29. Juli bis 2. September geschlossen

Weinrat Rodolphe gratuliert allen Absolventinnen und Absolventen der „Tour de France“ und der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ zum erfolgreichen Abschluss der Tour, respektive des zweiten Studienjahres. Wenn behördliche Auflagen das nicht verunmöglichten, täterte der Rodl glatt die weiße Fahne hissen. Sowohl in kognitiver als auch disziplinärer Hinsicht haben die Studierenden „die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in weit über das Wesentliche hinausgehendem Ausmaß erfüllt und, wo dies möglich ist, deutliche Eigenständigkeit beziehungsweise die Fähigkeit zur selbständigen Anwendung“ ihres Wissens und Könnens auf für sie neuartige Aufgaben gezeigt, wie dies in der „Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 24. Juni 1974 über die Leitungsbeurteilung in Pflichtschulen und höheren Schulen (BGBl. Nr. 371/1974) für die Note „Sehr gut“ gefordert wird.

Jetzt haben sich alle einen Urlaub, eine Studienreise oder zumindest einen schönen Sommer verdient. Darum sperrt Monsieur Rodolphe jetzt gut einen Monat zu. Das neue Semester wird am Mittwoch, den 3. September um 16 Uhr eröffnet. In diesem Zusammenhang möchte der Rodl gleich auf das diesjährige Reindorfgassenfest hinweisen, das am 5. und 6. September stattfindet. Das Programm kann sich wieder sehen und hören lassen.

http://www.einkaufsstrassen.at/einkaufsgebiete/15-rudolfsheim-fuenfhaus/reindorfgasse/strassenfestival-2014/

Einen plaisanten Sommer und viele schöne oenologische Forschungsergebnisse wünschen

Rodolphe Poliphka, Femme et Fils

Noch 24-mal schlafen. Ostbahn lebt!

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Drei Bio-Basken, sieben konventionelle und das „Ruolantsliet des Phaffen Chunrât“ (Textlänge in Sternen: **** von ***** möglichen)

Eine Appellation ist eine Ernennung. Und eine Appellation d’Origine Contrôlée ist in Frankreich und in der Schweiz eine Ernennung zu einem bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnis, das

–         auf mehr oder weniger traditionelle Art erzeugt worden ist,

–         dessen Zutaten aus einem abgegrenzten Gebiet stammen

–         dessen Eigenschaften annähernd konstant sind

–         und dessen Herstellung überwacht wird.

Zuständig für die Überwachung ist beim französischen Wein das INAO, das Institut National des Appellations d’Origine des Vins et des Eaux de vie. Abgesehen davon kann eine Appellation fast alles Mögliche sein. Es gibt Appellationen, in denen ein einziger Weinbauer Reben stehen hat, zum Beispiel die AOC Savennières Coulée de Serrant. Dort wächst nur Wein von Nicolas Joly, und von dem nicht sein ganzer. Und es gibt Appellationen, die sich über eine Fläche von fast 50 000 Hektar erstrecken, wie die AOC Bordeaux. Das ist beträchtlich mehr als die gesamte Rebfläche Österreichs, sogar dann wenn man die Region Weinbauregion Bergland dazu zählt.

 

Irouléguy ist weder das eine noch das andere. Es ist eine eher kleine und mit Abstand die süd-westlichste Appellation Frankreichs. Sie umfasst etwa zweihundert Hektar, von denen 154 auf die Winzergenossenschaft „Cave d’Irouléguy“ in Saint-Etienne-de-Baigorry entfallen. Die hat 1954 begonnen, die letzten Bauern, die noch Wein kultiviert haben, zusammenzuführen. Ab den Achtziger Jahren hat man dann gezielt Rebsorten selektioniert. Und dann haben immer mehr Winzer angefangen, wieder selber zu vinifizieren und abzufüllen. Jetzt sind es neun, 2000 waren es fünf. Aus Freude darüber und auch weil die „Tour den France“ am Dienstag in die Pyrenäen abbiegt, öffnet der Rodl diese Woche von jedem Winzer der Appellation Irouléguy, der einen hat, einen Rosé. Denn der Rosé, vorwiegend aus der Traube Tannat, findet auf dem kargen, stark eisenhältigen Sandstein rund um den Mont Jara ideale Bedingungen, gerade so wie im Kernland des Rosé zwischen Maures und Fréjus in der Provence. Der Lavendel fehlt in Irouléguy, aber der Rosé wird sich darob hoffentlich nicht allzu sehr kränken.

 

Von jedem Winzer einer Appellation einen Wein, noch dazu vom selben Jahrgang, mehr oder weniger derselben Farbe … nicht dass der Monsieur Polifka „einedrahn“ möchte, aber so oft gibt es sowas nicht, das können Sie ihm ruhig glauben. Und dann geben diese neun Weinbaubetriebe auch namenstechnisch-phonologisch allerhand her. Die alle richtig auszusprechen, das erfordert vermutlich schon ein Semester auf der FH für baskische Weinbaumeisternamenaussprechung oder so. Darum hier in alphabetischer Reihenfolge:

 

Domaine Abotia

Domaine Ameztia

Domaine Arretxea

Domaine Brana

Domaine Etxegaraya

Domaine Gutizia (ab Jahrgang 2011)

Domaine Ilarria

Cave d’Irouléguy

Domaine Mourguy

 

Dann gäbe es noch, ein bissl abgelegen, die Domaine Bordatto. Aber die ist auf Lagencidres spezialisiert und füllt daneben einen Rotwein aus reinem Tannat ab, keinen Rosé, ganz zu schweigen von einem Weißen.

 

Ihren Ursprung hat die Appellation Irouléguy bei den Jakobsweg-Pilgern. Sie liegt nämlich dort, wo zwei Zubringer einander treffen, knapp vor dem Col de Ronceveaux. Genau! Dort haben am 15. August 778 ein paar ortskundige Basken sich nicht anderes zu helfen gewusst, als die Nachhut einer Armee, die sie zuvor selber um Hilfe gerufen hatten, zuerst vom Feldzug abzuschneiden, dann in ein Tal abzudrängen, um „am Ende des Tages“ zu besiegen. Die Armee war eine von Karl dem Großen. Hätten sie sich eigentlich vorher schon denken können, die Basken, dass ein unguter Patron wie der Karl nicht in allererster Linie ihr Wohl im Auge hat, wenn man den um Hilfe bittet. Aber es ist halt vieles eine Frage der Situation, in der man sich gerade befindet. „Situationselastisch“ hat ein besonders mutiger österreichischer Staatsmann einmal gemeint. Und dann haben die damals natürlich noch kein Internet gehabt. Und die ganze Propagandamaschinerie um Karl, zumindest was den überlieferten Teil davon betrifft, ist erst später richtig angeworfen worden. Die hätte ihnen auch nicht weiter geholfen, den Basken, weil die war jetzt fast ausschließlich karlfreundlich, die überlieferte, wie gesagt.

 

Der Phaffe Chunrât hat die altfranzösische „Chanson de Roland“ im zwölften Jahrhundert ins Mittelhochdeutsche übertragen. Und dort wird in 9094 Versen dem Karl gehuldigt. Auftraggeber war Heinrich der Löwe. Nur dass der damals keine Inserate geschalten hat. Das war damals alles noch ein bissl direkter. Gegen Ende seines Werkes versichert uns Chunrât übrigens:

„ich nehân der nicht gemêret,

ich nehân der nicht überhaben“

 

Er hat also nichts hinzugefügt und nichts weggelassen, gerade so wie heute die Edelfedern in der „So …“- und „… exklusiv!“-Presse.

 

Auf alle Fälle ist der Col de Ronceveaux einer der Berge um Irouléguy. Die Böden sind karg, und steil, weswegen in den Siebziger Jahren Terrassen angelegt worden sind. Früher hat man gesagt, dass die Namen der Rebsorten mehr gesungen haben als die Flaschen. Das ist nicht mehr ganz so. Aber den Rodl begeistern diese Namen schon ziemlich. Die französische Bezeichnung „Petit Manseng“ ist ja schon nicht zu verachten, aber nix gegen deren baskische Entsprechung „Ixiriota Xuri Ttipia“. Und jetzt vergleichen Sie „Ixiriota Xuri Ttipia“ einmal mit einem Wort wie „Zweigelt“ oder „Sämling 88“. Sie verstehen, was der Rodl meint. Die Weine sollen früher hart gewesen sein, für die robusten Mägen der Bergbewohner. Aber Weinstile ändern sich, nicht immer nur zu ihrem Nachteil.

 

Das Terroir von Irouléguy besteht aus einem ziemlich einzigartigen geologischen Mosaik. Dabei dominieren drei Gesteine:

 

Sandstein aus der unteren Trias an den Abhängen des Mont Jara

 

Rund um das Pilger-Epizentrum Saint-Jean-Pied-de-Port bestehen die Hügel der oberen Trias aus Ton, Salzminen, ein paar Steine, deren französische Bezeichnungen weder das dicke grüne Wörterbuch noch das Internet ins Deutsche zu übertragen weiß und dem äußerst basischen, vulkanischen Ophite, auf dem der Pantxuri von der Domaine Arretxea wächst.

 

Dann gibt es natürlich auch Kalk, allerdings nicht aus der Trias, weder aus der oberen und auch nicht einmal aus der unteren, sondern aus dem Jura. Da wächst zum Beispiel der Irouléguy blanc von der Domaine Ilarria.

 

Lange Zeit hat man das alles für den idealen Nährboden für Tannat gehalten, weil der halt nicht weit weg in Madiran ein ziemlicher Renner ist. Einigen experimentierfreudigen Winzern ist es zu verdanken, dass man immer mehr das Potential dieser Böden für Weißwein erkennt. An deren Spitze Thérèse und Michel Riouspeyrous von der Domaine Arretxea. Die Suche nach gereiften Weißweinen von denen ist circa so wie die nach dem Heiligen Gral.

 

Zehn Rosés aus Irouléguy von neun verschiedenen Weinbaubetrieben, nicht ganz ausschließlich, aber fast, diese Woche

 

am Dienstag und am Mittwoch und am Donnerstag und auch noch am Freitag

jeweils von 19(!) bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 

Freitag, der 25. Juli ist dann der letzte Öffnungstag in diesem Studienjahr. Der Rodl begibt sich dann auf Dienst-, Studien- und Kulturreise (letztere nur bis zur Kaiserwiese). Am Mittwoch, den 3. September sperrt er dann wieder um 16 Uhr auf. Wenn Sie für die Zeit dazwischen einen Wein brauchen, sagen wir einen Rosé aus Irouléguy, oder einen anderen, für den Balkon, für den Garten oder für die Kaiserweise, dann können Sie den diese Woche noch in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ erwerben.

 

Und wie gesagt: Der Rodl freut sich, wenn Sie – sagen wir vorher, was weiß er, über den Naschmarkt spazieren und sich eine Jausn kaufen, zum Beispiel einen Ossau-Iraty, den berühmten Schafskäse aus dem Baskenland (der ist auch eine Appellation d’Origine Contrôlée) und ein Wachauer Laberl oder was, aber der Rodl möchte sich da auf gar keinen Fall nicht in Ihre Jausngewohnheiten einmischen. Das war jetzt nur ein Beispiel. Und dann können Sie diesen Ossau-Iraty oder was Sie sich halt zum Jausnen mitnehmen, gerne in seiner Weinhandlung zu sich nehmen. Brettln und Messern stellt er Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Auf den Ixiriota Xuri Ttipia und ein paar andere baskische Reben!

Rodolphe Polixa

 

Noch 32-mal schlafen.

 

Drei Achter, drei Weine from se rocks und weit mehr als drei lustige Namen

  • Jetzt wirds ernst. Nach gefühlten sechshundertsechsundsechzig Flachetappen,
    die alle wie ein Elferschießen zwischen England und Deutschland enden,
    machen sich die Radler auf den Weg in die savoyardischen Alpen. Und jetzt
    zählt es. Auch für Monsieur Rudolf ist das in mehrfacher Hinsicht aufregend:

    Die Radlerei ist dort meistens spektakulärer als in der Ebene. Der Rudl
    schaut sehr gern zu, beim Radlfahren, aber auskennen tut er sich eher nicht
    so gut. Und da gibt eine Bergetappe naturgemäß mehr her als eine von Taktik
    geprägte Flachetappe, landschaftlich, aber auch spannungstechnisch.

    Darüber hinaus ist Bergmeister Rudolf ja ein Kind der Alpen. Die sind ihm
    vertraut. Dass er ihnen nicht so wahnsinnig viele Tränen nachweint, tut da
    nix zur Sache.

    Wirklich zuhause ist der Rudl in oenologischer Hinsicht in den
    französischen Alpen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des Sortiments seiner
    Weinhandlung wächst dort. Und das sind – gemeinsam mit den Pyrenäenweinen
    aus Irouléguy und Juranςon – auch die Weine, die er selber am allerliebsten
    trinkt. Schon seinerzeit bei den Römern sind ja die Weine der Allobroger,
    wie die Bewohner der Westalpen genannt wurden, ziemlich hoch im Kurs
    gestanden, natürlich auch der Käse. Weil der Römer hat schon eine Ahnung
    von einem savoir vivre.

    Das war schon so, als dieser Hannibal mit dreißig Elefanten über den Col du
    Clapier gen Rom gezogen ist. 1979 haben Jacqueline Vial-King und Jack
    Wheeler mit nur zwei Elefanten diesen Feldzug nachgestellt, in friedlicher
    Mission, nur um zu zeigen, dass das geht. Quod erat demonstrandum, wie der
    Lateiner sagt. Im Prinzip macht der Rudl ja nichts anderes, nur eben ohne
    Elefanten und mit Wein.

    Wie jede Geschichte liest sich auch die von Savoyen ziemlich lustig, vor
    allem wegen der komischen Namen. Letztendlich ist es ja das, was den Rudl
    an der Auseinandersetzung mit der Historie fasziniert. Die Hilpérics,
    Dagoberts, Gondebauds et cetera … Das könnte der Herr Rudolf stundenlang
    studieren. Die Frage ist halt, ob sich das, was heute passiert, in
    tausendfünfhundert Jahren genauso lustig liest. Aus heutiger Sicht eher
    schwer vorstellbar, dass über Geschichten, in denen Wilhelms, Wolfgangs und
    Michaels agieren, irgendwann einmal wer lacht, zumindest nicht wegen der
    Namen. Oder noch zwanzig Jahre später: Bundeskanzler Noel Krautgartner und
    Infrastrukturministerin Chantal Besenwiesler … Aber bitte, in
    tausendfünfhundert Jahren ist dann wahrscheinlich auch der Humor ein
    anderer.

    Der ultimative Höhepunkt in der Geschichte Savoyens dürfte im Jahr 888
    erreicht gewesen sein, tausendeinhundert Jahre, bevor Holland den bis jetzt
    einzigen Titel bei einer Welt- oder Europameisterschaft im Fußball gewonnen
    hat. Da hat sich ein gewisser Burgunder Rodolphe, bairischer Abstammung, in
    Savoyen zum König ausrufen lassen. Bemerkenswerterweise ist das die Zeit,
    in der die Weinberge von Chautagne (Jacques Maillet) und Chablais (Samuel
    Delalex) kultiviert werden. Wie das damals üblich war, ist darauf gleich
    ein Rattenschwanz an gleichnamigen Herrschern, die sich jeweils nur durch
    eine um eins höher Ordnungszahl von ihren Vorgängern unterschieden haben,
    gefolgt. Rodolphe III. hat dann auf alle Fälle 1032 an Conrad II. übergeben.

    Savoyen sieht dann einige Amédés kommen und gehen. Vom achten, der auch den
    Gegenpapst Felix V. gegeben hat, war hier schon die Rede. über Amédé IX.
    heißt es, dass er sich mehr für Theologie und Einkehr interessiert hat als
    für seine Staatsagenden. Für einige Repräsentanten des politischen
    Establishments in österreich würde man sich so etwas wünschen. Die
    Amtsgeschäfte hat dann seine Frau, Yolanda von Frankreich geführt. Und auch
    das würde bei etlichen österreichischen Politikern heute eher nicht zu
    einem Qualitätsverlust führen. Yolanda war intelligent und gut, sie liebte
    die Menschen, die Bücher und die Musik. Wer würde da nicht an den Trainer
    denken? Ihren Amtssitz hat sie von Chambéry nach Turin verlegt. Wenig
    später gründen ein paar Männer rund um Franz von Sales in Annecy die
    Académie florimontane. Die hält dann als Vorbild für die Academie francaise
    her. Zum Motto wird ein Dictum des Humanisten Franz von Sales:

    „L’homme est la perfection de l’univers,
    l’esprit est la perfection de l’homme,
    l’amour est celle de l’esprit
    et la charité est celle de l’amour. »

    Und auch das könnte sich der eine oder andere Geistesriese im National-
    oder Gemeinderat zu Wien hinter die Löffel tätowieren lassen, wenn er
    einmal gerade nicht auf einer Yacht, in einer Großraumdisco oder an einem
    Stammtisch Kunden betreut.

    Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges formieren sich viele Savoyarden der
    Resistance zum siebten, dreizehnten und siebenundzwanzigsten Bataillon der
    „Chasseurs alpins“ und sind nicht unwesentlich an der Befreiung österreichs
    beteiligt.

    Darüber hinaus wäre von savoyardischen Auswanderern nach Louisiana, Jean-
    Jacques Rousseau, Victor-Amédé II., dem aufgrund einer Verwechslung
    Sizilien anheim fällt, obwohl er in Wirklichkeit Sardinien geerbt hat, und
    einer abwechslungsreichen Geschichte zwischen Italien und Frankreich zu
    berichten. Aber nicht an dieser Stelle und nicht zu dieser Zeit. Denn
    Monsieur Rodolphe möchte noch ein paar Wörter zu seinen Tour de France-
    Weinen verlieren.

    Diesen Freitag fahren sie von Saint Etienne nach Chamrousse. Weit ist es
    da nicht mehr nach Jongieux, wo vor etlichen Jahrzehnten die Weinreben von
    Noel Dupasquier mit dem Krampen in den äußerst steilen Kimmeridge
    Kalkfelsen – Sie erinnern sich an Dover und Chablis – gehauen worden sind,
    denn Humusauflage gibt es dort so gut wie keine. „Vine on the rocks“ soll
    ein amerikanischer Geologe das genannt haben. Die Weingärten schauen nach
    Westen zur Rhône hinunter, die dort noch ein Bach ist. Der Wasserabzug ist
    aufgrund der Steilheit und des Kalkes fast zu gut. Man kann diesen Abhang
    des Mont du Chat, der auf der anderen Seite ziemlich markant über den Lac
    du Bourget, den größten Binnensee Frankreichs, ragt, als Kerngebiet der
    Rebsorte Altesse betrachten. Die Ernte beträgt 25 Hektoliter pro Hektar.
    Rentabilität wird anders definiert. Der Cru Marestel, den es ab September
    in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ geben wird, galt ab dem
    fünfzehnten Jahrhundert als Wein der Prinzen. In der Jugend schmeckt er
    nach Honig, Mandeln, Haselnüssen, Bergamotten und Wiesenblumen.
    Unvergleichlich wird er mit entsprechender Reife.

    Diese Woche kredenzt Monsieur Rodolphe
    Jacquère 2010: 900 Hektar, das ist fast die Hälfte der Rebfläche
    Savoyens, sind mit Jacquère bestockt. Die Weine sind fast immer leicht.
    Etliche Winzer geben sich mit dem Jacquère als Fonduebegleiter zufrieden.
    Noel Dupasquier nicht, Fred Giachino noch viel weniger
    Chardonnay 2009 und
    Roussette de Savoie 2009 (Roussette darf man zu Altesse sagen, wenn er
    bestimmte Kriterien erfüllt und auf bestimmten Böden wächst)
    … alle von der Domaine Dupasquier, von der es ab September dann noch
    etliche Weine mehr geben wird, worauf sich der Rodl schon freut wie ein
    Christkindl.

    Das alles, aber nicht ausschließlich, auch diese Woche wieder zu den Tour
    de France Sonderöffnungszeiten

    am Dienstag, am Mittwoch, am Donnerstag und am Freitag
    jeweils von 19(!) bis 22 Uhr
    in der „Weinhandlung Rodolphe Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

    Im übrigen möchte Monsieur Rodolphe noch einmal explizit darauf hinweisen,
    dass es nicht nur erlaubt, sondern erwünscht ist, wenn Sie sich selber eine
    Jause mitbringen, halt ohne Getränke. Gerade so wie im Bräustübl zu
    Salzburg-Mülln. Der Rodl kann aufgrund seiner unorthodoxen öffnungszeiten
    nur mit einem zwar sehr feinen, aber umso kleineren Notprogramm an
    Kulinarik aufwarten.

    Auf Yolanda, Franz und die Elefanten! Monsieur Rodolphe

    Noch neununddreißigmal schlafen.

Drei Weine zu den ersten Tour de France Etappen und eine Podersdorferin

Morgen, am Dienstag, den 8. Juli beginnen in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils die diesjährigen

Tour de France Sonderöffnungszeiten.
Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag
von 19 bis 22 Uhr

wird Monsieur Rudolf seine Weinhandlung aufsperren. Gleich viermal in der Woche, dafür aber erst um sieben Uhr am Abend. Hat ja keinen Sinn, der Alkohol, bei der Hitze und außerdem fahren sie ja vorher. Und den Weg der Tour de France nach Paris wird Monsieur Rudolf trachten, oenologisch zu begleiten.

Am Samstag sind sie von Leeds weggefahren. Man kann sicher einen ganzen Haufen Verbindungen zwischen Leeds und Frankreich finden. Eric Cantona, zum Beispiel. Aber dazu ist jetzt nicht genug Zeit. Sonst kriegen Sie die Informationen über die Weine zu den Etappen in England und in Nordostfrankreich, wenn die Radlfahrer auf die Champs-Élysées einbiegen. Heuer starten sie halt in England, weil das ziemlich radsportbegeistert ist. In anderen Nachbarstaaten ist man auch schon weggefahren. Der Start des Giro d’Italia war heuer in Belfast. Solange man nicht auf die Idee kommt, sich den dynamischen asiatischen Märkten durch einen Start auf der chinesischen Mauer anzubiedern, findet der Rudl die dislocierten Tour- Starts fast ein bissl charmant.

Den ersten drei Etappen erweist ein Flascherl Bacchus 2006 des Stanlake Park Wine Estates aus Berkshire die Reverenz.

Die Tour rollt dann unter anderem über ein paar Kopfsteinpflaster um Lille und in Belgien. Früher wäre ja die Überfahrt ein Spektakel gewesen. Ob sie da dann quasi auf Ergometern auf der Fähre oder dem Hoovercraft weiter geradelt wären? Heute hat man den Chunnel. Da geht das ratzfatz, aber halt relativ unromantisch. Der Wein, zumindest der gute, ist aber alles andere als ratzfatz und außerdem dem Gestein verbunden, irgendwie zumindest. Darum wollen ihm die mächtigen Kalkfelsen von Dover nicht aus dem Sinn gehen. Die stammen geochronologisch aus dem Kimmeridge. Das ist gute 150 Millionen Jahre alt, gehört zum oberen Jura, aber eben nicht geographisch, denn das wäre dann ja das nördliche Jura, sondern eben geochronologisch: obere, will heißen, jüngere Jura. Wenn Sie den Rudl fragen, ist „jung“ da ziemlich relativ, bei 150 Millionen Jahren. Aber für einen Geochronologen macht das wahrscheinlich schon einen Unterschied. Wenn man da einmal mit Unpräzisionen anfängt, hört das ja nicht so einfach wieder auf. Dann kommt einer daher und sagt: „Fünf oder zehn Millionen Jahre auf und ab spielen da keine so große Rolle. Das ist so lange her. Da muss man nicht ständig drüber reden. Da soll jetzt einmal Gras drüber wachsen.“ Und damit wäre man, nach oben gerechnet, aber schon in der Kreidezeit, in der unteren – geochronologisch betrachtet. Und der Nächste sagt: „Was sind schon hundert Millionen Jahre, wenn ich nicht dabei war?“ Da hebt aber dann schon gleich ein ganz anderes Erdzeitalter an, da wäre man dann schon im Känozoikum, in der Erdneuzeit. Und oenologisch bei Bordeaux. Nur kommt die Tour de France dort heuer gar nicht vorbei. Sie sehen also schon, dass man auch in der Geochronologie keine Schlampereien brauchen kann, auch wenn das für den Laien auf den ersten Blick ein bissl kleinlich wirken mag.

Aus dem Kimmeridge stammen auf alle Fälle diese Felsen bei Dover, die dem Wein auf seiner Tour de France nicht aus dem Sinn gehen. Drum macht er sich auf die Suche nach diesem Gestein, wie ein Wilder in ganz Frankreich und wird schon in der Nähe von Auxerre, genauer gesagt in Chablis, fündig. Und von dort kommt der zweite Wein, ein Chablis AOC 2010 von Vincent Dauvissat.

Die bunten Trikots fahren dann in die Vogesen, auf deren geologisch äußerst vielfältigen östlichen Abhänge die Elsässer wachsen. In der Grand Cru Lage Steinert bei Pfaffenheim findet sich nur ein einziger Muscat Grand Cru. Der ist von Pierre Frick und eine Flasche vom 2005er gibt es beim Rudl in der ersten Tour de France Woche. Ob Naturwein, ungeschwefelt, ungefiltert, Orange Wine, biologisch oder biodynamisch – der Rudl glaubt, dass das alles Pierre Frick erfunden hat. Vor zwanzig Jahren hat er in Frankreich Messen für Biolebensmittel veranstaltet. Seine Weine füllt er mit Chromkapseln ab.

Und weil sie diese Woche nicht nur in Frankreich, respektive England und Belgien radln, sondern auch in Österreich und weil in Podersdorf am Samstag das Einzelzeitfahren der Österreichradrundfahrt stattfindet und weil dort Josef Lentsch in seinem Lieblingsweingarten „Schrammel“ eine seiner formidablen Trockenbeerenauslesen wachsen lässt, gibts diese Woche auch die glasweise in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“. Das ist zugegebenermaßen kein Wein, der sich bei solchen Temperaturen lauthals aufdrängt. Aber laut ist sehr oft eh unangenehm, außerdem fühlt sich der Rudl ja bekanntlich dem Antizyklismus verpflichtet, nicht nur was Weltbilder betrifft, sondern vor allem auch meteorologisch. Und es ist zumindest einen Versuch wert, die Celsiusgrade mit einer Trockenbeerenauslese von Josef Lentsch daran zu erinnern, dass auch bei ihnen die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Diese vier Weine, aber nicht ausschließlich, empfiehlt Monsieur Rudolf zur körperlichen, moralischen und seelischen Regeneration nach einer strapaziösen Tour de France Etappe

am Dienstag und am Mittwoch und am Donnerstag und am Freitag
von 19 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

Seawas die Radln! Rudolf Polifka

Noch sechsunddreißigmal schlafen.