Edelmetallsonntage und blecherne Interessensvertretung
Morgen, am vorletzten Sonntag vor Weihnachten, dem 14. Dezember, wird Rudolf Polifka wie in den vergangenen Jahren seinen Kaufmannsladen aufsperren, von 14 bis 18 Uhr. Silberner Sonntag.
Allergene in der Salamitaktik
Vor über fünfzig Jahren sind in Österreich der Silberne und der Goldene Einkaufssonntag vor Weihnachten abgeschafft und durch vier lange Einkaufssamstage im Advent ersetzt worden. In den Neunziger Jahren hat man dann alle 52,14 Samstage zu langen Einkaufssamstagen gemacht. Und jetzt mehren sich die Stimmen in der sogenannten Interessensvertretung vom Rudl, die das sogenannte „Shoppen“ auch am Sonntag ermöglichen wollen. Zuerst in Tourismuszonen in Wien oder während der Salzburger Festspiele, derweil noch nicht in Wien. Originellerweise möchte der Salzburger Altstadtverband auch im Advent am Sonntag aufsperren dürfen. Salamitaktik, wenn den Rudl nicht alles täuscht. Auf die ist Herr Polifka besonders allergisch. Und auf die Pfennigfuchser, die derlei aushecken und sich selber für die Intellektuellen des einundzwanzigsten Jahrhunderts halten, sowieso.
Alles hat seine Zeit
Herr Rudolf ist ein Freund der Jahres- und Wochenzyklen. Und die setzen halt einmal voraus, dass es unterschiedliche Jahreszeiten und Wochentage gibt. Das hat seinerzeit schon Professor Kohelet herausgearbeitet. Heute noch kann man seine diesbezüglichen Forschungsergebnisse im Alten Testament nachlesen (Buch Kohelet, Kapitel 3). Aber heute scheinen die Bemühungen immer mehr dahin zu gehen, die Zeit im Allgemeinen und die Zeiten im Speziellen zu liquidieren. Ein paar Lobbyisten machen sich daran, den Jahreszeiten den Garaus zu machen. Darum haben wir jetzt wieder einen Südwind, vor dem einen keine Allergeninformationsverordnung der Welt schützt und das Kriterium des „erschten Schnees“ kann in Val d’Isère nicht einmal mehr als Riesentorlauf stattfinden. Dass es dort vor gar nicht so vielen Jahren Anfang Dezember einen Abfahrtslauf der Herren gegeben hat, kommt einem heute so vor wie die Zwei-Punkte-Regel im Fußball. Aber wer weiß, vielleicht forschen kreative Köpfe schon an einer Schneekanone für den Rathausplatz. Und wenn die Umsätze während des Probebetriebs um drei Cents höher sind als jetzt, warum dann nicht das ganze Jahr über? Die Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Wien möchte bei all dem natürlich nicht zurückstehen und veranstaltet eine Mitgliederbefragung, hundertpercentig suggestivfragenfrei, wie das in Wien Tradition ist. Der Rudl weiß jetzt wenigstens, wozu er zwangsverpflichtet eine Kammerumlage blecht. Und Blech ist möglicherweise auch die geistige Basis dieser Bemühungen, Alles, immer und überall – gewöhnlich, alltäglich und zu hundert Percent wertfrei.
Edelmetallerne Anlassöffnungszeiten
Rudolf Polifka nimmt diese Befragung und ihre genauso willfährige wie primitive Rezeption in den Morgenfürgesternexklusivblättern zum Anlass, sich vom Ergebnis der Befragung zu distanzieren. Wenn es nach dem Rudl geht, dann sind ab Samstag Mittag, spätestens ab Samstag Abend die Krämerläden zu und die Menschen bringen die Wirtschaft nicht in den architektonischen Juwelen Vösendorfs, Gerasdorfs oder Kagrans vorwärts, sondern beim Heurigen, im Gasthaus, am Fußballplatz, in der Kirche, im Theater, im Kino, am Berg, am See, sie schlafen sich aus, besuchen einander, denken nach oder machen, was Gott will, respektive der Teufel verboten hat – oder umgekehrt. Aber die Geschäfte bleiben zu!
Stell’ Dir vor, jeden Tag ist Weihnachten und keinem fällt es mehr auf.
Weihnachten ist für Rudolf Polifka etwas Besonderes und die beiden letzten Sonntagen vor Weihnachten auch. Da sperrt er auf und steht mit Rat, Flasche und Weinglas parat. Auch für jene, die den Sonntag mit einem gepflegten Achtel adeln möchten.
Von den Weinen Savoyens mag Monsieur Rudolf ja den einen oder anderen. Müsste er sich für einen savoyardischen Lieblingswein entscheiden, wäre das ein gröberes Problem. Schaumweine gibt es ebendorten auch, ein paar sehr gute. Und einen ganz oben. Der heißt auch „Mont Blanc“, ist von der Domaine Belluard und aus der Rebsorte Gringet, auch „Savagnin“ und ziemlich sicher „Traminer“ genannt. Weil Besonderes manchmal mit Schaumwein begleitet wird, gibt es den am Silbernen Sonntag auch glasweise. Und wer weiß, vielleicht lässt sich die hohe Warte, oder wer halt immer das Wetter macht, vom Dach Europas ja etwas sagen und schickt ein bissl einen Schnee.
Das, aber nicht ausschließlich das
am Silbernen Sonntag, dem 14. Dezember
von 14 bis 18 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22
Herr Rudolf wünscht Ihnen eine besondere Zeit, nicht zu viel und nicht zu wenig, und sich selber endlich den „erschtn Schnee“!