Das Kriterium der ersten Schlüsselblume, Dienstag, 27. Februar von 16 bis 20 Uhr: Sauvignon blanc und andere

Winter?

Die Ski-Weltcupabfahrt von Val d‘Isère – in Österreich gerne „Val d‘Isä-a“ ausgesprochen – hat man seinerzeit als „Kriterium des ersten Schnees“ bezeichnet. Unter Schnee hat man damals gefrorene Niederschläge aus Wolken verstanden und allfällige Rennen in Nordamerika oder Japan, die der Rudl damals aufgrund eines in Österreich zeitverschoben späten Austragungstermins nicht anschauen durfte, haben irgendwann im März stattgefunden. Da hatte der Fußball den Wintersport längst von den Seiten der Salzburger Nachrichten gejagt gehabt. Heutzutage ist der erste Schnee oft gleichzeitig der letzte Schnee, die ersten Herrenabfahrtsläufe der Saison werden nicht in Val d‘Isère, sondern am Matterhorn abgesagt und der Schnee kommt öfter aus Kanonen als aus Wolken.

Frühling!

Mögen wesentliche Kriterien des Winters heute einiges an Verbindlichkeit zu wünschen übrig lassen, auf die Anzeichen des Frühlings ist Verlass. Palmkätzchen und Schlüsselblumen lassen es sich auch nach einem noch so unerkennbaren Winter nicht nehmen, den Frühling anzukündigen, wenn auch manchmal zu unorthodox frühen Terminen. Wenn Sie also, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, dem Rudl auf ein Frühlingsweinthema am 27. Februar erwidern, dass er mit diesem knapp einen Monat zu früh dran ist, dann haben Sie am Kalender ganz sicher recht. Aber wenn der Rudl daraufhin aus dem Fenster schaut und sich fragt, ob sein Altesse-Rebstock am Balkon nicht schon geschnitten gehört hätte, dann hat er recht, und zwar gleich doppelt: mit dem Frühlingsweinthema und mit der Sorge um den Rebschnitt. Trotzdem wird der Rudl seinen Rebstock erst am Tag vor dem Neumond im März seines nicht mehr benötigten Rebholzes entledigen. Aber das Frühlingsweinthema handelt er jetzt ab.

Sauvignon blanc

Die Geschichte, warum der Rudl den Frühling ganz stark mit der Rebsorte Sauvignon blanc assoziiert, hat er Ihnen schon so oft erzählt, dass er sie nicht einmal mehr mit dem Kopierbefehl seines Blechtrottels an dieser Stelle ins Spiel bringen möchte. Darum begnügt er sich heuer mit dem Hinweis auf Schlüsselblumen, auf die richtigen, die mit den langen Stielen, nicht die Primeln, die ab Weihnachten alles, was noch nicht zubetoniert ist, gelb einfärben. Caviste Rudolf ist kein Botaniker, aber er meint beobachtet zu haben, dass richtige Schlüsselblumen ganz gerne auf kalkhältigen Böden wachsen, an den Ausläufern des Wienerwaldes bei Gumpoldskirchen zum Beispiel. Wenn der Rudl an diese Schlüsselblumen denkt, dann ist es für ihn quasi nur ein assoziativer Katzensprung zum Sauvignon blanc, auch wenn Geruch und Geschmack einer Schlüsselblume kaum etwas mit Sauvignon blanc gemeinsam haben.

  • Welschriesling 2021, Dankbarkeit, Podersdorf, Neusiedler See (2,50/4)
  • Sauvignon blanc 2018, Kåarriegel, Sankt Andrä im Sausal, Südsteiermark (4,50/7)

    Eigentlich kommt dieser Wein vom Weingut eines Weinbauqualitätspioniers der Steiermark, Franz Hirschmugl. Dessen Weingut ist vor einem Zeitl von Christoph Heissenberger, der zuvor bei Franz Hirschmugl gelernt hatte, übernommen worden.

  • Sauvignon 2017, Les Vignes de Paradis, Ballaison, IGP Vin des Allobroges, Hoch-Savoyen (6/9)

    die letzte Flasche der letzten Lieferung von diesem Weingut, das dort, wo Chasselas eine Monopolstellung genießt, Pinot Gris, Chenin blanc, Savagnin und Sauvignon ausgepflanzt hat – Resultat: keine AOC Vin de Savoie

  • Graf Sauvignon 2018, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark (6,50/10)
  • Jacquère „Genesis“ 2020, Domaine de l‘Aitonnement, Aiton, IGP Vin des Allobroges (6,50/10)

    Gute Jacquère ist in der Einschätzung vom Rudl ungefähr so selten wie guter Sauvignon blanc, schlechte Jacquère wird oft mit denselben Heferln vergoren wie schlechter Sauvignon blanc und gute Jacquère erinnert in Rauchigkeit und Geschmack nicht selten an guten Sauvignon blanc.

  • und einen Sauvignon von unveredelten Rebstöcken von der Loire – Bei diesem Wein handelt es sich um eine Einzelflasche. Der Rudl kann nicht gewährleisten, dass gegen Ende der Lehrveranstaltung noch etwas zur Verfügung steht.

 

Diese Weine und ein paar Gläser von den roten Irouléguys aus den Pyrenäen gibt es glasweise

am Dienstag, den 27. Februar von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen wartet Rudolf Polkifka immer noch darauf, dass endlich der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, endlich zu einem europäischen Feiertag erklärt wird.

Monsieur Rudolf grüßt frühlingshaft!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Vertikale Rouge Tradition von Arretxea 2013 – 2017 – 2020 – 2021 und ein Gast aus 2018, Dienstag, den 20. Februar von 16 bis 20 Uhr

In sehr eigener Sache

Geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, der Rudl muss Sie um Verständnis bitten. Er muss in Zukunft die zugegebenermaßen frühe Sperrstunde einhalten und kann nach 20 Uhr nichts mehr ausschenken, nicht weil er nicht länger will, sondern weil er andernfalls irgendwann nicht mehr kann. Der Rudl hat einen anderen Brotberuf als Caviste, er ist nicht mehr dreißig und er hat nicht unlimitiert Kraft. Es ist halt, wie es ist. Der Rudl kann sein Geschäft so führen, wie es seine Kraft ermöglicht oder gar nicht. Und dass es Geschäfte wie das vom Rudl nicht an jeder zweiten Straßenecke gibt, wird auch nicht aus purem Zufall so sein. Eine faktische Öffnungszeit bis 21 Uhr am Dienstag bedeutet für den Rudl maximal fünf Stunden Schlaf vor einem Tag, der um 5 Uhr a.m. beginnt, den Großteil der Zeit im unmittelbaren, analogen Kontakt mit Halbwüchsigen besteht und um 5 Uhr p.m. endet. Darauf folgen Donnerstag und Freitag, detto jeweils von 5 Uhr a.m. bis 5 Uhr p.m. und mit nicht weniger analogem Kontakt zu nicht weniger halbwüchsigen Damen und Herren. Das geht sich dann irgendwann für einen Schulmeister im Alter vom Rudl nicht mehr aus. Wenn der Mittwoch frei ist oder es aus irgendeinem Grund zu Veränderungen kommt, dann ist das alles ½ so wild, wie der Herr Kurt singt. Aber wenn auf den Dienstag drei Schultage, die es mit dem Beginnen gar nicht erwarten können, folgen, dann sieht sich Monsieur Rudolf gezwungen, Sie um Verständnis zu ersuchen.

Irouléguy Rouge – Traditiaun

Vor sechzehn Jahren ist Herr Rudolf, der damals noch kein Caviste war, auf die Pyrenäen-Appellation Irouléguy aufmerksam geworden. Zu diesem Zeitpunkt sind dort fast exclusiv Rotweine erzeugt worden. Das hat den Rudl nicht davon abgehalten dorthin zu fahren und nach Weißweinen Ausschau zu halten. Dass er seinen Lieblingswein, einen Weißwein, justament in einer Rotweinappellation gefunden hat, amüsiert ihn im Nachhinein. Und obwohl der Rudl Glück für ein Geschenk hält und keinesfalls davon ausgeht, dass man es erzwingen, kaufen oder lernen kann, hält er eine gewissen Portion Sturheit manchmal für sehr zielführend. Wenn man etwas irgendwo vermutet, dann kann es sinnvoll sein, länger danach zu suchen, und wenn es ein Lieblingsweißwein in einer Rotweinappellation ist. Mittlerweile hat der Rudl sein Weißwein-Dogma in Frage gestellt. Dabei hat sich ihm eröffnet, dass es in der Rotweinappellation Irouléguy nicht nur extraordinaire Weißweine gibt. Und das freut ihn. Dass das Weingut, aus dem der Lieblingsweißwein vom Rudl kommt, auch ausgesprochen gute Rotweine erzeugt, ist wahrscheinlich weniger überraschend. Eine Vertikale vom Haitza von der Domaine Arretxea hat der Rudl schon einmal zum Studienobjekt gemacht. Der Basisrote desselben Weingutes, Rouge Tradition, folgt jetzt.

Rouge Tradition, Domaine Arretxea

Siebzig Percent Tannat, zwanzig Cabernet Franc, zehn Cabernet Sauvignon auf rotem, eisenhältigem Sandstein. Mazeration, Gärung und zehnmonatiger Ausbau im Betonei. Das erhält die Frucht und die Würze des Tannat in aller Deutlichkeit und räumt ihm gleichzeitg die Tannine herunter. Deshalb empfiehlt ihn das Weingut zu weißem wie zu rotem Fleisch, besonders zu Ente und zu Lamm.

Der Jahrgang 2013 in Südwestfrankreich. Eine Wiederholung

Der Terminus „Winzerjahrgang“ gehört nicht zum aktiven Wortschatz von Caviste Rudolf Polifka. Selbst der alleridealste Witterungsverlauf verlangt von Weinbäuerinnen und Weinbauern, dass sie im Weingarten wie im Keller ihr Können und ihren Fleiß unter Beweis stellen. Natürlich gibt es Jahre, in denen noch mehr zu tun ist. Aber ein wirklich guter Wein macht sich nie von selber. 2013 ist in Südwestfrankreich, aber nicht nur dort ein arbeitsintensiveres Weinjahr gewesen. Peronospora hat vor allem für jene, die nicht alles vom Traktor herunter machen, vom Frühling weg für ausreichend Bewegung gesort. In vielen Gegenden hält sich die Menge sehr in Grenzen. Aber die Qualität ist dort, wo sauber gearbeitet worden ist, sehr gut, teilweise sogar extraordinaire. Diese Weine bestechen vor allem durch Ausgewogenheit. Ein schöner September hat nämlich auch hier für ein optimales Ausreifen der wenigen Trauben gesorgt. Und den Rest erledigt dort unten sowieso der Föhn von den Pyrenäen herunter.

Die Jahrgänge 2017, 2018, 2020 und 2021 in Südwestfrankreich

Aus irgendwelchen Gründen scheinen die Betreiberinnen und Betreiber der Seite, auf der Caviste Rudolf Polifka die Beschreibungen der Weinjahrgänge in Frankreich liest, mit dem Jahrgang 2013 ihren Dienst eingestellt zu haben. Über die folgenden Jahrgänge sind dann nur mehr Schulnoten in Erfahrung zu bringen. Und wenn Schulnoten in der Schule von begrenzter Aussagekraft sind, dann darf man davon ausgehen, dass sie bei Weinjahrgängen völlig sinnlos sind. Darum erspart der Rudl sie Ihnen.

  • Rouge Tradition 2021, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (4,50/7)
  • Rouge Tradition 2020, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • Irouléguy Rouge 2018, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • Rouge Tradition 2017, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • Rouge Tradition 2013, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6/9)

Ab sofort sind außerdem

  • Grüner Veltliner Spiegel 2021, Mantlerhof
  • Neuburger Hommage 2022, Mantlerhof
  • Muskat 3 2022, Dankbarkeit
  • Dankbarkeit weiß 2022 sowie
  • Dankbarkeit rot 2021

flaschenweise verfügar.

Dienstag, den 20. Februar von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Rudolf Polifka denkt nach wie vor nicht daran, seine Hoffnung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, irgendwann einmal zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt wird, aufzugeben.

Traditionell grüßt Rudolf Polifka!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Oenologie zum Faschingsdienstag: AOC, DOC, DAC … Fragen der Erkennbarkeit? … und ein Edelwein, der die Reblaus überlistet hat, am 13. Februar von 16 bis 20 Uhr

Den Fasching nennen sie die Narrenzeit. Da darf man als etwas anderes gehen, als man ist. Oder man darf das sein, was man eigentlich gerne immer wäre, sich aber nur im Fasching zu sein traut. Aber das ist eine Frage für die Psychologie. Der Rudl ist kein Psychologe, sondern dilettierender Oenologe. Und als solcher hat er ein bissl am System der französischen Appellationen geforscht.

Appellations d‘Origine Contrôlées

Im Jahr 1935 ist die französische INAO, das Comité National des Appellations d‘Origine, ursprünglich ausschließlich für Wein gegründet worden. Das war ein oenologischer Durchbruch, möglicherweise einer der allerentscheidendsten. Mit der Gründung der Appellations d‘Origine Contrôlées sollte Wein an seine Herkunft gebunden werden, danach schmecken und im Idealfall daran erkennbar sein. Den Anfang haben am 15. Mai 1936 die Appellationen Châteauneuf-du-Pâpe, Cassis, Tavel, Montbazillac und Arbois gemacht, darauf folgen bald einmal eine ganze Reihe aus dem Bordelais und aus Burgund. Für den Rudl ist die geographische und zeitliche Gebundenheit von Wein etwas vom Allerfaszinierendsten an diesem Lebens- und Genussmittel. Professionell geschulte Kostkommissionen müssen nach einem normierten Verkostungssystem mit normierter Sprache Appellationswein beurteilen, Kriterium: Schmeckt der Wein nach seiner Herkunft, nach seinem Terroir? Das kann man als Regulierungsexzess missverstehen. Auf alle Fälle setzt es höchste sittliche Bildung von Geschmack, Verkostungstechnik und schon auch Sprache voraus, wenn es nicht in einem Fiasko aus nichtssagenden bürokratischen Floskeln enden soll. Und auch ein Äutzerl Demut würde nicht schaden, weil man eine treffende sensorische Analyse samt Beschreibung trotz aller Bemühung, Schulung und Standardisierung nicht erzwingen kann, wahrscheinlich gerade so wenig wie einen großartigen Wein im Keller. Vermutlich ist dieser hohe moralische Anspruch für viele Mitglieder von vielen Verkostungskommissionen eine Überforderung. Darum werden heute nicht nur die Weine, denen die Eignung für eine Appellation abgesprochen wird, mehr, sondern auch die oft jungen Weinbäuerinnen und Weinbauern, die aus den Appellationen aussteigen, beziehungsweise dort erst gleich gar nicht Mitglied werden. Unstrittig ist, dass sinnvolle Maßnahmen in fast allen Lebensbereichen Gefahr laufen, zum Selbstzweck zu mutieren und in Formalismus zu erstarren. Dazu muss man nicht gleich in das Bildungssystem schauen, wo derartige Uniformisierungsexzesse besonders markant zutage zu treten scheinen.

Austreten oder verändern?

Eine Gegenbewegung war vermutlich weniger eine Frage des Ob als eine des Wann. Und schauen Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, das ist wieder so etwas, was der Rudl kurios findet. Die Naturweinbewegung hat in den 50er Jahren beim Chemiker, Weinhändler und Weinbauern Jules Chauvet im Beaujolais ihren Ausgang genommen und sich dann über Weingüter wie Marcel Lapierre, Nicolas Joly, Pierre Overnoy, Rayas, Pierre Frick sowie andere Eigensinnige verbreitet. Ziel war es, wieder die Herkunft anstatt die Chemielabors im Weinglas zugänglich zu machen. Der Weg war einer, auf dem zwischen notwendigem chemischen Wissen und zu vermeidenden chemischen Substanzen unterschieden worden ist. Pierre Overnoy, Jacques Maillet und viele andere Winzerinnen und Winzer sind auf diesem Weg geblieben. Was ein Mann wie Pierre Overnoy über die unterschiedlichen Arten von Hefen, Bakterien und Reaktionen sowie diese hemmenden oder beflügelnden Temperaturen, Luftfeuchtigkeiten et cetera weiß, beeindruckt den Rudl wie nicht viel anderes. Und auf die Gefahr, die Grenzen zur Polemik jetzt zu überschreiten, stellt der Rudl in den Raum, dass irgendwann in Teilen der Naturweinszene bunte Hemden, Etiketten und Tätowierungen wichtiger geworden sind als etwa das Wissen, wie man Gärung steuern muss, um ohne Schwefel saubere Weine zu keltern. Für Weintrinkerinnen und Weintrinker ist es dadurch nicht übersichtlicher geworden. Der Rudl hofft, Ihnen diese Woche sechs Gegenden im Glasl schmecken zu lassen. Und unter „Gegend“ versteht Caviste Rudolf Polifka nicht nur irgendein abgegrenztes Territorium oder eine Mode, sondern einen Platz aus Steinen, Regenwürmern, Pilzmycelien, organischem Dreck und weinbäuerlicher Virtuosität.

  • La Pucelle de Romorantin 2021, Domaine de la Charmoise, Vin de France (6/9)

    Was passiert, wenn jemand 1967 an der Loire zwanzig Hektar Weingarten mit hybriden Reben erbt? Vielleicht nicht immer Erfreuliches. Aber in diesem Fall hat der Weinmeister zuerst einmal gleich die hybriden Reben gerodet, weil er keinen Uhudler machen wollte. Der silexhaltige Ton mit Sand und Kieselsteinen hat ihn vielmehr auf die Idee gebracht, auszuprobieren, ob man nicht vielleicht die Reblaus austricksen, unveredelte Edelweinrebsorten pflanzen und so den Geschmack europäischer Weine vor der Reblauskatastrophe ergründen könne. Romorantin war eigentlich aus Burgund an die Loire eingewandert, und zwar schon vor einem ziemlichen Zeitl, nämlich am Beginn des sechzehnten Jahrhunderts. 1993 hat die französische Weinbauadministration für diese Rebsorte die Appellation Cour-Cheverney geschaffen. Das ist schön für Romorantin-Stöck, die dort stehen. Tun sie das nicht, dann darf auf Weinen aus diesen Rebstöcken nicht Loire stehen, sondern nur Vin de France, auch wenn die Loire gar nicht weit weg ist.

  • Jacquère „Jonona“ 2021, Côteaux des Girondales, Villaz, Haute-Savoie, Vin de France (4,50/7)

    Um den Grad an Herkunftstypizität der Weine von Françis Rousset zu überprüfen, müsste eine Verkostungskommission eine Zeitreise in das 1731er Jahr durchführen. Damals sind auf den Hängen von Villaz zum Lac d‘Annecy hinunter Weinreben gestanden. Der entsprechende Kataster aus der sardischen Epoche ziert heute das Etikett der Weine von Françis. Nach 1731 haben irgendwann nicht nur die Sarden, sondern auch die Weinreben einen Abgang gemacht und Wald hat sich der heutigen Côteaux des Girondales bemächtigt, bis 2016. Da ist Françis aus Kanada zurück gekommen, hat den Wald auf dem Grundstück des Schwiegervaters gerodet und einen Weingarten gepflanzt. Nach der Domaine des Ardoisières in dieser Weinbauregion ziemlich sicher das waghalsigste Unterfangen.

  • Lys-rǿd 2018, Franz Stohmeier, Lestein, Schilcherlandwein (4,50/7)

    1998 hat der Rudl zum ersten Mal bei Franz Strohmeier Wein gekauft. Zuvor hatte er von einem ganz besonderen Schilcher mit der wunderbaren Lagenbeziechnung Lestoa gelesen. Dass der Lestoa im Barrique ausgebaut war, wird wohl auch ein Grund für die Attraktion des Rudls zu diesem Wein gewesen sein. In den neunziger Jahren war ein im Zweihundertzwanzigliterfass ausgebauter Weiß- oder in diesem Fall sogar Roséwein auch für den Rudl etwas besonderes Interessantes. Und der 1997er Lestoa war ganz bestimmt einer der besten Schilcher, die der Rudl getrunken hat. Der hat seinerzeit sogar noch eine Prüfnummer bekommen. Um die bemüht sich Franz Strohmeier längst nicht mehr. Für die Länder, in denen er seine Weine verkauft, braucht er sie auch nicht.

  • Marius & Simone 2020, Giachino, Chapareillan, Vin de France (5/8)

    In den Bergen leben viele Menschen sehr traditionell. Das hat oft ausgesprochen positive Seiten. So war die Resistance gegen das Dritte Reich in Savoyen und Hoch-Savoyen ganz besonders aktiv. Eine Facette des savoyardischen Traditionalsimus ist auch, dass ein maischevergorener Wein wie Marius & Simone von den Giachinos nicht so schnell „die Appellation bekommen“ wird. Da kann er noch so präzise und sauber sein.

  • Rouge 2021, Domaine Ilarria, Irouléguy, Vin de France (5/8)

    Peio Espil ist kein Manitou der Schwefelexorzisten, aber er geht beim Schwefeln stets an das unterste Limit. Das liegt bei dieser Art von Wein jedes Jahr wo anders, hat aber viel mit Erfahrung, Geduld und Risiko zu tun, stets ein hoher Einsatz mit der Möglichkeit des Scheiterns, aber auch der Weg, auf dem die wenigen wirklich extraordinairen Weine entstehen. Die Verkostungskommission hat beim roten Einundzwanziger einen Mangel an Typizität diagnostiziert. Die Familie Espil hat das dem Rudl vor dessen Bestellung mitgeteilt. Der Rudl hat den Wein trotzdem bestellt und ist froh darüber.

  • Les Grandes Jorasses 2020, Dominique Belluard und Domaine du Gringet, Ayse, Haute-Savoie, Vin de France (9/14)

    Halb klassische Altesse, halb maischevergorene, absolut sauber, aber in einer konservativen Weinbauregion wie Savoyen kein Wein für die Appellation.

  • Zierfandler 2021, Friedrich Kuczera, Bergwein aus Österreich (2,50/4)

    Und dann ist da noch Monsieur Friedrich Kuczera. Wahrscheinlich ist er einer der wenigen in Gumpoldskirchen, die den Zierfandler noch so machen, wie man ihn früher gemacht hat, keine Holzsuppe, sondern großes altes Holzfass. Heute scheint das nicht mehr gebietstypisch zu sein. Womöglich sagt das mehr über Friedrich Kuczera als über Gebietstypizität.

    Diese sechs Weine und ein paar Gläser Vin Jaune kredenzt der Rudl

am Dienstag, den 13. Februar von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Am Faschingsdienstag grüßt Herr Rudolf Erkennbare und Unerkennbare! Gut müssen sie sein.

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

6. Februar geschlossen

In den Wiener Energieferien bleibt die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils geschlossen.

Nächster Öffnungstag: Dienstag, 13. Februar von 16 bis 20 Uhr

Im Übrigen ist Rudolf Polifka auch nach dem 27. Jänner, dem Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, noch der Meinung, dass dieser Tag zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklären muss!

Herr Rudolf hat die Ehre und wünscht Ihnen Energie!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien