Rebsortenfamilie am Mantlerhof: Neuburger, Roter Velltiner, Grüner Sylvaner … und Zierfandler als Gast. Oder: Die Verlierer des Siegeszugs vom Grünen Veltliner, Dienstag, 14. Mai, 16 bis 20 Uhr

Rebsortenfamilien

Vor wenigen Wochen hat Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, Oberlehrercaviste Rudolf Polifka etwas über die Rebsortenfamilie der Sérines nähergebracht. Klein ist die nicht. Es tummelt sich in ihr ein ganzer Haufen weniger, vor allem aber mehr namhafter Rebsorten der nördlichen Rhône und Savoyens. Dabei könnte einem auffallen, dass es die Sérinianer aus Savoyen (Altesse, Mondeuse, Douce noire) bekanntheitsgradtechnisch mit denen von der nördlichen Rhône (Syrah, Roussanne, Marsanne, Viognier) nicht aufnehmen können. Umso mehr kann sich der Rudl eines kleinen Anfluges von Stolz nicht ganz erwehren, war es doch – abgesehen von Monsieur Mischa, der lange vor dem Rudl Weine von Dominique Belluard offeriert hatte – der Rudl, der Savoyen oenologisch nach Wien gebracht hat.

 

„Das ist ganz etwas anderes.“ (Otto Grünmand)

Ziemlich diametral entgegengesetzt verhält es sich mit der Rebsortenfamilie Roter Veltliner – Grüner Sylvaner – Neuburger. Die war quasi immer schon da. Na ja, ganz immer schon waren sie sicher noch nicht da. Und der Neuburger ist noch ein Stückl weniger lange wie Sylvaner und Roter Veltliner da, weil der Neuburger der Sohn von Rotem Veltliner und Grünem Sylvaner ist. Aber lange sind sie trotzdem schon da. Und der Rudl kennt außer dem Mantlerhof kein Weingut, auf dem diese Familie quasi unter einem Dach zusammen ist.

Roter Veltliner

Ganz unkompliziert ist der Rote Veltliner nicht, sei es, wenn es um Schwammerl geht, sei es in Sachen Frost. Man muss keine besonderen investigativen Kompetenzen besitzen, um den drastischen Rückgang der mit Rotem Veltliner bestockten Rebflächen in einen kausalen Zusammenhang zu dessen Empfindlichkeiten zu bringen. Mit dem Grünen Veltliner hat er abgesehen vom Nachnamen und dem Hang zum Massenträger nicht viel gemeinsam. No ja, vielleicht eine gewisse Vorliebe für Löss. Genau diese setzt ihm aber ordentlich zu. Denn die wirklich guten Lagen für Roten Veltliner sind irgendwann auch dem Grünen Veltliner nicht verborgen geblieben. Viel spricht dafür, dass es sich beim Roten Veltliner um eine alte österreichische Rebsorte handelt. Auf geologische Gegebenheiten scheint er allerdings einen höheren Wert zu legen als auf nationale. Diesbezüglich scheint eine gewisse Affinität zu Löss nicht ganz von der Hand zu weisen zu sein. Höher gelegene, warme Lösslagen weiß der Rote Veltliner zu schätzen. Um eine solche handelt es sich bei einer der Lage „Ungut“ vom Mantlerhof. Da wird dann auch deutlich, dass Rebsorten und Winzer Zweierlei sind. Mit natürlicher Harmonie ist es da nicht weit her. Was dem Naturwesen Rebsorte konveniert, nennt das Kulturwesen Mensch „Ungut“. Lustig ist die Arbeit in solchen hervorragenden Lagen nicht immer. Dafür ist der Wein dann oft mehr als nur „gut“. Rote Veltliner vom Mantlerhof sind außerordentlich lagerfähig. Davon hat sich der Rudl nicht erst einmal überzeugen dürfen. Auf jene aus der Lage Ungut, der äußersten Kremstaler Lage an der Grenze zum Kamptal, trifft das ganz besonders zu. Frische Säure, Würze, mehr Mandeln und Haselnüsse als Früchte.

Grüner Sylvaner

Der ist der andere Elternteil des Neuburgers. Darum haben sie ihn am Mantlerhof wieder ausgesetzt, Familienzusammenführung, quasi. Er ist eine Kreuzung aus Traminer und Österreichisch Weiß. Darum hat man ihn früher in Deutschland, wo er in den siebziger Jahren noch die verbreitetste Rebsorte gewesen ist, „Österreicher“ genannt. In Österreich hätte das blöd ausgeschaut. Anders als viele Rebsorten, die im Zuge der Industrialisierung des Weinbaus zurückgedrängt worden sind, in den letzten fünfzehn Jahren aber so etwas wie eine Renaissance erlebt haben, werden die Rebstöcke des Grünen Sylvaners immer noch weniger. Außer im Elsass … und am Mantlerhof. Danke!

Neuburger

Dass ein Kind von derartig empfindlichen Rebsorten wie Rotem Veltliner und Grünem Sylvaner kein Paradebeispiel für Robustheit ist, wird Sie, geneigte Oenologin, gewogenen Oenologen, vermutlich nicht überraschen. Aus der einen oder anderen unguten Erfahrung seiner Eltern mit Oidium und Peronospora heraus scheint sich der Neuburger zusammengepackt und auf trockenere Lagen deplaciert zu haben. Da sind Südbahn und Burgenland ganz vorne dabei. Aber in der Wachau und am Mantlerhof ist Neuburger noch mehr daheim. Das hat er einem Vorfahren von Frau Mantler zu verdanken. Dass er Zutritt zum DAC Leithaberg hat, ist dem Rudl Powidl. Dass Neuburger, wenn er nicht verrieselt, erfriert oder von Botrytis sekkiert wird, ausgezeichnete Weine zusammen bringt, schätzt der Rudl dafür umso mehr. Kräftig, aber ohne aromatisch dick aufzutragen. Vielmehr als das sogenannte „Pfefferl“ des Grünen Veltliners kann der Rudl ein „Nusserl“ beim Neuburger nachvollziehen. Manchmal überlegt Caviste Rudolf, wie denn eigentlich ein Vin Jaune aus Neuburger schmecken könnte …

 

  • Neuburger 2023, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
  • Neuburger 2022, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
  • Neuburger 2021, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
  • Zierfandler 2021, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Südbahn (2,50/4)
  • Grüner Sylvaner 2023, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
  • Roter Veltliner Ungut 2020, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (8/12)

Von den Grünen Veltlinern ist – abgesehen vom Rochusberg – zumindest beim Aufsperren um vier Uhr auch noch etwas da.

 

Dienstag, den 14. Mai von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Dankbar grüßt der Rudl ganz besonders die Familie Mantler!

 

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

 

Weinhan

Grüner Veltliner – superlativ- und KI-frei, aber extraordinaire, Dienstag, 7. Mai, 16 bis 20 Uhr

Superlative

Vor ein paar Wochen erst hat der Rudl bekannt, noch viel lernen zu müssen. Ein Exempel für so ein Lernen ist dem Rudl vor wenigen Monaten bei einer Talkshow, die an und für sich nicht zum Fernsehprogramm seines Vertrauens gehört, passiert. Da hat dem Rudl sein Lieblingskabarettist gemeinsam mit Gottfried Helnwein die eine oder andere Überlegung zum Superlativ angestellt, als Quintessenz vor allem die, dass nach dem Superlativ nichts mehr kommen kann. Da ist es dann quasi aus; nix Lustiges, nix Lebendiges und darum wohl auch nix Menschliches. Gar nicht so selten wird es da dann unbarmherzig und unmenschlich, würde Rudolf Polifka folgern. Werfen Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, dazu nur einen Blick in die „So-&-ste&Exklusiv“-Presse. Sie wissen, die mit den vielen Rufzeichen und Großbuchstaben, die ganz knallhart unabhängig und unbestechlich ist.

 

Ein kleiner theologischer Exkurs, wenn Sie gestatten …

Vielleicht ist es das, was in der Genesis mit dem Sündenfall gemeint ist: sein wollen wie Gott, ein Superlativ, eine fleischgewordene Boulevardschlagzeile, oder ein transhumanistisches – also nicht humanes, und also unmenschliches – Würstel, das im Silicon Valley Schöpfer spielt, ein himmlisches Jerusalem aus Menschenhand – alles, ganz, sofort und unendlich. Zu hundert Percent selbstironie- und schmähfrei. Dafür umso lächerlicher. Auferstehung nicht mehr als Einsatz für und Hoffnung auf mehr Gerechtigkeit und volles Leben, sondern als Weiterleben auf einer Festplatte, in einer Cloud oder als sogenannte Ka-I.

 

KI

Der Sänger einer vom Rudl überaus geschätzten Kapelle hat im Zusammenhang mit dem Wort „Casting“ einmal darauf hingewiesen, dass die Aussprache im Dialekt dem wahren Wesen der Dinge oft näher kommt als die Aussprache in der Standardsprache. Für den Rudl könnte das Bekenntnis des Blechtrottels, „ka I“ zu sein, selbstoffenbarender nicht sein. Der Herr Kurt hat seinerzeit „ka Idee“ gehabt. Aber das war, wie so oft beim Herrn Kurt ein charmantes Understatement. Beim Blechtrottel verhält sich das anders. Der ist schon wirklich so deppert, wie der Ausdruck „ka I“ das bedeutet. Von Intelligenz im klassischen Sinn nicht das Bröserl einer Spur. Und einen Trottel als Intelligenz zu bezeichnen, zeugt nicht gerade von überbordender Klugheit. Da können die transhumanen „Silicon-Valley-Kasperln“, wie Adolf Holl sie einmal treffsicher genannt hat, noch so oft, laut und ultimativ das Gegenteil behaupten. Ka I. = Keine I.! So schaut’s aus.

 

Superlative und Wein

Jetzt könnte der Rudl es sich bequem machen und darauf hinweisen, dass er auf die Superlativ-Mega-Kult&Exklusivitis in den Boulevardmedien, in der Werbung und auf den Plattformen der stromgewordenen Aufregung immer schon problematisierend hingewiesen habe. Aber wie hält der Rudl es diesbezüglich beim Wein? Da muss er nicht lange überlegen, um sich einzugestehen, dass es wohl die Suche nach dem perfekten Wein ist, die ihn lesen, fahren und kosten lässt. Was sein würde, wenn der Rudl diesen unendlich perfekten Wein dann einmal tatsächlich trinken würde, will er sich lieber gar nicht ausmalen. Davor hat er offen gestanden ordentlich Brösel. Aber die sind unbegründet. Er wird diesen perfekten Wein nicht trinken, weil es den nicht gibt und auch gar nicht geben kann, zumindest nicht in dieser Welt.

 

Grüner Veltliner

Caviste Rudolf Polifka hat immer wieder Grüne Veltliner miteinander verglichen und vergleichen lassen. Devise: Finde den besten Grünen Veltliner der Welt. Er hat ihn nicht gefunden. Er will ihn gar nicht finden. Und er wird ihn auch nicht finden. Aber er will ihn suchen. Kommende Woche unter folgenden Exemplaren:

  • Grüner Veltliner Hoher Rain 2023, Geyerhof, Oberfucha, Kremstal – rive droite (4/6)
  • Grüner Veltliner Spiegel 2021, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal – rive gauche (7/11)
  • Grüner Veltliner Steinleithn 2021, Geyerhof, Oberfucha, Kremstal – rive droite (6/9)
  • Grüner Veltliner Retzer Stein 2020, Weingut Rudolf Fidesser, Platt, Weinviertel, Retzer Land (4,50/7)

Seit sich das Weinviertel in die DAC verrannt hat, ist der Charm

  • Grüner Veltliner Rochusberg 2022, Weingut Roland Minkowitsch, Mannersdorf an der March, Weinviertel Südost (5/8)
  • Grüner Veltliner 1979, Weingut Gerhard Zeiler, Poysbrunn, Weinviertel (4/6)

Dienstag, den 7. Mai von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,

Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Ultimativ superlativfrei grüßt und sucht Herr Rudolf!

 

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.