Kalauer
Als großen Freund vom Kalauer würde sich Herr Rudolf nicht bezeichnen. Trotzdem ist er immer wieder anfällig dafür. Gelegentlich fällt ihm das dann auch noch zu spät auf, etwa wenn er den Text seiner wöchentlichen Ausführungen in das dafür vorgesehene Fenster seines E-Mail-Programms kopiert, alle Adressen angeklickt, ins BCC-Kastl gesetzt und auf „Senden“ geklickt hat. Ein paar Augenblicke später kommt ihm irgendwas dann plump vor, was er kurz vorher noch lustig gefunden hat. Aber dann ist es zu spät, zum Beispiel vorletzte Woche.
Ein Kalauer ist ein Wortspiel mit Wörtern, die man ähnlich schreibt, beziehungsweise ausspricht, jedoch Unterschiedliches bedeuten. Besonders lustig ist so ein Kalauer meistens nicht, was einen aber gerade erst recht wieder erheitern kann.
Platten
Im Falle der ersten Post-Chefpartie Platte vom Kurtl kann und will Rudolf Polifka dieses Mal aber bewusst nicht widerstehen. Darum verabschiedet er diese Woche die drei Eisheiligen mit Rosé samt Espresso und ersucht die Frau Sophie wenigstens noch bis zum kommenden Wahlsonntag zu bleiben.
Wahrscheinlich ist die „Espresso Rosi“ die genialste Ostbahn-Platte. Auf alle Fälle ist dem Rudl sein zweitliebstes Musikstück drauf, nach „Ka Idee“ auf der „1/2 so wüd“. Aber irgendwie schwingt für den Rudl nach zwanzig Jahren immer noch wehmütig der Abschied von der Chefpartie mit. Da kann er sich nicht helfen. Diese Woche kalauert das glasweise Weinprogramm auf alle Fälle rund um den Titel der ersten Ostbahn-Platte ohne Chefpartie, die jetzt auch schon wieder vor über zwanzig Jahren erschienen ist.
Espresso
Weil dem Rudl halbe Gschichten gegen den Strich gehen, gibt es für Gäste, die das möchten und Zeit haben, auf das Brodeln der Schraubkanne zu warten, kostenlos ein Häferl Espresso aus fairem Handel von der Kaffeerösterei Alt Wien, vor oder nach, auf expliziten Wunsch sogar zu ihrem Rosé. Vermutlich gibt es passendere Kombinationen. Aber das offeriert Monsieur Polifka jetzt um des Espresso-Rosi-Kalauers Willen. Und in Sachen Wein- und Speisebegleitung kennt er sowieso fast keine Tabus. Da ist er zugegebenermaßen nicht besonders französisch. Wurscht!
Rosé
Grundsätzlich gibt es zwei Arten, Rosé zu erzeugen. Man kann blaue Trauben anstatt sieben bis einunddreißig nur zwei bis drei Tage auf der Maische stehen lassen und dann pressen.
Oder man lässt den Gärbehälter für Rotwein zwölf Stunden bis zwei Tage bluten, das heißt ein paar ihrer Farb- und Aromastoffe auslaugen. Anschließend wird der abgezogene Saft als Rosé vinifiziert. Der Franzose heißt das dann „saignée“. Der verbleibende Rest der Trauben hat dann intensiver Kontakt mit den Schalen, was meistens etwas konzentriertere Rote ergibt, ganz ohne Umkehrosmose.
Herr Rudolf schätzt Rosés beider Arten.
Die EU funktioniert auch.
Eine dritte Variante, das Zusammenmischen von Rot- und Weißwein hat die Europäischen Union 2009, vor allem auf Druck von französischen Weinbauern verboten. Dafür ist Monsieur Rudolf beiden ausgesprochen dankbar. In Italien und Spanien soll es Agrarindustrielle geben, die sich heute noch darüber ärgern. Bei Schaumwein ist das Vermischen von Rot- und Weißwein eh erlaubt. Außerhalb der EU auch bei Stillwein. Und des Rudls Erachtens genügt das.
Über eine vierte Möglichkeit, das Ausbleichen von Rotwein mit Aktivkohle oder was, will der Rudl nicht einmal schreiben.
Diese Woche Espresso und Rosé – au verre, beziehungsweise au Häferl
Irouléguy Rosé 2010, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest
Vor ein paar Jahrzehnten hat der Rudl angefangen, Wein zu sammeln. Damals ist er davon ausgegangen, dass ein hoher Alkoholgehalt ein Garant für die Lagerfähigkeit von einem Wein ist. Jetzt weiß er, dass das nicht so ist. Bemerkenswert ist trotzdem, dass der Irouléguy Rosé von der Domaine Arretxea fast jedes Jahr höher im Alkohol ist als die beiden Roten aus demselben Haus. Thérèse und Michel Riouspeyrous sind auch ziemlich stolz auf ihren Rosé, den sie als „vin de garde“, als Wein zum Aufheben bezeichnen. Auch „Winterrosé“ liest man gelegentlich, halt ein bissl mehr Tannin, als manche bei einem Rosé erwarten würden. Bei Ihrem Besuch beim Rudl haben Monsieur und Madame Riouspeyrous von einer Halbflasche Rosé aus dem Jahr 1996, die sie unlängst getrunken hatten, erzählt und waren begeistert von dessen „notes truffées“. 1996 – das war nur sieben Jahre, nachdem Michel und Thérèse Riouspeyrous beschlossen hatten, aus Afrika nach Irouléguy zurückzukehren, zwei Hektar Weingarten zu pachten, um wie der Großvater von Michel Wein anzubauen, für die gesamte Appellation ein einschneidendes Ereignis.
Umgedreht
Bis zur Rückkehr von Michel Riouspeyrous nach Irouléguy haben dort fast alle Weinbauern ihre Trauben an die Genossenschaft geliefert. Heute gibt es fast jedes Jahr ein neues Weingut in der zweihundert Hektar kleinen Appellation. Aber auch eine neue Art und Weise, die steilen Terrassen zu bewirtschaften, hat mit den Riouspeyrous Einzug gehalten, vielleicht ist sie auch nur zurückgekehrt. Seither blühen saftige Bergblumen, bis sie nach der Lese von den Schafen im Weingarten in Milch für den Ossau-Iraty verwandelt werden. Und gnädig blicken die hohen, teilweise verschneiten Pyrenäengipfel auf die Szenerie herunter, was zugegebenermaßen schon vor der Rückkehr der Riouspeyrous so gewesen sein wird. Aber wer weiß, vielleicht blicken sie jetzt gnädiger?
Der Irouléguy Rosé von der Domaine Arretxea besteht circa zu achtzig Prozent aus Tannat und zu zwanzig aus Cabernet Franc. Die Reben stehen vor allem auf sehr eisenhältigem Sandstein. Eisenoxid, Silicium, Kalk, Ton und Dolomit bekommen sie dort genug. Nicht selten wird das intensive, wilde und würzige Aroma der Weine auf diese Bodenbeschaffenheit zurückgeführt. Die Terroirs werden getrennt vinifiziert. Beim Trinken des Rosés kann man ihn dann immer noch mit gegrillten Würsteln kombinieren. Rebeln, Spontanvergären und Ausbau auf der Feinhefe folgen, Säureabbau kaum.
Ein Rosé, den man eher zum Essen denn als Aperitiv trinkt, ist das Ergebnis.
2010 war im Süd-Westen capriciös, zumindest ab Mai. Der war kalt. Deshalb Fäulnis und kleine Beeren. Nicht die Voraussetzungen für große Mengen. Der Summer ist dann “canniculair” geworden. So ähnlich heißt der Franzose eine Affenhitze.
Irouléguy Rosé 2011, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest
Trockener Frühling, mittelmäßiger Sommer, eher zu frisch und der September reißt dann alles heraus. Nicht dass man das nicht schon oft über einen Jahrgang gelesen hätte.
Irouléguy Rosé 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest
Die Trauben, die nach den verregneten Juli und August noch gesund waren, haben von einem heißen September profitiert. Am 2. Oktober haben manche Weinbauern bei 27 Grad Celsius gelesen.
Schilcher 2013, Franz und Christine Strohmeier, Lestein, Weststeiermark
Rosa 2015, Josef Umathum, Frauenkirchen, Neusiedlersee
Die Rosa hat einige Stunden saigniert. Genauer gesagt haben Blaufränkisch Kirschgarten, Sankt Laurent vom Stein und Josef Hallebühl Saft gelassen. Saft, den sie zuvor zu einem ganz kleinen Teil auch Kieselsteinen, Schiefer und Quarz entzogen hatten. Rosa wird dann im Stahltank ausgebaut und strahlt himbeerfarben. Man kann ihn als Aperitif trinken, aber auch zu Meeresfrüchten und Fisch. Man kann ihn im Sommer trinken, muss aber nicht.
Roséschaumwein vom Pinot Noir
Grand Rosé Brut 2014, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel
Rosa Pearls, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel
Roséschaumwein vom Josef
Diese sieben Rosés, aber selbstverständlich nicht ausschließlich diese sieben Weine
am Donnerstag, den 19. Mai und am Freitag, den 20. Mai
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Nachrichten aus dem Flaschensortiment
Ab sofort gibt es Sankt Laurent vom Stein 2010 und Grauen Burgunder 2015 von Josef Umathum, sowie Syrah, Cassiopeia, Muskateller und Sauvignon Blanc von Gottfried Tschida vom Biohof Heideboden. Auch die Jiddische Hühnerleberpastete von der Dankbarkeit und die Getrockneten Mangalitzawürstel von der Metzkerei Karlo in Pamhagen sind wieder verfügbar.
Herr Rudolf hofft auf die Weisheit!