Archiv für den Monat Oktober 2014
Das ά und ώ der Alpen: vom Jura bis zu einer Gehsteigkante am Fuß des Laaer Bergs
Ausbildungsideologien
Etliches, was der Rudl in der Schule gelernt hat, bereut er heute. Und noch viel mehr bereut er, dass er damals noch viel mehr nicht gelernt hat. Geologie, zum Beispiel. Das hat ihn nicht interessiert, darum hat er da auch nicht aufgepasst. Als Sechzehnjähriger hat er das damit gerechtfertigt, dass er das nie brauchen wird. Damit hat er Recht gehabt. Ein Blödsinn war es trotzdem. Dass dieser halbwüchsige Zugang zur Bildung, demnach man lediglich das lernen soll, wovon irgendwer glaubt, dass man es irgendwann einmal braucht, ein viertel Centennium später Dogma österreichischer Bildungs(?)politik(?) sein wird, quasi auf „Was bringt sich das?“, das konnte der Rudl als Halbwüchsiger nicht wissen und er übernimmt dafür auch keine Verantwortung.
Mesozoisches
Auf alle Fälle hat der junge Herr Rudl aus der Schule nicht viel mehr geologische Substanz herüber gerettet als die Drei-Wort-Wendung „Trias, Jura, Kreide“. Von chronologischer Einordnung keine Spur und auch sonst nix. Jetzt hat aber ein Reindorfer Literat und Philosoph schon vor Jahren herausgefunden, dass es nie zu spät für eine glückliche Kindheit ist. Und darum erforscht der Student Rudl die Geologie halt erst jetzt, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Wechselwirkung mit vergorenen Getränken und deren geschmacklicher Implikationen. Im Heimstudium. Aus de gscheidn Biachln sozusagen. Aus so einem – von einem gewissen Wilson – weiß er zum Beispiel, dass es sich bei besagten „Trias, Jura, Kreide“ um das Erdmittelalter handelt. Und das ist verglichen mit dem konventionellen Mittelalter relativ eindeutig eingrenzbar. Es hat am 1. Jänner 229998001 vor Christus begonnen und am 31. Dezember 66998001 auch wieder vor Christus an die Erdneuzeit übergeben. Und zwar auf der ganzen Welt einheitlich. Das unterscheidet das geologische Mittelalter vom nicht-geologischen.
Jura
Fast mitten im Erdmittelalter war das Jura. Vor 195 bis 137 Millionen Jahren, wer es genau wissen will. Und oenologisch hat es – wenn es nicht so felsig wäre, möchte man fast sagen – das Feld bereitet für einige gar nicht so unwesentliche Weinberge. Den von der Domaine Didier Dagueneau in Pouilly-sur-Loire, zum Beispiel. Aber auch für Chablis, die Côte d’Or, einen Teil von Savoyen und vom Elsass, den Norden von Cognac und Cahors. Selbstredend auch für das Jura.
Old School
Man sagt, dass man ins Jura fahren muss, wenn man herausfinden will, wie französische Weine früher geschmeckt haben. Wo wird man eigentlich in fünfhundert Jahren hinfahren müssen, wenn man schmecken will, wie dann vor fünfhundert Jahren ein Sauvignon Steirische Klassik geschmeckt haben wird?
Das französischen Jura umfasst die Appellationen Côte du Jura, Château-Chalon, Etoile und Arbois. Letztere ist die älteste Appellation Frankreichs. Sie hat 1936 das Appellationenlicht der Welt erblickt. Dreißig Jahre vorher hatte dort die erste Genossenschaftskellerei Frankreichs eröffnet. Und der Vater der Oenologie, Louis Pasteur, Erforscher der Hefen und Bakterien bei der Verwandlung von Traubenzucker in Alkohol, kommt auch aus Arbois. Jacques Puffeney hat gerade seine zweiundfünfzigste Lese eingebracht und wird von seinen Winzerkollegen „Pape d’Arbois“ genannt. Zwei Audienzen in seinem Keller gehören zum Beindruckendsten und Unspektakulärsten, was Monsieur Rudolf und sein Fils in Sachen Wein erlebt haben.
Berge mit Migrationshintergrund und die Gehsteigkante an der Ostbahn
Geologische Tatsache ist, dass sich ein Stein aus Chassagne von einem aus Arbois nicht erkennbar unterscheidet. Viele Weine aus Chassagne und aus Arbois unterscheiden sich von einander aber ganz deutlich. Soviel zu der Frage, ob der Mensch oder der Boden den Wein macht. Es gibt zwar immer mehr Weine aus dem Jura, die den Gaumen von Unvorbereiteten nicht durch Unbekanntes überfordern wollen. Die werden dann „vin floral“, „ouillé“ oder irgendwie anders genannt, aber die sind irgendwie so, wie wenn man ins Müllner Bräustübl auf einen Kaffee gehen würde.
Denn die Weine aus dem Jura sind etwas Besonderes. Geologisch wachsen sie auf der Bruchstelle, wo die Vorberge der Alpen – dieses imposante Resultat eines Buserers der eurasischen Platte gegen die afro-arabische – aus der Ebene herauswachsen und westnordwestlich, wenn Sie so wollen, beginnen. So ähnlich wie diese eine Gehsteigkante am anderen Ende der Alpen, dem Fuß des Laaer Bergs. Der oben erwähnte Reindorfer Philosoph hat vor Jahrzehnten einmal darauf hingewiesen, dass an ebendieser Gehsteigkante die Alpen in die pannonische Tiefebene übergehen., wenn Sie sich erinnern. Dort ist es heiß, was wiederum ideale Bedingungen für das Entstehen genialer Musik darstellt.
Das Jura ist vom Material her geologisch nichts Besonderes, aber von seiner Entstehung her: Als sich nicht nur der Untersberg, sondern mit ihm auch der Rest der Alpen, vertikal aufstellten, wurde das tief unter der Erde von flüssigen Salz- und Schieferschichten horizontal geschmiert, sodass riesige Gesteinsformationen sich nicht nur vertikal bewegten, sondern auch horizontal kilometerweit von ihren Wurzeln weggeschoben wurden. Wo dieses Schmieren ein Ende hatte, stellten sie sich auf. Das sind die Côtes du Jura. Wenn man mitten auf der Saône stehen würde, wäre genau das der Unterschied zur burgundischen Côte d’Or im Westen. Die besteht aus Hängen, die von Kalkdecken nach Osten abfallen. Die Côtes du Jura dagegen bestehen aus hügeligen Zügen vor stolzen Felsen mit Migrationshintergrund. Die können dort nicht von einem Berg herunter geflogen sein, sondern sind horizontal verschoben worden. Sie lassen sich nicht überdecken und der ganzen Erosion trotzend zum Glück auch nicht assimilieren. Wo sie nach Westnordwesten abfallen, ist das Weinbaugebiet. Während die Côte d’Or also vertikal gebrochen ist, sind die Côtes du Jura horizontal überschoben. Im Westnordwesten vom dunklen Schiefer und Mergel aus dem unteren, das heißt älteren Jura, den „terres noires“, zu immer jüngeren und helleren Schichte zu den Alpen hin.
Wieder einmal von den Weinfarben
Man liest gelegentlich, dass es sich bei Orange-Wine um die vierte Weinfarbe handle. Rot, Weiß und Rosé sollen demnach die ersten drei Weinfarben sein. Letzteres optisch nachzuvollziehen, setzt schon einen ganzen Haufen Phantasie voraus. Was die Chronologie betrifft, wird von den Weinen, die nicht aus blauen Trauben gekeltert werden, wohl der orange der älteste und Orange eine der ersten zwei Weinfarben sein. Dann kommt ziemlich sicher der
Vin Jaune, der gelbe Wein
Der Vin Jaune soll im 14. Jahrhundert nach Christus von den schwarzen Nonnen im Stift Château-Chalon erfunden worden sein. Die Lese habe sich damals verzögert. Warum wissen wir nicht. Die überreifen Trauben sind seinerzeit in Wannen, die man in den Kalkfelsen gehauen hatte, vergoren worden.
Man wartet ganz gerne bis zum ersten Frost mit der Lese des Vin Jaune. Dann wird das „geile Zeug“, wie heute junge und demonstrativ junggebliebene Menschen gerne zu „gutem Wein“ sagen, sechs Jahre lang im selben Fass ausgebaut. Das wäre an und für sich noch nicht so ungewöhnlich. Nur wird der verdunstete Schwund im Fass beim Vin Jaune nicht aufgefüllt. Meistens bildet sich dann eine Hefeflorschicht, die den Wein locker sechs Jahre beschützt und ziemlich unverwüstlich macht. Warum sich diese Hefeflorschicht nicht immer bildet, weiß man nicht, zumindest will es Stéphane Tissot nicht verraten. „Vin Jaune“ darf der Wein aber nur genannt worden, wenn sie sich bildet. War das der Fall, dann wird in Arbois jedes Jahr am ersten Febuarwochenende die „Percée du Vin Jaune“, der Durchstich dieser Hefeflorschicht gefeiert, aber eben erst nach gut sechs Jahren.
Wittgenstein und der Wein
Alles in allem ergibt das dann einen ziemlich unnachahmlichen Geschmack nach Walnüssen, so viel lässt sich klar sagen. Die zahlreichen anderen Aromen übersteigen dem Rudl sein Register. Darum wird über sie in der Tradition von Kommunikationsberater Wittgenstein auch geschwiegen, sofern dieses Wort in der geschriebenen Sprache angebracht ist.
Traminer
Nur Savagnin ist für den Vin Jaune zugelassen. Am Fuß des Mont Blancs heißt man den Gringet, in Österreich und anderswo Traminer. Ein „Savagnin tradition“ reift meistens etwa zwei Jahre im Holzfass. Was verdunstet, wird auch in diesem Fall nicht aufgefüllt, non ouillé.
Viele Menschen gibt es nicht, denen die traditionellen Weine aus dem Jura beim ersten Versuch schmecken. Beim ersten Versuch nicht. Aber das ist ½ so wild.
Côtes-du-Jura und Vin Jaune von der Domaine Pignier, Weine vom westnordwestlichen Ende der Alpen, gibt es kommende Woche
am Donnerstag, den 23. Oktober und am Freitag, den 24. Oktober
von 16 bis 22 Uhr glas- und flaschenweise
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22
Und weil der Rudl wie der ORF der Äquidistanz zu fast allem und jedem verpflichtet ist, schenkt er vom anderen Ende der Alpen, von den ostsüdöstlichen Abhängen des Laaer Berges, gleich hinter der Gehsteigkante Ecke Grillgasse – An der Ostbahn, einen Gemischten Satz aus dem Zweilitergebinde und aus Oberlaa aus.
Monsieur Rudolf hofft, dass sich das alles etwas bringt. Wenn nicht, ist der auch nicht böse. Auf alle Fälle grüßt er alle Partikel in allen Hefefloren zwischen Château-Chalon und Arbois!
Urig, bärig, beliebig
Es wimmelt. Es wimmelt von Natur, von Naturburschinnen und Naturburschen. Sie müssen nur einmal in die Nähe des Pratersterns fahren, respektive in den letzten drei Wochen gefahren sein. Dann, wenn Sie diese Zeilen lesen, überfliegen oder nicht lesen, wird die Wiener Wiesn 2014 vorbei und der Rudl gar nicht so verzagt sein. So eine Urigkeit war für den Rudl immer nur Quelle unfreiwilliger Komik, nie auch nur annähernd irgendetwas, das mit Heimat oder Identität zu tun hat. Und dass dieses Neulederhöschentum jetzt cool oder scharf sein soll … nicht böse sein … Damit überfordert man Monsieur Rudolf, der ja sowieso nicht mit einem Übermaß an Flexibilität gesegnet ist. Dabei kommt der Rudl ja aus einer Gegend, wo man wirklich einmal in der Ledernen gearbeitet hat. Vor hundertfünfzig Jahren oder was, angeblich, auf alle Fälle bevor die Jimmyhose von Amerika herüber gekommen ist. Und ein paar hundert Kilometer westlich vom Praterstern.
Die Kaiserwiese, der Tölpel und Naturweine
Irgendwie erinnert das den Rudl an den Wein. Im Moment kann es gar nicht genug Natur sein. Wie natürlich waren eigentlich die Weine vor fünfzehn Jahren? Natürlicher oder weniger natürlich als heute? Aber da war Natur nicht cool. Zumindest beim Wein ist das jetzt anders.
Aber es ist gar nicht immer so einfach abzuschätzen, inwiefern so ein Wein jetzt Natur ist. Unlängst war über einen steirischen Winzer zu lesen, seine Weine seien ohnehin zu soundsoviel Prozent biologisch, fast ein bissl wie seinerzeit die Etikettenaufschrift „Teilbarrique“. Dabei stellt sich halt die Frage, um welche Biokriterien es da geht und wie viel Prozent man denen zuordnet. Ein Rebstock, dessen Boden Kontakt zu Erde hat – 30 Bioprozent, wenn dann schon einmal ein Vogelgaggerl drauf war: zehn Bio-Percent dazu und so weiter. Jetzt ist der Rudl bei Gott nicht einer, der viel auf Zertifizierungen hält. Da ist er von der Schule her ein gebranntes Kind. Aber irgendein Anhaltspunkt, was einen bei manchen Naturweinen circa erwartet, wäre manchmal schon ganz klass. Ohne Frage sind viele exzellent, lebendig, frisch, ohne unerwünschte Nebenwirkungen und lagerfähig. Aber es gibt auch unsaubere Fässer oder verfaulte Trauben, die als Natur vermarktet werden, gerade wie bei den Krachledernen aus Hietzing, Penzing und Simmering.
Köstlich versus käuflich
Die Fässer und Stahltanks von Josef Salomon in Falkenstein sind sauber. Auf Kunstdünger, Pestizide und Insektizide pfeifen Josef und Heinrich Salomon seit den Siebziger Jahren. Da war das weder angesagt noch selbstverständlich, dass der Senior so etwas unterstützt, wenn es sich der Junior in den Kopf setzt. Und die Muskateller- und Sauvignon-Welle haben einen Bogen um die Salomon-Rieden in Falkenstein gemacht. Stattdessen gibt es einen Grünen Sylvaner, wenn man Glück hat einen, dessen Zuckerrest nach ein paar Jahren zu einer Vielschichtigkeit reift, die der Monsieur Rudolf nicht beschreiben kann.
Der Jahrgang 2014 hängt bei Josef Salomon größtenteils noch draußen. Wenn dann die eingetrockneten verfaulten Trauben aussortiert worden sein werden, wird von diesem Jahrgang ziemlich wenig Wein übrig sein. Aber der wird auffallen. Vorher wird er gären, solange er das will, der eine länger, der andere kürzer. Bis zur DAC-Präsentation am 3. März 2015 wird es sich nicht ausgehen. Bei einigen kommt dann „am Ende des Tages“, wie der Berater sagt, ein trockener Wein heraus, ein sauberer, trockener Wein. Bei gar nicht so wenigen auch ein Wein mit ein paar Gramm Restsüße. So ein Wein ist heute gar nicht so gefragt. Aber zum Glück ist der Kunde nicht überall König, sondern manchmal auch schon Citoyen. Und darum gären die Weine von Josef Salomon so und so lange, wie sie wollen. Das haben die Salomon-Weine schon in der vorigen Generation unter Heinrich Salomon getan. Der schaut am Samstag Nachmittag, wenn man Glück hat, immer noch in der Kellergasse vorbei und erklärt einem den Unterschied zwischen altem Wein und reifem Wein. Manch gereifter Wein, den er seinerzeit gären lassen hat, wie er wollte, wäre mit seiner Restsüße als Jungweine heute kaum zu verkaufen. Jetzt hat sich die Restsüße eingebunden, da wäre er leicht zu verkaufen, ist es aber nicht, weil Vater und Sohn Salomon salomonisch und nicht käuflich sind. Aber manchmal hat man Glück, dann darf man einen kosten. Und das ist großartig.
Der 2005er Grüne Veltliner Rosenberg hat seinerzeit als lieblicher Wein aufgehört zu gären und ist dann achtzehn Monate auf der Feinhefe gelegen, bevor er Zutritt zur Flasche bekommen hat. Und jetzt, fast zehn Jahre später, ist er sicher noch nicht am Zenit, aber schon ein beeindruckender Wein.
Der 2009er hat sich nach zwölf Monaten von seiner Feinhefe trennen müssen und ist halbtrocken.
Der 2012er trocken und der 2013er detto, wobei Letzterer wie erwähnt vor drei Monaten noch gegärt hat.
Diese vier Weine, 2005, 2009, 2012 und 2013, aber nicht ausschließlich, gibt es diese Woche glasweise und flaschenweise in der
„Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,
am Donnerstag, den 16. Oktober und am Freitag, den 17. Oktober
von 16 bis 22 Uhr, zu Reindorf.
Monsieur Polifka freut, sich, dass ab sofort Pinot Gris Spätlese 2004, Muskat3 2012, Welschriesling 2013, Zweigelt 2011 und Pinot Noir 2010 von der Dankbarkeit in Podersdorf wieder verfügbar sind.
Der Rudl grüßt Feinhefen, Hefen und Heferln und fordert Dankmalschutz und Tölpelverbot für die, beziehungsweise auf der Kaiserwiese!
Monsieur Rudolf
Kimmeridge – Felsen, auf dem die Domaine Dupasquier steht
Es gibt Menschen, die fast permanent kommunizieren und sich präsentieren. Den Rudl hat ja immer schon interessiert, ob die das auch tun, wenn überhaupt gar niemand in der Nähe ist, aber das wird der Rudl naturgemäß nie erfahren, weil das geht nicht, aber interessant wäre es, wie gesagt, schon, weil wenn die das auch tun, wenn überhaupt niemand da ist, dann wäre zu überlegen, ob man nicht von Caviste auf Psychotherapeut umsatteln soll. An Diskontinuitäten ist dem Rudl seine Vita ja nicht arm, ein lebenslanger Lerner quasi, vom Kino-Billetteur über den rentnernden Nebenberufsgeldwechsler am Gürtel, den Kabel-TV-Konsumenten bis zum Cavisten und jederzeit weiter oder zurück, wenn notwendig.
Das ist jetzt gar nicht so siebenmalgescheit gemeint, wie es klingt. Ein Fünfzehnjähriger hat heute nicht die Wahl, ob er an seinem mobilen Endgerät anwachsen soll oder nicht. Tut er es nicht, gibt’s ihn gesellschaftlich nicht mehr. Und daran, dass das so ist, sind nicht die Fünfzehnjährigen schuld.
Über 150 Millionen Jahre alte Meeresablagerungen und fossile Einlagerungen
Aber zurück zum Kimmeridge: Die Domaine Dupasquier in Aimavigne, Jongieux ist als Weingut ungefähr so kommunikativ wie der Dent du Chat, der markante Berg, der auf sie herunter schaut: keine Homepage, was in Frankreich nicht weiß Gott wie ungewöhnlich ist; kaum einmal in einem Weinführer. Wenn dann mit hohen Bewertungen und erst seitdem die Jungen übernommen haben, mit Angabe einer E-Mail-Adresse. Kauft man dort direkt Wein, braucht man Zeit. Meistens muss man sich anstellen. Insofern passt das dann wieder alles zusammen. Denn Leute, die sich gerne reden hören, stellen sich nicht gerne an, das ist zumindest eine Arbeitshypothese vom Rudl. Und Menschen, die sich ständig vordrängen, sind sonst meistens nicht die allerflinksten, zumindest solange sie zur Fortbewegung eigene Energien aufbringen müssen.
Die Passion des Weins
Im fast weltweiten Internet gibt es eine lesenswerte Seite www.lapassionduvin.com. Dort schreiben Weinliebhaber über Weine, die sie gerade getrunken haben. Die Kommentare zu Château Cheval Blanc aus Saint Emilion erstrecken sich dort auf 23 Seiten, die über die Domaine Dupasquier auf 32.
Und André Combaz, der 1992 das Buch über die Weine Savoyens geschrieben hat, weist darauf hin, dass die Weingärten in Jongieux am ziemlich steilen Abhang zur Rhône – zum Glück ist sie rechtzeitig abgebogen, bevor sie in den Lac du Bourget geronnen wäre – mit dem Krampen in den Kimmeridge-Felsen gehaut worden sind, weil es dort fast keine Humusauflage gibt. Er nennt das „wine in the rocks.
Dem Rudl gefällt das schon sehr gut, landschaftlich und oenologisch. Von den Weinen der Domaine Dupasquier hat er seit zehn Jahren keinen Jahrgang versäumt. Darum gibt es diese Woche
Jacquère 2010
Chardonnay 2009
Roussette de Savoie 2009 (Altesse)
Roussette de Savoie, Cru Marestel, 2010
Mondeuse 2011 und
Pinot Noir 2011
glasweise in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, aber nicht ausschließlich. Wie die schmecken, können Sie ziemlich sicher auf Lapassionduvin nachlesen.
Marestel – Oberkellner und Berater
Marestel und Pinot Noir sind auf alle Fälle neu im Sortiment von Monsieur Polifka, Mondeuse wieder verfügbar. Und der Rudl müsste lügen, wenn er sagen würde, dass er nicht ein bissl stolz ist, vor allem auf den Marestel. Es gibt Weingüter, wo man Geduld braucht, wenn man bestimmte Weine möchte. Der Marestel von der Domaine Dupasquier ist so einer. Und der Marestel Fleur d’Altesse noch viel mehr, weil es von dem noch viel weniger gibt. 2009 war der erste seit 2005 und seit 2009 hat es dann keinen mehr gegeben.
Der Marestel ist ein Roussette der Savoie (Rebsorte Altesse) von einer bestimmten Parzelle über Jongieux. Marestel [maretel] heißt er nach Claude Marestel, dem Berater und Oberkellner von Herzog Emmanuel-Philibert aus dem sechzehnten Jahrhundert. No ja, Berater gibt es heute auch. Ob die auch Oberkellner sind, entzieht sich der Kenntnis des Rudl. Aber dass irgendwann einmal nach einem, von denen manche jetzt schon nicht mehr wissen, wo ihre Leischtung woa, ein Wein benannt sein wird, das kann sich Monsieur Polifka beim allerbesten Willen nicht vorstellen. Wobei … es gibt ja Weine …, aber lassen wird das.
Dupasquier, aber nicht ausschließlich
am Donnerstag, den 9. und am Freitag, den 10. Oktober
von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22
Neues aus dem Soritment
Ab sofort sind Riesling Rabenstein 2013 und der Grüne Veltliner Rosenberg Reserve 2013 von Josef Salomon aus Falkenstein verfügbar. Der Grüne Veltliner hat bis Juli gegärt. Ein paar Weinviertel DAC desselben Jahrgangs waren da wahrscheinlich schon getrunken.
Monsieur Rodolphe grüßt Claude Marestel, alle Oberkellner und fast alle Berater!
Mit Roten Veltlinern in den Oktober. Eine Farbenlehre
Mit Farbadjektiva und dem Wein ist das so eine Sache. Stimmen tut das alles nur mit sehr viel Phantasie.
Dass die hellen Weine „Weißweine“ heißen, ist nachvollziehbar, stimmen tut es deswegen aber nicht. Gesehen hat der Rudl noch keinen weißen Wein. Und würde er einen sehen, weiß er nicht, ob er den trinken würde. Ein Weißwein ist halt heller als ein roter. Und der ist in den allerseltensten Fällen rot. Aber Blau-, Violett- oder Schwarzwein wäre natürlich auch ein bissl komisch. Ganz genau stimmen täte es auch nicht, wobei einzelne Weine und Rebsorten schon so heißen. Der vin noir aus Cahors zum Beispiel. Oder der Blaue Portugieser, der zumindest mehr blau als ein Portugieser ist. In Portugal gibt es den nicht und hat es ihn auch nie gegeben. Wahrscheinlich ist, wenn es um Sprache und Wein geht, eh alles wurscht, ähnlich wie bei Kommunikationsberatern und Sportreportern. Da sagt man halt irgendwas. Viele Weinjournalisten machen das nicht anders, nur dass die halt gleich Begriffe verwenden, denen sowieso keine Bedeutung zugeordnet werden kann.
Roter Veltliner
Der Rote Veltliner ist auf alle Fälle als Wein gelbgrünlich, gerade wie der Grüne Veltliner, und als Traube bestenfalls rötlich, zumindest rötlicher als der Grüne. Aus demselben Grund heißt der Burgunder, dessen Trauben bei Vollreife rötlich werden „Grauer Burgunder“. Und in Frankreich sagt man zu einem Rosé, der aufgrund einer besonders kurzen Maischestandzeit blasser als ein Rosé ist „vin gris“, grauer Wein. Der ist in Lothringen besonders bekannt, wird aber weder aus Grauem Burgunder noch aus Rotem Veltliner, nicht einmal aus Sauvignon Gris, sondern vor allem aus Gamay und ein bissl Pinot Noir gekeltert.
Farbadjektiva und Zeit
Logisch ist das alles nicht und wenn einer farbenblind ist, hat er weintechnisch keinen großen Nachteil. Äußerstenfalls kann man davon ausgehen, dass sich vom Farbadjektiv Rückschlüsse auf die Maischestandzeit ziehen lassen. Ein Orangewein etwa hat seine Maische auf alle Fälle länger und intimer kennen gelernt als ein Steirischer Junker. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Wein orange sein muss. Und ein Wein aus der momentan nicht gerade besonders angesagten Orangetraube ist auch nicht orange, es sei denn, es handelt sich bei ihm um einen Orangewein, aber auch dann muss er nicht orange sein. Fast könnte man sagen, dass ein Farbadjektiv beim Wein weniger eine optische als eine zeitliche Bedeutung hat.
Der Rote Veltliner, wie gesagt, ist nicht rot und er ist auch nicht mit dem Grünen Veltliner verwandt, dafür aber mit Neuburger, Rotgipfler und Zierfandler. Es gibt Dinge, die er lieber mag als Frost und die Mehltaue. In den richtigen Lagen und auf den richtigen Höfen wird aus dem Roten Veltiner ein extraktreicher, lagerfähiger Wein. Und weil der oft nach Haselnuss schmeckt, wird man ihn beim Rudl mit einem Altesse aus Savoyen vergleichen können, dem man das ja auch nachsagt.
Der Rote Veltliner am Mantlerhof
Darum gibt es diese Woche – natürlich nicht ausschließlich – Rote Veltliner von 1990, 2006, 2007 und 2008, aus dem Kremstal, der Wachau, dem Weinviertel und vom Wagram. Darunter selbstverständlich den 2006er und 2007er vom Mantlerhof, den der Rudl und der Fils ja im Sortiment führen, der erste medium, der zweite trocken. Und einen 2008er von Rudi Pichler aus Wösendorf in der Wachau.
Am Donnerstag, den 2. Oktober und am Freitag, den 3. Oktober von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,
Reindorfgasse 22
Ab sofort gibt es dort im Sortiment auch den Furmint 2013 und den Weißburgunder 2013 vom Herrenhof Lamprecht in der Oststeiermark.
Monsieur Rudolf und der Fils wünschen allen Weinbäuerinnen und Weinbauern, dass zumindest jetzt einmal ein Zeitl eine Ruhe ist mit dem Regen!
Monsieur Rudolf