller gebracht werden. Die Riouspeyrous nennen das einen „moment fort“, was bei der Lese im gemeinschaftlichen Ringen um Qualität, Respekt und Verbundenheit geschieht.
Was danach im Keller erfolgt, soll an das hohe Maß an Kultiviertheit der Arbeit im Weingarten möglichst nahtlos anschließen.
Die Roten bleiben etwa drei bis vier Wochen auf der Maische.
Und wenn die Riouspeyrous von einem Minimum an Intervention im Keller schreiben, dann meinen sie damit alles andere als Nichtstun und Owezahn, sondern viel eher das, was dem Rudl sein unangefochtener Lieblingswirt und -winzer mit „kontrolliertes Nichtstun“ bezeichnet. Minutiös beobachten, vuasichtig sein und nötigenfalls so schonend wie virtuos das Richtige zu tun. Zum Glück!
Der Fässer sind temperaturkontrolliert, das Hinunterdrücken der Maische erfolgt manuell, um eine ideale Extraktion der Tannine und Anthocyane zu gewährleisten.
Alles ist dem einen Ziel, den Charakter der jeweiligen Parzelle möglichst repräsentativ zum Ausdruck zu bringen, untergeordnet.
Da die Weine lange auf den Feinhefen ausgebaut und aufgerührt werden, kann der Einsatz von Schwefel auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Zu diesem Mindestmaß an Schwefel bekennt man sich, weil ein ideales Reifungspotential, Schutz beim Transport und die Vermeidung von microbiellen Devianzen von herausragender Bedeutung sind. Trotzdem bleibt die Schwefeldosis um über fünfzig Prozent unter dem, was für biologische Kellerarbeit erlaubt wäre.
- Riesling Federspiel Kellerberg 2018, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau (4/6)
Riesling und Chenin blanc werden gelegentlich mit Petit Manseng, vielleicht der zentralen Weißweinkomponenten in Irouléguy, wenn es um Rebsorten geht, geschmacklich in Verbindung gebracht. Das gefällt dem Rudl. Denn was Chenin blanc und Riesling betrifft, hat der Rudl doch gröbere Probleme im Zugang. Umso mehr begeistern ihn Weißweine aus Petit Manseng. Damit Sie einer allfälligen geschmacklichen Nähe von Riesling und Petit Manseng selber nachgehen können, stellt Caviste Rudolf diesen einen Riesling vom Weingut Schmidl an die Seite.
- Hégoxuri 2019, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (6/9)
- Grès 2017, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (8/12)
- Schistes 2017, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (8/12)
- Hégoxuri 2009, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (7/11)
Um zu ermessen, wie diese Weine reifen, erscheint es dem Rudl als unerlässlich, dem Neunzehner ein um zehn Jahre gereifteres Exemplar an die Seite zu stellen.
… aber auch noch nennenswerte Restbestände der Weine von Maria und Sepp Muster und andere Weine kredenzt der Rudl glasweise
am Dienstag, den 8. Juni und am Donnerstag, den 10. Juni
von 16 bis 21 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgsse 22
Cycling Caviste Rudolf Polifka
-
ersucht um Reservierung und das Mitbringen der erforderlichen Papiere,
-
stellt Ihnen nach Maßgabe der zeitlichen Reserven weiterhin gerne CO2-, kontakt- und zustellgebührfrei Wein mit dem Radl zu und
-
ärgert sich, dass man immer noch dem irrationalen, neoliberalen Utilitarismus Opfer darbringt, anstatt endlich den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag zu erklären.
Kultiviert grüßt angry young Rudl!
Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien
kosten- und fast CO2-lose Zustellung innerhalb von und um Wien, auch von Einzelflaschen