Erde – Kultur und Sprache. Eine Vertikale von Maria und Sepp Muster

Im Sortiment vom Rudl gibt es Weine, die der Rudl erklären muss. Aber das ist nicht schlimm. Selbst im fernen Frankreich erachtet es die Revue du Vin de France im Editorial ihrer aktuellen Ausgabe offenbar als erklärungsbedürftig, wenn ein „cercle des passionés“ sich nicht einmal vor dem grandiosen 2016er Bordeauxjahrgang in den Staub schmeißt, sondern leidglich ihre „vins d’auteur“ im Kopf hat. Dagueneau, Clos Rougeard, Claude Dugat, Chave und auch Dominique Belluard aus Ayze in Savoyen zählt die Revue du Vin de France zum illustren Kreis der unverschämten Rivalen von Medoc, Pomerol und Saint Emilion.

Im Sortiment vom Rudl gibt es aber auch Weine, die er nicht erklären muss, zumindest seinen Kundinnen und Kunden nicht, die Erde von Maria und Sepp Muster zum Beispiel. Trotzdem:

 

Frucht und Flucht II

 

Vor zwei Wochen hat der Rudl quasi als Flucht vor künstlicher Frucht dezente Rosés kredenzt. Da gebietet es die Ausgewogenheit, diese Woche quasi eine Flucht vor der Flucht vorzunehmen. Was zuckerlartige Fruchtigkeit bei vielen Rosés, ist dem Rudl bei so manch Orangem eine flüchtige Säure, die sich wichtig macht. Darum öffnet er diese Woche einen Wein in fünf Jahrgängen, dessen Säuren keine Wolken sind. Viele bezeichnen diesen Wein als „Naturwein“, für Weinschulmeister Rudolf ist die Erde von Maria und Sepp Muster ein „Kulturwein“ par excellence, weil an ihm deutlich wird, dass Naturwein im positiven Sinn etwas mit Lernen, Kunst und Arbeit zu tun hat.

 

Orange Weine

 

Die Erde bleibt mit Trauben, Kernen und teilweise Stielen bis zu einem Jahr auf der Maische, früher in georgischen Tonamforen, jetzt im Holzfass. Das ist in Österreich heute auch für einen Wein aus sogenannten weißen Trauben nicht mehr so ungewöhnlich, wie es das vor zehn Jahren einmal gewesen ist. Dass beim Hineinriechen in so einen Wein nicht Nagellackentferner oder Alleskleber als Erstassoziation vor der geistigen Nase antanzen, ist schon nicht mehr ganz so selbstverständlich. Und das schätzt der Rudl an der Erde überaus.

 

Sprache und Erde

 

Ein bissl ein Kreuz ist es mit der deutschen Sprache. Einerseits zeichnet sie sich in ihrer grammatikalischen Struktur durch ein vergleichsweise hohes Maß an Schlüssigkeit und Klarheit aus. Ihr Lexikon dagegen scheint oft nicht gerade durch Treffsicherheit, Kompelxität und Tiefgang zu brillieren. Nehmen Sie ein Wort wie „Liebe“. Das kann höchst Unterschiedliches meinen. Da hat der Lateiner mindestens drei oder vier Wörter, von denen jedes etwas ganz Bestimmtes bedeutet. Deutschsprechende können mit einem den Stamm lieb- enthaltenden Wort vieles meinen, von den heißeren und wilderen Sachen über das, was virtuelle Stammtischhetzer gerne als Gutmenschentum diskreditieren oder die primitiveren Reimlexikonbesitzer dann wertfrei pervertiert auf Wahlplakte pinseln bis zum erstaunlichen Adjektiv, das dem Rudl seiner Meinung nach die logofizierte Perfidie ist. Man hat vor keinem Gericht dieser Welt eine Chance, die Verwendung des Begriffs „lieb“ anzufechten, obwohl es wohl nicht viele schlimmere Beleidigungen gibt.

 

Erde. Ein Wort und seine Bedeutungen

 

Mit dem Wort „Erde“ schaut es nicht viel besser aus. Von einem Planeten bis zu einem Plastiksack mit schwer zu definierbaren Substanzen in der Gartenabteilung eines Baumarktes, von wo es dann nicht mehr weit zum Dreck ist, kann da fast alles drinnen sein.

 

Die Erde in ihrer Präzision

 

Da lobt sich der Rudl das Alte Testament. Das ist wenigstens so gut, für die Erde als politische Verwaltungseinheit und für die Erde als landwirtschaftliches Produktionsmittel separate Begriffe zu verwenden, einen für das Weltbild der Erde als Scheibe, die gleich einem Schiffanakel auf dem Wasser dahin schaukelt und von dem im Himmel sitzenden Gott als Fußschammerl verwendet wird, und einen für das Land, auf dem seine Körndeln oder auch Weintrauben anbauen kann. Diese Erde hat Mensch, Tier und Pflanze hervor- und den Verfasser zum Schluss gebracht, dass man mit ihr entsprechend sorgsam und verantwortungsvoll umzugehen habe. Wer das tut, verrät einiges über sein Verhältnis zu Gott. Wer das nicht tut, auch. Rudolf Polifka hält das für ein Beurteilungskriterium, noch viel mehr aber für einen Auftrag, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sogar für den Auftrag, um den es geht.

 

In der folgenden Wetterrückschau bezieht sich der Rudl auf sich selber.

 

2007

 

Der Zweitausendsiebener gilt in Österreich als hervorragender Jahrgang, in der Steiermark als Jahrhundertjahrgang, weniger Gradation und mehr Säure als der Vorgängerjahrgang, passable Menge.

Mild und wenig Schnee im Winter, kurz ein bissl eine Reminiszenz an die Winterheit „als solches“ im März, von der sich die Weingärten aber mäßig beeindrucken lassen haben. Früher Austrieb, fast schon Rekordwärme im April, Mai und Juni prolongieren das fast schon kitschig wachstumsfördernde Wetter. Am Beginn der zweiten Julihälfte Rekordhitze. Dass es Anfang August 2013 noch heißer wird, hat der Sommer Zweitausendsieben nicht wissen können. Im August hat sich das Wetter dann wieder erfangen. September dann etwas kühler. Die mancherorts erhoffte verfrühte Lese, allerdings ohne die mancherorts erhoffte überhöhte Gradation. Der Grund, warum der Jahrgang gerade in der Steiermark besonders gut ausgefallen ist, könnte der Regen im September sein. Der hat in der Steiermark nämlich nicht stattgefunden.

So oder so, der Oktober war dann ziemlich ideal, untertags trocken und warm, morgendlich und nächtlich trocken und frisch. Nicht die allerungünstigsten Konditionen für eine konvenierende Aromatik, wenn es nach dem Rudl seinem Geschmack geht. Der vergleichsweise geringere Ertrag ist auf den überproportional hohen Anteil an Prädikatsweinen zurückzuführen.

 

2011

 

Trotz seiner überaus favorablen Nachrede zählt 2011 nicht zu den Lieblingsjahrgängen von Rudl. Einem Winter, den der Frühling kaum als Herausforderung ernst nehmen kann, folgt ein warmer März. Dem ein extrem warmer April. Ohne ein paar kalte Nächte Anfang Mai und einen dezenten Ausreißer im Juli könnte man den oben erwähnten Witterungsverlauf bis zur Lese fortschreiben. Gesunde, reife Trauben, aber trotzdem nicht dem Rudl sein Goût.

Man hat im Zusammenhang mit dem Weinjahrgang 2011 immer wieder von „gut abgepufferter“ Säure geschrieben. Was das genau bedeutet, dürfen Sie den Rudl nicht fragen. Seinen Verdacht möchte er ihnen trotzdem nicht vorenthalten: Könnte es sein, dass mit „gut abgepufferter Säure“ ein Mangel an Säure gemeint ist?

 

2012

 

Nach dem heißen Jahrgang 2011 hat es der 2012er nicht leicht. Abgesehen davon, dass es weniger Wein gibt, unterscheiden sich dem Rudl seine Geschmackseindrücke vom 2011er nicht dramatisch von denen vom 2012er.

Wieder wenig Schnee. Das ist mittlerweile nicht mehr explizit erwähnenswert. Die Februarkälte aber schon. Der Rudl ist damals durch Fünf- und Sechshaus, Braunhirschen und Reindorf gestreift, auf der Suche nach einem Geschäftslokal. Für die Zeit ab März gilt dann aber wirklich fast alles, was Sie oben über 2011 gelesen oder auch nicht gelesen haben.

 

2013

 

Dem Rudl sein Lieblingsjahr war geprägt von Kontrasten. Jänner und Februar waren niederschlagsreich und kalt. Hundertneunzentimeter Schnee fallen in Bad Radkersburg nicht jeden Februar, eher schon in fast keinem, 2013 aber schon.

In Klöch schneit es zu Ostern. Irgendwann hat aber das sturste Wetter ein Einsehen. 2013 ist das Mitte April. Nur zeigt sich sehr bald, dass die Niederschläge nur eine Pause gemacht haben.

Ein Mai, an dem sich keiner ein Beispiel nehmen muss. Dafür dann eine Affenhitze Mitte Juni, und das obwohl in diesem Jahr überhaupt keine Fußballwelt- oder -europameisterschaft stattfindet. Eine der vielen Arbeitshypothesen vom Rudl besagt ja, dass die Junis in geraden Jahren so affenartig heiß sind, damit man beim Fußballschauen mehr Bier trinkt.

Juli und Augustanfang sind extrem heiß und trocken. Das weiß der Rudl auch noch. Da hat er versucht, das Portal der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils zu streichen. Ab Mitte August legt der Regen los und kompensiert viel. Die Säure erweist sich trotz hoher Reife als passabel resistent, sofern der Lesezeitpunkt nicht verschlafen wird. Es gibt Schlimmeres für die Lagerfähigkeit eines Weines als die Kombination aus Körper und Säure bei vielen Zweitausenddreizehnern.

 

2014

 

Das Ganze fängt nicht gerade zum Vor-Kälte-Bibbern an. Viel zu warmer Jänner, nicht nennenswert besserer Februar. Der März noch wärmer. Irgendwie möchte man meinen, das warme Wetter habe damit sein Pulver verschossen. Der April ist wenigstens noch warm, aber verregnet. Da sind die Reben vegetationstechnisch noch zwei bis drei Wochen vorn. Im Mai ist es dann nicht einmal mehr warm. Und dann versucht sowieso nur mehr jeder Monat, seinen Vorgänger in der Kategorie Sauwetter in den Schatten zu stellen. Die konventionellen Vierzehner dürften eine Spur gesünder sein als die konventionellen Weine aus anderen Jahren, weil der permanente Regen die sogenannten Pflanzenschutzmittel im Handumdrehen immer wieder abwäscht. Sisyphos hätte seine Freude beim Spritzen gehabt. Geradezu konvenieren tut die Regnerei den Junganlagen.

 

Die folgenden Weine

  • Erde 2014, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6/9)
  • Erde 2013, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6/9)
  • Erde 2012, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6/9)
  • Erde 2011, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6,50/10)
  • Erde 2007, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (7/11) 

    (in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

     

    aber selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine kredenzt der Rudl glasweise

     

    am Mittwoch, den 31. Mai und am Freitag, den 2. Juni

    jeweils von 16 bis 22 Uhr

    Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

     

     

    Der Rudl freut sich, die Jiddische Hühnerleberpastete von der Dankbarkeit wieder offerieren zu können.

     

    Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

     

    Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 7. und 9. Juni:

    aller Voraussicht nach Mondeuse von teilweise mehr als hundert Jahre alten, wurzelechten Rebstöcken

    Der Rudl grüßt mit den Worten vom Kurtl: Passts guat auf!

Freitag, 26. Mai ausnahmsweise geschlossen

Nichts für ungut, aber die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bleibt am 26. Mai aus Hochzeitsgründen geschlossen.

Nächste Lehrveranstaltung:

Erde-Vertikale (2007, 2011, 2012, 2013 und 2014) von Maria und Sepp Muster

Mittwoch, den 31. Mai und Freitag, den 2. Juni

Monsieur Rudolf wünscht ein plaisantes langes, beziehungsweise ein umso plaisanteres, wenn kurzes Wochenende!

 

Happy Birthday, Sir Neuburger-Paul! Mittwoch, 24. Mai geöffnet, Freitag, 26. Mai geschlossen

Der Rudl hat vor zwei Jahren um diese Zeit schon einmal darauf hingewiesen, dass englischer Fußball schon einmal weniger Prestige genossen hat als heute, wobei man der englische Fußballnationalmannschaft das redliche Bemühen, an das Desaster von 1988 anzuschließen, nicht absprechen kann. Zwischen 1988 und heute hat es einmal sechs oder sieben Jahre lang anders ausgeschaut. Aber das ist lange her.

 

Dunston Excelsior Working Men’s Club, droben beim Hadrian Wall

 

Angefangen hatte alles in Dunston, einem Vorort jener Stadt, die nach einer autochthonen Wachauer Rebsorte, dem Neuburger, benannt ist: Newcastle upon Tyne. Dort kommt am 27. Mai 1967 Paul John Gascoigne auf die Welt, als Sohn einer Fabriksarbeiterin und eines Ziegelschleppers. Nach einer Kindheit, für die das Wort „schwierig“ ein Euphemismus ist, unterschreibt Gascoigne an seinem sechzehnten Geburtstag einen Vertrag beim Newcastle United Football Club, um 120 Pfund in der Woche, um für etwas zwanzig Jahre ein anderes Leben zu führen und nach diesen zwanzig Jahren wieder ziemlich nahtlos an seine Kindheit anzuschließen.

Am 13. April 1985 wird er im St. James‘ Park gegen die Queens Park Rangers eingetauscht. Bald gilt er als die Hoffnung Englands. England sollte in seinen Hoffnungen weniger enttäuscht werden als Paul Gascoigne. Nach der Weltmeisterschaft 1990 in Italien ist Gascoigne populärer als Lady Diana. Wer ihn an einem guten Tag spielen gesehen hat, hat seither eine Ahnung von Transzendenz. Wer ihn vermarktet und vermittelt hat, einen Haufen Geld.

 

Fünfzig

 

Am kommenden Samstag wird Paul Gascoigne fünfzig Jahre alt. Das Wort „Geburtstagskind“ ist wahrscheinlich selten so angebracht wie in diesem Fall. Ihm und den inzwischen noch viel rarer gewordenen Kickern, für die Fußball ein Spiel ist und die das nicht durch eine affektierte Coolness zu kaschieren trachten, öffnet der Rudl diesen Mittwoch ein paar Neuburger, sowie einen und keinen Wein aus den beiden Jahren, in denen das Fußballgroßereignis im Zeichen eines Fußballkünstlers, aber bedauerlicherweise nicht Lebenskünstlers gestanden ist, Paul Gascoigne.

 

Neuburger vom Mantlerhof

 

Sepp Mantler gilt sowieso bei allen, die sich ein bissl mit Wein beschäftigt haben, als Tüftler. Dem Rudl seiner Meinung nach ist er noch viel mehr. Margit und Sepp Mantler sind mindestens Philosophen, Bauern und personifizierte Herzlichkeit zugleich. Der Neuburger vom Mantlerhof ist eine Hommage an Kristof Ferstel (1805 – 1888), einem Vorfahren von Margit Mantler. Der soll seinerzeit ein Rebbündel aus der Donau gefischt haben. Bei diesem Rebbündel soll es sich um eine Zufallskreuzung aus Rotem Veltliner und Sylvaner gehandelt haben. 1992 haben Margit und Josef Mantler eine heiße und trockene Terrasse mit Neuburgerreben, die Frau Mantler aus Oberarnsdorf in der Wachau mitgebracht hatte, bepflanzt (www.mantlerhof.com). Ziemlich sicher ist das einer der Gründe, warum der Neuburger vom Mantlerhof etwas Besonderes ist. Der Neuburger als solcher ist kapriziös. Auf irgendeinem Boden oder in irgendeiner Lage kann es schon sein, dass er ziemliche Brösel macht. Man kennt das von genialen Fußballspielern.

 

 

2008 – gemeinsam mit 2010 und 2013 ein Lieblingsjahrgang vom Rudl in den letzten zehn Jahren, mit „Eleganz statt Opulenz“ beschreibt Sepp Mantler den Jahrgang

 

2013 –  nicht zu kühl und nicht zu heiß – Wenn es nach Rudolf Polifka geht, ein idealer Jahrgang. Ein Wein, den man noch immer nicht aufmachen muss. Caviste Polifka tut das dieses Mal trotzdem.

 

2015 – an und für sich aufgrund weitgehend ausbleibender Wetterkapriolen fast schon ein ungewöhnlicher Jahrgang

 

1990 Pinot Gris Vendange Tardive Josmeyer, Wintzenheim, Alsace

 

Lothar Matthäus hat in diesem Jahr als Kapitän mit der deutschen Fußballnationalmannschaft die Weltmeisterschaft gewonnen und er hat danach noch lange gespielt. So alt wie im Semifinale am 4. Juli 1990 im direkten Duell mit Paul Gascoigne hat er nicht einmal als Trainer des SK Rapid ausgeschaut. Paul Gascoigne war nach diesem Spiel in Großbritannien populärer als Lady Diana.

Der Hagel am 19. Juni 1990 hat die Lage Fecht verschont. Während des Semifinales in Turin war es regnerisch und kühl. Der Boden ist geprägt von Ton und Löss.

Fünf bis acht Stunden Kontakt mit Schalen und Kernen, an und für sich hat man vorgehabt, die indigenen Hefen durch Temperatursteuerung ans Gängelband zu nehmen, ihnen aber dann bald das Tempo selber überlassen.

Nur ganz dezente Filtration, kein Säureabbau, vierundfünfzig Gramm Restzucker.

Die Josmeyer Homepage schreibt über diesen Wein von Trüffeln, feiner Säure und hoher Klarheit, ohne jedweden Exzess.

Empfohlen werden dazu Desserts mit getrockneten Früchten und Maroni, die sich selber mitzubringen der Rudl Ihnen heftigst empfiehlt.

 

1996

 

Gelegentlich ist zu lesen, Deutschland hätte die Fußballeuropameisterschaft 1996 gewonnen. Mit dem Rudl seinen Aufzeichnungen deckt sich das nicht. Gascoignes Golden Goal nach Stangelpass von Shearer in der Verlängerung im Semifinale gegen Deutschland ebnet England den Weg zum Turniersieg. So hat es der Rudl in Erinnerung.

 

2001 Galea, i Clivi, DOP Colli Orientali, Friuli

 

Bis zu diesem Jahr hat Sir Paul warten müssen, um vom Rudl auf einen Orangensaft mit Eiswürfeln eingeladen zu werden. Zugetragen hat sich das Ganze im Rahmen eines Trainingslagers vom Everton FC im Hinterland des toskanischen Städtchens Lucca.

Außerdem hat Paul Gascoigne in diesem Jahr sein erstes und einziges Tor in einem Meisterschaftsspiel für Everton erzielt. Dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen gibt, hat der Rudl nicht behauptet.

Reinsortiger  Friulano, den sie früher „Tocai Friulano“ geheißen haben. Siebzig Jahre alte Stöcke, Mergel und Sandstein. Vierundzwanzig biologische Monate auf der Feinhefe im großen Stahl.

 

2014 Galea, i Clivi, DOC Colli Orientali, Friuli

 

Wein aus dem Jahr, in dem Sir Paul immer noch nicht das Mindeste, das England und viele Vereine ihm schulden, nämlich irgendeine Tätigkeit, die seinem Leben Struktur und Verantwortung zurück gibt, angeboten worden ist. Im Fußball scheint man heute erfolglose, pseudointellektuelle Aufschneider und Ich-AGen zu favorisieren. Das merkt man auf den Plätzen.

 

Die folgenden Weine …

  • Neuburger Hommage 2015, Mantlerhof, Gedersdorf, Kremstal (2,50/4)
  • Neuburger Hommage 2013, Mantlerhof, Gedersdorf, Kremstal (3/5)
  • Neuburger Hommage 2008, Mantlerhof, Gedersdorf, Kremstal (4/6)
  • Pinot Gris Vendange Tardive 1990, Josmeyer, Wintzenheim, Alsace (16/24)
  • Galea 2001, i Clivi, DOC Colli Orientali, Friuli (4,50/7)
  • Galea 2014, i Clivi, DOP Colli Orientali, Friuli (3/5)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

…, aber nicht ausschließlich diese gibt es

 

am Mittwoch, den 24. Mai

von 16 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 31. Mai und vom 2. Juni:

Erde-Vertikale von Maria und Sepp Muster: 2007, 2011, 2012, 2013, 2014

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf ersucht diese Woche um Nachsicht ob der saloppen, ungegenderten Grußformel. In Anbetracht des Geburtstagskindes iist aber keine andere möglich. Cheers, mates!

 

Eine kleine Schilcher-Vertikale von Sepp Muster, andere gelungene Rosés und alles, was es aus sprachwissenschaftlicher Sicht über den Unterschied zwischen manchen Orangeweinen und manchen Rosés zu schreiben gibt

Wochen, in denen Rosé im Mittelpunkt eines Weinthemas der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils gestanden ist, gehören in der Geschichte des Geschäfts vom Rudl nicht gerade zu den großen Erfolgen, zumindest wenn man „Erfolg“ als umsatzorientierte Größe betrachtet. Trotzdem lässt das Roséthema den Rudl nicht ganz los. Dabei ist er nicht einmal ein ausgewiesener Roséfreund. Sonst den farblichen Zwischentönen nicht abgeneigt hat er sowohl mit vielen Rosés als auch mit deren komplementären Orangeweinen immer wieder seine Probleme. Was ihn an beiden manchmal stört, hängt linguistisch betrachtet an der Differenz zwischen r und l, linguistisch ausgedrückt an zwei läppischen Merkmalen.

Phonologie

Laute können sich in drei Kategorien voneinander unterscheiden.

Hinsichtlich ihrer Artikulationsart kann ein Laut explodieren, verwirbeln, reiben, näseln, vibrieren oder seiteln. Ein anderer Unterschied kann den Artikulationsort von Lauten betreffen. Der kann auf den Lippen, den Zähnen, der Zunge, dem Gaumen oder am Kehlkopf sein. Und Laute können stimmhaft oder stimmlos sein. Im einen Fall haben die Stimmbänder einen Auftrag, im anderen nicht. R und L sind beide stimmhaft, unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Artikulationsart und ihres Artikulationsortes jedoch nur minimal. R vibriert in der Mitte, wohingegen L auf die Seiten ausweicht. Darüber hinaus strapaziert L die Zähne, R wird am Gaumen gebildet. Sonst nichts. Und so eine Lappalie wie der Weg zwischen dem Rachen und der Zunge macht dann phonologisch den Unterschied zwischen Frucht und Flucht. Dabei bestehen die Wörter noch aus vier anderen Lauten, die alle auch einen Artikulationsort, eine Artikulationsart und eine oder eben keine Stimmhaftigkeit haben. Das wären zwölf Möglichkeiten sich von einander zu unterscheiden. Aber nix. Im einen Fall ist das Resultat der Jahresarbeit einer Pflanze gemeint, im anderen Fall die absichtliche Wegbewegung von einem Ort, einem Menschen oder einer Sache, die man zu seinem Glück ungefähr so dringend braucht wie einen klemmenden Reißverschluss, oft genug auch noch viel weniger dringend. Der Kurtl hat dieses Thema im Zweiundneunziger Jahr im Text „Radl noch Rio“ abgehandelt.

Um zu den Weinfarben zurückzukommen: Bei vielen Rosanen stört den Rudl ein Überschuss an Frucht, zumal wenn sie nicht natürlich ist, bei etlichen Orangenen wiederum macht eine Säure Hals über Kopf einen Abgang, was im Rudl seinerseits dann Flucht- oder zumindest Nichttrinkreflexe aktiviert. Und bei manchen so sogenannten Kultnaturweinen scheint sich Aciditätsflucht geradezu als Statussymbol wichtig zu machen. Dann für den Rudl lieber doch Kulturwein. Sonst wäre die gesamte kultur- und zivilisationstechnische Hackn von Noah abwärts ja regelrecht für die Haare gewesen.

Diese Woche kredenzt Caviste Rudolf auf alle Fälle Rosés, bei denen Sie unter Garantie kein Flankerl künstliche Fruchtigkeit finden werden.

Schilcher von Maria und Sepp Muster aus Schlossberg in der Südsteiermark

Kalk, Mergel und Ton hindern die Wildbacherstöcke vom Maria und Sepp Muster an der Flucht zu ihren Kolleginnen und Kollegen in der Weststeiermark, und zu den Roteribisel-Stauden dort. In der Weststeiermark ist der Schilcher an und für sich zu Hause, nicht ausschließlich dort, aber vor allem dort. Und in der Tat ist eine Lehrverasntaltung zum Thema Schilcher und Rosé ohne Wein von Franz Strohmeier aus Lestein maximal ein halbe Sache. Blöderweise oder erfreulicherweise, je nachdem wie man das halt so sieht, liegt Lestein ein bissl abgelegen. Dort kommt der Rudl äußerst unregelmäßig und vor allem selten hin, jetzt schon ein Zeitl gar nicht, beziehungsweise nur am Sonntag. Am Sonntag will der Rudl selber, abgesehen von zwei Ausnahmen im Jahr, seine Ruhe haben. Und weil er den kategorischen Imperativ von Monsieur Kant für eine ziemlich gscheite Sache hält, geht Caviste Rudolf davon aus, dass auch ein Weinbaumeister am Sonntag sein Recht auf Ruhe hat. Nur ist das eine andere Geschichte. Irgendwann wird Caviste Polifka wieder in Lestein antanzen, dann wird es hoffentlich wieder etwas Rosanes von Franz Strohmeier geben und der Rudl wird es nachreichen.

 

Zurück nach Schlossberg

 

Dass die Weingärten von Maria und Sepp Muster ziemlich steil sind, hat der Rudl nicht erst einmal erwähnt. Dass die Kessellagen weitgehend verhindern, dass übereifrige Kunden des Spritzmittelnahversorgers ihren Dreck auch auf die Weingärten vom Graf-Hof verfrachten, detto. Diesbezüglich haben Maria und Sepp Muster das gleiche Glück wie Jacques Maillet.

Tage können auf den Steilhängen rund um den Graf ziemlich heiß werden, Nächte sind dort oben kühler als in vielen anderen Weinbaugebieten. Das ist für das Aroma und die Frische der Trauben nicht so schlecht.

Rosé vom Opok 2014, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark

Schilcher 2013, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark

Schilcher 2012, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark

Schilcher 2010, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark

Ob es eher ein erfreulicher oder eher ein tadelnswerter Reflex ist, bei besonders guten Weinen aus Österreich schnell über ein französisches Pendant nachzudenken, müssen Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, selber beurteilen. Der Rudl tendiert eher zu Letzterem. Trotzdem ist es ein Reflex von ihm. Wenn es um einen französischen Rosé, den man sinnvollerweise mit Schilcher von Maria und Sepp Muster vergleichen kann, geht, dann muss Herr Rudolf nicht lang nachdenken. Dann ist es der von den Riouspeyrous.

Irouléguy Rosé 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

Der Weinbau in der Pyrenäenappellation Irouléguy war im elften Jahrhundert Sache der Mönche von Roncevaux. Die haben damit die Pilger am Weg nach Santiago de Compostela verköstigt und dabei ein ganz schönes Knödel verdient. Irgendwann sind dann Reisebüros gegründet worden und das Pilgern scheint an Attraktivität verloren zu haben. In Anbetracht der Kollateralschäden damaligen Pilgerns, muss man das auch gar nicht bedauern, wobei natürlich der Massentourismus auch kein Lärcherl ist, aber halt doch nicht so stark bewaffnet.

Dass der Weinbau in Irouléguy an Bedeutung verloren hat, ist ein Euphemismus und auch nicht nur auf das gesunkene Prestige des Pilgerns zurückzuführen gewesen, sondern auch auf Heinrich IV., Protektionismus und natürlich auf die Reblaus. Ohne die 1954 gegründete Genossenschaft Cave d’Irouléguy würde es in dieser Gegend womöglich gar keinen Weinbau mehr geben. Sie zählt heute zu den renommierstesten des Landes und war sicher auch ein Grund, warum die sonst nicht immer ganz flexible französische Weinadministration 1970 Irouléguy den Status einer Appellation verliehen hat.

Jetzt selektioniert man akribisch Reben und stimmt sie auf die Terroirs ab. Die Rebfläche wächst wieder und hält bei 220 Hektar, größtenteils Terrassenlagen.

Die Bezeichnung „Winterrosé“ deutet schon darauf hin, dass der Irouléguy Rosé von den Riouspeyrous kein gerbstoff- und gesichtsloses sommerliches Fruchtwasserl ist, sondern zum Beispiel ziemlich großartig zu gegrillten Würsteln von den Wursthaberern passt.

Jetzt darf der Rudl natürlich keinen Griller in seinem Geschäft aufstellen, aber ein Reindl und eine E-Herdplatte kann er Ihnen schon anbieten, wenn Sie sich ein Wursthaberer-Würstel oder irgendetwas anderes, das durch Hitze veredelt werden will, als Weinbegleitung mitbringen.

Achtzig Percent Tannat, zwanzig Cabernet Franc, Fe-hältiger Sandstein, Handlese und zweimalige ebensolche Auslese, parzellenspezifische Vinifizierung und Spontanvergärung, vorsichtiger Saftabzug, keine Malolaktik und Ausbau auf der Feinhefe, so viel zu den mehr oder weniger technischen Daten des Rosés von der Domaine Arretxea.

 

Rosé 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin de Savoie

An der Seite der oben beschriebenen Exemplare könnte dieser Rosé vielleicht wie ein Zugeständnis an die Zugänglichkeit dastehen. Von den Erbeer- und Himbeeroiden, die jetzt dann fast überall zwischen Bernhardsthal und der Strandpromenade von Saint Tropez ausgeschenkt werden, unterscheidet sich aber auch der erheblich. Soviele Zweitausenddreizehner Rosés sind es nicht gewesen, die erst 2016 in Verkauf gekommen sind. Gamay und Pinot Noir vom Kalk aus dem Kimmeridge.

Guett in Reuth 2011, Reiterhaindl, Großgmain bei Salzburg, Bergland

Ein Wein als Gegenstück zu den Wiener Qualitätsblättern, gratis, aber hoffentlich nicht umsonst.

Folgende Weine, aber nicht ausschließlich die folgenden gibt es diese Woche glasweise in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

  • Rosé vom Opok 2014, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark (3/5)
  • Schilcher 2013, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark (3/5)
  • Schilcher 2012, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark (3/5)
  • Schilcher 2010, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark (3/5)
  • Irouléguy Rosé 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (3/5)
  • Rosé 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin de Savoie (2,50/4)
  • Guett in Reuth 2011, Reiterhaindl, Großgmain bei Salzburg, Bergland (-)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

am Mittwoch, den 17. Mai und am Freitag, den 19. Mai

jeweils von 16 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 24. Mai:

Happy Birthday, Paul Gascoigne!

Freitag, 26. Mai geschlossen

Herr Rudolf grüßt stimmhaft!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Fremd. All you can eat N°2 out now! Weißweine aus dem französischen Teil des Baskenlandes 2009 bis 2014 – horizontal und vertikal

Hat man Fragen nach den Hobbys mit „Wein“, „Kochen“ oder „Essen“ beantwortet, dann hat man darauf schon einmal verständnislosere Blicke als Reaktion bekommen, als man das heute tut. Der Rudl vermutet ja, dass das mit der Industrialisierung, wenn nicht sogar mit der Digitalisierung von Ernährung zu tun hat. Zum einen gibt es gar nicht so wenige Menschen, die Maschinen für sich kochen lassen, zuerst einmal in der Fabrik und dann oft noch ein zweites Mal in der Mikrowelle. Dem Rudl Seines ist das nicht, aber wer meint… Fast noch bemerkenswerter erscheinen Monsieur Rudolf Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die essen, beziehungsweise trinken, das zu Verzehrende davor aber photographisch festhalten, um es in weiterer Folge irgendwo hochzuladen, auf dass es möglichst oft geteilt werde. Rudolf Polifka hält vom Teilen der Nahrungs- und Genussmittel sehr viel. Er hält es für möglich, dass es geradezu zu den Bestimmungen eines vernünftigen Nahrungs- oder, beziehungsweise im Idealfall und Genussmittels gehört, geteilt zu werden. Als ersten Schritt dazu würde er auf einer globaleren Ebene einem gutheißen, dem Fladern von Lebensmitteln entschieden Einhalt zu gebieten. Da wäre dringendst mit dem Wasser zu beginnen und auf gar keinen Fall bei eben demselben stehen zu bleiben. Beim Rudl stetzt es da mit dem Verständnis sowieso aus: Gar nicht so wenigen kann dort, wo es nichts kostet, gar nicht genug auf Teufel komm‘ heraus gegendert, inkludiert, sprachsensibilisiert und hyperkorrektiert werden. Gleichzeitig legen sie ein imperiales Konsum- und Mobilitätsverhalten an den Tag, dass es einem die Sprache verschlägt und man sich in einem feudalistischen Schnöselcircel wähnt. Darum sagt Monsieur Rudolf Nein! Zu den Imperien, zu denen auf den Landkarten genauso wie zu denen in den Köpfen, die sich in hirn- und gewissenlosem Mobilitäts- und Konsumverhalten manifestieren. Den Einwand, dass es da um Menschen ginge, von denen man aufgrund ihrer nicht so komplexen Bildung nicht mehr erwarten dürfe, lässt der Rudl nicht gelten. Er hält das eher für ein Problem von Bequemlichkeit als eines von mangelnder Bildung, wobei diese beiden Faktoren einander nicht ausschließen müssen.

Aber zurück zum Teilen: Herr Rudolf hat nicht erst einmal die Erfahrung gemacht, dass ein noch so formidables Flascherl Wein, auf das er sich noch so lange gefreut hat und das er noch so ideal temperiert und belüftet hat, nicht so gut schmeckt wie ein geteiltes. Nur muss die Teilung dem Rudl seiner Auffassung nach eine analoge sein. Digitalisiertes Teilen von hochgeladener Nahrung ist dem Rudl zu platonisch und also für die Fische, wenn Sie so wollen für den Victoriabarsch, mit dem Tansania mitzerstört wird, damit ihn in Japan oder Europa jemand in sich hinein stopfen kann.

Das digitalisierte Teilen von Bildern mit Tellern und Gläsern ist in den Augen vom Rudl zu hundert Percent wertfrei. Aber es hält halt das Thema am Kochen. Und spätestens nach dem zwanzigsten Aufkochen, ist auch das exotischste Gericht nicht mehr fremd, was den Rudl zum zugegebenermaßen nicht nobelpreisverdächtigen Schluss bringt, dass fremd eine relative Kategorie ist und unter Umständen sogar mehr über den eigenen Standpunkt und auch den Zeitgeist aussagt als über das gerade als fremd Empfundene. Professor Karl Valentin hat Bier getrunken und das vor fast hundert Jahren schon eleganter auf den Punkt gebracht.

Vielleicht wecken Industrialisierung und Digitalisierung von Speisen und Getränken als Gegenbewegung eine Sehnsucht nach Natürlichem und Authentischem. Dass die in jedem Wein erfüllt wird, behauptet Monsieur Rudolf nicht. Monsieur Rudolf behauptet nicht einmal, dass diese Sehnsucht in jedem Naturwein erfüllt wird. Aber das ist eine andere Geschichte.

So oder so, der Rudl kann sich noch gut an die Zeit erinnern, in der er mit seiner Begeisterung für Wein und vor allem mit der für das Weinkaufen und noch viel mehr mit der für das Bioweinkaufen einen beträchtlichen Erklärungsbedarf gehabt hat. Dass sich das geändert hat, liegt nicht nur daran, dass der Rudl heute kein Student mehr ist. Heute gilt die Beschäftigung mit Wein in studentischen Kreisen als ziemlich angesagt, was in besonderem Ausmaß auf die Beschäftigung mit Biowein in akademisch geprägten Milieus zutrifft. Jetzt ist dem Rudl grundsätzlich jeder Hype ein bissl suspekt. Aber dass es besorgniserregendere Entwicklungen gibt, als die Zunahme von relativ jungen Menschen, die immer mehr Biowein trinken, das muss sogar Herr Rudolf zugeben. Und wie manch Kultwinzer auf diese Entwicklung im Weingarten, im Keller und in den Society-Redaktionen darauf reagiert, steht ja wieder auf einem ganz anderen Blatt.

Caviste Rudolf Polifka freut sich immer ganz besonders, wenn er den Eindruck hat, dass ein Winzer stolz auf seinen guten Wein ist, sich der Publicität aber weitestgehend verweigert, wie der Baske Michel Riouspeyrous von der Domaine Arretxea oder Sepp Muster und auch Jacques Maillet und einige andere.

Fremdes am Etikett und in der Flasche

Sprachlich geht es in Europa nicht viel fremder als in Irouléguy, der Weinappellation des französischen Teil des Baskenlandes, zumal Baskisch die einzige Sprache in Europa ist, die einer Sprachfamilie entraten muss, was erkenntnistheoretisch ein Unfug ist, denn selbstverständlich hat auch das Baskische eine Familie. Nur hat so noch kein Sprachforscher dieser Welt gefunden. Dass Baskisch dennoch als „isolierte Sprache“ gilt, findet der Rudl erkenntnistheoretisch wieder höchst aufschlussreich. Kann es sein, dass der postfaktisch säkularisierte Mensch dazu tendiert, sein kleines Hirnderl mit dem Maß des Universums zu verwechseln? Und alles, wofür da drinnen kein Platzerl mehr frei ist, das kann und darf es dann zwangsläufig nicht geben. Just ned!

So oder so, die verwandtschaftlichen Verhältnisse des Baskischen sind ziemlich ungeklärt. Für einen großen Teil der nicht baskisch sprechenden Welt, gilt das auch bezüglich der Aussprache. Und für einen wahrscheinlich kleineren, aber immer noch ziemlich großen Teil der nicht baskisch sprechenden Welt, steht zu befürchten, dass das auch hinsichtlich der Weine aus dem Baskenland gilt. Was weinmäßig aus dem Baskenland dann unter Umständen schon bekannt ist, scheint am ehesten noch der Txakoli zu sein. Den erachtet Monsieur Rudolf aber, vielleicht abgesehen vom Namen, wieder als nicht so bemerkenswert.

Aber die Appellation Irouléguy schätzt der Rudl halt einmal, weil oder obwohl sie weitgehend als fremd betrachtet wird.

AOP Irouléguy

Bei der Appellation Irouléguy handelt es sich um versprengte Überreste eines Weinbaugebietes, das Mönche im Mittelalter kultiviert haben. Das wäre an sich jetzt nicht besonders erwähnenswert. Nur im Fall von Irouléguy sind das die Mönche von Roncevaux gewesen. Das ist in Niedernavarra, wo Roland und seine Kollegen in einen Hinterhalt geraten sein sollen. Der phaffe Chunrat hat die Geschichte über Rolands Kampf gegen die Zivilisation aufgeschrieben, nicht als die erste, aber doch als eine besonders gern kopierte Vorlage für bornierte Närrinnen und Narren mit Hang, jede Zwangsneurose und Ideologie gleich einmal für eine Religion zu halten.

Heute gilt Irouléguy als „mosaïque de terroirs“. Das muss derweil einmal genüben. Und wer mehr über diese Appellation lesen will, der sollte besser nicht das Terroir-Büchl von James E. Wilson lesen, sondern sich im gut sortierten Fachhandel die aktuelle Ausgabe von All you can eat zulegen.

Hégoxuri, Domaine Arretxea

Dass Thérèse und Michel Riouspeyrous sich beim Versuch, ihre Weingärten zu verstehen, von Wissenschaftlern unterstützen lassen, hat Sie Caviste Rudolf schon einmal wissen lassen. Dass sie danach trachten, diese Erkenntisse schmeckbar zu machen, auch. Dass Michel Riouspeyrous nicht gerade in Freudenskundgebungen ausbricht, wenn man das Wort „Terroir“ inflationär verwendet, sowieso.

Hégoxuri wächst auf vier Böden: Schiefer, Ophite, Sandstein und Ampèlite.

Ananas- und Zitrusaromen sind der Beitrag der Rebsorte Gros Manseng, zu Baskisch Izkiriota. Wenn Sie daraus korrekt ableiten, ob eher Petit Manseng oder eher Courbu auf Baskisch Izkiriota Ttipia heißt, dann wissen Sie jetzt zumindest schon das baskische Wort für Manseng.

Zu jung kann man den Hégoxuri schon auch trinken. Man muss es aber nicht. Die Trüffelaromen tanzen auf alle Fälle erst nach ein paar Jahren Flaschenreife an.

Kalk

In Irouléguy gibt es auch Kalk. Auf dem wächst der Weißweine von Peio Espil (Domaine Ilarria).

Literaturbegleitung: All you can eat

Was Sie zu diesen Weinen essen können, das steht in der neuesten Ausgabe des überaus erfreulichen Magazins „All you can eat“. Wenn Sie eher empirisch vorgehen, sind Sie herzlich eingeladen, sich etwas zum Essen in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitzubringen und es einfach auszuprobieren. Als ideale Lektürebegleitung erlaubt es sich der Rudl noch einmal, auf die Nummer zwei von All you can eat hinzuweisen, zu erwerben im gut sortierten Fachhandel sowie im Abonnement.

Nicht ausschließlich folgende Weine gibt es diese Woche glasweise in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

  • 2014 Hégoxuri, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • 2013 Irouléguy Blanc, Domaine Ilarria, AOP Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • 2012 Irouléguy Blanc, Domaine Ilarria (5/8)
  • 2012 Hégoxuri, Domaine Arretxea (6/9)
  • 2010 Irouléguy Blanc, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy (6/9)
  • 2009 Hégoxuri, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

am Mittwoch, den 10. Mai und am Freitag, den 12. Mai

jeweils von 16 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 17. und 19. Mai:

vermutlich eine kleine Schilcher-Vertikale von Sepp Muster und andere extraordinaire Rosés

Herr Rudolf würde gerne auf Baskisch grüßen, vermag es jedoch nicht.

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Heute (5.5.) ausnahmsweise erst ab 18 Uhr geöffnet

Wie angekündigt öffnet Caviste Rudolf heute erst um sechs Uhr die Pforten seiner Weinhandlung.

Dafür und auch weil der 2009er Argile Blanc von der Domaine des Ardoisières schon ausgetrunken ist, gibt es quasi abseits des Wochenthemas einen Jahrgangsvergleich 2015 – 2016 vom Zierfandler von Friedrich Kuczera aus Gumpoldskirchen, aber wie gesagt halt erst ab 18 Uhr.

Der Rudl bedankt sich für Ihr Verständnis!

Weißer, geschieferter Ton und zwei Annoncierungen – Freitag, 5. Mai aus kulinarischen Gründen ausnahmsweise erst ab 18 Uhr geöffnet

Michel Grisard

 

Wir schreiben April 1997. Der Biodynamiedoyen Savoyens und Weggefährte von Nicolas Joly, Michel Grisard, will es immer noch wissen. Andere planen in diesem Alter ihre Pension. Monsieur Grisard bewirtschaftet damals ein biodynamisches Weingut in Freterive. Das hat er vorher schon gemacht, in einer Zeit, in der Biodynamie noch als Lifestyle, sondern als extraterrestrisch und vernunftwidrig abgetan worden ist. Sein Weingut hat er vom konventionell geführten Betrieb seines Bruders abgetrennt. Ein Sektierer, wie er im Buch steht und wie ihn der Rudl ganz besonders schätzt. In den Neunziger Jahren gehören die Weine von Michel Grisard schon zu den gefragteren in Sayoyens, wobei savoyardische Weine zur Zeit Plinius‘ des Älteren in Rom gefragt waren, jetzt sind sie es in Paris. In der nicht ganz kurzen Zeit dazwischen, unter anderem in den Achtziger Jahren, als Michel Grisard seinen Betrieb biodynamisch umgestellt hat, war Wein aus Savoyen auch in Frankreich ungefähr so populär gewesen, wie er es jetzt in Österreich ist. Dass sich das geändert hat und savoyardische Weine nicht mehr nur mit identitätsschwachem Gschloder oder Glühweinbasis assoziiert werden, hat mit den Petavins, einer Gruppe von biologisch und biodynamisch arbeitenden Winzern, zu tun. Dass es die Petavins gibt, hat wiederum viel mit Michel Grisard zu tun. Der hat um sich und seine Weine nie ein großes Theater veranstaltet und seine Energien auch dafür verwendet, junge Winzer für seine Ideen zu begeistern. Jacques Maillet ist einer von diesen und jetzt selber schon in der Rentn, die Giachinos andere. Sie haben mit dem Jahrgang 2015 die Weingärten von Michel Grisard übernommen. Dominique Belluard wäre ein dritter.

 

Eine Domaineifizierung von Verbindlichkeit

 

Michel Grisard ist ein Typ, dem so ein extraordinärer Status aber weder genügt, noch wichtig ist. Das kann ein Grund sein, warum er in den Neunziger Jahren auf die Idee kommt, einen damals etwa fünfzig Jahre der Verwaldung überlassenen Weinberg in Cevins zu rekultivieren. Jetzt unterscheidet sich das Tal der Isère, was das Klima für den Weinbau berifft, sowieso schon zumindest in zweier- oder dreierlei Hinsicht von denen der Rhône, der Loire oder gar des Rheins. Bei Cevins kommt dazu, dass es relativ weit am Oberlauf des Baches liegt, fast ein bissl „aus dem Schuss“ möchte man sagen.

Darüber hinaus verdient der Weinberg von Cevins die Bezeichnung „Berg“. Als Berg ist er dort nicht unbedingt ein Sonderling, als Weinberg aber ganz bestimmt. In diesem Tal, auf diesem Gefälle rekultiviert man einen Weinberg vermutlich nur dann, wenn man eine sehr konkrete Vorstellung vom Potenzial so eines Terroirs und zumindest ausreichend Energie hat.

Ersteres hat Michel Grisard, Zweiteres auch mehr als die meisten anderen in seinem Alter. Trotzdem hätte das ziemlich sicher nicht gereicht. Darum sucht er sich 2003 einen jungen Compagnon, Brice Omont aus der Champagne. Bereits 2002 hat Grisard den ersten nennenswerten Jahrgang aus den Trauben von Cevins gekeltert. In Zeitl arbeiten Brice Omont und Michel Grisard dann gemeinsam, 2008 übernehmen sie zusätzlich Weingärten in Saint Pierre de Soucy, etwas weiter flussabwärts. 2010 ist für Michel Grisard die Mission erledigt. Er übergibt an „den Jungen“ und zieht sich wieder auf seine zwei Hektar mit Mondeuse und Altesse in Freterive zurück.

Seither kann man die Kommentare zu den Weinen der Domaine des Ardoisières Schülerinnen und Schülern mit Grammatikdefiziten als Übungstexte zum Komparativ und zum Superlativ vorlegen. Mit dem Jahrgang 2017 wird ein drittes Terroir das Triumjardinat ergänzen.

 

Argile Blanc, Coteau de Saint Pierre de Soucy

 

Exposition und Boden

 

Der Weingarten ist nach Westen ausgerichtet. Der Boden ist geprägt von Mergel aus dem Jura und Schiefer, reich an Kalk und Ton.

 

Rebsorten

 

In Jahren, in denen die Schafe von nebenan keines Lochs im Zaun gewahr werden und infolgedessen nicht über die Chardonnaytrauben herfallen können, besteht der Wein aus vierzig Percent Jacquère, vierzig Chardonnay und zwanzig Mondeuse Blanche.

 

Vinifizierung und Ausbau

 

Biodynamie versteht sich bei einem von Michel Grisard initiierten Projekt von selber, spontane Vergärung detto, so gesehen fast ein Wunder, dass man den Weinen der Domaine des Ardoisières noch nicht das Naturweintaferl umgehängt hat.

Argile Blanc wird acht Monate zu einem Drittel in gebrauchten Barriques und zu zwei Drittel im Stahltank ausgebaut. Ziemlich sicher ist das der Grund, warum ihn der Rudl etwa bis zum Jahrgang 2010 dem teureren Schiste und dem noch teureren, aber sowieso kaum derglengbaren Quartz vorgezogen hat. Bei diesen beiden war ihm das Holz zu neu. Spätestens mit dem Jahrgang 2012 hat sich das geändert. Entweder haben die immer noch nicht als Methusalemreben zu bezeichnenden Stöcke inzwischen ausreichend tiefreichende Wurzeln, um dem Holz genug Energie entgegenzusetzen oder es sind immer noch dieselben Barriques, nur inzwischen halt entsprechend gebrauchter. Vielleicht ist beides der Fall. Als lebendig und elegant, kristallin und vibrierend wie der Riff einer elektrischen Gitarre werden sie immer wieder beschrieben. Aufgrund der besessenen Arbeitsweise von Brice Omont und früher von Michel Grisard, für die das Adjektiv „kompromisslos“ ein Understatement darstellt, liest man immer wieder, dass diese Weine eher schon mittelfristig als langfristig den Olymp der gefragtesten Flascherl des Landes derkraxelt haben werden, wobei das dem Rudl weder notwendig noch wünschenswert erscheint.

 

2015

 

In einer Reihe von Jahrgängen, die sich nicht durch ein Übermaß an Empathie für Weinbäuerinnen und Weinbauern auszeichnen, fällt 2015 aus dem Rahmen. Ziemlich ideale Witterung, gesunde, Trauben, passable Menge.

 

2014

 

Davon gibt es weniger, was Caviste Rudolf zuerst dem Wetter in die Schuhe geschoben hätte. Aber in Saint Pierre de Soucy waren es die Schafe. Zum Glück war zu dem Zeitpunkt, als die den Zaun überwunden haben, nur der Chardonnay reif. Jetzt sind aber die Weine der Domaine des Ardoisières sowieso viel stärker vom Boden als von den Rebsorten geprägt. Darum kann es sein, dass man die etwas veränderten Rebsortenproportionen gar nicht so deutlich schmeckt. Zu wenig gibt es halt.

 

2013

 

Der kalte und niederschlagsreiche Winter hat den savoyardischen Rebsorten keine grauen Federn wachsen lassen. Auf den sind sie eingestellt. Auf einen furchtbarer Frühling wie 2013 nicht. Ein heißer Sommer bedeutet auch in Savoyen ein erhöhtes Hagelrisiko. Die Trauben, die im September das Handtuch immer noch nicht geworfen hatten, haben bei der Lese nicht durch Pünktlichkeit geglänzt, erwiesen sich in qualitativer Hinsicht aber als äußerst kompetent, ausgeglichen und gesund.

 

2009

 

In diesem Jahr ist der Rudl zum ersten Mal bei Brice Omont am Weingut gewesen, was kaum Spuren in den Weinen dieses Jahrgangs hinterlassen haben dürfte. Beim ersten Besuch vom Rudl war der Sitz des Weingutes noch in Cevins, direkt am Fuß des Felsnockens, auf dem ein Großteil der Weine der Domaine des Ardoisières wächst und der dem Weingut den Namen gegeben hat. „Ardoisières“ sind Schieferplatten. Weil sich Monsieur Brice verspätet hat, ist der Rudl damals zu den Schieferterrassen hinauf gekraxelt. Das war an sich imposant. Wenn man sich oben dann vergewissern kann, dass das tatsächlich der einzige Weingarten in der Umgebung ist, schmälert das die Beeindruckung nicht gerade. Im Jahr darauf hat Brice Omont den Sitz des Weingutes nach Freterive verlegt. Das liegt ungefähr auf halbem Weg zwischen seinen beiden Weingärten.

Den eeißen Zweitausendneunern aus Savoyen sagt man nicht die allergrößten Fähigkeiten auf der Langstrecke nach. Zu heiß der Sommer, zu wenig Säure die Weinderl. Auf einen mittelkalten Winter mit ausgesprägtem Weitblick, was die hohen Niederschläge betrifft, folgen ein sehr sonniger Frühling und ein heißer Sommer. Der Argile Blanc 2009 soll nach Auskunft des Dirigenten der Domaine des Ardoisières gerade sehr gut dastehen. Der Rudl hat ihn schon länger nicht mehr getrunken, wird die Einschätzung von Monsieur Brice aber anhand seiner letzten Flasche zu verifizieren trachten.

 

  • Argile Blanc 2015, Domaine des Ardoisières, IGP Vin des Allobroges (4,50/7)
  • Argile Blanc 2014, Domaine des Ardoisières, IGP Vin des Allobroges (4,50/7)
  • Argile Blanc 2013, Domaine des Ardoisières, IGP Vin des Allobroges (4,50/7)
  • Argile Blanc 2009, Domaine des Ardoisières, IGP Vin des Allobroges (5/8)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

, aber selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 3. Mai von 16 bis 22 Uhr

und am Freitag, den 5. Mai von 18(!) bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Verzichtbares und Ganzbestimmtnichtverzichtbares. Ankündigung eins

 

Es gibt schon das eine oder andere, auf das der Rudl in Wien verzichten könnte, auf die Flexibilität zum Beispiel. Möglicherweise hat die ja mit dem Wind zu tun. Der bewirkt, dass ein Manterl oder ein Fahnderl und auch ein Beuterl schön flattert, wenn man es nach ihm hängt. Letzteres scheinen manche mit einer atemberaubenden Wendigkeit und Geschwindigkeit zu vermögen. Da fallen die biblischen Samenkörndel dann weder auf den Weg, noch auf Stein und auch nicht auf Erdreich, nicht einmal in die Dornen, sondern bleiben im wehenden Mantel hängen, bevor sie die Nähe zum Terroir auch nur gespürt haben. Ein solides Fundament stellt sich der Rudl anders vor. Aber wenn, vor allem in urbanen Kreisen, lange und intensiv genug Wertfreiheit propagiert, der Rudolf Polifka ist fast geneigt zu schreiben „gepredigt“ wird, dann braucht man sich vermutlich nicht zu wundern, dass irgendwann irgendwer in dieses Vakuum der Wertfreiheit hineinplatzt. In der Regel tun das geschäftstüchtige Konzerne und primitive Hetzer, das dann dafür aber nicht nur in urbanen Kreisen. Mit Unverbindlichkeit und Lifestyle wird man den hetzenden und trommelnden Wichten kaum das Wasser abgraben, vor allem nicht in der Schule. Den Rudl hat, wie schon das eine oder andere Mal erwähnt, Wertfreiheit noch nie interessiert, allein schon weil es sich auf der Basis von veritabler Wertfreiheit nicht gut streiten und disputieren lässt. Auf der Basis angemaßter Wertfreiheit wiederum mehr oder weniger nur fundamentalistisch. Darum wird man entgegen einer in Wien immer wieder artikulierten Prognose eben schon einen Richter brauchen, nicht zuletzt deshalb, weil das goldigste und wertneutralste Herz auch ziemlich hart sein kann. Dann hört sich der Spaß auf und mit dem Spaß ganz oft auch Humanismus, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Nachdem Ihnen, gemeigte Oenologin, gewogener Oenologe, der Rudl jetzt des ziemlich Langen und Breiten eröffnet hat, worauf er unter anderem verzichten kann, ist es ihm jetzt ein Gebot der Ausgewogenheit, kundzutun, worauf er in Wien und Umgebung durchaus nicht verzichten möchte: den Heurigen „als solches“.

 

Der Heurige

 

Diese Konzept hat es dem Rudl angetan, in einem Ausmaß, dass er vielleicht nicht gleich lieber, aber zumindest doch faszinierter einen nicht so guten Wein beim Heurigen als einen formidablen zuhause trinkt. Und wenn es dann, wie bei Leo Uibel, der Dankbarkeit, an den Augustwochenenden beim Kloster am Spitz in Purbach und drei mal drei Tage im Jahr bei Friedrich Kuczera in Gumpoldskirchen möglich ist, einen guten Wein beim Heurigen zu trinken, dann kommt das am Gaumen vom Rudl schon einem veritablen gastronomischen Ideal nahe.

Der Heurige des Rentnerkollegen Friedrich Kuczera hat kommendes Wochenende, Freitag, den 5. Mai bis Sonntag, den 7. Mai ab 15 Uhr ausg’steckt, dann bis Anfang September nicht mehr. Da sind Planung und Verbindlichkeit von Vorteil. Sonst geht sich das womöglich gar nicht aus.

 

Der langen Schreibe kurze Begründung

 

Das ist der Grund, warum am Freitag, den 5. Mai die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils erst ab 18 Uhr geöffnet hat. Vorher hockt zu Rudl im Heurigen von Friedrich Kuczera, isst Karst-Teller und trinkt Zierfandler. Dann düst er mit der nach dem Spitznamen des Zierfandlers benannten Bahn nach Wien und sperrt um spätestens 18 Uhr sein Geschäft auf.

 

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 10. und 12. Mai. Ankündigung zwei

 

Fremdes, wie es fremder kaum mehr geht, zumindest in oenolinguistischer Hinsicht. Irouléguy Blanc 2009 bis 2014, Arretxea und Ilarria.

In diesem Fall hat das Thema relativ ungewöhnlicher Weise sogar einen Sinn, no ja, zumindest ein ausreichendes Motiv. Am 6. Mai wird die zweite Ausgabe einer der wenigen erfreulichen Zeitschriften über Essen und Trinken erschienen sein. Diese nennt sich All you can eat. Nachdem sich die erste Ausgabe des Magazins dem Thema Fett gewidmet hat, wird die zweite Ausgabe mit dem Titel Fremd ziemlich sicher noch deutlicher nachvollziehbar machen, dass es so eine Zeitschrift bis jetzt nicht gegeben hat und das Ende dieses Mangels überaus erfreulich ist. All you can eat N° 2, Fremd – zu beziehen im gut sortierten Fachhandel und im Abonnement.

 

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf grüßt Sie verbindlichst!