Das Medium, das man einschalten oder aufblättern kann, wenn man nicht als erstes und letztes Wort des Tages „Defizit“, „sparen“, „Krise“, „Maastricht-Grenze“ oder „Budgetloch“ hören oder lesen will, gibt es momentan nicht.
Es wäre dumm zu glauben, dass der Staatshaushalt nach den Ereignissen der letzten vier Jahre jetzt nicht konsolidiert werden muss. Nur bestreitet der Rudl, dass dies leichter geht, wenn Krethi und Plethi tagaus tagein die Apokalypse an die Wand malen. Der Rudl geht davon aus, dass nicht nur er in seinem Geschäft die Konsequenzen der Stimmung, die diese Wichtigtuerinnen und Wichtigtuer mit Drang in die Schlagzeilen verbreiten, auszubaden hat. Die Profiteure dieser Aufmerksamkeitsbesessenen darf man als bekannt voraussetzen.
So wichtig, klug und laut die diversen Kassandras auftreten: Wenn es darum geht, konkret zu benennen, was eingespart werden muss, scheint sie alle zusammen ganz plötzlich die Stimme verlassen zu haben. Vielleicht noch „Klimabonus“, ein abstraktes „Föderalismus“ oder ein forsch vorgetragenes, aber umso inhaltsleereres „Reformen“. Mehr scheint man der interessierten Citoyenne und dem interessierten Citoyen nicht zumuten zu wollen. Das ist lächerlich. Es verunsichert und es ist vor allem Wasser auf die Mühlen der dings.
Abschließend erlaubt sich der Rudl noch eine Frage: Was wird eigentlich sein, wenn jene Investorenkapazunder, die vor der Inflation naseweis in irgendwelche Schwindligkeiten geflüchtet sind und flüchten, auf die Nase gefallen sind? Wo wird das Geld herkommen, wenn diese Desperados aufgefangen werden müssen? Und aufgefangen werden sie. Schließlich will man dann ja sicher wieder vermeiden, dass die sich enttäuscht den dings zuwenden.
1983 Welschriesling Spätlese, Rathauskeller Rust
Vor einer Woche hat Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, der Rudl an dieser Stelle von seiner Annahme einer Korrelation zwischen Weingartengefälle und Alterungspotential eines Weines erzählt. Diese Annahme sollte sich zumindest als teilweise unzutreffend herausstellen. Eine andere relativ verbreitete Annahme schreibt der Rebsorte Welschriesling zumindest als trockenem Wein ein geringes Reifepotential zu. Diese Annahme hat der Rudl, anders als die oben erwähnte, sowieso nie geteilt. Darum hat er sich seinerzeit, im dreiundneunziger Jahr auch in der Weinstadt Poysdorf einen Welschriesling aus dem Jahrhundertjahrgang 1947 gekauft, um damals tausendzweihundert Schilling, selbstverständlich ohne den Wein vorher kosten zu können. Bedauerlicherweise sollte sich das trotz dieses Kaufs nicht ändern. Die Dichtungskapazitäten des Korks hatten Einwände dagegen und der Rudl irgendwann beim Umschlichten der Flaschen eine signifikant zu leichte Bouteille in der Hand. Auch das ist Wein, ohne Versicherung und im konkreten Fall unerfreulich, oft genug aber auch erfreulich unberechenbar. Voriges Jahr hat eine fast zeitgleich um deutlich weniger Geld erworbene Flasche Welschriesling Spätlese 1983 aus dem Rathauskeller Rust dem Rudl aber nach vierzig Jahren gezeigt, dass er mit seinem Vertrauen in das Alterungspotential der Rebsorte Welschriesling nicht daneben gelegen ist.
Renaissance des Welschrieslings
Man kann nicht unbedingt sagen, dass es um Welschriesling in den letzten Jahren so etwas wie einen Hype gegeben hätte. Dabei wären die Vorzeichen vielleicht gar nicht so schlecht dafür gestanden. Aber so richtig geworden ist aus den immer wieder angesagten Renaissancen bis jetzt nichts.Auf der ganzen Welt? Nein.
Der Eisenberg, das Irouléguy des Burgenlandes
… leistet nicht nur erbitterten, sondern vor allem auch erfolgreichen Widerstand gegen die Degradierung des Welschrieslings zum Apferlwasser.
Die Terroirs der baskischen Appellation Irouléguy und die um den Eisenberg sind örtlich weit voneinander entfernt, aber der hohe Eisen- und Schieferanteil verbindet sie.
Nachred‘
Will man mehr über Welschriesling in Erfahrung bringen, liest und hört man in der Regel zuerst einmal, dass Welschriesling nichts mit dem Riesling zu tun hat. Dass so eine Definition quasi ex negativo dem Aufbau eines angemessenen Prestiges besonders zuträglich ist, kann man anzweifeln.
Trotzdem erlaubt sich der oenologische Dilettant Rudolf Polifka gegenwärtige Imageprobleme dieser Rebsorte auf geometrische Gegebenheiten zurückzuführen. Sehr oft tritt Welschriesling als engbeerige, walzenförmige Traube in Erscheinung. Darin vermutet der Rudl eine Ursache für die oft sehr frühe Lese des Welschrieslings. Früher war das vermutlich weniger ein Problem. Wenn es im Herbst geregnet hat, war es frisch und die Trauben sind getrocknet, bevor Fäulnispilze ans Werk gehen konnten. Heute kommt so ein Herbstregen bei wesentlich höheren Temperaturen daher. Viel mehr brauchen die Schwammerl nicht, um aktiv zu werden.
Empirische Untersuchungen von Rudolf Polifka haben gezeigt, dass es auch kleinbeerige, lockertraubige Klone dieser Rebsorte gibt. Diese könnten es ermöglichen, mit dem Welschriesling ein ganzes Stückl weiter zu gehen, nicht nur bei Süßweinen.
Das würzige Aroma mit frischer Säure kann bei Weinen, die physiologisch vollreif gelesen worden sind, ziemlich vielschichtige Weine hervorbringen. Das kann man an den Hängen des Geschriebensteins, des Csater- und des Eisenbergs erkosten.
- 2022 Welschriesling, Bioweinbau Müllner, Bildein, Südburgenland (3/5)
- 2022 Welschriesling, Kopfensteiner, Deutsch-Schützen, Südburgenland (3/5)
- 2022 Welschriesling, Jalits, Badersdorf, Südburgenland (3/5)
- 2022 Welschriesling, Wallner, Deutsch-Schützen, Südburgenland (3/5)
- 2019 Welschriesling Ried Adaxl, Alfred und Helga Weber, Deutsch-Schützen, Südburgenland (4,50/7)
- 2020 Welschriesling « Weißer Opal », Rainer Stubits, Harmisch, Südburgenland (6/9)
Würde der Rudl für eine Hochglanzzeitschrift schreiben, könnten Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, vermutlich irgendetwas wie „der Silex vom Csaterberg“ lesen. Die Rieden Kleincsater und Hochcsater bieten ein einzigartiges Süßwasseropalvorkommen und Schiefer, der Wein erinnert an Kräuter, Grapefruit und Tabak, wahrscheinlich an mehr schwarzen Pfeffer als fast alle Weinviertel DACs zusammen – karg, vollreif und langlebig
- Welschriesling 2021, Herist, Rechnitz, Südburgenland (4/6)
Im Jahrgang 1986 hat Klaus Herist seinerzeit den Welschriesling Bundessieger gekeltert. Den hat der Rudl leider nie kosten können. Aber verlernt scheint es die Familie Herist nicht zu haben. Inzwischen ist ihr Weingut biozertifiziert und Klaus Herist hat in der Rente noch mehr Zeit im Weingarten und im Keller zu tüfteln. Der Rudl ist begeistert.
DONNERSTAG, 24. Oktober von 17 bis 21 Uhr
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils
Reindorfgasse 22
In den Herbstferien (26. Oktober bis 3. November) bleibt die Weinhandlung Rudolf Polifka et fils geschlossen.
Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.
Zuversichtlich grüßt Monsieur Rudolf!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien