Les Filles von Gilles Berlioz – der Weinname
Gilles Berlioz ist kein gelehrter Weinbauer, gelernter Weinbauer ist er schon, aber er hat keine Weinbauschule von innen gesehen, ein Autodidakt, wie man sagt. Ursprünglich war er landwirtschaftlicher Arbeiter, ein Hackler, wie man sagt. Und irgendwann hat ihn die Faszination für Wein gepackt. Er hat 1990 achtzig Ar Weingarten gepachtet und mit viel Improvisation einen Wein gemacht. Das war eine Roussanne, Chignin-Bergeron, wie man in Savoyen sagt. Gar nicht so viel Zeit später hat er diesen ganz sicher bedeutendsten Wein seines Hauses als Reverenz an die Frauen, die in seinem Weingut arbeiten, „Les Filles“ genannt. Hyperkorrekt könnte man jetzt einwenden, dass es sich dabei um eine unangebrachte Verniedlichung des weiblichen Geschlechts handelt. Isoliert lexikalisch betrachtet stimmt das. Wenn man berücksichtigt, dass Gilles Berlioz einige Jahre später quasi als männliche Entsprechung zu „Les Filles“ eine gegenderte männliche Variante „Les Fripons“ herausgebracht hat, schaut es wieder anders aus. Und wenn man am Weingut ist, hat man alles andere als das Gefühl, sich in patriarchalen Strukturen zu befinden. Für den Rudl ist es die Praxis, in der sich gesellschaftspolitische Konzepte zu bewähren haben. Diese Bewährung besteht das Weingut Domaine Partagé Gilles Berlioz“, weniger durch ideologische Wortklauberei als durch gelebte und geteilte Praxis. Darüber hinaus sind für den Rudl „Les Filles“ ein weiteres Indiz dafür, dass Eintreten für Gleichwertigkeit, Geschwisterlichkeit und Solidarität eine Verantwortung für alle Teile einer Gesellschaft darstellt und auf alle Teile der Gesellschaft abzielen muss. Begnügt man sich mit der Akzeptanz in einer selbstgerechten Filterblase, besteht die Gefahr, außerhalb davon das glatte Gegenteil des Gewünschten zu bewirken.
So oder so, Citoyen Rudolf Polifka freut sich, am 6. März als Einstimmung auf den internationalen Frauentag jede Frau, die zu den Geschäftszeiten sein Weingeschäft betritt, auf ein Achtel nach Wahl aus den offen angebotenen Weinen einladen zu dürfen.
Les Filles, Gilles Berlioz – der Wein
Wiewohl die meisten Oenologinnen und Oenologen bei Roussanne vermutlich an die Rhône denken, ist es dem Rudl ein Herzensanliegen, darauf hinzuweisen, dass Roussanne auch in der Weinbauregion Savoyen angebaut wird, Bergeron nennen sie die Rebsorte dort. Das ist insofern bemerkenswert, als man in Savoyen dazu zu tendieren scheint, Rebsorten weibliche Namen zu geben, sofern sie nicht schon von außen andere mitbringen. Aber von Mondeuse über Altesse bis zur Jacquère, Douce noire oder Verdesse sind sie alle weiblich. Persan ist eine Ausnahme, aber von der Verbreitung her fällt der nicht ins Gewicht. Justament die weibliche Roussanne der Rhône wird in Savoyen zu einem männlichen Bergeron.
Vulkanland Zentralmassiv. Endlich!
Der Rudl hat sich grundsätzlich auf französische Bergweine spezialisiert. Ein paar Ausnahmen gibt es in seinem Sortiment, aber der Großteil stammt mehr oder weniger von den Bergetappen der Tour de France. Nur das Massiv central hat bis vor kurzem gefehlt. Jetzt nicht mehr.
Gilles Bonnefoy, begeistert für Geologie, hat 1997 mitten im Vulkanland der Auvergne auf dem und um den Volcan de Purchan ein Weingut gegründet. Davon weiß der Rudl seit vier Jahren, denn er hat im Bistro von den Giachinos einen Sauvignon von diesem Weingut getrunken. Dieser Wein hat dem Rudl damals außerordentlich gut geschmeckt. Dann hat er ihn trotzdem wieder aus dem Auge verloren, bis er in seiner Lieblingsweinzeitschrift darüber gelesen hat. Einen Teil seiner Weingärten hat Gilles Bonnefoy neu gepflanzt, einen anderen hat er übernommen. Biodynamische Bewirtschaftung war von Beginn an selbstverständlich. Gilles Bonnefoy ist heute noch davon begeistert, wie lebendig sich die Biodynamie an Blättern, Trauben und im Wein manifestiert. Vulkanisches Basaltgestein und Granit prägen die Terroirs, der Rudl hat sich jetzt einmal auf die Weine von den Vulkanböden, die sich vor allem durch rauchige und pfeffrige Aromen auszeichnen, konzentriert. Durchschnittliche Stockdichte von 5700 am Hektar, Höhe zwischen 450 und 600 Meter. Ampelographisch sind Gilles Bonnefoy vor allem die diversen Spielarten des Gamay ein Anliegen, von dem mit weißem Saft bis zu dem mit rotem Saft und von dem aus dem Beaujolais bis zu dem aus der Auvergne. Der weiße Teil des Sortiments besteht aus Sauvignon gris und Sauvignon blanc – die obere Loire ist nahe – und Roussanne als Reverenz an die ebenso nahe untere Rhône. Letztere wird Caviste Rudolf Polifka kommende Woche glasweise vor den oenologischen Vorhang bitten. Hektarertrag von zwanzig Hektolitern, Handlese, keine Malo, was bei Roussanne ungefähr so oft vorkommen dürfte wie eine Malo bei Riesling. Gegen Schwefel hat Gilles Bonnefoy nicht grundsätzlich etwas, gegen zuviel davon sehr wohl. Darum bleibt er deutlich unter den Limits für demeterzertifizierte Weine. 1700 Flaschen etwa gibt es von diesem Wein, 5 davon in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils. Das Weingut empfiehlt den Wein zu gegrilltem Fisch und generell zu allem, was aromatisch nicht zu dick aufträgt.
Ein neuer Wein der Domaine des Ardoisières
Zuerst war es ein Wein, dann drei – alle von den Terrassen in Cevins. Das war der Beginn der Domaine des Ardoisières. Ein paar Verrückte, hauptverantwortlich der nimmermüde Biodynamiepionier Savoyens Michel Grisard. Dann kommt Brice Omont an Bord, Weingärten in Saint Pierre de Soucy und mit ihnen Argile Blanc und Argile Rouge. Und seit ganz kurzem bewirtschaftet das Weingut die Weingärten von Louis Magnin in Arbin, vor allem Mondeuse und Roussanne mit einem ganz kleinen bissl Altesse. Wenn es nach den Untiefen des digitalen Netzes geht, dann dürfte der Rudl eher einer der Früheren sein, die diesen Wein offerieren. Ausbau in Ton.
- 2019 Chignin-Bergeron « Les Filles », Gilles Berlioz, Chignin, AOC Vin de Savoie (7/11)
- 2017 Chignin-Bergeron « Les Fripons », Gilles Berlioz, Chignin, AOC Vin de Savoie (7/11)
- 2023 Aigue Marine, Domaine des Ardoisières, Arbin, IGP Vin des Allobroges (8/12)
- 2024 Roussanne de la Madone, Champdieu, IGP Urfé, Massiv central (6/9)
- 2020 Vesta, Domaine de l’Aitonnement, Aiton, IGP Vin des Allobroges (8/12)
DONNERSTAG, 6. März von 17 bis 21 Uhr
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils
Reindorfgasse 22
Am 27. Jänner 1945 sind die Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz befreit worden. Was spricht dagegen, den 27. Jänner deshalb endlich zu einem gesamteuropäischen Feiertag zu erklären? Nichts!
Allez, alle miteinander!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien