Welschriesling – zum Tag des Apfels oder burgundisch? Welschriesling und Wein des Apffels!

Zuerst ist sowieso Folgendes:

Am Mittwoch, den 13. November findet im Alten Rathaus (Wipplingerstraße 8) die alljährliche Weinauktion zugunsten des Integrationshauses statt. Wer dort etwas ersteigert, bekommt in der Woche drauf beim Rudl ein Achtel auf Haus.

Welschriesling

Im Deutschen haben die Welschen keinen so guten Ruf. Die mittelhochdeutsche Bezeichnung wal(hi)sch tendiert fast ein bissl zum Schimpfwort für romanische oder zumindest romanisierte keltische Nachbarn, ganz im Unterschied zum Schweizerischen, wo dieser Wortstamm nicht wertend auf die französischsprachigen Westschweizer bezogen wird. Auch das altenglische wilisc ist in der Bedeutung von fremd, nicht-englisch und kymrisch abwertend verwendet worden.

Heute noch wird mit Wörtern, die den Stamm -welsch enthalten, selten ein Kompliment gemacht. Attestiert man einer sprachlichen Performanz, wie das Deutschdidaktiker heute mittelgeschickt ausdrücken, etwa „Kauderwelsch“, dann meint man damit in der Regel nicht die allerhöchste Stufe der Sprachentwicklung. Ursprünglich ist welsch- auf die bei Caesar genannten gallischen Volcae zurückzuführen. In weiterer Folge hat man es auf andere Völkerschaften bezogen. Dass damit selten freundschaftliche Beziehungen zum Ausdruck gebracht worden sind, geht aus dem verwandten altenglischen wylen in der Bedeutung von Sklavin hervor.

Wenn heute in der Weinsprache von einem Welschriesling die Rede ist und der Verdacht auf einen Zeitgenossen aus oenologiefernen Schichten als Adressaten nicht auszuschließen ist, wird nicht selten ein „… nicht zu verwechseln mit dem Rheinriesling, auch Reisling genannt“ hinzugefügt. Als Aufwertung ist dieser Zusatz auch in diesem Zusammenhang nicht gemeint. Und als Kompliment an das Weinwissen des Gegenübers vermutlich auch nicht.

Kaufmännisch gedacht

Herr Rudolf ist sich nicht nur in Anbetracht des Erwähnten darüber im Klaren, dass es für seine fast allwöchentliche Lehrveranstaltung kaufmännisch betrachtet aussichtsreichere Wochenthemen als „Welschriesling“ gibt.

Ein naheliegender Reflex auf diese Einsicht ist, sich beim Verfassen dieser Zeilen ganz besonders ins Zeug zu legen, was wiederum ganz passable Voraussetzungen für ein Resultat als Mischkulanz aus Spröde, Oberlehrerhaftigkeit und missionarischer Aufdringlichkeit darstellt. Aber ganz kommt man aus seiner Haut halt auch nicht heraus. Darum wird in den folgenden Zeilen viel Wissens- und Halbwissenswertes verbreitet. Wenn Sie aber Welschriesling partout nicht verputzen können, dann wird das der Schulmeister Polifka nicht ändern und Sie können sich einen Kaffee kochen oder Musik hören, anstatt hier weiterzulesen.

Rebsorten und Nachred‘, die Soundsovielte

Die Entwicklung der Popularität vieler Rebsorten gleicht einer Sinuskurve. Das beste Beispiel ist vermutlich Chardonnay. Der ist in den Neunziger Jahren ganz oben gewesen. Gut zehn Jahre später hat die Weinwelt dann die Parole „ABC – anything else but Chardonnay!“ ausgegeben.

Bei Sauvignon Blanc schaut es zeitlich versetzt ähnlich aus, vielleicht mit dem kleinen Unterschied, dass die Beliebtheit dieser Rebsorte gelitten hat, aber nie ganz parterre gewesen ist.

Und für Caviste Rudolf ist Sauvignon Blanc sowieso über sämtliche Aufs und Abs ein bewährter Seismograph im Sortiment eines ihm unbekannten Weinbauern. Schmeckt dem Rudl der Sauvignon Blanc von einem Winzer gut, sind die Chancen ganz passable, dass es die anderen Weine auch tun. Eher weniger effizient ist dieser Seismograph im Elsass. Auch in Savoyen und an der Côte d’Or kommt man damit nicht recht weit.

Wie mit dem Hundsdreck im Profil des Goiserers (frei nach dem Herrn Kurt)

Ein paar Rebsorten gibt es, die scheinen einen unbefristeten Mietvertrag für das untere Ende der Beliebtheitsskala zu haben. Das kann mit physiologischen Eigenschaften der Weinbeerln zu tun haben, etwa sehr früher Reife, Großbeerigkeit, allzu großer Gefälligkeit als Speisetraube in Kombination mit wenig Säure. Monsieur Rudolf bezweifelt aber, dass in jedem Fall ein Dauerimagetief mit grundsätzlich schlechtem Charakter einer Rebsorte zu tun hat, gerade so ähnlich wie er das im Fall von Menschen anzweifelt.

Pierre Overnoy weist darauf hin, dass manche Rebsorten in Vergessenheit geraten, weil der Chemiekasten ihre Aufgaben übernimmt, etwa jene Rebsorten, die sich seinerzeit in heißen Jahren um die erforderliche Säure im Wein gekümmert haben. Dass manche dieser Rebsorten nahezu ausgestorben sind, könnte sich in Anbetracht der Herausforderungen der Erderwärmung noch als ziemlich „blede Gschicht“ erweisen. Bezahlen werden die Rechnung dafür ziemlich sicher nicht die Verursacher des Schadens. Das Phänomen nennt man Neoliberalismus.

Welschriesling. Eh

Reift spät, mag geringe Niederschläge und bringt zuverlässig gute Erträge.

Die Kombination aus diesen drei Eigenschaften könnte man quasi als Unique

Wineing Proposition des Welschrieslings betrachten. Dem Rudl zumindest fällt aus dem Stand keine Rebsorte ein, die diese drei Eigenschaften auszeichnen. Doch, eine fällt ihm ein.

Ursprung

Die Vorsilbe Welsch- kann man als Indiz dafür betrachten, dass diese Rebsorte italienische, aller Voraussicht nach norditalienische Wurzeln hat. Dem immer wieder geäußerten Verdacht, Welschriesling stamme aus der Champagne, kann der Rudl nicht viel abgewinnen. Das würde im Hinblick auf eine erderwärmte Zukunft vielleicht sogar einen Sinn, aber in früheren Zeiten vermutlich nicht einmal die für Champagner nötige Gradation erreicht haben.

Eigenschaften

Das Holz des Welschrieslings ist im Unterschied zu dem des Rieslings hell, die Traube mittelgroß und dichtbeerig, die Beeren klein und dünnschalig. Welschriesling hat auch wenig Angst vor Spätfrost, weil er spät austreibt. An und für sich reift er spät. Wenn es nach ihm ginge, würde er vielleicht später gelesen. So sagt man ihm Anklänge an grüne Äpfel nach, was der Rudl auch nicht schlimm findet, solange es nicht dominiert.

Entwicklung

Früher habe man den Welschriesling oft gegen Allerheiligen gelesen, manchmal im Schnee. Heute gibt es Steirischen Junker, bei dem der Welschriesling dominiert. Das soll nicht bedeuten, dass es nicht immer wieder Ansätze gegeben hat, aus dem Welschriesling mehr zu machen. Der Rudl meint sich erinnern zu können, dass man am Weingut Tscheppe – dem hinsichtlich der Hektaranzahl großen Tscheppe – in den Neunziger Jahren angekündigt hat, aus dem Welschriesling für die Steiermark das zu machen, was der Grüne Veltliner für Niederösterreich ist.

Tatsächlich ausgegangen dürften die Rufrettungsbemühungen für den Welschriesling dann eher vom Südburgenland sein. Dort hat sich Caviste Rudolf auf die Suche nach den Möglichkeiten dieser Rebsorten gemacht, alles im Bewusstsein, dass so oder so immer schon ganz extraordinaire Süßweine aus Welschriesling gemacht worden sind und Winzer wie Sepp Muster, Roland Tauss und Ewald Tscheppe (der nicht an Hektar große), um nur ein paar zu erwähnen, sowieso äußerst kompetente und vielschichtige trockene Welschrieslinge machen.

Und dann sollte man vielleicht auch noch auf das Potential dieser spät reifenden Rebsorte für Schaumweine eingehen. Herrn Rudolf scheint bei keinem Weinstil der Anteil an schlechten Weinen so hoch zu sein wie bei Schaumweinen. Das hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts mit Rebsorten zu

tun. Vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass es nicht am Welschriesling liegt.

Burgundisch?

Was den Rudl immer wieder ein bissl irritiert zurück lässt, sind Bemerkungen wie „fast ein bissl burgundisch“ im Zusammenhang mit teureren Welschrieslingen. Burgund ist mit Sicherheit nicht die Lieblingsweinbauregion vom Rudl, abgesehen von Chablis, für dessen gelungene Repräsentanten der Rudl sehr weit geht. Aber selbst wenn man Burgund jetzt mag, stellt sich die Frage, was mit einem „burgundischen Welschriesling“ gemeint und ob so etwas gegebenenfalls erstrebenswert ist.

Vielleicht bedeutet das geographische Adjektiv, dass der betreffende Welschriesling einen Monat später als das Gros seiner Kollegen gelesen worden ist. Auch ok, wenngleich nicht sonderlich treffsicher in der Wortwahl.

A eigene Gschicht

Monsieur Rudolf hat eine eigene Geschichte mit Welschreisling. Der erste wirklich teure Wein, den sich der Rudl selber gekauft hat, war ein Welschriesling. Eine Welschriesling Trockenbeerenauslese 1981 vom Weingut Kracher in Illmitz. Das muss im Jahr 1989 gewesen sein. Bemerkenswerter mag vielleicht sein, dass der zweite, dann wirklich teure Wein auch wieder ein Welschriesling gewesen ist, ein trockener Welschriesling aus Poysdorf von Leopold Poiss aus dem Jahr 1947. Der Rudl hat auf diesen Wein, über dessen Verfügbarkeit er seinerzeit in der Tageszeitung Kurier gelesen hatte, ein ganzes Zeitl hin gespart und sich den Wein dann selber zum Geburtstag gekauft. Gegeben hätte es auch alte Grüne Veltliner, nur hat Herr Rudolf, seinerzeit am Pass gerade kein Teenager mehr, auf Welschriesling und vor allem auf den Jahrgang 1947 bestanden, weil er beides für gute Vorzeichen von extraordinairem Reifungspotential gehalten hat.

Die Tschäsn für die dafür notwendige Fahrt von Salzburg Maxglan nach Poysdorf und retour haben ihm seine Eltern als Geburtstagsgeschenk zur Verfügung gestellt. Die Rechnung über den Kauf dieses Weins ist dem Rudl unlägst beim Zusammenräumen in die Hände gefallen.

Diesen Wein vermag der Rudl diese Woche bedauerlicherweise nicht zu kredenzen. Einige Jahre nach dem Kauf hat der Rudl die Flasche umgeschlichtet und sich dabei gewundert, dass sie so leicht ist. Ob dieser Welschriesling nach so vielen Jahrzehnten noch gehalten hat, muss unbeantwortet bleiben. Der Kork hat es auf alle Fälle nicht. Damit wäre bewiesen, dass eine eigene Gschicht manchmal auch eine blede Gschicht sein kann. Und wer hätte das kompetenter abgehandelt als der Herr Kurt?

Auf alle Fälle hat der Rudl seinerzeit gemeinsam mit dem Siebenundvierziger noch den damals aktuellen Welschrieslingsjahrgang 1991 gekauft und von dem hat er noch ein Flascherl. Das wird er diese Woche aufmachen und Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, können den Wein zu einem dem Wiener Boulevard genau entgegengesetzten Preis kosten: gratis, aber hoffentlich nicht umsonst. Vielleicht lassen sich von diesem Wein ja sogar Rückschlüsse auf eine allfällige Haltbarkeit des Siebenundvierzigers ziehen.

Verbreitung

In Österreich ist Welschriesling mit großem Abstand hinter dem Grünen Veltliner immer noch die zweitverbreitetste Weißweinrebsorte, obwohl in den letzten Jahrzehnten mehr Welschrieslingweingärten gerodet als ausgepflanzt werden. Im Vergleich zu den dreißigtausend Hektar Welschriesling in Serbien sind die dreitausend in Österreich eher ein Lercherl. In Kroatien ist er die verbreitetste Weißweinrebsorte.

  • Laški rizling 2015, Gjerkeś, Prekmurje, Slowenien (2,50/4)

  • Welschriesling 2017, Weinsteindl, Purbach, Neusiedlersee Hügelland (2/3)

  • Welschriesling 2018, Helga und Alfred Weber, Deutsch-Schützen, Südburgenland (2/3)

  • Welschriesling 2016, Weingut Roland Minkowitsch, Mannersdorf an der March, Weinviertel Süd (2,50/4)

  • Welschriesling „Winburg“ 2013, Karl Renner, Leutschach, Südsteiermark (3/5)

  • Welschriesling „Franz Lackner“ 2016, Lackner-Tinnacher, Gamlitz,

Südsteiermark (4,50/7)

  • Welschriesling „Natural“ 2018, Harkamp, Sankt Nikolai im Sausal (4/6)
  • Welschriesling vom Opok 2017, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (3/5)

  • Welschriesling vom Opok 2016, Alice und Roland Tauss, Leutschach (3/5)

  • Welschriesling „Alte Reben“ 2017, Wachter-Wiesler, Deutsch-Schützen, Südburgenland (5/8)
  • Welschriesling „P******r“ 2017, Thomas Straka, Rechnitz, Südburgenland (4/6)
  • Welschriesling Auslese „Schrammel“, Josef Lentsch, Dankbarkeit, Neusiedlersee (4/6)
  • Welschriesling 1991, Josef Poiss, Poysdorf, Weinviertel (Gegenteil des Preises der Edelblätter)
  • Terroir de Saint Alban 2018 (Jacquère und Altesse), Mathieu Apffel, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Blaufränkisch Weinberg 2017, Alfred Weber, Deutsch-Schützen, Südburgenland (2,50/4)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

Diese Woche gibt es glasweise ausschließlich diese Weine. Das ist eh ein ganzer Haufen, findet Monsieur Rudolf. Die Sperrstunde bleibt trotzdem bei 22 Uhr. Ambitionierte Oenologinnen und Oenologen bittet der Rudl, entsprechend früh mit den Forschungsarbeiten zu beginnen. Und vielleicht gelingt es Herrn Rudolf zu demonstrieren, dass Welschriesling, ein kompetentes Weinprogramm zu bestreiten, in der Lage ist,

am Dienstag, den 5. November und am Donnerstag, den 7. November

von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Vorschau auf die Lehrveranstaltung der kommenden Woche

eventuell Tag der Orange(n)

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag der Menschenwürde erklärt!

Herr Rudolf grüßt die Welschen im schweizerischen Sinn!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57