Der Geburtstag
In zeitlicher Nähe zum 22. Jänner hat der Rudl immer wieder besondere Weine kredenzt. Das ist das Mindeste. Drum wird er das auch heuer noch einmal so handhaben.
2019
Wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, den Rudl nach dem Wetter fragen, dann fällt ihm dazu nicht viel ein. Nur vielleicht so viel, dass Caviste Rudolf die Klimakrise neben dem Chemiekasten für den größten Feind des Weines hält. Ob man sich deswegen irgendwo anpicken muss, das weiß der Rudl auch nicht. Gar nicht so wenige spucken jetzt – boulevardbeschränkt wie sie immer schon waren – Gift und Galle auf ein paar Jugendliche, die Federn haben, wenn sie an ihre Zukunft denken. Man muss deren Aktionen vermutlich nicht gut finden, um das hysterische Gekeife der anderen, die Bedrohung chronisch dort wahrnehmen, wo sie nicht ist, und mindestens ebenso chronisch dort nicht, wo sie sehr wohl ist, als Indiz für die Wirksamkeit des Protests zu respektieren. Es gibt Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die es als Menschenrecht betrachten, staubtrockenen Fußerls im Lift in die Garage, von dort in der überdimensionierten Tschäsn möglichst ohne Kontakt zu irgendwem und irgendwas bis auf den Parkplatz des sogenannten Supermarktes oder in irgendeine Tiefgarage zu fahren und dabei andere, die zwei oder drei Ecken weiter schauen und vor allem denken, durch Gestank, Radau und Platzraub zu terrorisieren. Und justament solche Hirschinnen und Hirschen bezeichnen Jugendliche, denen nach gut dreißig Jahren Absichtserklärungen schön langsam der Reis geht, als „Terroristen“. So etwas hält Citoyen Rudolf Polifka nicht nur für eine Sauerei, sondern auch für einen Amoklauf gegen die menschliche Vernunft.
Die Stadt, in der Monsieur Rudolf sein Geschäft betreibt, beteuert zwar seit Jahrzehnten, eine westeuropäische Stadt zu sein. Aber ihr Anteil an Bewohnerinnen und Bewohnern mit Beton- und Blechfetischismus scheint diesbezügliche westeuropäische Grenzwerte deutlich zu überschreiten.
Aber was hat das mit Wein zu tun?
In der Sprache der Oenologinnen und Oenologen gibt es den Terminus vom „warmen Jahrgang“. Wenn Sie den Rudl fragen, dann handelt es sich dabei zunehmend um einen Pleonasmus. Seit mindestens zwanzig Jahren ist ein Jahrgang ein warmer Jahrgang und es ist ein Jahrgang ein Jahrgang mit existenzgefährdenden meteorologischen Vorkommnissen. Und wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, das Wort „existenzgefährdend“ in diesem Zusammenhang als überzogen erachten, dann empfiehlt Ihnen der Rudl einen kurzen Blick auf landwirtschaftsspezifische Suizid-Statistiken.
Erfreulicherweise …
… scheint es Weinjahrgänge zu geben, die, zumindest was die Affenhitze während der Vegetationsphase betrifft, noch das eine oder andere Anzeichen von Resistenz zeigen. Viele sind es nicht. Mehr werden es auch nicht. Aber 2019 war ganz sicher so ein Jahrgang. Und damit folgt Caviste Rudolf nicht dem Trend, Jahrgänge auf Neun kategorisch als besonders grandios einzustufen. Die Lobeshymnen auf 2009 etwa kann der Rudl überhaupt nicht nachvollziehen. Da erscheinen zumindest dem Rudl seinem Geschmack nach 2008 und 2010 als viel anmutigere Weinjahrgänge. Aber 2019 könnte sich wirklich als ein ganz extraordinairer Jahrgang im einundzwanzigsten Jahrhundert herausstellen. Und wenn die Beton- und Bequemfetischistinnen und -fetischisten nicht recht bald und recht drastisch eingebremst werden – selber werden sie das ziemlich sicher nicht machen -, dann könnten Weinjahrgänge wie 2019 in ihrer Grandiosität auch ziemlich lange und ziemlich allein bleiben.
Auf alle Fälle kredenzt Caviste Rudolf zu Geburtstagsehren nicht nur des Trainers und Bruno Kreiskys am kommenden Dienstag ihm wichtige und selten bis gar nie kredenzte Weine aus 2019.
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Irouléguy Rosé 2019, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (3/5)
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Irouléguy Rosé 2019, Domaine Ilarria, AOP Irouléguy, Sud Ouest (3/5)
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Königlicher Wein MMXIX, Josef Umathum, Frauenkirchen, Neusiedler See (4,50/7)
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Néphèle 2019, Laroque d‘Antan, IGP Côtes du Lot, Sud Ouest (8,50/13)
130 Jahre ist es her, dass auf dem Kimmeridgekalkterroir in Laroque des Arcs nahe Cahors Wein gewachsen ist. Dann hat sich die Bodenforscherfamilie Bourguignon der Sache angenommen, das mittlerweile verwaldete Terroir gerodet und Sauvignon Blanc aus Sélection massale von François Cotat in Sancerre, Sauvignon Gris von Elian Da Ros und Mauzacs sowie Verdanelle von Plageoles ausgepflanzt. Wenn Sie den Rudl fragen: eine seiner wichtigsten Entdeckungen der letzten Jahre
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Prieuré Saint Christophe Blanc 2019, Domaine Giachino, Frétérive, AOP Vin de Savoie (6,50/10)
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Prieuré Saint Christophe Rouge 2019 Domaine Giachino, Frétérive, AOP Vin de Savoie (6,50/10)
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Côte-Rôtie Côte Brune 2019, Chambeyron-Manin, Ampuis, AOC Côte Rôtie, Rhône Nord (10/15)
Einen halben Hektar hat Christine Chambeyron-Manin. Die alten Syrah-Stöcke wurzeln in Gneis und Glimmerschiefer. Die Kulturtechniken im Weingarten und im Keller entsprechen dem Stil des Etiketts.
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Gewürztraminer Reserve 2019, Weingut Roland Minkowitsch, Mannersdorf an der March, Weinviertel Süd (4/6)
am Dienstag, den 17. Jänner von 17 bis 21 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Danach wird Caviste Rudolf wieder versuchen, den Dienstag-2-Wochen-Takt so halbwegs einzuhalten, wobei es durch Ferien und besondere Anlässe zu Unregelmäßigkeiten kommen kann. Auf diese weist der Rudl freilich im Newsletter hin.
Der nahende 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen auf Demokratie, Aufklärung und Menschenrechte etwas Wirksames entgegenzusetzen.
Caviste Rudolf Polifka wünscht alles Gute zu den Geburtstagen!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien