Sommerrebsorte Jacquère, am DONNERSTAG, den 1. Juni von 17 bis 21 Uhr

Rebsorten sind überschätzt …

und Dogmatismus auch. Darum lässt Caviste Rudolf den drei Lehrveranstaltungen über von den drei Erdzeitaltern geprägte Böden drei über Rebsorten folgen – seiner Verpflichtung zur Ausgewogenheit folgend. Im Prinzip ist so eine Weinhandlung im Nebenerwerb auch nichts anderes als eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, nur halt ohne Stiftungsrat. Gott sei Dank! Denn in so einem Stiftungsrat keifen, jammern und hetzen diejenigen besonders laut über einen Mangel an Neutralität, die das der Ausgewogenheit verpflichtete Medienunternehmen besonders unverschämt vor den Karren ihrer Interessen spannen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Jacquère

Über diese Rebsorte hat Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, Weinschulrat Rudolf Polifka ganz sicher nicht alles, aber viel mehr als es eine Rebsorte, von der es zumindest auf dieser Welt nicht viel mehr als tausend Hektar Rebfläche gibt, erwarten lassen würde. Darum begnügt sich der Rudl dieses Mal mit einer Wiederholung des Skriptums von 2018 und 2017:

Jacquère

Wenn es in einer zweitausend Hektar kleinen Weinbauregion Massenwein geben kann, dann wird man in Savoyen Jacquère als dessen Rebsorte betrachten müssen. Mehr als tausend Hektar sind dort mit der autochthonen Jacquère bestockt. Ganz präzise hat sie ihren Ursprung, soweit man das rekonstruieren kann, in Abymes de Myans. Das liegt am nordöstlichen Rand des Chartreusegebirges, ungefähr dort, wo Jean Masson und die Giachino Brüder wohnen, was kein Zufall ist.

Die dicken Beerenschalen erlauben eine späte Reife. Am kalkreichen, steinigen Fuß der französischen Alpen ist das nicht ganz unwesentlich. Und sie schützen die engbeerigen Trauben vor Oïdium und Meltau.

Seinen bisweilen nicht ganz so guten Ruf verdankt Jacquère ihrer Fruchtbarkeit. Ohne Ertragskontrolle hängen an so einem Jacquèrestock, sofern er unter hundert Jahre jung ist, gleich einmal ein paar Kilo Trauben. Das konveniert, wenn man möglichst große Mengen zum Indenglühweinhäfenhinein- oder Demfonduehinterherschütten benötigt. Möchte man jedoch bei Blindverkostungen renommiertere Weißweine sekkieren, dann will der Ertrag begrenzt sein, von wem auch immer.

Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint die relativ weite Verbreitung der Jacquère in Savoyen auf den möglichen hohen Hektarertrag zurückzuführen sein. Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint bei der Jacquère nur im Fall restriktiver Ertragsbegrenzung etwas Gscheites herauszukommen. Anders als der Grüne Veltliner dürfte die spät reifende Jacquère aufgrund der Klimaerwärmung nicht so schnell ins Schwitzen geraten. Wenn es einmal sehr heiß ist, wird sie halt ein bissl reif. Aber immer noch nach fast allen anderen Rebsorten. Trockenstress ist mit entsprechend tiefen Wurzeln und in entsprechend vorgerücktem Rebstockalter auch nicht angebracht. Im Fall von klimawandelbedingten Wetterextremen ist allerdings auch die gute Jacquère mit ihrem Latein irgendwann einmal am Ende, weniger bei Spätfrost als bei Hagel.

Als Wein ist Jacquère eher blass bis weißgold. Dem Rudl seinem Geschmack nach stehen Alpenkräuter, Grapefruit, Bergamotte, Weißdorn, in äußerst gelungenen Fällen aneinander geriebener Feuerstein im Vordergrund. Manchmal kommen Mandeln, Haselnüsse und Lindenblüten dazu, wenngleich nie so intensiv wie bei Altesse.

Accorde

Wahrscheinlich zu oft endet Jacquère als Fonduebegleiter in den einschlägigen Skigebieten, als Winterwein, um nicht zu schreiben als Aprèsskiwein. Caviste Rudolf findet die Koalition mit dem Fondue säuretechnisch nicht ganz unpassend, ein bissl ideenlos aber schon. Kann man von einem Fondue nicht sowieso fast jeden Wein erschlagen lassen? So wie viele angeblich kongeniale Wildbegleiter gelegentlich auf ihren hohen Alkoholwert oder die Röstaromen in ihrem Fassl reduziert werden, läuft Jacquère neben dem Fondue Gefahr, zum Säureaufputz zu verkommen. Das ist schade und ein bissl vergleichbar mit einem Schulmeister – heute heißt man das „Lehrkraft“ und kaum eine solche scheint das zu stören, was wiederum dem Rudl die Frage nach der Beschaffenheit dieser „Kraft“ stellt -, der einen Schüler für dessen gesamte Schullaufbahn als Witzbold behandelt, nur weil der in der allerersten Stunde irgendeine mehr oder weniger lustige Bemerkung von sich gegeben hat.

Der kulinarische Deckel für den Topf einer gelungenen Jacquère, sofern man einen Wein als Topf bezeichnen kann, ist wahrscheinlich die Bachforelle. Das dezente Prickeln, der niedrige Alkohol, das kongeniale Zusammenspiel von Frische, Leichtigkeit und appetitanregendem Temperament der Jacquère erinnern den Rudl an einen Gebirgsbach während der Schneeschmelze. Wenn er bei vielen Weinen aus dem Elsass an den Rhein denkt, dann symbolisieren savoyardische den Zubringer eines Zubringers der Isère. Einem wie dem Rudl, der quasi neben, beziehungsweise in Wald- und Wiesenbächen seine Kindheit verbracht hat, der Donau aber erst im stolzen Alter von vierzehn gewahr wurde, stehen kleine Gebirgsbäche und Wasserfälle und ihre korrelierenden Weine vielleicht näher. Der ist mit der Bachforelle quasi per Du wie der Cagney mit seiner Limousine.

Quidquid id est, Frische, Lebendigkeit und Bekömmlichkeit der Jacquère schreiben förmlich nach einer Essensbegleitung. Darum nützt der Rudl wieder einmal die Gelegenheit, Sie daran zu erinnern, dass es ausdrücklich erwünscht ist, wenn Sie sich selber etwas zum Essen in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitbringen, ob das jetzt eine Bachforelle, eine Stelze – Monsieur Rudolf kocht die mit Heu und Chartreusekräutern – oder etwas ganz anderes ist. Wenn Sie sich etwas mitbringen, wird Ihnen der Rudl das mitgebrachte Papperl durch ein nach Möglichkeit von ihm selber höchst eigenhändig gefärbtes Bio-Osterei upgraden. Bringen Sie sich nichts mit, kriegen Sie ein solches Bio-Osterei selbstverständlich auch.

 

Crus

 

In und um drei Orte darf Jacquère einen Cru-Status beanspruchen, Abymes, Apremont und Chignin, alle drei im Combe de Savoie. Das Projekt, die gelungenen Exemplare dieser Crus im gereiften Stadium zu vergleichen, hat der Rudl nicht aufgegeben. Bis jetzt scheitert es daran, dass die Giachinos ihren Abymes nicht mehr machen und Caviste Rudolf noch keinen anderen passablen gefunden hat.

Wenn man die Auflistungen der alternativen Namen für „Jacquère“ auf Wikipedia liest, könnte man glatt den Eindruck gewinnen, dass da eh jeder sagen kann, wie er will. In der Gemeinde Roussillon etwa heißen sie die Jacquère Coufe-Chien. In Conflans gibt es zwar keine Weingärten mehr, aber auch eine lokale Sonderbezeichnung: Robinet. Das bedeutet Wasserhahn und könnte auf die Ertragsfreudigkeit anspielen. Bezeichnungen wie Altesse de Saint-Chef oder Roussette sind dann fast schon als Frotzelei oder Urheberrechtsverletzungen zu betrachten, aber bitte.

 

Sommerwein

Was man sicher sagen kann, ist dass gute Jacquères kristallinem Quellwasser ähneln und im Sommer ganz besonders die Qualitäten ausspielen.

  • Jacquère „Jonona“ 2021, Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France, Haute Savoie (4,50/7)

  • Don Giachino (méthode traditionelle) 2018, Domaine Giachino, Le Palud, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (4,50/7)

  • Apremont 2020, Domaine Giachino, Le Palud, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (4/6)

  • Jacquère 2018, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin de Savoie (3/5)

  • Genesis 2020, Domaine de l‘Aitonnement, Aiton, IGP Vin des Allobroges (6,50/10)

  • Jacquère 2015, Jacques Maillet, Motz, Chautagne, AOP Vin de Savoie (4,50/7)

Dass die Weine von Jacques Maillet neben denen von der Domaine Arretxea quasi so etwas wie Grundsteine für den französischen Teil der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils gewesen sind, das hat Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, der Rudl schon das eine oder andere Mal mitgeteilt. Jacques Maillet befindet sich seit dem Jahrgang 2016 in der oenologischen Rente. Die letzten Flaschen, die der Rudl noch von ihm hat, sind nicht mehr im Sortiment. Aber die vorletzte Jacquère 2015 öffnet Caviste Rudolf diese Woche.

DONNERSTAG, 1. Juni von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Der Rudl grüßt den Sommer, gerade so als wie den Winter – der Ausgewogenheit verpflichtet.

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Das andere Ende der Angesagtheit. Drei Chardonnays aus Frankreich, drei aus Österreich und drei Weine von der Dankbarkeit, am Dienstag, den 23. Mai von 17 bis 21 Uhr

Barrique“. Intersubjektiv betrachtet

Monsieur Rudolf war einmal ein junger Mensch. Nicht dass er sich nicht heute noch als solcher fühlen würde, aber intersubjektiv betrachtet gilt man in den Augen der Mehrheit mit vierundfünfzig wohl nicht mehr als junger Mensch. Egal. Auf alle Fälle, als der Rudl intersubjektiv betrachtet noch ein junger Mensch war, so Anfang und Mitte der Neunziger Jahre, war Riesling seine erste wirkliche Lieblingsrebsorte. Von einem G‘riss um den Rielsing hat diese Rebsorte seinerzeit vermutlich nicht einmal geträumt. Und es sollte noch die eine oder andere oenologische Modewelle über die österreichischen Weingärten zwischen Stainz und Poysdorf schwappen, flankiert von Dogmatisierung einer maximalen Gradation, hoher Intransparenz oder zuckerlhaften Kitsches, ehe sich die Säure und mit ihr der Riesling ganz oben auf der Liste der Angesagtheit findet. Damals auf alle Fälle, Anfang und Mitte der Neunzigerjahre, als dem Rudl seine oenologische Begeisterung erwachte, war Chardonnay das Maß der Dinge. Und wenn dann noch „Barrique“ am Etikett gestanden ist, wusste man sich im oenologischen Olymp. Aber wie der Meister Eder schon gesagt hat, kann sich der Wind sehr schnell drehen. Und keine zwanzig Jahre nach dem Höhepunkt des Chardonnay- und Holztraras, haben pfiffige Weinschreiberlinge die Formal „A.B.C.!“ in der Bedeutung „Anything else but Chardonnay!“ ausgegeben. Jetzt trinkt und studiert natürlich niemand im luftleeren Raum und ist schon gar nicht isoliert von den diversen selbsternannten Parkerepigonen auf den digitalen Plattformen, aber Ziel muss es sein, wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, den Rudl fragen, sich von der Wichtigtuerei dieser Experten zu emanzipieren. Und das ist viel leichter geschrieben als getan. Bei der Vorbereitung auf diese Lehrveranstaltung hat sich der Rudl dabei ertappt, ganz und gar nicht stolzer Besitzer eines ziemlich blinden Flecks in seinem privaten Weinkeller zu sein, wenn es um Chardonnay geht, alles andere als bewusst oder gar absichtlich. Der Rudl schätzt zwar das Weinbaugebiet Chablis überaus. An der Côte d‘Or hingegen schmeckt der Rudl vor allem das Holz vor dem Weingarten. Das können Sie dem Rudl als Banausentum auslegen, aber so hat er es in den seltenen Fällen, in denen er Weiße aus der Gegend um Beaune getrunken hat, halt wahrgenommen. Bei guten Chablis hingegen hat Monsieur Rudolf sehr wohl den geschmacklichen Verdacht oder zumindest den Anreiz, die Lage zu erschmecken. Nur bekommt man diese guten Chablis halt so gut wie nicht. Und die anderen schmecken, wenn Sie den Rudl fragen, halt ausgesprochen unaufregend. Die Weine von Vincent Dauvissat gibt‘s bei Cavistinnen und Cavisten in Frankreich mittlerweile auch nicht einmal mehr mit Bitten und Betteln. Ab Hof hat Herr Rudolf einmal eine Flasche La Forest 2009 kaufen dürfen. Jene von Raveneau sind wahrscheinlich schon sehr gut, aber mit denen tut sich der Rudl offen gestanden nicht so leicht. Abgesehen davon bekommt man sie noch weniger leicht als Dauvissat. Und dann kennt Caviste Rudolf noch eine knappe Hand voll interessanter Winzer aus Chablis. Einer davon ist Monsieur Moreau-Naudet. Den hat Brice Omont, der Weinmeister von der Domaine des Ardoisières, seinerzeit dem Rudl empfohlen. Das Teleffon abgehoben hat dann beim Rudl seinem Versuch, dort Wein zu kaufen, trotzdem niemand. Aber von Moreau-Naudet kann man zumindest hin und wieder die eine oder andere Flasche im gut sortierten Fachhandel kaufen. Und so eine muss bei einer Lehrveranstaltung über Chardonnay dabei sein. Von der Premier Cru Lage Les Vaillons in Chablis wird der Rudl einen Bogen über Bugey, die Verbindungsappellation von Savoyen und Jura, nach Hochsavoyen machen und diesen drei „Franzosen“ drei „Österreicher“ sowie einen Chardonnay von der Dankbarkeit gegenüber stellen.

  • Welschriesling 2021, Dankbarkeit, Podersdorf am See, Neusiedler See (2,50/4)

  • Dankbarkeit Rot 2019, Dankbarkeit, Podersdorf am See, Neusiedler See (3/5)

  • Sous les Rochers la Vigne, Cru Manicle 2020, Domaine Bärtschi, AOC Vin de Bugey (6,50/10)

  • Chardonnay „Khéops“ 2017, Les Vignes de Paradis, IGP Vin des Allobroges, Haute-Savoie (7/11)

  • Chablis Premier Cru Les Vaillons, Moreau-Naudet, AOC Chablis 1er Cru (8/12)

  • Morillon „Salamander plus“ 2021, Andreas Tscheppe, Glanz (7/11)

  • Trauben, Liebe und Zeit „Gelb“ 2018, Strohmeier (6,50/10)

  • Chardonnay „Plafond“ 2018, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel, Retzer Land (5/8)

  • Chardonnay 2021, Dankbarkeit, Neusiedler See (4,50/7)

Dienstag, 23. Mai von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Unkünstlich grüßt Herr Rudolf!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Riesling vom Geyerhof vertikal, vom Mantlerhof horizontal, der Riesling 1977 vom Weingut Knoll und ein Grand Cru aus dem Elsass, am Dienstag, den 16. Mai von 17 bis 21 Uhr

Blechtrottel part 2

Geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, erlauben Sie dem Rudl einen Nachtrag zu seinen Überlegungen bezüglich künstlicher „Intelligenz“. Wenn Sie Monsieur Rudolf fragen, ist so eine K“I“ auch nichts anderes als es seinerzeit die „heilige“ Inquisition gewesen ist. Da darf nicht sein, was nicht sein soll. Und wenn die Erde eine Scheibe ist, dann muss sie eine sein, ob sie das will, die Erde, oder nicht. In dieser Hinsicht passt kein Blattl Papier zwischen den Bürokraten einer Religionsbehörde und mit noch so vielen Daten gefinkelt gefütterte Überheblichkeit. Beide wären nie und nimmer in der Lage, auch nur in Erwägung zu zeihen, dass sich eine angenommenen Wahrheit als nicht ganz so g‘scheit, wie sie gedacht hätten, herausstellt. Der Apparatschik ist dazu nicht in der Lage, weil er Gen 1,27 nicht versteht oder vielleicht eher nicht verstehen will. Und die K“I“ ist dazu nicht in der Lage, weil sie künstlich ist.

Es bleibt die Frage, warum die völlig berechtigte Kritik an klerikaler Borniertheit heute in einer Zeit nicht gerade überbordenden gesellschaftlichen Einflusses dieser Körperschaft unverhältnismäßig laut und fidel artikuliert wird. Man riskiert heute damit nicht mehr sehr viel, wenn man sich mit Vertretern derselben anlegt. Wenn es aber um das nicht weniger reaktionäre Credo der digitalen Selbstbeweihräucherer geht, scheint die überwiegende Mehrheit der Religionskritik nicht mächtig zu sein. Da wird devot jedes ideologische Fahnenwort nachgeplappert. Vielleicht wird mancherorts auch deshalb gar so frisch, munter und verallgemeinernd gegen alles, was auch nur ein bissl nach Religion im klassischen Sinn riecht, polemisiert, weil sich auf diese Weise reaktionäre Haltung ganz gut kaschieren lässt. KI, KI, KI … wir bitten dich, erhöre uns! In Ewigkeit, amen!

Riesling

Ja, genau! Vielleicht noch ein paar Worte zu Wein. Es gibt ein paar Rebsorten, mit denen sich der Rudl leichter tut als Riesling. Gerade deshalb ist ihm dieser eine Herausforderung. Das aktuelle Trara um Riesing im Allgemeinen und deutschen Riesling im Speziellen erleichtert dem Rudl die Aufgabe zwar nicht gerade. Aber das ist auch nicht die Aufgabe oder Absicht von einem Trara. Und ganz ausschließen würde es der Rudl sowieso dann auch wieder nicht, dass so ein Gewächs von einem Schieferterroir des nördlichen Nachbarlandes einmal in seinem Regal steht, weil …

  • Riesling Johannisberg 2016, Geyerhof, Oberfucha, Kremstal, rechtes Donauufer (4,50/7)

  • Riesling Kirchensteig 2020, Geyerhof, Oberfucha, Kremstal, rechtes Donauufer (6/9)

    Der Grüne Veltliner Steinleithn ist über die Jahre, um nicht zu schreiben Jahrzehnte, ex aequo mit dem Grünen Veltliner Spiegel vom Mantlerhof der Lieblingsveltliner von Caviste Rudolf Polifka. Das ist in vielen Durchgängen verdeckt sensorisch ermittelt worden. Das sind auch die beiden Weine, die der Rudl mit Abstand am öftesten als Gastgeschenke für französische Weinmeister mitnimmt. Als der Rudl auf den Riesling Kirchensteig zum ersten Mal aufmerksam geworden ist, hat er diesen für einen Grünen Veltliner gehalten. Das kann man als Inkompetenz betrachten. Aber aus der Tastatur vom Rudl ist es ein Kompliment.

  • Riesling Kirchensteig 2017, Geyerhof, Oberfucha, Kremstal, rechtes Donauufer (6/9)

  • Riesling Wieland 2017, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (6/9)

  • Riesling Grand Cru Pfingstberg 2014, Domaine Valentin Zusslin, Orschwhir, AOP Alsace Grand Cru (10/15)

  • Riesling 1977, Weingut Knoll, Unterloiben, Wachau (10/15)

    einer der ersten Weine, die am Weingut Knoll in Bouteillen gefüllt worden sind

Dienstag, 16. Mai von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Unkünstlich grüßt Herr Rudolf!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

3. Etappe: Terroirs aus der Erdneuzeit als Analogie zu dem, was viele als „künstliche Intelligenz“ bezeichnen, am Dienstag, den 9. Mai von 17 bis 21 Uhr

Wird aus nix wirklich nix?

Bei Gestein aus dem Paläozoikum und aus dem Mesozoikum ist es verhältnismäßig einfach. Kalkablagerungen von irgendwelchen alten Meeren kann man mit einer chemischen Formel definieren. Bei Gneis oder Granit ist es nicht viel anders. Bei den Terroirs aus dem Känozoikum schaut das etwas anders aus. Steine sind halt einmal alt. Das zeichnet sie irgendwie per definitionem aus. Die maßgeblichen erdneuzeitlich geprägten Terrroirs zeichnen sich jetzt weniger dadurch aus, dass sie materialtechnisch etwas Neues zu bieten hätten. Das soll kein Grund zum Kulturpessimismus sein. Känozoisch geprägte Terroirs könnte man in einem Mangel an Gewogenheit mit einem Remix in der Musik vergleichen, nur dass beim Terroir nicht irgendein Blechtrottel für die Mischung zuständig ist. Schauen Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, das ist auch so etwas, was der Rudl lustig findet. Zu dem, was man früher einen „Blechtrottel“ genannt hat, sagt man heute „K.I.“. Aber noch keiner von den Oberministranten des digitalen Fortschritts hat Citoyen Rudolf Polifka halbwegs schlüssig erklären können, was das „intelligente“ am maschinellen Lernen sein soll. Unter Intelligenz versteht der Rudl Kreativität, Unberechenbarkeit und vor allem Nein!-Sagen. Ein intelligenter Mensch kann, wenn er mit seinem Latein am Ende ist, sämtliche Prämissen und Programme entsorgen und sich quasi aus dem Nix eine ganz neue Arbeitshypothese saugen. So ähnlich muss das doch gewesen sein, als die Theorie von der Erde als Scheibe oder das geozentrische Weltbild an Tragfähigkeit verloren haben. Für die Apparatschiks vom Papst abwärts konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Und für die sogenannte „K.I.“ wäre das ganz genau. Was nicht in irgendeiner Weise – vom Rudl aus halt auch über fünfzehn Hausecken – aus einem Computerprogramm resultiert, gibt‘s ned. So ähnlich mischt der Blechtrottel Musik neu, dem Rudl seinetwegen kann er auch komponieren. Ein deutsches Schmalzbauernduo hat das in den Achtzigerjahren erfolgreich praktiziert. Freiwillig anhören wird sich der Rudl so etwas aber auch in Zukunft nicht, selbst wenn vielleicht mehr halb so viel Schmalz aus dem Blechtrottel rinnt.

Die erdneuzeitlich geprägten Weingärten erfinden weder den Kalk noch den Granit neu, aber sie bleiben an Kreativität, was mechanische Misch-, Verfrachtungs- und Zerkleinerungsverfahrenbetrifft, wenig schuldig. Da wird Material von Gebirgsbächen angeschwemmt, etwa für die Vignes de Paradis am Südufer vom Genfer See aus dem Chablais-Gebirge. Andere Böden sind auf Gletschermoränen angetanzt. Wieder andere verdanken sich Vulkanismus. An größeren Bächen hat Süßwasser oft in den Kurven über die Jahre Terrassen angeschichtet, an Meerufern Salzwasser und manchmal auch beides zusammen. Das ist dann Brackwasser. Apremont wiederum – dort liegen die Weingärten der Giachinos – ist das Resultat einer Katastrophe, die sich am 24. November 1248 zugetragen hat. Da sind Tonnen vom Mont Granier dem Ruf der Gravitation gefolgt und nach unten gedonnert. Ganz lange ist diese Stätte der Verwüstung dann sich selbst überlassen gewesen. Irgendwann hat man sie wieder besiedelt und in weiterer Folge die Weingärten der Crus Apremont und Abymes angelegt.

Steine

… sind dem Rudl mehr oder weniger in die Wiege gelegt worden. Umso mehr wundert er sich, dass sie ihn immer noch begleitet. Jedoch wäre Caviste Rudolf kein solcher, gälte sein Steininteresse nicht in erster Linie Steinen, auf denen Wein wächst. Das ist für ihn etwas vom Faszinierendsten, das Wein einem schenkt. Dafür ist er dankbar.

Nächste und letzte Station: Känozoikum, Erdneuzeit

  • Welschriesling 2021, Dankbarkeit, Podersdorf, Neusiedlersee (2,50/4)

  • Riesling Wieland 2019, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (6/9)

  • Pinot Gris 2017, Les Vignes de Paradis, Ballaison, IGP Vin des Allobroges (5/8)

  • Prieuré Saint Christophe Blanc 2018, Giachino, Fréterive (6,50/10)

  • Marius & Simone 2020, Giachino, Chapareillan, Vin de France (4,50/7)

  • Dankbarkeit Rot 2018, Podersdorf, Neusiedlersee (3/5)

  • Prieuré Saint Christophe Rouge 2019, Giachino, Fréterive (6,50/10)

Dienstag, 9. Mai von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Neuzeitlich, aber meistens unzeitgemäß grüßt Herr Rudolf!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien