Und noch etwas
Der Handel scheint heute nach einem ziemlich schlichten Prinzip zu „funktionieren“, und Caviste Rudolf meint, das schon kapiert zu haben: Überzogene reguläre Preise, mit denen permanente Sonderangebote, Massenrabatte, Abverkäufe und Stammkundenaktionen finanziert werden. Druck auf Lieferanten und anbiedernde Marketingslogans …. alles, damit jeder einzelnen Kundschaft die Illusion der Sonderbehandlung vermittelt wird. Geiz ist schließlich geil und zu verschenken hat man auch nix. Außer die Kakaobäuerinnen und Minenhakler irgendwo weit weg.
Dem Rudl sein Geschäftsmodell ist das nicht, und seine Vorstellung von einer zivilisierten Marktwirtschaft schon erst recht nicht.
Caviste Rudolf ist nicht ganz unbescheiden der Auffassung, dass die Weine, die er anbieten darf, alles andere als Allerweltsweine und auch alles andere als Allerweltsnaturweine sind. Wenn sie so wollen, stellen diese Weine eine Sonderbehandlung der Kundschaft dar. Ein Kurzbesuch auf www.wine-searcher.com könnte dafür sprechen.
Ausnahme! Freitag zu, Sonntag offen.
Wie angekündigt muss Herr Rudolf am Freitag, den 9. Dezember sein Geschäft ausnahmsweise geschlossen halten, weil er endlich, aber doch noch ein Weihnachtsbockbier aus dem Bräustübl in Salzburg Mülln holt. Am Mittwoch, den 7. Dezember, dem Tag vor dem Feiertag, ist selbstverständlich offen.
Und am dritten Adventsonntag, den 11. Dezember, das ist der Silberne Sonntag, öffnet der Rudl ja sowieso schon traditionell die Pforten seines Kaufgeschäfts, seit er sein Geschäft betreibt, als Reverenz an das Wirtschaftswunderzeit. Bis in die späten fünfziger Jahre, aber das hat Weinschulmeister Rudolf schon das eine oder andere Mal ausgeführt, sind am dritten Adventsonntag, dem Silbernen Sonntag, und am vierten Adventsonntag, dem Goldenen Sonntag, die Geschäft offen gewesen. Am Samstag Nachmittag war eine Ruhe, auch im Advent.
Domaine Dupasquier in Aimavigne, Jongieux
Sie ist nicht das erste savoyardische Weingut, zu dem der Rudl seinerzeit hingefahren ist, gewesen, aber mit Abstand das erste von denen, zu denen er immer noch hinfährt. Und sie ist auch das einzige Weingut in Savoyen, das er, seit er es kennt, jedes Mal besucht hat, wenn er in der Gegend war.
Bizarr
So bizarr der Dent du Chat über den steilen Weingärten empor ragt, so karg sind die Kimmeridge Böden, auf denen die Weine wachsen, ganz oben, wo der Hang am steilsten und der Boden am steinreichsten ist, wächst der Marestel, das Aushängeschild des Weinguts. Dass gerade der Marestel je nach Jahrgang meistens halbtrocken ist, passt ins Bild. Dass er seinen Namen von einem Kellner und Berater des Grafen Emmanuel-Philbert names Claude de Mareste hat, auch. De Mareste ist mit offenen Augen durch das Leben gegangen und hat erkannt, dass die dünne Kimmeridge-Schicht ein ganz favorabler Boden und der Windschutz durch einen parallel verlaufenden Bergrücken ein ebensolches Mikroklima für Weinbau darstellen. Den Berater Claude de Mareste hätte man vermutlich mitten in der Nacht anrufen und nach seiner Leistung fragen können. Der hätte sagen können, worin sie bestanden hat.
Alle anderen Weine der Domaine Dupasquier sind trocken.
Vigne „in the rocks“, nicht „on the rocks“, schreibt André Combaz über diese Weingärten unter dem Dent du Chat. Die Reben müssen mit Krampen in den Felsen gehaut werden. Kaum irgendwo hat der Rudl bis jetzt kargere Böden gesehen.
Weingut
Noël Dupasquier hat seinen Betrieb vor ein paar Jahre an die nächste Generation übergeben. Manchmal geht so etwas nicht gut. In diesem Fall schon. Den Weinen hat es nicht geschadet und anders als vor vier Jahren muss der Rudl heute nicht mehr zu Briefpapier und Kouvert greifen, um mit dieser Domaine in Kontakt zu treten.
Weine
Rosé 2013
Rosés werden in der Regel früher in Verkauf gebracht als der von Dupasquier. Gamay und Pinot Noir.
Jacquère 2014
Neben dem Gamay der jüngste Wein auf der aktuellen Weinkarte dieses Weinguts. Frische Zitrusaromen, Alpenbitterkräuter und Wacholder. Weltberühmt in ganz Savoyen, wie der Kurtl vielleicht sagen würde, ist die Jacquère deshalb, weil sie auf fetten Böden äußerst hohe Erträge bringt. Den fragwürdigen Ruf hat sie aus denselben Gründen. Auf kargen Böden schaut die Geschichte anders aus. Und wie deutlich sich aus ihr gewonnene, gelungene Weine vom Südwesthang in Chignin, von ebensolchem von der Nordostlage in Apremont unterscheiden, ist schon remarquabel. Da verursacht wirklich fast ausschließlich die Hangausrichtung den Unterschied. Die von Dupasquier (Westausrichtung auf Kimmeridgekalk) und jene von Jacques Maillet (Westausrichtung auf Sandstein) schmecken wieder anders. Das wird auch einmal in der Alma Mater Rudolphina Reindorfensis zu studieren sein.
Bemerkenswerte Länge und Vielschichtigkeit für einen nicht einmal zwei Jahre alten Wein mit elfkommafünf Percent Alkohol.
Chardonnay 2013
Nach Burgund ist es von dort nicht weit. Viel Chardonnay gibt es trotzdem nicht.
Roussette de Savoie 2013
Die AOC Roussette de Savoie ist die einzige Rebsortenappellation Savoyens, für Altesse. Im Unterschied zum Marestel immer trocken. Spontanvergärung, langer Ausbau im großen Holz, minimale Schwefelung. Frische Säure, Honig, und Lindenblüten. Altesse old school.
Marestel 2012
Der stumpfsinnige Terminus „Flaggschiff“ gehört nicht zum aktiven Wortschatz Herrn Rudolfs. Wertneutrale Marketingstrategen würden den Marestel von Dupasquier vermutlich aber als solches bezeichnen. Wurscht. Er ist einer der Lieblingsweine vom Rudl, obwohl der auch nicht alle Tage halbtrockene Weine zu sich nimmt.
Die Ertragsbegrenzung auf fünfundzwanzig Hektoliter am Hektar erfolgt ganz ohne Zutun des Weinbaumeisters.
Der Grand Atlas des Vignobles de France nennt den Cru Marestel einen Wein „à forte personnalité“. Der Ausdruck gefällt dem Rudl.
Marestel „Fleur d’Altesse“ 2009
In ganz wenigen, besonderen Jahren wird am Gipfel der Reife in den besten Teilen der Marestel Parzellen ein Fleur d’Altesse gelesen, um in der Folge drei Jahre lang zu einem Süßwein ausgebaut zu werden. 2009 war so ein besonderes Jahr.
Subtile Pfirsich- Orangen-, Lindenblüten-, Marillen- und Lebkuchenaromen.
Ungewöhnlich die Begleitempfehlung: Vergeblich sucht man nach Blauschimmelkäse, Mousse au Chocolat oder Crème brûlée? Man möge ihn in Begleitung von Freunden trinken und einen gewogenen Gedanken an den Winzer verschwenden, steht am Rücketikett.
Und die Roten?
Gamay 2014
In der Wiener City und nicht nur dort gibt es seit der Nacht auf den dritten Donnerstag im November den Beaujolais Primeur 2016, in den Augen von Herrn Peter und auch in denen vom Rudl, einen Wein, dessen Erfindung man auch versäumen hätte können. Der Beaujolais Primeur besteht wie jeder rote Beaujolais aus der Rebsorte Gamay. Damit ist schon zu viel geschrieben über diesen Wein, der dem Baujolais als Region und dem Gamay als Rebsorte nicht unbedingt einen Bärendienst erweist.
Der aktuelle Gamay von Dupasquier ist ein 2014er. Caviste Rudolf hofft, das genügt.
Pinot Noir 2013
Da gilt auch nicht viel anderes als für den Chardonnay.
Mondeuse 2013
Die spezifischste, ganz sicher aber älteste Rotweinrebsorte Savoyens, ganz passable Tannine. Schwarzer Pfeffer.
Und für Silvester? Und nach diesem Sonntag!
Perles d’Aimavigne Brut
Jacquère, Chardonnay und Altesse. Rehabilitation der Kreide!
Diese zehn noch einmal folgenden Weine gibt es diese Woche auch glasweise in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, aber nicht einmal diese Woche ausschließlich die.
- Rosé 2013, Domaine Dupasquier, AOP Vin des Savoie (2/3)
- Jacquère 2014, Domaine Dupasquier, AOP Vin de Savoie (2,50/4)
- Chardonnay 2013, Domaine Dupasquier, AOP Vin de Savoie (3/5)
- Roussette de Savoie 2013, Domaine Dupasquier, AOP Roussette de Savoie (3/5)
- Roussette de Savoie Cru Marestel 2012, Domaine Dupasquier, AOP Roussette de Savoie (4/6)
- Fleur d’Altesse Cru Marestel 2009, Domaine Dupasquier, AOP Roussette de Savoie (6,50/11)
- Gamay 2014, Domaine Dupasquier, AOP Vin de Savoie (3/5)
- Pinot Noir 2013, Domaine Dupasquier, AOP Vin de Savoie (3/5)
- Mondeuse 2013, Domaine Dupasquier, AOP Vin de Savoie (3/5)
- Perles d’Aimavigne Brut, Méthode Traditionelle, Domaine Dupasquier (3/5)
In Klammern zuerst der Preis für das jeweilige Sechzehntel, dann der fürs Achtel.
Vorschau
Wollen Sie diese Woche allein durch glasweisen Weinkonsum eine beträchtliche Summe Geld loswerden, müssen Sie schon ziemlich viel trinken, wobei das, wie erwähnt, in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils diese Woche nur am Mittwoch und am Sonntag möglich ist. Dafür wird es nächste Woche die Gelegenheit geben, für einen ganz schönen Haufen Geld nur äußerst wenig Wein trinken zu müssen. Dann wieder Mittwoch, Freitag und Sonntag.
Dupasquier aber
Mittwoch, den 7.12. von 16 bis 22 Uhr und
Sonntag, den 11.12. von 14 bis 18 Uhr,
nicht aber am Freitag, den 9.12.!
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Nachrichten aus dem Flaschensortiment
Die oben mehr oder wenig beschriebenen Weine der Domaine Dupasquier sind auch als Flaschen zum Mitnehmen verfügbar. Darüber hinaus Marestel 2011 und 2011.
Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man endlich den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Menschen aus dem Vernichtungslager in Auschwitz, zum europäischen Identitätsfeiertag erklären soll. Die europäische Einigung ist zu schade, um als Sündenbock für nationalstaatliche Bürokratisierungswut missbraucht zu werden.
Herr Rudolf grüßt am dritten und vierten Adventsonntag Gold und Silber, an den übrigen Tagen den „guadn Schmäh“!