Wein von einem ehemaligen Radlrennfahrer und andere Jacquères, DONNERSTAG, 29. August, 18 bis 22 Uhr

Jacquère als Rebsorte. Eine Stundenwiederholung

Wenn es in einer zweitausend Hektar kleinen Weinbauregion Massenwein geben kann, dann wird man in Savoyen Jacquère als dessen Rebsorte betrachten müssen. Mehr als tausend Hektar sind dort mit der autochthonen Jacquère bestockt. Ganz präzise hat sie ihren Ursprung, soweit man das rekonstruieren kann, in Abymes de Myans. Das liegt am nordöstlichen Rand des Chartreusegebirges, ungefähr dort, wo Jean-Claude Masson und die Giachino Brüder wohnen, was auch nicht der pure Zufall sein wird.

Die dicken Beerenschalen erlauben eine späte Reife. Am kalkreichen, steinigen Fuß der französischen Alpen ist das nicht ganz unwesentlich. Und sie schützen die engbeerigen Trauben vor Oïdium und Meltau. Die leicht ovalen Beeren sind durchschnittlich groß. Sind sie sehr reif, werden sie rötlich. Eine „schmeckate Rebsorte“ ist etwas anderes. Ihren bisweilen nicht ganz so guten Ruf verdankt Jacquère der Fruchtbarkeit. Ohne Ertragskontrolle hängen an so einem Stock, sofern er unter hundert Jahre jung ist, gleich einmal ein paar Kilo Trauben. Das konveniert, wenn man möglichst große Mengen für Glühwein oder als Fondueassistenz benötigt. Hat ein Weinbauer höhere Ambitionen, dann kommt er um Ertragsbegrenzung nicht herum, am besten beim Rebschnitt.

Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint die relativ weite Verbreitung der Jacquère in Savoyen auf den möglichen hohen Hektarertrag zurückzuführen sein. Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint bei der Jacquère nur im Fall restriktiver Ertragsbegrenzung etwas Gscheites herauszukommen. Anders als der Grüne Veltliner dürfte die spät reifende Jacquère aber bei Hitze nicht so schnell ihre Säure verlieren. Jacquère reift nach fast allen anderen Rebsorten. Trockenstress ist mit entsprechend tiefen Wurzeln und in entsprechend vorgerücktem Rebstockalter auch nicht angebracht. Im Fall von klimawandelbedingten Wetterextremen ist allerdings auch die gute Jacquère mit ihrem Latein irgendwann einmal am Ende, weniger bei Spätfrost, denn da befindet sie sich in der Regel noch im Winterschlaf, aber in den letzten Jahren leider umso stärker bei Hagel. So hat es etwa den Giachinos 2023 Ende Juli in wenigen Minuten die Jacquère-Trauben beim Lac de Saint André weggehagelt.

 

Jacquère als Wein. Noch eine Stundenwiederholung

Als Wein ist Jacquère eher blass bis weißgold. Dem Rudl seinem Geschmack nach stehen Alpenkräuter, Grapefruit, Bergamotte, Weißdorn, in äußerst gelungenen Fällen aneinander geriebener Feuerstein im Vordergrund. Manchmal kommen Mandeln, Haselnüsse und Lindenblüten dazu, wenngleich nie so intensiv wie bei Altesse.

Das dezente Prickeln, der niedrige Alkohol, das kongeniale Zusammenspiel von Frische, Leichtigkeit und appetitanregendem Temperament der Jacquère erinnern den Rudl an einen Gebirgsbach während der Schneeschmelze.

Quidquid id est, Frische, Lebendigkeit und Bekömmlichkeit der Jacquère schreiben förmlich nach einer Essensbegleitung. Darum nützt der Rudl wieder einmal die Gelegenheit, Sie daran zu erinnern, dass es ausdrücklich erwünscht ist, wenn Sie sich selber etwas zum Essen in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitbringen, ob das jetzt eine Bachforelle, eine Stelze oder etwas ganz anderes ist.

  • 2021 Jacquère „Jonona“, Côteaux des Girondales, Villaz, Haute Savoie, Vin de France (4,50/7)

Wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, eine Liaison von einem kühlen Jahrgang mit einem noch kühleren Terroir schmecken wollen, dann drängt sich dieser Wein förmlich auf. Dazu eine Rebsorte, die sowieso nicht das Einlagern von Zucker in ihre Beeren als Kernkompetenz in ihren Curriculum Vitae geschrieben hat. Recht viel weniger Alkohol geht bei einem trockenen Wein kaum, neun Percent.

  • 2020 Genesis, Domaine de l‘Aitonnement, Aiton, IGP Vin des Allobroges (6,50/10)
  • 2022 Jacquère „Eterlou“, Axel Domont, Savoie, Vin de France (8/12)
  • 2013 Coeur d’Apremont, Jean-Claude Masson, Apremont, AOC Vin de Savoie (6,50/10)

Meistens wird Jacquère sehr jung getrunken. Das ist in vielen Fällen vielleicht das geringere Übel. Aber diese Rebsorte kann ganz gewaltig gut reifen.

  • Schiste 2019, Domaine des Ardoisières, Cevins, IGP Vin des Allobroges (8/12)

Jacquère nicht reinsortig, sondern in Kooperation mit Grauburgunder, Roussanne und Mondeuse blanche

  • 2020 Marius & Simone, Domaine Giachino, Chapareillan, Vin de France (5/8)

maischevergorene Jacquère von den biodynamischen Präzisionsbrüdern Giachino

 

DONNERSTAG, 29. August von 18 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Herr Rudolf grüßt herzlich!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Sommerschule: Burgenland! Freitag, 23. August, 18 bis 22 Uhr

Ist in den letzten beiden Unterrichtseinheiten das Baskenland wenigstens teilweise im Mittelpunkt der Forschungen in der Weinhandlung Rudolf Polifka et fils gestanden, besinnt sich der Rudl diese Woche wieder mehr auf das Regionalitätsprinzip. Damit gehen in diesem Fall auch billigere Weinpreise einher. Allerdings ist es dem Rudl ein Herzensanliegen dazu zwei oder drei Dinge klarzustellen:

 

Exkurs: Weinpreise

Ja, es stimmt, dass in den letzten Jahren manche Weine überhaupt nicht mehr ihren Weg in den Fachhandel finden. Und viele Weine, die schon noch verfügbar sind, haben seit etwa 2010 preislich in einem Ausmaß deutlich jenseits der Inflation zugelegt. Soweit der Rudl das überblickt, erkennt er zumindest drei Ursachen. Im Folgenden erlaubt er sich, in umgekehrter Reihenfolge der Wichtigkeit auf diese drei Faktoren einzugehen.

 

Betriebe

Es gibt Weinbauern, die in den letzten Jahren sei es aufgrund allgemeiner volkswirtschaftlicher Unübersichtlichkeiten, sei es aufgrund von Betriebsneuübernahmen die Preise unverhältnismäßig angehoben haben. Solche Fälle gibt es, aber sie scheinen dem Rudl äußerst überschaubar.

 

Klima

Von viel größerer Tragweite sind in den letzten fünfzehn Jahren Extremwetterphänomene, wenn es um Weinpreissteigerungen geht. Eine Weinbäuerin oder ein Weinbauer, der respektive die eine Familie ernähren muss, hat eine beschränkte Anzahl an Möglichkeiten, kurzfristig auf beinahe jährlich wiederkehrende Widrigkeiten wie Spätfrost, Hagel, Dürre oder Dauerregen zu reagieren. Dass davon am mit Abstand allermassivsten biodynamisch arbeitende Winzerinnen und Winzer, die terroirspezifisch präzise, saubere Weine machen wollen und auch in Wetterextremen keine Rechtfertigung für Weinfehler suchen, betroffen sind, kann eigentlich niemanden überraschen, sofern wir, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, uns einig sind, dass beim Addieren von 1 und 1 auf gar keinen Fall eine höhere Zahl als 3 resultieren kann. Man kann den Preis anheben, irgendwelche Trauben zukaufen oder den Beruf wechseln. Eine vierte Möglichkeit gibt es auch. Leider wird sie von immer mehr biodynamischen Weinbauern gewählt.

 

Influenca

Und dann gibt es freilich noch ein Phänomen, auf das der Rudl vor ziemlich genau einem Jahr unter dem Titel „Der Weinmarkt leidet an Long-Covid“ detaillierter eingegangen ist. Er erlaubt sich, den entsprechenden Text hier nach ein paar aktualisierenden Zeilen zu überarbeitet zu wiederholen. Etwas salopp formuliert, hat das Internet auch die etablierte Weinkritik entgegen anfänglichen Hoffnungen nicht demokratisiert, sondern verbolschewisiert. Citoyen Rudolf Polifka sieht eine Analogie zwischen der Übernahme privater Produktionsmittel durch den Staat im zwanzigsten Jahrhundert und der Beschlagnahme nicht nur von erheblichen Teilen der Realwirtschaft, sondern auch von öffentlicher Meinungsbildung durch monopoloid agierende Digitalkonzerne im einundzwanzigsten. Statt einer Handvoll inseratengesteuerter Sprachgiganten decretiert heute eine algorithmusgesteuerte Influenca über Kultwein oder nicht. Caviste Rudolf Polifka ist die Weinbauregion Bordeaux kein Anliegen. Aber dass dem Griss um Wein aus Bordeaux heute in manchen Bereichen eine regelrechte Aversion gewichen ist, wundert ihn nicht. Die historisch bedingte, überdurchschnittliche Betriebsgröße in Bordeaux erschwert digitalen Wichtigtuern das Hochstilisieren eines Bordeaux zu einem Kultwein. Da eignet sich ein Wein aus dem Jura oder der Auvergne, aber auch ein Stillwein aus der Champagne, den so gut wie niemand in der Hand gehabt, geschweige denn getrunken hat, deutlich besser.

 

Eines

… sollte aber klar sein: Das Terroir kann nur ins Glas, wenn in ihrer Anzahl kontrollierte, kleine, lockerbeerige Trauben mit kleinen Beeren sorgfältig händisch selektioniert gelesen mit sehr viel Aufmerksamkeit verarbeitet und in ihrer Weinwerdung begleitet werden. Das erfordert auf die Flasche gerechnet eine beträchtliche Anzahl an Arbeitsstunden. Diese stehen in überhaupt keinem Verhältnis zu jenen Weinen, bei denen nicht nur die Lese, sondern auch Rebschnitt und Wipfeln maschinell erfolgen, der Ertrag durch Düngung hochgehalten und eine Überdosis SO2 die sorgfältige Selektion der Beeren ersetzt. Der langen Schreibe kurzer Sinn: Caviste Rudolf Polifka sieht keine zwangsläufige Relation zwischen einem Terroirwein und dreistelligen Flaschenpreisen. Aber zu Supermarktpreisen kann es Terroirwein in einem sinnvollen Sinn des Wortes sicher nicht geben.

 

Der österreichische Weinmarkt leidet an Long-Covid, der internationale an Influenca. Eine Wiederholung

Wenn Sie den Rudl fragen, leidet der österreichische Weinmarkt an Long-Covid. Caviste Rudolf hat das ja schon einmal thematisiert. Es drängt sich ihm schon ein bissl der Verdacht auf, dass das versandkostenfreie Verschicken von Wein einer der Hauptgründe dafür ist, dass etliche Weinpreise in Österreich stärker gestiegen sind. In Luft lösen sich Transportkosten ja nicht auf. Allerdings könnten die Online-Shops der Winzerinnen und Winzer etwas verhindern, das man momentan in Frankreich beobachten kann und das dem Rudl auch nicht viel besser schmeckt als die Ausbeutung von Arbeitskräften durch schwindlige Zustelldienste.

Unter französischen Weinmeisterinnen und Weinmeistern sind Online-Shops weit weniger verbreitet als in Österreich. Von den Weingütern, mit denen Caviste Rudolf arbeitet, betreibt kein einziges einen. Allerdings fällt dem Rudl seit einem Zeitl schon auf, dass immer mehr französische Weine, die der Rudl vor wenigen Jahren noch gekauft hat, quasi vom allgemein zugänglichen Weinmarkt verschwinden. Vor zehn Jahren hat es genügt, in ein besser sortiertes Geschäft hineinzumarschieren und eine mehr oder weniger geschmalzene Summe Geld hinzulegen. Der Rudl hat sich darüber nie beschwert und es hat ihn so gut wie nie gereut, weil es ihm das wert war. Heute ist das bei weit weniger bekannten Namen nicht mehr möglich. Früher hat eine Hand voll Kritiker entschieden, was ein Wein wert ist. Das war bekannt und daran hat man sich orientieren können, indem man das jeweilige Verdikt geglaubt oder darauf gepfiffen hat. Heute hat sich Weinkritik diversifiziert, vor allem aber digitalisiert und dabei womöglich verbolschewisiert. Wein ist weniger Genussmittel als Statussymbol. Und ein Statussymbol ist halt per definitionem vor allem etwas, das viele oder fast alle anderen nicht haben. Und so vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Wein, von dem es fast nichts gibt, zum Kultwein erhoben wird. Sehr oft von digital Natives, deren Kompetenz im Umgang mit digitalen Plattformen außer Streit steht, über deren oenologische und degustatorische Kompetenzen jedoch weit weniger bekannt ist. Es geht darum, der oder die Schnellste und Lauteste im Netz zu sein. Bald darauf ist der betreffende Kultwein aus allen Regalen verschwunden und nur mehr auf digitalen Versteigerungsplattformen zu beziehen. Dabei geht es um Weine, die ursprünglich ab Hof, aber auch im Fachhandel um dreißig bis sechzig Euro zu kaufen waren.

Der Rudl hat ein Faible für Weinbaumeisterinnen und Weinbaumeister mit überschaubaren Weingärten. Das hat bei ihm aber keine elitären Gründe, sondern ist eher eine Frage der Nachhaltigkeit und der Sympathie. Man mag das als ein bissl weltfremd, vom Rudl aus auch als dogmatisch erachten. Aber je besser eine Weinbäuerin oder ein Weinbauer die eigenen Rebstöcke kennt und je öfter er, respektive sie bei diesen persönlich vorbeischaut, desto sympathischer ist dem Rudl das. Dass das arbeitsintensiv ist und so ein Wein nicht um Zweieurofünfzig zu produzieren ist, wird hoffentlich niemanden wundern. Dass solche Rebstöcke resistenter sind, daher weniger Chemie im Spiel ist und der Wein viel besser schmeckt, auch nicht. Das ist dem Rudl sein oenologischer Standpunkt. Den kann man teilen. Müssen tut man das aber nicht.

Und selbst der Rudl bekommt als Händler jede Woche Mails, in denen ihm irgendwelche Gimpeln anbieten, gegen Geld dafür zu sorgen, dass sein Geschäft von einer bekannten digitalen Suchmaschine viel weiter oben ausgespuckt wird.

Das ist auch ein Grund für die Vorbehalte des Rudls gegenüber jedweder Art von Empfehlung. Caviste Rudolf erzählt Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, gerne von Weinen, die er mag. Er schreibt gerne darüber. Wenn Sie und der Wein offen sind, lässt der Rudl Sie gerne auch kosten. Aber empfehlen tut er Ihnen nix. Er schreibt auch keinen Blog, hält Kanäle für eine sinnvolle Erfindung zum Abtransport von Fäkalien und Influenza für einen Grund, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er freut sich, Ihnen schreiben zu können, was er oenologisch erlebt, gelesen und getrunken hat. Wenn Ihnen das gefällt, ersucht Sie der Rudl inständig, trotzdem keine Kommentare in irgendwelchen digitalen Kanälen zu hinterlassen. Wenn es Ihnen nicht gefällt, geht die Welt auch nicht unter. Das hysterische und wortreiche Warnen vor einem Wein, der einem nicht schmeckt oder der diesen, beziehungsweise jenen Fehler aufweist, hält der Rudl für mindestens so verzichtbar wie Empfehlungen und eigentlich für eine Form völlig überflüssigen Missionierens. Gerade so würde sich der Rudl als Schulmeister auch nie erlauben, Schülerinnen und Schüler dazu zu drängen, an etwas zu glauben oder nicht zu glauben, weil er diese Art von missionarischem Eifer in Wirklichkeit für Blasphemie hält.

 

Zurück ins Burgenland

Abgesehen vom gereimten Kalauer von Baskenland und Burgenland haben zwar nicht das Baskenland, aber Südwestfrankreich und das Burgenland für den Rudl weinbiographisch etwas gemeinsam. Es sind zwei Gegenden, in denen der Rudl seinerzeit als Kind irgendwie, ohne Wein zu trinken, eine Antenne für Oenologisches entwickelt haben muss. Herr Rudolf hat heute den Verdacht, dass diese Begeisterung ganz stark über die Landschaften des nördlichen Burgenlandes und der Dordogne ausgelöst worden ist. So oft der Rudl seither schon in den Seewinkel gefahren ist, so sehr geht ihm immer noch das Herz auf, sobald er von der Parndorfer Platte in die pannonische Tiefebene hinunterfährt.

Jedes Mal ist das wieder wunderschön.

  • 2022 Grauburgunder Klassik, Weingut Umathum, Frauenkirchen, Neusiedlersee (3/5)

Die Verwendung des Wortes „klassisch“ im Zusammenhang mit Wein gäbe wahrscheinlich auch Stoff für die eine oder andere linguistische Dissertation her. Der Rudl ertappt sich ja selber dabei, wie er diesen Terminus inflationär gebraucht. Im Zusammenhang mit den Weinen von Josef Umathum wird dieses Adjektiv im besten Sinn des Wortes vermutlich wenig Widerspruch auslösen.

  • 2022 Dankbarkeit Weiß, Podersdorf am See, Neusiedlersee (3/5)
  • 2021 Weißburgunder Alte Reben, Familienweingut Herist, Rechnitz, Südburgenland (4/6)
  • 2022 Muskat 3, Dankbarkeit, Podersdorf am See, Neusiedlersee (3/5)
  • 1976 Blaufränkisch, Klosterkeller Siegendorf, Rosalia (4/6)
  • 2017 Welschriesling Auslese „Schrammel“, Dankbarkeit, Podersdorf am See, Neusiedlersee (4,50/7)

 

Freitag, 23. August von 18 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

D‘Ehre!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Baskenland, spanisch und französisch mit einem baskischen Riesling und eine Glasweispremiere vom Schistes 2020 der Domaine Arretxea: Dienstag, 13. August, 18(!) bis 22(!) Uhr

Es ist ja nicht so, dass sich der Rudl nicht schon lange vorgenommen hätte, das Baskenland auch einmal südlich des Grenzflusses Bidasoa oenologisch unter die Lupe zu nehmen. Jetzt hat er dieses Projekt auch realisiert. Allerdings muss der Rudl zugeben, dass sich seine Exkursion auf die Stadt Donostia, wie die Baskin zu San Sebastian sagt, beschränkt hat.

 

Baskenland, vélocipedisch

Dem Basken wird ganz gerne eine Leidenschaft für das Radlfahren nachgesagt. In der Tat gibt es etliche erfolgreiche baskische Radrennfahrer. In Biarritz hat der Rudl dann vor allem einmal eine Unzahl an motorisierten Kraxen wahrgenommen hat. Wahrscheinlich Touristen. Die sind viel zu nahe an das Stadtzentrum heran- und im Stadtzentrum herumgekurvt. Wirklich überrascht hat den Rudl dann aber vor allem, dass die vielen Zweiräder in Biarritz fast alle elektrifiziert waren. Das kann man in einer radbegeisterten Region bemerkenswert finden.

 

Baskenland, oenologisch

Der Kurzbesuch in Donostia war ausreichend, um ein bissl die Weine südlich der Staatsgrenze zu studieren. Darum ist der Rudl jetzt, rechtzeitig zum Start der Spanienrundfahrt, endlich einmal in der Lage, quasi ein paar transbidasoische Weine gegen ihre dem Rudl deutlich vertrauteren cisbidasoischen Kollegen antreten zu lassen. Bei einem der Basken aus dem Süden des Landes ist sogar Riesling im Spiel.

Die Weinbauappellation nördlich der Grenze erlebt gerade einen ganz gewaltigen Aufschwung. In den neunziger Jahren waren es vier Weinbauern, eine Genossenschaft und etwa sechzig Hektar Weingärten. Heute nimmt die Anzahl der Weinbaubetriebe derartig rasant zu, dass der Rudl zwar noch nicht – wie in Savoyen – den Überblick verloren hat. Er kommt mit dem Trinken von Weinen ihm bis dato unbekannter Weinbäuerinnen und Weinbauern aus Irouléguy gerade noch nach. Und niemand wird bestreiten, dass dieser Aufschwung ohne die Begeisterung, den Fleiß und vor allem das Genie von Thérèse und Michel Riouspeyrous von der Domaine Arretxea unvorstellbar gewesen wäre.

  • Txuria 2023, Bodegas Lezaun, Navarra, Spanien (4/6)

ungeschwefelter weißer Baske südlich der Staatsgrenze, aus Grenache blanc, kraftvoll, erinnert an tropische Früchte und Äpfel – Der Rudl hat von diesem Wein den Einundzwanziger bereits vor zwei Jahren kennengelernt. Damals hat er ihm ausgezeichnet geschmeckt. Heuer hat er ein Flascherl Dreiundzwanziger mitgenommen.

  • Kiribil 2022, Baztango Xurie, Navarra, Spanien (6/9)

Riesling, Petit Manseng, Gros Manseng und Hondarribi Zuri, die Rebsorte des Txakoli – Es gibt Weine, die der Rudl allein schon wegen ihres Namens probiert. Das ist so einer.

  • Ardan Harri 2021, Domaine Xubialdea, Lasse, AOC Irouléguy (6,50/10)

Wie der Rudl schon einmal erwähnt hat, hält Battit Ybargaray viel vom Lernen … und vom Ausprobieren. Gelernt hat er bei Pierre Overnoy und vor allem bei Michel Riouspeyrous. Er bezeichnet Thérèse und Michel als seine oenologischen Eltern. Ausgestattet mit diesem Wissen hat er den Bauernhof seines Onkels übernommen. Dort gibt es einen ziemlich steilen und kargen Weingarten von etwa eineinhalb Hektar. Er wächst auf schwarzgeschiefertem Ampélite. Michel Riouspeyrous ist es auch gewesen, der Battit darauf hingewiesen hat, wie einzigartig dieser Weingarten ist. Kein anderes Weingut der Appellation hat seine Rebstöcke in schwarzem Schiefer verwurzelt. Manchmal liest der Rudl etwas über ein Weingut, das er nicht kennt, und verspürt wenig Motive, diese Weine kennenzulernen. Meistens aber möchte der Rudl mehr über ein ihm unbekanntes Weingut erfahren. Ganz selten kommt es auch vor, dass der Rudl etwas liest und im Moment weiß, dass er diese Weine möchte. Beim Lesen über das Weingut von Battit Ybargaray war, gerade so wie Jahre zuvor beim Lesen über die Domaine Arretxea, genau das der Fall. Dem Rudl seine Hoffnungen in Bezug auf die Domaine Xubialdea von Battit Ybargaray sind nicht enttäuscht worden. Umso mehr freut es ihn, dass ihm Monsieurs Ybargaray von jedem Jahrgang eine Zuteilung versprochen hat.

  • Irouléguy rouge sans soufre ajouté 2017, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)

der ungeschwefelte Rote von Ilarria – Jedes Jahr ist der leider nicht möglich, weil für Peio Espil Präzision im Vordergrund steht. 2017 war in Irouléguy insgesamt ein kühler Jahrgang. Dank des Fallwindes aus den Pyrenäen waren die Trauben trotzdem gesund. Das hat einen vollständigen Verzicht auf Schwefelzusatz ermöglicht.

  • Schistes 2020, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (9/14)

Der Rudl kann sich noch erinnern, als wie wenn es gestern gewesen wäre. Da hat ihm Michel Riouspeyrous erzählt, dass es in Zukunft über dem Hégoxuri noch drei geologiespezifische Weiße, einen von den Schieferterrassen, einen vom eisenhältigen Sandstein und einen vom vulkanischen Ophite geben werde. Namen hat es für die zukünftigen drei Weine damals noch keine gegeben, Ideen schon und für den Rudl Fassproben von den Zweitausendneunern. Das muss im Jahr 2011 gewesen sein. Mittlerweile sind das die Weine, wo der Rudl wirklich genau darauf achtet, für sich keinen einzigen Jahrgang zu versäumen. Von den Zweitausendzwanzigern hat er sogar das eine oder andere Flaschl fürs Geschäft bekommen. Den Schistes 2020 hat er, sofern er alles noch im Blick hat, noch nie glasweise ausgeschenkt. Eine Premiere.

Dienstag, den 13. August von 18 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Kaixo und ez horregatik!!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Zwei neue Pyrenäenappellationen in der Sommerschule: Dienstag, 6. August, 18(!) bis 22(!) Uhr

Der Rudl freut sich, wieder einen Fuß auf Reindorfer Boden setzen zu können. Genaugenommen stimmt das nicht. Nicht dass der Rudl etwas gegen Reindorf hätte. Im Gegenteil. Aber es gibt für Caviste Rudolf leichter zu bewältigende Herausforderungen, als aus dem Urlaub nach Hause zurückzukommen. Und wenn er in Frankreich eine Landesgrenze in die falsche Richtung passieren muss, kostet ihn das noch viel mehr Überwindung. Nichtsdestotrotz freut sich der Rudl, mit Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, das eine oder andere Ergebnis seiner Forschungsreise, sei es eines in verbaler Form, sei es eines in vergorener Form teilen zu dürfen. Und wenn der Rudl schreibt „teilen“, dann meint er damit nicht irgendeinen digitalen Daumen oder heute missverständlich als „Feedback“ bezeichneten Kanalinhalt, sondern höchstpercentige Analogie.

In Anbetracht der sommerbedingten Relationen zwischen Sonne und Erde sperrt der Rudl erst um 18 Uhr auf und lässt dafür bis 22 Uhr geöffnet. Wie es dann ab September ausschaut, kann der Rudl erst nach Bekanntgabe seines Stundenplanes als Lehrmeister kundgeben.

 

Studienreise, Teil 1

Jura – Loire – Champagne – Normandie – Muscadet

Monsieur Rudolf ist in das Jura gefahren, hat dieses Jahr dort heuer aber wirklich ausschließlich studiert, ohne mercantil tätig zu werden. Damit hat er bis Sancerre gewartet, wo er nach einem entsprechenden Wink des Herrn Grafen das Glück gehabt hat, bei einem grandiosen Weinmeister nicht nur kosten, sondern sogar zwölf Flaschen für sein Geschäft kaufen zu dürfen. Dieser Weinmeister bewirtschaftet einen Hektar in Pouilly und einen in Sancerre. Drei dürfen es in Zukunft werden, mehr aber ganz sicher nicht. Daneben ist dieser Weinbauer Kellermeister in einem renommierten Weingut der Appellation. Das allein wäre vermutlich genug, um nicht von Langeweile geplagt zu werden. Witterungsverhältnisse, die keine zwei Tage ohne Regenschauer vergehen lassen, wie in der couranten Vegetationsphase, tragen das ihre zur Beschäftigung der Winzer bei. Auf alle Fälle hat der Rudl ab sofort quasi als Premiere eine homöopathische Menge Pouilly Fumé und eine ebenso kleine Sancerre im Sortiment. Das freut ihn ganz gewaltig. Aber das ist eine andere Geschichte, die zu einem anderen Zeitpunkt erzählt und gegebenenfalls auch studiert werden wird.

Die Reise hat den Rudl dann in die Champagne und in die Normandie geführt, wobei er weder dort noch da als Caviste aktiv geworden ist. In der Normandie hält sich der Weinbau in Grenzen, was Monsieur Rudolf nicht gehindert hat, einen normandischen Ruländer zu trinken. Der Champagne kann man viel, aber keinen Mangel an Weingärten vorwerfen. Nur ist das mit dem Rudl und dem Schaumwein so eine Geschichte. Es wäre absurd, in Abrede zu stellen, dass es exzellente Schaumweine nach der Méthode traditionelle gibt. Nur werden einer oder einem diese in mindestens 99 (NEUNUNDNEUNZIG) von hundert Fällen, in denen Schaumwein kredenzt wird, nicht angeboten. Mittlerweile greift Monsieur Rudolf bei diesen „Anstoß-Gelegenheiten“ zur Mineralwasserflasche. Auszuschließen ist es nicht ganz, dass der Rudl von den diversen Jubiläen, Begrüßungen und Geburtstagen ein kleineres Trauma davongetragen hat. Egal. Sollte es Sie einmal nach Épernay verschlagen, dann kann Ihnen der Rudl eine Käsebar empfehlen. Dort bekommen Sie ausgesprochen unkompliziert einen der gefragtesten Champagner, von Étienne Calsac. Das hat den Rudl amüsiert. Denn dieses Champagners ist er bei den bestsortierten Cavisten nicht habhaft geworden.

Der Apfelschaumwein in der Normandie ist natürlich berühmt. Aber der Rudl wollte sich nicht verzetteln und ist dafür weiter in den Südosten von Nantes gefahren. Dort hat er nach zwölf Jahren eine fast nicht mehr zu erkennende Domaine Michel Brégeon wieder gefunden, als Gebäude nicht wiederzuerkennen. Als Weine haben die Muscadets von Fred Lailler, der das Weingut jetzt auch schon wieder über zwölf Jahre führt, gar nichts von ihrer Salzigkeit verloren. Und schauen Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologie, mit dem Begriff „Salzigkeit“ ist es auch so etwas. Der Rudl hat den Verdacht, dass es sich vor etwa fünf bis zehn Jahren herumgesprochen hat, dass der Terminus „mineralisch“ einer gewissen inflationären Verwendung ausgesetzt gewesen war. Aber ob es so viel bringt, in Weinbeschreibungen das Adjektiv „mineralisch“ einfach nur durch „salzig“ auszutauschen, kann man anzweifeln. Abgesehen davon haben die beiden Wörter für den Rudl verschiedene Bedeutungen. Im Fall eines überzeugenden Muscadets wie des Crus Gorges 2018 von der Domaine Brégeon verwendet aber auch Caviste Rudolf Polifka das Attribut „salzig“.

 

Studienreise, Teil 2

Bergerac, Irouléguy, Corbières, Savoyen

Obwohl der neue Jahrgang von Laroque d’Antan in Cahors noch immer auf den Rudl wartet, ist dieser von Bergerac nicht in Richtung Südosten, sondern nach Südwesten gefahren, nach Tursan. Denn dort gibt es eine Rebsorte mit einer besonders langen Vegetationsphase: Baroque. Abgesehen davon ist die Appellation für Genossenschaften bekannt. Aber dann ist der Caviste Rudolf doch auf einen für ihn interessanten Betrieb gestoßen.

Les Pentes de Barène

Vor mehr als zwanzig Jahren war dort nichts, fast nichts. Ein Stall, Prairie und vor allem eine ausgeprägte Hangneigung in Richtung Süden zu den Pyrenäen hin. Kein Keller, kein Weingarten, kein Nix. Dann dürfte Gaëlle und Daniel Vergnes der Ort Pimbo noch mehr gefallen haben als dem Rudl. Darum haben sie beschlossen, dort ein Weingut zu gründen, eines in einer Dimension, die man als Familie zwölf Monate im Jahr händisch bewältigen kann. Daraus resultiert das heute kleinste Weingut der Appellation, eineinhalb Hektar klein. Aus dem Stall haben sie einen Keller gemacht. Mit der Gstättn ist das nicht so einfach gewesen. Die Hangneigung bis zu sechzig Percent war zu ausgeprägt. Darum haben sie 2003 begonnen, ihren zukünftigen Weinberg zu terrassieren. Heute ist das nicht nur die einzige Terrassenlage der Appellation, sondern des gesamtes Weinbaugebietes Les Landes. Ausrichtung nach Süden, als Auflage Ton und Kalkgeröll, Unterboden: Kalk. Das kommt der dort ursprünglich ansässigen Rebsorte Baroque entgegen. Dazu Gros Manseng, Petit Manseng und Sauvignon. Keine chemischen Herbicide. Höchstes Augenmerk auf Biodiversität als einziger hauptberuflichen Mitarbeiterin der Familie. Sie prodizieren lediglich einen Weißwein sowie einen Süßwein.

Über das Baskenland, die Corbières, Savoyen und Trient ist der Rudl dann retour gefahren. Über das Baskenland und Savoyen hat er schon viel erzählt. Darum widmet er sich in weiterer Folge ausführlich der Appellation Corbières, um diese dann mit ihrer westpyrenäischen Entsprechung Irouléguy zu vergleichen.

 

Corbières

Diese zehntausend Hektar große Appellation gehört nicht zu den renommiertesten Frankreichs. Spritzmittel, Alkohol, kolossale Erträge und Weinbauernproteste sind vermutlich die ersteren Assoziationen mit dieser Gegend im Südwesten von Narbonne.

Der Rudl hat diese Gegend seit 1996 als landschaftlich ausgesprochen schön in Erinnerung. Damals hat er bei einem Schotten in Albas Wein gekauft. Pensées sauvages, Jahrgang 1994. Leider findet der Rudl diesen Wein im ganzen Internet nirgends mehr. Das Weingut gibt es nicht mehr. Der ehemalige Betreiber Nick Bradford ist in der Rente angeblich nach Schottland zurück gegangen. Die das Weingut übernommen haben, machen angeblich auch keinen Wein mehr. Die Landschaft ist immer noch so verlassen wie vor dreißig Jahren. Felszacken, Garrigue und die eine oder andere Klamm. Schlangen.

 

Corbières, geographisch, historisch und oeno-soziologisch

Erlauben Sie dem Rudl einen kurzen Abstecher in die Vergangenheit. Mehr als 245 Millionen Jahre ist es jetzt schon wieder her, dass die Corbières nur vom hercynischen Massiv besetzt waren. Dann war die Gegend bis vor 65 Millionen Jahre vom Meer bedeckt. Aus dieser Zeit stammen nicht nur die markanten Felszacken, sondern auch die Kalkaromen in den Weinen der meisten Terroirs. Vor 65 bis 1,65 Millionen Jahren stehen dann die Pyrenäen auf, indem sich der zerbrochene Sockel nach oben schiebt. Erosion zerbröselt und verteilt den ehemaligen Granitsockel dann. Das sind heute die Haute-Corbières im Süden der Appellation. Dort stehen viele der verstreuten Weingärten von Maxime Magnon. Von ihm wird später die Schreibe sein. Die Landschaften sind in den Corbières nicht weniger vielfältig als die Steine. Und mit den Rebsorten fängt der Rudl gleich gar nicht an. Nur vielleicht so viel, dass in den siebziger Jahren die Corbières wie fast ganz Südfrankreich nicht wie vor 265 Millionen Jahren vom Urmeer, sondern von der Rebsorte Syrah geflutet worden sind. Ein paar jüngere Weinbäuerinnen und Weinbauern, die entweder ganz von woanders in die Corbières gekommen sind oder zumindest eine Zeitlang weg waren, haben dann darauf aufmerksam gemacht, dass auf so uralten Grenache- oder Carignan-Stöcken vielleicht weniger und kleinere, aber dafür viel geschmackvollere Beeren wachsen.

Die Corbières sind aber auch soziologisch eine bemerkenswerte Appellation. Zuerst einmal das übliche Auf-und-Ab in Sachen Weinbau, wobei wie eh fast allerweil die Aufs zuerst den Römern und später den Mönchen, die Abs eher den Barbaren aus dem Norden und dem Osten zuzuschreiben waren. Interessanter wird es dann Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts mit der Erlaubnis zum Verschneiden mit algerischen Weinen und zum Aufzuckern. Die resultierende soziale Krise führt 1907 zu Revolten mit sieben Toten und einem Gesetz zum Schutz natürlicher Weine aus französischen Weintrauben vor aufgezuckerten oder teilimportierten Weinen. In den siebziger Jahren wiederholt sich die Geschichte, nur dass am 4. März 1976 bei Protesten nur ein Weinbauer und ein Polizist erschossen worden sind. Alle dürften es noch nicht verstanden haben, dass mit Mochma-liawa-vü, wie Herr K. dazu sagt, Probleme nicht gelöst, sondern erzeugt werden. Aber viele gibt es, die Geschichte gelernt haben, wie ein anderer Herr K. einem Reporter einmal geraten hat. Einige von ihnen hat der Rudl in den Corbières kennengelernt. Dafür ist er dankbar.

 

Maxime Magnon zum Beispiel

Ob Maxime Magnon die Aufforderung von Bruno Kreisky seinerzeit gehört hat, weiß der Rudl nicht. Sehr wahrscheinlich ist es nicht. Dass dann gleich Weine von Maxime Magnon ihren Weg in das Sortiment seines Weingeschäfts finden, quasi als äußerst würdige ostpyrenäische Entsprechung der westpyrenäischen Weine von Arretxea, das begeistert den Rudl schwer.

Der Winzer selber ist an Unkompliziertheit und Zuversicht er kaum zu überbieten. Vielleicht liegt das auch daran, dass er sich von vornherein erfolgreich potentiellen Beschwerlichkeiten wie Webshop oder Ab-Hof-Verkauf verweigert. Darum bleiben ein bissl mehr Zeit und Nerven, auf diverse Wetterwidrigkeiten im richtigen Moment richtig zu reagieren. So gut es halt geht und so natürlich es geht. Ein – völlig gerechtfertigtes – Lamento über Klimakrise und andere Widrigkeit hört man von Maxime Magnon nicht. Man muss halt das Beste aus den Möglichkeiten machen, ohne freilich die Verantwortung für zukünftiges Leben und Weinmachen auf dem Planeten zu missachten. Maxime Magnon ist stolz darauf, sein Handwerk bei Marcel Lapierre im Beaujolais gelernt zu haben. Lapierre wiederum war Schüler von Professor Chauvet. Wenn Sie so wollen, hat Maxime Magnon über ein Eck bei Monsieur Chauvet gelernt. Dieser hatte in den fünfziger Jahren für seine Rotweine die „Macération semi-carbonique“, das saubere und präzise Vinifizieren ohne Schwefel-, Hefe- und CO2-Zusatz, studiert und erforscht. Wenn es möglich ist, bleiben die Weine von Maxime Magnon ungeschwefelt, wie Campagnès 2021 oder die Cuvée Rose, die kein Rosé, sondern der extraordinaire Rote aus Grenache noir ist. Wenn es aber wie im Affenhitzejahrgang 2022 mit einer sauberen Gärung nichts wird, dann lieber das eine oder andere ganz genau dosierte Gramm Schwefel als den leisesten unsauberen Ton. Aromatische Vielschichtigkeit, Eleganz und Harmonie sind die Resultate.

  • La Begou 2022, Maxime Magnon, AOC Corbières, Languedoc (7/11)
  • Roug’é-Clair 2023, Domaine Ledogar, Ferrals-les-Corbières, Vin de France (4,50/7)
  • Campagnès 2021, Maxime Magnon, AOC Corbières, Languedoc (7/11)
  • Les Pentes de Barène, Pimbo, AOC Tursan, Sud Ouest (4/6)
  • Irouléguy Rosé 2022, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (4/6)
  • Irouléguy rouge Tradition 2021, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (4,50/7)

 

Dienstag, den 6. August von 18 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Monsieur Rudolf grüßt und begrüßt das Fernweh!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien