Überflüssige Fragen I: Beaujolais nouveau oder steirischer Junker? AUSNAHMSWEISE MITTWOCH, 19. November von 17 bis 21 Uhr

Mittwoch

Der Donnerstag ist ein beliebter Wochentag. Das könnte mit dem Wochenende zu tun haben. In den Wochen vor Weihnachten scheint der Donnerstag noch eine Spur beliebter zu sein. Da finden dann ganz besonders viele erfreuliche und weniger erfreuliche Veranstaltungen an Donnerstagen statt. Darum sieht sich der Rudl gezwungen, in der kommenden Woche und in der Woche vor dem Tag des Heiligen Niglo nicht am Donnerstag, sondern am Mittwoch aufzusperren. Das sind Mittwoch, der 19. November und Mittwoch, der 3. Dezember. In den übrigen Wochen bis Weihnachten ist die Weinhandlung Rudolf Polifka et fils heuer wie üblich donnerstags von 17 bis 21 Uhr geöffnet.

Brisantes Duell

Es ist zugegebenermaßen keine große Kunst und in halbwegs weinaffinen Kreisen so wenig kontroversiell wie originell, sich über den Jungweinkult zu mokieren. Der Rudl macht es trotzdem, gleich zweimal. Dabei hat er den Startschuss zur Ausschank des steirischen Junkers zum Anlass genommen, gereifte Weine von Schmecke das Leben zu kredenzen. Der Junker scheint ja ein ungeduldiger Patron zu sein. Er wird heute deutlich früher angeboten als vor fünfundzwanzig Jahren. Er ist also ein beweglicher Jungwein, der immer jünger wird. Beaujolais nouveau ist auch jung, aber stabiler. Das Harren auf ihn endet beinahe seit Erfindung der Vitis vinifera um null Uhr nach dem dritten Mittwoch im November. Und obwohl der steirische Junker geographisch näher liegt, erscheint dem Rudl Beaujolais bedeutender. Das hat vor allem mit der Rebsorte Gamay zu tun. Sie ist quasi rebsortentechnisch der Ausgangspunkt der Naturwein- und wohl auch der Bioweinbewegung. Wie biologischer Wein heute ohne die Arbeiten von Jules Chauvet aus den fünfziger Jahren schmecken würde, möchte sich der Rudl lieber nur vorstellen, aber nicht trinken müssen. 

Gamay

… gilt ein bissl als Synonym für Beaujolais, wo er mehr oder weniger neunzig Percent der Rebfläche repräsentiert. Aber abgesehen davon, dass man dem Beaujolais unrecht tut, wenn man es mit Jungwein gleichsetzt, tut man dem Gamay unrecht, wenn man ihn als Synonym für Beaujolais missversteht. Am allerunzutreffendsten wäre eine Kombination aus beidem. Dass es sich bei Gamay nicht um eine rote Entsprechung etwa zu Bouvier handelt, beweisen dreißig Jahre alte Morgons, Fleuries oder Moulin-à-Vents. Bei kargem Boden, vielleicht sogar aus Granit und lockerbeerigen Klonen kann diese Rebsorte veritable Mirakel an Vielschichtigkeit, Eleganz und Harmonie hervorbringen. In Anbetracht der Verwandtschaft des Gamays mag das freilich auch nicht verwunden, handelt es sich bei ihm doch um ein Wunschkind des Pinot noir.

Geographisch ist festzuhalten, dass es Gamay beispielsweise auch in anderen Teilen Burgunds, in Savoyen und vor allem in der Auvergne gibt. In den vulkanischen Terroirs rund um den Puy de Dôme ist man auf eine eigene Spielart der Rebsorte, den Gamay d’Auvergne, stolz. In der Schweiz und im Aostatal wächst Gamay, in Österreich, soviel der Rudl bisher in Erfahrung bringen konnte, nicht. Heunisch und Pinot noir sind die freiwilligen Eltern von Gamay, den man zumindest von Frankreich aus als eine Liaison von Heimat und Fremde betrachten darf, stammt doch Pinot noir aus Burgund, während es sich beim Heunisch um ein Mitbringsel der Römer gehandelt hat.

Darüber hinaus ist dem Rudl aufgefallen, dass er seit dem letzten Gamay-Forschungsabend sechs Weine, in denen Gamay zumindest eine Rolle spielt, neu in sein Sortiment aufgenommen hat. Und die drängen förmlich ins Glas.

Beaujolais nouveau

Vielleicht gibt es davon auch gute. Einfach vorzustellen ist das für den Rudl nicht. Auf alle Fälle kredenzt Caviste Rudolf Polifka am Abend vor dem Startschuss für den Beaujolais nouveau 2025 Gamays unterschiedlicher Provenienz und Machart glasweise. Und wenn Sie dann noch drei Stunden warten, können Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, sofern Sie das wünschen, vielleicht noch ein Glasl vom Neuen trinken, nicht beim Rudl, jedoch irgendwo im ersten Wiener Gemeindebezirk. Aber der ist – kulinarisch betrachtet – eine andere Geschichte, eine ganz andere.

  • 2021/2022 Brisûre, Domaine les Cortis, Andert-et-Condon, Bugey, Vin de France (5/8)

fünfzig Percent direkt gepresster Gamay teinturier, fünfzig Percent Altesse, Jahrgangsassemblage von 2021 und 2022, zwölf, beziehungsweise vierundzwanzig Monate im 600-Literfass

  • 2024 Giac’ Potes, Domaine Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie (4,50/7)

Gamay und Mondeuse vom Fuß des Chartreuse-Gebirges

  • 2024 Mémoire de Madone, Vieilles Vignes, Les Vins de la Madone, Champdieu, AOC Côtes du Forez (6,50/10)

Vulkanboden, Gamay d’Auvergne, geringer Ertrag (dreißig Hektoliter am Hektar). Handlese, fünfzehn Tage auf der Maische, Sandsteinamphore. Fast alles andere ist dann auch geklärt. Ein Nachsatz: Wenn Sie zu einem aromatisch intensiveren Käse oder Fleisch einen steinigen Kontrast suchen, ist dieser Wein eine Möglichkeit.

  • 2018 Gamay, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Vin de Savoie (3/5)
  • 2018 Argile Rouge, Domaine des Ardoisières, Saint Pierre de Soucy, IGP Vin des Allobroges (6/9)

65 % Gamay, 25 % Mondeuse, 10% Persan

  • 2021 Campagnès, Maxime Magnon, Durban-les-Corbières, Languedoc, AOC Corbières

Campagnès besteht nicht aus Gamay. Vielmehr wächst er auf ganz alten Carignan-Rebstöcken. Und Carignan ist vom Rebsortencharakter ungefähr das Gegenteil von Gamay. Darum wird er auch eher selten sortenrein vinifiziert. Aber Maxime Magnon hat bei Marcel Lapierre in Morgon im Beaujolais gelernt. Marcel Lapierre wiederum war ein Schüler von Jules Chauvet, dem großen Weingelehrten aus La Chapelle de Guinchay. Der Rudl hat momentan keinen Beaujolais im Sortiment. Privat hat er genau 4. Die wollen reifen. Darum vertritt Campagnès von Maxime Magnon das Beaujolais. Das Wissen und die Handwerkskunst des Winzers sind aus dem Beaujolais. Und das ist gar nicht wenig.

  • 1979 Bouvier, Trockenbeerenauslese, Weingut Gangl, Illmitz, Neusiedlersee (10/-)

Noch weniger als Beaujolais besitzt der Rudl Bouviers.

MITTWOCH, 19. November von 17 bis 21 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

Gereift grüßt Rudolf Polifka!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

59 Jahre Hégoxuri, Donnerstag, 13. November, 17 bis 21 Uhr

Weinauktion zugunsten des Integrationshauses

Zum 29. Mal findet sie heuer statt. Der Rudl war bei der ersten im siebenundneunziger Jahr dabei. Das war halt Glück, weil er gerade in diesem Jahr nach Wien übersiedelt war. Er kann sich nicht erinnern, seit 1997 eine versäumt zu haben. Ausgesprochen freuen tut er sich, wenn er jemanden dort trifft. Am kommenden Mittwoch, den 12. November ist es wieder so weit. Altes Rathaus, Wipplinger Straße 8, ab 19 Uhr (Einlass 18 Uhr). „Gemmas wieda an!“ würde der Herr Kurt vielleicht sagen. „Oiso zahts an!“ möchte der Rudl sekundieren.

Lieblingswein?

In nicht ganz regelmäßigen Abständen drängt es Caviste Rudolf Polifka seinen Lieblingswein zum Objekt oenologischer Forschungen zu machen. Meistens sind ein, zwei oder mehr Vergleichsweine dabei. Höchste Zeit, sich einmal ausschließlich dem Lieblingswein zu widmen. Paradoxerweise. Denn der Rudl hält das Wort „Lieblingswein“ für einen Unsinn, genaugenommen sogar für einen Widerspruch in sich. Unterscheidet sich Wein, mit dem der Rudl etwas anfangen kann, doch gerade in seiner Unberechenbarkeit von industriellen Getränken. Über die Jahrgänge hinweg könnte demzufolge nur ein Industriewein ein Lieblingswein sein. Dem Rudl fehlt jedoch die Phantasie, sich einen Industriewein als Lieblingswein vorzustellen. Egal. Seit dem ersten Besuch von Monsieur Rudolf bei der Domaine Arretxea ist Hégoxuri für den Rudl ein ganz besonderer Wein. Das Weingut hat ab 2009 über dem Hégoxuri terroirspezifische Weißweine herausgebracht. Zuerst Grès-Schistes und Pantxuri Ophite, dann Grès, Schistes und Ophite. Ophite ist später wieder weggefallen. Drum sind es momentan zwei. Allerdings ist der Weingarten für einen Return des Weißweins vom Vulkangestein schon gepflanzt. Bekommen tut man diese terroirspezifischen Weine stets ausschließlich mit einem Batzen Beharrlichkeit und in homöopathischen Dosen. Kaum absehbar, dass sich daran viel ändern wird. Hégoxuri kennt Monsieur Rudolf schon länger, nicht viel länger, aber länger. In dem Sommer, in dem der Rudl zum ersten Mal einen Hégoxuri – es war der siebener Jahrgang – getrunken hat, war er auch bei der Domaine Didier Dagueneau, bei Michel Lafarge, Vacheron, Yvonne Hégoburu und Dominique Belluard. Hégoxuri war der Wein, der den Rudl am meisten beeindruckt hat und von dem er nach der Studienreise unverzüglich alle von ihm auf digitalem und analogem Weg aufgefundenen Jahrgänge gekauft hat, respektive das immer noch macht. Unter diesen Voraussetzungen verzeiht sich Caviste Rudolf Polifka das Strapazieren des an sich sinnlosen Begriffs „Lieblingswein“.      

Name als oenologisches Programm. Eine Stundenwiederholung

Die Domaine Arretxea heißt auf Deutsch übersetzt „Weingut Steinhaus“. Übersetzt kann man diese drei Wörter als oenologisches Programm des

Weinmeisters Michel Riouspeyrous lesen.

Wein – gut

Dass ein Wein sich nicht zuletzt durch die Eigenschaft gut auszeichnen soll, ist eine Erwartung von eingeschränkt kontroversiellem Gehalt. Dass ein guter Wein keine so relative Angelegenheit ist, wie manch Postmodernistin oder Postmodernist vielleicht meint, wird der Rudl aber auch nie zu betonen müde werden. Er sieht sich da als Religionsschulmeister viel zu sehr in der Tradition der sokratischen Aufklärung, als dass er dem Wer-laut-ist-hat-Recht-Getöse folgen würde. Da mögen die Inszenierung noch so spektakulär, die Follower noch so viele und die Kommunikation noch so kalkuliert sein. Für den Rudl gibt es Kriterien des Wahren, Guten und Schönen, im Leben wie beim Wein. Vielschichtigkeit, Harmonie, Dezenz, Struktur und ein Reifungsverlauf, der den Wein verändert, ohne ihn müde, alt oder fad dastehen zu lassen – das ist am Gaumen vom Rudl ein guter Wein. Diesbezüglich lässt Hégoxuri von der Domaine Arretxea dem Rudl nichts zu wünschen übrig. Und darum ist die Domaine Arretxea für den Rudl auch ein Weingut, dessen letzte drei Buchstaben wörtlich zu nehmen sind.

Stein

Geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, vielleicht ist es Ihnen schon aufgefallen: Der Terminus mineralisch gehört nicht zum aktiven oenologischen Wortschatz von Herrn Rudolf. Dass Weine nach aneinander geschlagenen Steinen riechen können, kann der Rudl empirisch nachvollziehen. Gar nicht selten sind das jene Weine, die ihm besonders gut schmecken. Es gibt Weinbauern, die sich ganz besonders intensiv für die geologischen Gegebenheiten in ihren Weingärten interessieren. Josef Mantler ist so einer. Josef Maier ist auch so einer, Josef Lentsch, Josef Umathum, Josef Muster detto … und Michel Riouspeyrous auch. Dabei meint der Rudl wahrzunehmen, dass sich gerade diese Weinbauern äußerst sparsam in der Verwendung des Wortes „mineralisch“ erweisen.

Haus

Zu guter Letzt erscheint dem Rudl dieses Wort nicht unwesentlich. Mit der Vorstellung, dass sich Wein im Weingarten „quasi eh von selber“ mache, kann der Rudl nicht viel anfangen. Sein Faible für biologischen Wein hat er im Jahr 1992 vor einer Weinflasche von Franz Steindl aus Purbach entdeckt. Seither hat der eine oder andere Tropfen biologischen Weins den Gaumen von Rudolf Polifka passiert. Anfangs konnte man sich als Freund von solchen Weinen noch als missverstandener Idealist fühlen und stolz sein. Irgendwann nach der Jahrtausendwende hat der Wind dann gedreht. Und mit Änderung der Windrichtung scheint auch eine andere Vorstellung von Biowein aufgekommen zu sein. So vernimmt man gelegentlich, dass mehr oder weniger jeder irgendwie Biowein machen könne. Entsprechend unüberschaubar ist die Menge an Quereinsteigern in den Weinbaugebieten und an Farben auf den Etiketten geworden. Dass biologischer Wein vor allem einen ganzen Batzen zusätzlicher anstrengender Arbeit und diese wiederum sehr viel physikalisches und chemisches Wissen voraussetzt, das spielen manche Ayatollahs der Naturweinbewegung gerne herunter. Der Rudl tendiert zur Einschätzung, dass man einen guten Wein im Weingarten zwar verhindern, aber nur im Haus, respektive Keller erzeugen kann. Und mit „erzeugen“ meint der Rudl nicht den Einsatz des Chemiekastens, sondern Akribie, Erfahrung, naturwissenschaftliches Wissen um physikalische und chemische Prozesse, die sich von der Lese bis zum Verkauf abspielen, und vor allem einen ganzen Haufen zusätzlicher Arbeit und Aufmerksamkeit. Davor hat der Rudl ganz großen Respekt. Wein ist ein Kulturprodukt. Das dürfte bereits der alte Noah gewusst haben.

  • Hégoxuri 2022, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)
  • Hégoxuri 2021, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)
  • Hégoxuri 2019, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (7/11)
  • Hégoxuri 2012, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (8/12)
  • Hégoxuri 2009, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (8,50/13)
  • Hégoxuri 2008, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (8,50/13)

Donnerstag, den 13. November von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

Goazen! … wie der Hasenleitener sagt … wenn er Baskisch spricht.

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Schmecke das Leben, feat. Sir Charles Schnabel – alles gereift und hundert Percent junkerfrei, Donnerstag, 6. November von 17 bis 21 Uhr

Steirische Weine

Steirische Weine sind für den Rudl etwas Besonderes. Herr Rudolf führt das vor allem auf die für ihn ursprünglich schwierigere Erreichbarkeit zurück. Von Salzburg aus wäre es nach Ehrenhausen nicht weiter als nach Podersdorf gewesen. Trotzdem ist die Südsteiermark, anders als etwa der Neusiedlersee, für den Rudl seinerzeit, ganz am Anfang seines oenologischen Interesses, außerhalb des Blickwinkels gewesen. Caviste Rudolf Polifka kann sich noch gut daran erinnern, als er zum ersten Mal, eher ungeplant, in der damals ganz neuen Vinothek in Sankt Anna am Aigen gewesen ist und von dort seine Fahrt über Ehrenhausen hinauf auf die südsteirische Weinstraße fortgesetzt hat. Für den Rudl war das damals nicht nur optisch, sondern auch geruchlich und geschmacklich eine andere Weinwelt. Heute noch ist von Reindorf aus die Südsteiermark das entlegenste österreichische Weinbaugebiet, sieht man von der Region Bergland einmal ab. Besonders weit entlegen ist sie nicht, zugegebenermaßen. Aber nach Somló wäre es sowohl von Reindorf als auch von Hasenleiten näher als nach Glanz an der Weinstraße. Und in Somló war der Rudl noch immer nie. Man kann das als oenologische Ignoranz betrachten. Ein zweites Motiv stellen die Windischen Bühel dar. Wer neben dem Gebirge aufgewachsen ist und Wein dann im burgenländischen Seewinkel, im Weinviertel und in Südostfrankreich kennengelernt hat, dem fällt in der Südsteiermark vor allem der Neigungswinkel mancher Lagen auf. Caviste Rudolf kennt inzwischen deutlich steilere Weingärten, etwa jene der Dupasquiers. Aber seinerzeit, quasi als junger Bua, sind dem Rudl etwa die Weingärten vor dem Buschenschank Tschermonegg, dem Reben Aubell oder dem Weingut Puschnig, das es leider nicht mehr gibt, für Weinanbauflächen unglaublich schräg vorgekommen.

Schräg

… erscheint es dem Rudl auch, wenn er sich erinnert, bei welchen Weingütern er seinerzeit Wein eingekauft hat. Josef Puschnig, Lackner-Tinnacher, Klaus Prünte, Franz Hirschmugl, Thünauer, am Wurzschusterhof, Horvath und beim 1. steirische Biobuschenschank Rupp, den es lange nicht mehr gibt, um den es dem Rudl aber heute noch leid tut. Aber Caviste Rudolf Polifka ist, als er noch gar kein Caviste war, auch zu Otto Riegelnegg, Tschermonegg, zum Sattlerhof, dem Weingut Gross oder dem Buschenschank Pichler-Schober gefahren. Und er ist damals davon ausgegangen, steirische Weine am Gaumen als solche identifizieren zu können. In Anbetracht der Disparatheit der oben genannten Weinbauern erscheint das dem Rudl nachträglich als äußerst unwahrscheinlich. Allerdings haben sich die Arbeitsweisen mancher oben genannten Weinmeister geändert, einige leider insofern, als es ihren Betrieb nicht mehr gibt. Und das ist in manchen Fällen ewig schade! 

2005 oder so

… muss es gewesen sein, und der Rudl hat es ganz bestimmt schon ein paar Mal erzählt. Aber es ist wichtig. Es war im Rahmen einer Verkostung steirischer Weine im Museumsquartier. Da hat sich der Rudl an den Rand der Verzweiflung verkostet, nicht weil er die zuträglichen Obergrenzen für Alkoholkonsum missachtet hätte, sondern weil ihm seine über fast alles geschätzten steirischen Sauvignons, Ruländer und Traminer auf einmal nur mehr plump und langweilig vorgekommen sind. Zumindest ein kleines bissl wird das auch mit dem damals gerade aktuellen Hitzejahrgang 2003 zu tun gehabt haben, ausschließlich damit aber nicht, womit der Rudl wieder bei der Unterscheidbarkeit wäre.

Andreas Tscheppe – Burgweinbau Riegersburg

Gegen Ende dieser Verkostung ist der Rudl vor einem Tisch gestanden, dahinter ein ihm bis zu diesem Zeitpunkt unbekannter Weinbauer. Vor dem Tisch war dort anders als vor vielen anderen Tischen keine lange Schlange zum Anstellen und hinter dem Tisch – auch anders als bei vielen anderen Tischen – kein fideler Trachtenjunker, dafür aber ein Weinbauer mit Schmäh. Und auf dem Tisch ist anders als bei fast allen anderen Tischen ein Sauvignon, der nicht plump geschmeckt hat, gestanden. Der Rudl hat sich diesen Weinbaumeister damals in seinem gelben Heftl deutlich gekennzeichnet, es aber erst drei Jahre später geschafft, ihn auch zu besuchen.

Schmecke das Leben

Gegen Ende seines ersten Besuchs bei Andreas Tscheppe in Glanz an der Weinstraße hat dieser den Rudl dann noch zu Sepp Muster, Roland Tauss und Franz Strohmeier geschickt. Die Weine von Strohmeier und Tauss hatte der Rudl zu diesem Zeitpunkt schon gekannt. Und der Schilcher Lestoa 1997 ist sicher einer jener Weine, an die sich der Rudl am besten erinnern kann. Monsieur Andreas hat den Rudl auch noch zu Karl Schnabel in das Sausal geschickt. Der hat nämlich einen ganz extraordinairen Pinot noir. Darum wird der Rudl auch von diesem Weinbauern etwas kredenzen, obwohl Karl Schnabel nicht zu Schmecke das Leben gehört.

Steirischer Junker

Um diese Jahreszeit kommt man im Steirerland nicht am steirischen Junker vorbei. Und der Rudl gesteht unumwunden, dass er vor fünfundzwanzig Jahren auch die eine oder andere Flasche Junker gekauft und getrunken hat. Heute umfährt er turbovergorene Weine großräumig, egal ob im Südwesten von Lyon oder auf der vom Laaer Berg aus gesehen anderen Seite des Semmerings. Einen steirischen Zweitausendfünfundzwanziger trinkt der Rudl. Den umso lieber. Aber auf dem pickt bestimmt kein Junker-Etikett. Oft schaut der Rudl in seine beiden Fünf-Liter-Glasballone. Dort drinnen gären Welschriesling Kratzer 2024 und 2025. Der eine noch immer, der andere hat gerade damit begonnen. Dann erscheint so eine Junker gleich noch viel schräger.

Folgende Weine kredenzt Caviste Rudolf Polifka am kommenden Donnerstag. Sie sollten weitgehend frei von Primäraromen sein.

  • 2004 Urknall, Werlitsch, Ratsch an der Weinstraße, Südsteirermark (8,50/13)

Wenn es der Rudl richtig verstanden hat, ist das der erste Wein von Ewald Tscheppegewesen, entspricht quasi Ex vero II, erworben im Zuge des ersten Einkaufs vom Rudl bei Andreas Tscheppe.

  • 2007 Sauvignon blanc Hohenegg, Tauss, Leutschach, Südsteirermark – aus der Magnum (8/12)

Beim Weingut Tauss ist Caviste Rudolf Polifka nicht Kunde, aber über den Herrn e-Bert hat er es vor allen anderen Schmecke das Leben-Weingütern kennengelernt.

  • 2011 Erde, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteirerland (9/14)

Wenn sich der Rudl richtig erinnert, und wenn es um Wein geht, ist das sehr oft der Fall, dann war Erde der erste maischevergorene Wein aus hellen Trauben, den Polifka getrunken hat, zumindest bewusst.

  • 2012 Pinot noir „Weinbergschnecke“, Elisabeth und Andreas Tscheppe, Glanz an der Weinstraße, Südsteirermark (8,50/13)

Möglicherweise eine der allerletzten Gelegenheit, Pinot noir von Andreas Tscheppe zu trinken – heute macht das Weingut keinen Rotwein mehr. Die Stöcke, auf denen dieser Pinot noir gewachsen ist, tragen heute Sauvignon, wenn sie etwas tragen. Monsieur Andreas hat sie umveredelt. Der Fachausdruck dafür fällt dem Rudl gerade nicht ein und eine Ka I. will er nicht fragen.

  • 2017 Trauben, Liebe und Zeit „Gelb“, Christine und Franz Strohmeier, Lestein, Schilcherland (7/11)

Weißburgunder und Chardo vom Stainzer Gneis

  • 2018 Urgestein, Eva und Karl Schnabel, Gleinstätten, Sausal (4,50/7)

Pinot noir, Blaufränkisch und Rotburger aus Sausaler Schiefer

DONNERSTAG, 6. November von 17 bis 21 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

Rudolf Polifka grüßt Gereift und Ungereift. Alles andere ist primär!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien