NBC Nothing else But Chardonnay und ein Haufen anderer Weine

Chardonnay einst

Rudolf der Fils hat in den frühen Neunziger Jahren begonnen, sich ernsthaft mit Wein auseinanderzusetzen. Heute stellt auf vielen Preislisten von Weingütern ein Amphorenwein zumindest in preislicher Hinsicht den Höhepunkt des Sortiments dar. Damals, in den frühen Neunziger Jahren, als Herr Rudolf le Fils begonnen hat, sich ernsthaft mit Wein auseinanderzusetzen, war der teuerste Wein auf der Preisliste eines Weingutes nicht selten ein Chardonnay. Wenn dann noch „Barrique“ dabei gestanden ist, dann war das ein Hinweis auf etwas ganz Besonderes.

Chardonnay jetzt

Heute schaut es anders aus. In der Vorbereitung auf diese Lehrveranstaltung ist der Rudl seine privaten Weinbestände durchgegangen, auf der Suche nach Chardonnays, die sich für so ein Thema anbieten. Gefunden hat er unter ungefähr sechshundert Flascherln drei bis vier Chardonnays, der da in Frage kommen. Mit Pinot Gris aus seinem privaten Keller könnte Herr Rudolf zwei Monate lang Weinthemen bestreiten. Vor zwanzig Jahren hätte sich das ziemlich sicher anders dargestellt, wobei der Rudl den Pinot Gris auch damals schon überaus geschätzt hat.

Odysseen im Seewinkel

Der Rudl kann sich aber noch gut erinnern, wie er, und das ist schon eher gegen Ende der Neunziger Jahre gewesen, dreimal mit dem Fahrrad zum Weingut Velich gefahren ist, um einen Tiglat 1997 zu erstehen. Beim ersten Mal hat ihm Velich Senior nur die Auskunft, dass der Wein ausverkauft sei, mit dem leicht tröstlichen Hintertürl, dass man es eventuell in ein paar Monaten noch einmal probieren könne. Dann würde man wissen, ob jemand seine Reservierung nicht abgeholt hätte. Der Rudl hat daraufhin ein Zeitl verstreichen lassen, ist erneut zum damals durch nichts als Weingut gekennzeichneten Haus des Herrn Velich gefahren. Aber auch dieses Mal hat der Rudl mit seinem Radl ohne zusätzliche Last von Apetlon zum Bahnhof in Sankt Andrä am Zicksee zurück fahren können. Von einem dritten Anlauf ist der Rudl dann mit je zwei Flaschen Darscho, Vitezfeld und Tiglat nach Hause gekommen und hat sich ein bissl wie im Olymp gefühlt.

Olymp oder Sisyphus?

Der Art der Weine, der der Rudl immer wieder als zu seinem ultimativen Glück unabdingbar erachtet, hat sich verändert. Das ganz kurzzeitige Gefühl, jetzt alles Glück dieser Welt und noch mehr als das im Keller zu haben, hat sich nicht verändert, die kurze Dauer der Erfüllung bis zum abermaligen Hinunterrollen des Steins auch nicht. Dann beginnt das Spiel von vorne, das nächste Flascherl der Begierde betritt die Bühne und macht sich auf den Weg zum Olymp. Stein und Wein der anderen Art.

Chardonnay als solcher

Das Prestige der weltweit zweitverbreitetsten Rebsorte Chardonnay hat sich auch verändert. Chablis, Montrachet, Champagne und Franciacorta sind immer noch gut angeschrieben und werden das aller Voraussicht nach auch bleiben. Abgesehen davon duellieren sich andere Rebsorten und Weinstile um die Spitzenpositionen auf den Weinpreislisten.

Frankreich und die andere Weinwelt

Stammen tut Chardonnay wie so viel Erfreuliches im Zusammenhang mit der nachantiken Weingeschichte aus Frankreich. Vielleicht ist gerade deshalb die Verlockung außerhalb von Frankreich so groß und auch verständlich, nachweisen zu wollen, dass man es „auch so gut“ oder sogar besser könne.

DNA-Analysen deuten darauf hin, dass es sich bei Chardonnay um eine Kreuzung aus Pinot Noir und no-na Heunisch handelt. Es gibt auch einen Haufen anderer Meinungen.

Chardonnay mag Kalk, ganz besonders aus der Zeit des Kimmeridge (Chablis Grand Crus, Dupasquier), treibt aber relativ früh aus und ist deshalb anfällig für Spätfrost. Das erklärt, warum er in Savoyen für Appellationswein zugelassen, aber trotzdem nicht sehr weit verbreitet ist.

Reifen tut er relativ früh. Nicht nur Jacques Puffeney sieht darin vor dem Hintergrund der Klimakatastrophe ein Problem. Das ist nicht ganz egal. Eines der Synonyme von Chardonnay heißt „Arboisier“. Und wenn der in Arbois keine geeigneten Bedingungen mehr vorfindet, muss sich fast etwas verändert haben.

Stilistisch kann Chardonnay fast alles sein. Dass als Pole des Stilspektrums immer wieder einerseits Finesse und Frische von Chablis, andererseits die neue Eichenholz- und Tropenwelt genannt werden, erklärt dem Rudl, warum er gerade an manchen Chablis so einen Narren gefressen hat. Erstere lassen den malolaktischen Säureabbau ganz gerne angelehnt und die Eichenwälder aller Länder müssen vor Chablis auch weit weniger Angst haben als vor Meursault, Chassagne und Montrachet. Nicht alles, was an charakteristischen Eigenschaften von Weinen häufig genannt wird, kann der Rudl nachvollziehen, die nassen Steine, nach denen Chablis schmecken sollen, aber schon. Und da freut sich Herr Rudolf regelmäßig, wenn er einen blind eingeschenkten Chablis daran identifiziert. In der Kategorie klassischer Weißwein gelten gelungene Chablis aufgrund ihrer frischen Säure als Referenz in Sachen Haltbarkeit. Auch noch. Der Rudl hofft, dass diesbezüglich der Chabliser Wirt die Rechnung nicht ohne die Klimakatastrophe gemacht hat. Erfahrungen, die der Rudl vor kurzem mit einem Chablis Premier Cru La Forest 2009 von seinem Lieblingschablisbaumeister Vincent Dauvissat gemacht hat, lassen bedauerlicherweise anderes befürchten. Da ist von Frische nicht viel zu schmecken gewesen. Umso mehr hat sich der Rudl über den Chardonnay Khéops von Dominique Lucas Vignes de Paradis aus dem Jahr 2017 gefreut. Das ist ja auch nicht unbedingt ein Jahr gewesen, in dem sich frische Weine von selber gemacht haben. Der Chardonnay von Monsieur Lucas, ausgebaut in einer Betonpyramide, verbindet auf ziemlich uncomparable Weise Schießpulveraroma, wie man es von Meursaults kennt, mit herzhafter Frische. Naturgemäß ohne integriertes Vanillekipferl.

 

Minnesang

 

Auch das vom Herrn Rudolf gerne so bezeichnete Minnesangsyndrom dürfte im Spiel sein. Ähnlich einem Minnesänger, dem die Besungene durch ihre Unerreichbarkeit an Bedeutung gewinnt, scheinen es dem Rudl Weine, an die man nicht so mirnixdirnix gelangt, angetan haben. Da sind manche Chablis, etwa jene von Dauvissat, ein gefundenes Fressen, zumindest im platonischen Sinn. Andererseits hätten sich Weine wie Le Feu oder Hégoxuri kaum in die das Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils verirrt, ohne diesen Hang vom Rudl.

Chardonnay und Weißburgunder

 

Aufgrund etlicher gemeinsamer Synonyme sowie ein paar Ähnlichkeiten von Blättern, Beeren und Weinstock sind die lange Zeit für ein und dieselbe Rebsorte gehalten worden. Bei genauerem Hinschauen gibt es aber doch Unterschiede: Die Beeren des Chardonnay bekommen mit der Reife eher grüngoldenen Schalen. Auch die Haare an den Trieben sind bei Chardonnay und Pinot blanc nicht gleich lang. Die Blattadern unterscheiden sich detto.

In Norditalien sind Chardonnay und Weißburgunder bis 1978 unerkannt durcheinander in den Weingärten gestanden. In Frankreich haben schon ein gutes Jahrhundert früher Ampelographen den Unterschied zwischen den beiden Rebsorten herausgearbeitet, was in Chablis und an der Côte d’Or zur Rodung der Pinot Blanc Stöcke geführt hat.

 

Savoyen bester Wein

 

Fast alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Concours um den besten Wein der Weinbauregion Savoyen sind in mehr oder weniger großen Restbeständen noch vorhanden. Darum verlängert Caviste Rudolf diesen Wettbewerb inclusive die Zurverfügungstellung der gedruckten Leistungsbeurteilungsverordnung. Solange der Vorrat in den geöffneten Flaschen reicht. Wer

will.

 

  • Chardonnay 2017, Weingut Roland Minkowitsch, Mannersdorf, Weinviertel (2,50/4) Löss
  • Chardonnay 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Vin de Savoie (2,50/4) Kimmeridge Kalk
  • Chardonnay „Le Jardin de Mathilde N°1“ 2016, Xavier Jacqueline, Aix-les-Bains, AOP Vin de Savoie (4/6) am gegenüberliegenden Seeufer von Dupasquier aus
  • Chardonnay 2014, Leo Uibel, Ziersdorf, Retzer Land (4,50/7) kalk vom Ziersdorfer Köhlberg
  • Chardonnay „Khéops“ 2017, Les Vignes de Paradis, Ballaison, Haute-Savoie, IGP Vin des Allobroges (6,50/10) Kalkgeröll
  • Chardonnay 2014, Miani, Buttrio, Friaul, Italien (8/12) Minnesang, nicht am Weingut erstanden – dort hat der Rudl in seinem ganzen Leben erst sechs Flascherl acquiriert.
  • Chablis Premier Cru Les Vaillons 2007, Domaine Bègue, AOC Chablis Premier Cru (5/8) Kimmerdige Kalk
  • Morillon 1986, Siegfried Dreisiebner, Berghausen, Südsteiermark (4/6)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

nicht nur diese Weine gibt es glasweise

am Mittwoch, 16. Jänner und am Freitag, den 18. Jänner

von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Nothing else but die Ehre! Rudolf Polifka

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57

Ermittlung des besten Weins der Weinbauregion Savoyen. Allerdings ausnahmsweise am Mittwoch und DONNERSTAG

Eh nicht mehr und nicht weniger

 

Monsieur Rudolf will es wissen. Seines Wissens gibt es weder in Savoyen noch im Rest von Frankreich ein Veranstaltung, die den besten Wein Savoyens ermittelt.

Und vor einem Auftrag hat sich der Rudl noch nie gedrückt.

 

Raclette und Hundstrümmerl

 

Das Raclette pickt an ihrer Haut. So leitet die Ausgabe 128 vom Rudl seiner Lieblingsweinzeitschrift LeRouge&leBlanc im Frühling 2018 eine Titelgeschichte über junge savoyardische Winzerinnen und Winzer ein. Der Herr Kurt hat in seinen jungen Jahren für dieses Syndrom ganz gerne das weniger appetitliche Bild mit dem Hundstrümmerl im Profil eines Goiserers verwendet.

Savoyardischer Wein scheint den Ruf des viel zu jung getrunkenen Begleiters von Raclette und Fondue nicht und nicht loszuwerden. Eine Region, die drei Viertel ihrer Produktion zuhause, vor allem in den Skistationen verkauft, steht nicht gerade unter Hochdruck, sich qualitativ besonders ins Zeug zu legen.

Einen Narren gefressen

Herr Rudolf hat ein gewisses Faible für die Weinbauregion Savoie. Das könnte in seinen wöchentlichen Betrachtungen da oder dort zum Ausdruck gekommen sein. Systematisch hat er Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, bis jetzt allerdings nicht mit Daten über diese Weinbauregion überschüttet.

Eine Kür des besten Weins aus dieser Region setzt aber eine gewissenhafte Offenlegung der Informationen über Steine, Klimata, Rebsorten, Hektar sowie Hektoliter voraus. Angaben zum letzten Mosaikstein im Terroir, den Akteuren, hält Monsieur Rudolf diese Woche knapp. Davon erzählt er immer wieder.

Geographie

Die Weinbauregion Savoie erstreckt sich auf vier politische Departements. Savoie, Haute-Savoie, Isère und Ain. Es sind ungefähr zweitausendzweihundert Hektar, nicht einmal das Vierfache der Weinbaufläche von Wien.

Geschichte

Die versteinerten Traubenkerne, die man in Savoyen gefunden hat, stammen aus der Jungsteinzeit, sind an die dreizehneinhalbtausend Jahre alt. Zeugen von Vinifikation reichen in römische Zeiten zurück. Irgendwann im Laufe des ersten nachchristlichen Jahrhunderts haben diese Allobroger, das waren Kelten und damals die autochthone Bevölkerung am Westende der Alpen, eine Rebsorte selektioniert, die den klimatischen Besonderheiten dort gewachsen war, die vitis allobrogica. Plinius der Ältere hat den daraus gewonnen Weinen ein literarisches Denkmal gesetzt. Ampelographen und Historiker streiten darüber, ob es sich dabei um Mondeuse gehandelt hat.

Die Verdienste von Klöstern und Mönchen um Fortschritte im Weinbau schätzt Herr Rudolf nicht gering. Nur lesen sich diese Geschichten für ihn mehr oder weniger sehr ähnlich. Der Rudl lässt diesen Abschnitt hier aus, nicht ohne die Klöster an ihre richtungsweisenden Beiträge zur Kultivierung des Weinbaus zu erinnern. Vielleicht kann man diese Traditionen fortsetzen.

Vom sechzehnten bis zum achtzehnten Jahrhundert hat die Ausdehnung der Rebflächen dann ihren Höhepunkt erreicht. Waren bis dahin besonders begünstigte Hanglagen die Standorte der Weingärten, so wanderten die Reben immer mehr in die Ebenen hinunter. Das war ein gefundenes Fressen für Spätfröste, was wiederum die Erziehung der Reben auf eineinhalb bis zwei Meter in die Höhe und die Qualität in die entgegengesetzte Richtung befördert hat.

Vor allem am Südufer des Genfer Sees, wo heute remarkable Chasselas von Dominique Lucas wachsen, hat man die Weinreben gerne auf abgestorbene Kastanienbäume hinauf erzogen, mit einem Hektarertrag von achtzig bis hundertzwanzig Hektoliter am Hektar. Der Arzt Jules Guyot hat im neunzehnten Jahrhundert festgehalten, dass die Einwohner von Evian ihr berühmtes Wasser stehen lassen und lieber den an den Kastanienbäumen hinauf erzogenen Chasselas trinken.

Dominique Lucas ist von den seinerzeitigen Hektarerträgen weit entfernt. Die herumstehenden abgestorbenen Bäume sind jeweils von nach der Lese herumrennenden lebendigen Schafen abgelöst worden. Von anderen Unterschieden in der Arbeitsweise von Dominique Lucas zu konventionell arbeitenden Betrieben am Genfer See wird demnächst immer wieder etwas hier zu lesen und in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils zu kaufen und trinken sein.

Die Reblaus hat der Gigantomanie dann, wenn Sie so wollen, das Wilde herunter geräumt, in Savoyen, in Hoch-Savoyen und auch in vielen anderen Weinbaugebieten.

Steine

Geologisch ist Savoyen sehr kurz oder sehr, sehr detailliert abgehandelt. Caviste Rudolf entscheidet sich hier für Ersteres. Kalk in unterschiedlichen Varianten. Unbedingt erwähnenswert der hohe Eisenanteil im Kalkgeröll der Lage Le Feu von Dominique Belluard, der Schiefer in den Terrassen der Domaine des Ardoisières in Cevins und der Sandstein in der Chautagne, wo Jacques Maillet zuhause ist.

Abgesehen davon halt reiner Felsen (Dupasquier), Moränen, Geröll und Ufer von Flussbetten.

Klima

Es kann bis zu hundert Tage im Jahr Frost geben. Das erklärt die große Bedeutung von autochthonen Rebsorten, die der Kälte resistieren.

Es gibt auch Flecken mit mediterraner Vegetation, vor allem am Ostufer des Lac du Bourget und etwas weiter nördlich in der Chautagne.

Trockenheit ist selten ein Problem, Hagelschlag viel öfter.

Rebsorten

Dreiundzwanzig appellationskompatible Rebsorten, davon sieben die mehr oder weniger ausschließlich in Savoyen vorkommen:

Altesse (ein paar Stöcke stehen in Wien Hasenleiten, to be extended), Gringet, Jacquère (ein paar Stöcke stehen irgendwo in Amerika), Molette, Mondeuse Blanche, Mondeuse Noire und Persan.

Appellationen

Im Juni 2014 hat das Institut national de l’origine et de la qualité (INAO) die Appellation Crémant de Savoie genehmigt.

Daneben gibt es eine Rebsortenappellation für reinsortige Altesse von besonderen Standorten, AOP Roussette de Savoie. Die Appellation der Region heißt AOP Vin de Savoie. Daneben gibt es aus dem Rudl eher schwer nachvollziehbaren Gründen die Ortsappellation AOP Seyssel (Dreidepartementseck von Savoie, Haute-Savoie und Ain). Noch kurioser erscheint dem Rudl die Appellation Crépy am westlichen Südufer des Genfer Sees. Sie existiert seit 1948. Die mit Abstand interessantesten Weine, die Monsieur Rudolf dort getrunken hat, sind jene von Dominique Lucac, der seine Weine wie die Domaine des Ardoisières ohne Appellation als IGP Vin des Allobroges abfüllt.

Dominique Belluard. Terroir du Mont Blanc

1988 hat er den Betrieb übernommen. Seine Ausbildung dürfte eher nicht das, was man heute wenig treffsicher als „kompetenzorientiert“ bezeichnet, gewesen sein. Darum hat sich Dominique Belluard nicht gleich einmal das Maul darüber zerrissen, was er alles darauf hat, sondern sich demütig ein paar Fragen gestellt. Das gefällt Fils Rudolf ausgesprochen gut. Denn er ist ein Kind der Achtziger Jahre, damals als bio und öko noch zusammen gehört haben. Heute scheinen sich die Popularitätswerte der beiden Präfixe diametral entgegengesetzt zu entwickeln. Das eine zeigt, dass man sich auskennt und trinkt, was angesagt ist. Der andere riecht nach Spaßbremse, Verzicht und Kritik am postmodernen Dowhatyouwant.

Rudolf Polifka sieht sich selbstverständlich als uncooler Öko, Dominique Belluard möglicherweise auch.

Le Feu

Dabei ist Eisen vermutlich das Charakteristischste an den Weinen von Dominique Belluard, zumindest an seinem berühmtesten Wein. Der wächst in der Steillage Le Feu und die heißt so, weil dort der Eisenanteil im Boden so hoch ist, dass der ganz rot wird. Da trifft sich etwas. Zum Beispiel mit den Weinen von Michel Riouspeyrous aus Irouléguy, der von Belluards Weinen schwärmt wie der Rudl. Und wenn Herr Rudolf irgendwann endlich wieder einmal wenigstens einen kurzen Abstecher zu Monsieur Alfred vom Eisenberg schafft, dann wird es eh bald einmal mehr zum Thema Fe geben.

Gilles Berlioz. Domaine Partagé

Christine und Gilles Berlioz haben 1990 mit achtzig Ar begonnen und gleich einmal auf biologische Bewirtschaftung umgestellt. Bis heute haben sie die Fläche auf sechs Hektar ausgeweitet.

Gefragt nach dem Entscheidenden beim Weinmachen nennt Gilles Berlioz, sich immer wieder in Frage zu stellen und sich mit den richtigen Menschen zu umgeben. Der Rudl möchte dringend hinzufügen, dass ihm beides auch für andere Berufe und Lebensbereiche als passables Rezept erscheint.

Auswahl der Weine

In Vorbereitung dieser Ermittlung hat Caviste Rudolf etliche Weinbauern aus Savoyen gefragt, welchen Wein sie für den besten ihrer Region halten. Den Großteil der für so ein Unterfangen passablen Weine hat der Rudl selber ausgesucht. Bei allem Hang zum Understatement erachtet Herr Rudolf seine auf wochenlangen Studienreisen und in jahrelangen Fernstudien erworbenen Kenntnisse als solide Basis für das Treffen so einer Auswahl.

Premiere

Rudolf Polifka geht die Rankingerei und das ewige Kundtun seiner Meinung zu allem und jedem an und für sich ganz ordentlich auf den Zeiger. In vielen tagespolitischen Belangen hält er es sogar für demokratiegefährdend, weil oft mehr von Stimmungen als von selbständigen Überlegungen geleitet, ganz besonders dann, wenn es im virtuellen Bereich stattfindet.

Nichts liegt dem Rudl ferner, als irgendeine Savoies-next-top-Dodelei abzuführen. Aber die Weine Verschiedenheit der extraordinairen Weine Savoyens schreit förmlich nach einem Vergleich. Wunschresultat für den Rudl:

Zwölf Savoyarden ex aequo auf dem ersten Platz

Weil es der Rudl in diesem Fall wirklich wissen will und das Ergebnis bei nächster Gelegenheit auch vor Ort kundtun möchte, wird er sich erlauben, Ihnen einen Zettel auszuhändigen, auf dem Sie die gekosteten Weine nach der folgenden in Frankreich gebräuchlichen Leistungsbeurteilungsverordnung bewerten können. Freiwillig, eh kloa. Und hundert Percent analog, ohne Mentimeter, Maxi Meter und Co., auf einem Zettel und mit einem Kuli, anonym.

0 – 11: durchschnittlicher Wein, sei es aus Mangel an Konzentration, Reife oder Gleichgewicht

11,5 bis 13: korrekter Wein ohne besonders hervorstechende ungute Eigenschaft. Und da erlaubt sich Herr Rudolf anzumerken, dass demnach seines Geschmacks etliche Weine, die heute auf der Naturweinschiene daher kommen und aber wirklich gelungene Bioweine in Misskredit bringen, keine 11,5 bekommen.

13,5 bis 15: guter Wein. Spaßbremse Rudl wird sich dafür hüten, in diesem Zusammenhang die Wendung „der Spaß macht“ zu verwenden. Gediegene Vinifizierung, passable Korrelation zwischen Herkunft und Rebsorte. Ansprechender Jahrgang

15,5 bis 17: großer Wein. Genau genommen auch kein Terminus aus dem aktiven Weinsprachschatz vom Rudl. Ideales Zusammenspiel von Boden, Rebsorte, Vinifizierung, Jahrgang und Weinbaumeister

17,5 bis 19,5: außerordentliche Weinpersönlichkeit. Elegant. Differenziert. Kraft im qualitativen, nicht im quantitativen Sinn.

20: Ein Wein, der singt wie der Herr Kurt beim Wirt und Winzer des Vertrauens vom Rudl. Ein Wein, der der Zeit ihre Grenzen aufzeigt.

Als Vorbereitung rekommandiert der Rudl André Combaz „Les Vins des Terroirs de Savoie“, erschienen 1992.

  • Un Matin face au Lac 2017, Les Vignes de Paradis, Ballaison, Haute Savoie, IGP Vin des Allobroges (nominiert von Dominique Belluard) (5/8)
  • Marignan 1515 2016, Les Vignes de Paradis, Haute Savoie, IGP Vin des Allobroges (nominiert von Dominique Belluard) (5/8)
  • Apremont 2017, Domaine Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (3/5)
  • Apremont „La Centennaire“ 2016, Jean-Claude Masson et Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (nominiert von Rudolf Polifka) (6/9)
  • Chignin Bergeron „Les Fripons“ 2016, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (nominiert von Dominique Belluard) (6/9)
  • Solar 2016, Domaine de l’Aitonnement, Aiton, IGP Vin (nominiert von Rudolf Polifka) (6/9)
  • Schiste 2016, Domaine des Ardoisières, Cevins, IGP Vin des Allobroges (nominiert von Dominique Belluard und Rudolf Polifka) (7/11)

An dieser Stelle können Sie den Rudl fragen, ob der deutlich teurere Quartz (hundert Percent Altesse) vom selben Weingut nicht mit mehr Chancen in ein Rennen um den Titel des besten Weins aus Savoyen gehen würde. Vielleicht. Schiste Fünfzehn hat Herr Rudolf einmal gegen Quartz Fünfzehn antreten lassen und sich zwei Flaschen lang nicht entscheiden können. Einer aber auch nicht viel mehr als Arbeitshypothese zufolge kann sich der Rudl vorstellen, dass der Schiste in den ersten Jahren Vorteile hat, der Quartz dann aber spätestens mit zehn Jahren Reife noch besser schmeckt. Monsieur Rudolf hat zwar von beiden Weinen einen Achter im Keller, nur wäre so ein Vergleich nicht definitiv aussagekräftig, weil diese Weine vor zehn Jahren auch schon sehr gut, aber lange nicht so ausgezeichnet gemacht worden sind wie heute.

  • Le Feu 2016, Dominique Belluard, Ayse, Haute Savoie, AOP Vin de Savoie Ayze (nominiert von Caviste Rudolf Polifka) (6,50/10)
  • Marestel 2011, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (nominiert von Dupasquier und Rudolf Polifka) (4/6)
  • La Belle Romaine 2013, Château de Merande, Arbin, AOP Vin de Savoie (nominiert vom Weingut) (4/6)
  • Mondeuse Confidentiel 2015, Les Fils de Charles Trosset, Arbin, AOP Vin de Savoie (nominiert vom Rudl) (4,50/7)
  • Mondeuse 2015, Jacques Maillet, Motz, Serrières-en-Chautagne, AOP Vin de Savoie (6/9)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

glasweise

am Mittwoch, den 9. und AUSNAHMSWEISE am DONNERSTAG, den 10. Jänner

von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Ein gutes neues Jahr!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57

Frohe Weihnachten! Bis inclusive 8. Jänner geschlossen

Herr Rudolf bedankt sich herzlich, wünscht frohe Weihnachten und einen guten Rosh!

Bis 8. Jänner bleibt seine Weinhandlung geschlossen.

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Heute, Goldener Sonntag 23. Dezember 14 bis 18 Uhr, geöffnet. Keine besinnlichen Worte

Wien X, an einem Samstag Mittag im Advent 1976

Die Szene ist zu schön, als dass sie ein Jahr an dieser Stelle unerwähnt bleiben könnte. Edmund Sackbauer vergleicht am vorweihnachtlichen Mittagstisch sein Verhältnis zu den Eltern seiner zukünftigen Schwiegertochter mit jenem zu His Excellency, President for Life, Field Marshal Al Hadji Doctor Dada, Victoria Cross, Distinguished Service Order, Military Cross, Lord of All the Beasts of the Earth and Fishes of the Seas and Conqueror of the British Empire in Africa in General and Uganda in Particular Idi Amin.

Die Stimmung ist kritisch. Als deeskalierende Maßnahme versucht Herr Sackbauer auf das Essen am Heiligen Abend auszuweichen. Sohn Karl Sackbauer hält diesen Beschwichtigungsversuch für unredlich und mit dieser Meinung auch nicht hinter dem Berg. Daraufhin erinnert Mundl mit dem Satz „Goidana Samstag iiiiiis!“ seinen Sohn an das gemeinsame Ansinnen, die Einzelhandelsumsätze am letzten Samstag vor dem Heiligen Abend steigern zu helfen.

In den Siebziger Jahren hat es die vier langen Einkaufssamstage im Advent schon gegeben. Sie hatten irgendwann in den Fünfziger Jahren zwei wirklich kuriose, aber an der Zahl halt nur zwei Sonntage mit offenen Geschäften abgelöst und einen Wesenszug des Kapitalismus zum Ausdruck gebracht: das Besondere durch Steigerung der Quantität zu banalisieren. In Zeiten materieller Not mag das eine große Stärke dieser Ideologie sein. Dass die Märkte nach erfolgreich erledigter Arbeit ihre Multiplizierei nicht einstellen, sondern dazu tendieren, destruktiv und unmenschlich zu werden, wertet der Rudl als Beweis dafür, dass Märkte weder Hirn noch Gewissen haben, sondern quasi mit demokratisch-rechtsstaatlicher Regulierung zu ihrem eigenen Glück und Überleben gezwungen werden müssen.

Werden sie es nicht streng genug, scheinen sie sich früher oder später gegen den Menschen zu wenden und in weiterer Folge gegen sich selber.

 

Wien XV, am letzten Adventsonntagnachmittag 2018

 

Als vor allem kohlensäureunterstützte, oenologische Vorbereitung auf den Heiligen Abend und als Reverenz an die Fünfziger Jahre sperrt der Rudl heute Nachmittag um zwei Uhr noch ein letzten Mal in diesem Kalenderjahr sein Geschäft auf, ohne übertriebene Besinnlichkeit, aber auch ohne volkswirtschaftliche Doziererei.

 

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 9. und 11. Jänner

vermutlich die Wahl zum besten Wein aus der Weinbauregion Savoyen

 

Im Übrigen erwartet Rudolf Polifka, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.

 

Herr Rudolf wünscht ein schönes Restwochenende!

 

Kohlensäure, ein nationaler Schulterschluss über alle weltanschaulichen Grenzen hinweg und ein vorweihnachtlicher Rundumschlag

Radikalisierung

 

Ausgangssperre? Wer würde die bemerken? Rudolf Polifka sieht da deutlich mehr Sinn in einer Sperre des Internetzugangs. Für wen wäre zu überlegen. Im Übrigen ist sich der Rudl nicht so sicher, ob hinausgehen zu dürfen, heute noch von sehr vielen als Grundrecht betrachtet wird. Er fürchtet eher, dass ein Großteil der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen unter Grundrechten gratis W-LAN, Kaffee in Alukapseln, Städteflüge um einen Nasenrammel und das Recht, jede Wegstrecke mit einem motorisierten Individualverkehrsmittel zurücklegen zu dürfen, sieht.

 

Was zu tun wäre, wird auch jetzt konsequent nicht gemacht (Finanzmärkte! Welche Charakteristika eines Marktes im klassischen Sinn treffen auf die Aktivitäten der Finanzindustrie eigentlich zu?). Der Rudl hält das für Finanzideologie oder Kapitalklerikalismus.

 

Etwas verknappt: Es scheint einen nationalen Schulterschluss über Weltanschauungen hinweg zu geben:

Steuerliche Entlastung für Kohlenmonoxid, steuerliche Belastung für Kohlensäure

Schaumwein

Darum kredenzt Herr Rudolf in staatsbürgerlichem und volkswirtschaftlichem Verantwortungsbewusstsein diese Woche auch Schaumweine.

  • Zierfandler Frizzante, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Südbahn (2,50/4)
  • Rosa Pearls, Leo Uibel, Ziersdorf, Retzer Land (2,50/4)
  • Riesling Sekt, Weingut Roland Minkowitsch, March (4,50/7)
  • Don Giachino méthode traditionelle 2015, David et Fred Giachino, Chapareillan, AOP Cremant de Savoie (4,50/7)
  • Perles d’Aimavigne, Domaine Dupasquier, Aimavigne, Savoie (3/5)
  • Les Perles du Mont Blanc, Dominique Belluard, Ayze, Haute-
    Savoie (4,50/7)
  • Mont Blanc Brut Zéro, Dominique Belluard, Ayze, Haute-Savoie (6,50/10)
  • Bela, Branko und Vasja Čotar, Komen, Kras, Slowenien (5/8)
  • Črna, Branko und Vasja Čotar, Komen, Kras, Slowenien (5/8)

(in Klammern zuerst der Preis für das Sechzehntel, dann der für das Achtel)

Diese Weine, aber nicht ausschließlich Schaumweine gibt es diese Woche glasweise

am Mittwoch, den 19. Dezember und am Freitag, den 21. Dezember jeweils von 16 bis 22 Uhr

und darüber hinaus am Goldenen Sonntag, den 23. Dezember

von 14 bis 18 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Neues aus dem Flaschensortiment

Ein ganzer Haufen Weine von Dominique Belluard und
Dominique Lucas (Les Vignes de Paradis) sind ab sofort erhältlich. Die Preise finden Sie hoffentlich ab morgen auf der Homepage. Der Rudl ersucht um Nachsicht.

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 9. und 11. Jänner

vermutlich die Wahl zum besten Wein aus der Weinbauregion Savoyen

Im Übrigen erwartet Rudolf Polifka, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.

Herr Rudolf grüßt radikal!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Silberner Sonntag, 16. Dezember 14 bis 18 Uhr geöffnet

Der Rudl schätzt das Weihnachtsfest überaus. Das rituelle Geklage über den allgemeinen Geschenkerummel als solchen vermag er nicht zu teilen. Seine Meinung über den Geschenkerummel als Marketingstrategie im Besonderen hat Ihnen Herr Rudolf in seinem letzten Schreiben auseinandergesetzt.

Was Monsieur Rudolf vor Weihnachten aber großräumig umfährt wie der Teufel, an dessen personifizierte Existenz er eh nicht glaubt, das Weihwasser, das sind die Einkaufssamstage. Und selbst diesen vermag der Rudl in seiner unermesslichen Midlifemilde etwas Positives abzugewinnen.

Die tumultartigen Szenen in den diversen analogen und virtuellen Einkaufskathedralen scheinen unweigerlich dazu zu führen, dass wo anders weniger Wirbel ist, beim Heurigen zum Beispiel. Darum ist der Dezember auch die Lieblingsheurigenzeit vom Rudl.

Darum pfeift der Rudl am Samstag im Advent noch mehr auf seine To-do-Liste in Gestalt eines Postitpickerls und genießt es, in Ruhe das eine oder andere Achtel trinken können, beim Heurigen von Frau und Herrn K in Gumpoldskirchen zum Beispiel.

Aber die Einkauferei am Samstag Nachmittag hat es nicht immer schon gegeben. Nicht einmal am Samstag Nachmittag im Advent ist immer schon offen gewesen. James Cagney hatte gerade „Shake Hands with the Devil“ gedreht. Da haben die Geschäfte bei uns am Adventsamstag noch um zwölf Uhr Mittag zugesperrt. Dafür war am Silbernen Sonntag Gaudete, das ist der mit der rosanen Kerze am Adventskranz, und am vierten Adventsonntag, dem Goldenen Sonntag, die Geschäfte offen.

Monsieur Rudolf knüpft an diese Tradition an und

 

sperrt morgen, am Silbernen Sonntag, von 14 bis 18 Uhr seine Weinhandlung auf.

 

Ein agreables Wochenende!

 

Im Übrigen erwartet Rudolf Polifka, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.

 

Herr Rudolf grüßt Gold, Silber und die anderen Musiker des Vertrauens vom Herrn Kurt!

 

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Teuer und teuer. Weihnachtsweine und der Silberne Sonntag

Stillste Zeit

 

Zu Weihnachten lassen es viele Menschen krachen. Fragen Sie jemand anderen, warum die Weihnachtszeit auch „die stillste Zeit des Jahres“ genannt wird. Vielleicht wegen diesem Lied, dessen Text der Rudl auch alles andere als geglückt erachtet. Aber das ist eine andere Geschichte.

Zugetroffen hat das mit der „stillsten Zeit“ schon vor zweitausend Jahren nicht und zeitgemäß ist dieses Fest auch nicht. Zu den Trompetenimperativen der Verkaufs- und Kommunikationsstrategen, noch viel mehr zu Weihrauch, Würde und Schmähfreiheit der artificiell intelligenten, aber umso weniger originellen Kasperl aus dem Silicon Valley und aus geistig benachbarten Regionen würde sich ein Fest von der Gottwerdung des Menschen viel eher anbieten als eines von der Menschwerdung Gottes, die zu feiern nicht gerade prestigeträchtig ist.

Jetzt scheint es aber halt einmal so zu sein, dass Einfallsreichtum und Esprit nicht zu den Reichtümern der diversen Modernisierungsgewinnler und Spaßvögel des einundzwanzigsten Jahrhunderts gehören. Ein eigenes Fest der Gottwerdung des Bitcoin bringen die nicht zusammen. So schauen sie auch aus. Darum hängen sie sich irgendwo an. An was und warum dürfte ziemlich egal sein. Hauptsache doppelt so laut, doppelt so viel und doppelt so teuer.

Wie schon vor ein paar Wochen erlaubt sich Monsieur Rudolf auch in diesem Zusammenhang den Herrn Kurt zu zitieren: „Ned meins.“

Der Vollständigkeit halber ergänzt der Rudl hier, dass auch das Weihnachtsfest nicht auf dem Baum gewachsen ist. Da hat man sich an das römische Fest des Sol invictus angehängt. Nur hat man unmissverständlich klar gemacht, dass einem der Sonnenmeister Powidl ist und man etwas ganz anderes feiert. Die Steuervermeider und Datenbettler geben sich säkular und sind doch in höchstem und unsympathischstem Maß klerikal, vor allem aber gnadenlos. Warum sie dann Weihnachten nicht einfach ignorieren können, weiß der Kuckuck.

Rudolf Polifka ist sich für eine Zeichen gegen den Zeitgeist nie zu schade. Darum heuer keine teuren Weine vor Weihnachten, no ja, fast keine, „fast“ in zweifacher Hinsicht.

 

Gewohnheiten, Traditionen, Bräuche und Diskontinuitäten

 

So verlässlich der Rudl an Gewohnheiten festhält, so verlässlich drängt ihn in unregelmäßigen Abständen etwas zum Ausbruch. Das ist, wenn Sie so wollen, einer der Unterschiede zwischen dem Rudl und der Badner Bahn. Die fährt immer nach Baden oder halt nach Wien. Und auch wenn es die Badner Bahn vielleicht hie und da reizen würde, in Meidling auf die Südbahnstrecke abzubiegen, nach Gumpoldskirchen zum Beispiel, wo kommendes Wochenende Frau und Herr Kuczera-Kritz wieder ausg’steckt haben, kann sie das nicht tun.

Der Rudl hat auch so seine Gewohnheiten. Die scheinen mit zunehmendem Alter nicht weniger zu werden. Aber der Rudl kann ab- und ausweichen, zum Beispiel (von) seiner Gewohnheit, vor Weihnachten teure Weine glasweise zu kredenzen. Fast.

 

teuer vs. teuer + Objekt im Dativ

 

Eine heute eher weniger gebräuchliche Bedeutung des Adjektivs „teuer“ weist auf einen gesteigerten emotionalen Bezug eines Menschen zu dem jeweiligen Gegenstand, dem das Wort „teuer“ umgehängt wird, hin. Man kann „teuer“ dann durch „lieb“ ersetzten, wobei dieses Wort auch wieder viel heißen kann. Nicht alles davon erachtet der Rudl als erstrebenswert.

Freilich können beide Bedeutungen von teuer auf ein und denselben Gegenstand zutreffen. Aber auch dann ist dem Rudl seines Erachtens zu differenzieren. Ist jemandem etwas nur deswegen teuer, weil es viel gekostet hat, dann handelt es sich beim betroffenen Objekt ziemlich sicher um ein Statussymbol und beim betreffenden Subjekt um einen bedauernswerten Menschen.

Ist jemandem etwas teuer, weil ihm viel daran liegt, dann kann das betreffende Objekt viel gekostet haben, es muss das aber nicht.

Marestel von der Domaine Dupasquier zum Beispiel.

 

Domaine Dupasquier, Aimavigne

 

Vor zwölf Jahren ist Monsieur Rudolf zum ersten Mal zu den Dupasquiers gefahren. Und er ist seither kein Jahr nach Frankreich gefahren, ohne einen Abstecher nach Jongieux in den Weiler Aimavigne zu machen. Von keinem anderen Weingut kann er derlei berichten.

 

Marestel

 

Die Geschichte mit dem Oberkellner und Berater Claude Mareste, dem der Cru Marestel seinen Namen verdankt, hat Ihnen der Rudl schon das eine oder andere Mal erzählt. Dass die Lage, in der der Marestel ausschließlich wachsen darf, weder an Steilheit noch an Kargheit so leicht zu überbieten ist, auch.

 

 

 

 

 

 

Zu hundert Percent aus Altesse muss er bestehen, der Marestel.

In Anbetracht dieser Tatsachen kann man diesen Wein nicht gut als hochpreisig bezeichnen. Trotzdem ist er dem Rudl teuer. Darum macht er heuer vor Weihnachten eine Vertikale Marestel von Dupasquier auf, vor allem auch weil der Marestel dem Rudl seinem Geschmack nach gut zu Weihnachten passt.

Und damit niemand dem der Ausgewogenheit verpflichteten Rudl vorwerfen kann, das Vokabel „teuer“ einseitig zu strapazieren, ergänzt Monsieur Polifka die Marestel-Vertikale durch den teuersten Weißen und den teuersten Roten aus seinem Sortiment, quasi als Zugeständnis an den Reflex, zu Weihnachten auch preislich zum Besonderen zu greifen. Caviste Rudolf kann und will es sich dabei nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass er selber im Kaufsfall den Roten von Gravner schon dieses Jahr zu Weihnachten aufmachen würde, den Quartz 2016 dafür dann eher zu Weihnachten 2026 oder so. Da wird dieser Weißwein dann nicht nur ungefähr auf seinem Höhepunkt, sondern auch deutlich teurer sein.

Gleichwohl ist er ihm teuer.

 

Marestel 2000, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Einer der wenigen Jahrgänge, die auf dem „tableau des millésimes“ für Weißwein aus Savoyen als „grand millésime“ bezeichnet werden.

Langer, kalter Winter. Bis April dürfen die Rebstöcke winterschlafen. Über den Sommer keine Extreme und ein langer, trockener Herbst. Sauber und im Gleichgewicht.

 

Marestel 2002, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Noch ein „grand millésime“, vor allem auch was die Lagerfähigkeit betrifft. Sehr kalter Winter. Der Frühling beginnt noch ein bissl später als er das zwei Jahre davor getan hat. Dafür wird der Juni dann umso heißer. Das war es dann mehr oder weniger. Während die permanent sinkenden Temperaturen die Betreiber der öffentlichen Strandbäder weniger freuen, sind sie der langsamen Entwicklung der Aromen in den Weintrauben ziemlich zuträglich.

 

Marestel 2007, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Milder Winter. Alles beginnt mindestens einen Monat früher als sonst. Reichlich Niederschläge und viel Arbeit für die Weinbauern.

 

Marestel 2009, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Den weißen Zweitausendneunern aus Savoyen sagt man nicht die allergrößten Fähigkeiten auf der Langstrecke nach. Zu heiß der Sommer, zu wenig Säure die Weinderl. Auf einen mittelkalten Winter mit ausgesprägtem Weitblick, was die hohen Niederschläge betrifft, folgen ein sehr sonniger Frühling und ein heißer Sommer. Eher südfranzösischer Stil.

 

Marestel 2011, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Ungefähr das Gegenteil von 2013. Trockener Frühling, heißer Juli, viel zu niederschlagsfreudiger August, dem die zu diesem Zeitpunkt viel zu reifen Trauben jede Menge Angriffsflächen geboten haben. Für Savoyen ungewöhnlich frühe Lese ab Ende August. Der erste von vier aufeinanderfolgenden Jahrgängen, von denen nicht nur in Savoyen jeder einzig und allein darum bemüht schien, zu zeigen, dass es für den selber denkenden Weinbauern noch um ein Eck schwieriger geht als im jeweiligen Jahr davor.

 

Marestel 2012, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Auch ein kalter Winter, wie in Wien. Erst im August halbwegs standesgemäße Temperaturen für Ihre Hoheit Altesse.

 

Marestel 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Der kalte und niederschlagsreiche Winter hat den savoyardischen Rebsorten keine grauen Federn wachsen lassen. Auf den sind sie eingestellt. Auf einen furchtbarer Frühling wie 2013 nicht. Ein heißer Sommer bedeutet auch in Savoyen ein erhöhtes Hagelrisiko. Die Trauben, die im September das Handtuch immer noch nicht geworfen hatten, haben bei der Lese nicht durch Pünktlichkeit geglänzt, erwiesen sich in qualitativer Hinsicht aber als äußerst kompetent, ausgeglichen und gesund.

 

Marestel 2014, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Auch in Savoyen ein prekärer Jahrgang. Der Fils kann das bestätigen, weil er in diesem Sommer zum ersten Mal in Savoyen gewesen ist. Mehr Sumpf als Wiesen.

 

Und ein jüngerer Marestel von Dupasquier ist noch nicht in der Flasche.

 

  • Marestel 2014, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (4/6)
  • Marestel 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (4/6)
  • Marestel 2012, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (4/6)
  • Marestel 2011, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (4/6)
  • Marestel 2009, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (4,50/7)
  • Marestel 2007, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (5/8)
  • Marestel 2002, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (6/9)
  • Marestel 2000, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie (6/9)
  • Quartz 2016, Domaine des Ardoisières, Cevins, IGP Vin des Allobroges (11/17)
  • Rosso Breg 2004, Joško Gravner, Oslavia, IGT Venezia Giulia (12,50/19)

(in Klammern zuerst der Preis für das Sechzehntel, dann der für das Achtel)

 

Diese Weine, aber nicht ausschließlich diese gibt es diese Woche glasweise

 

sowieso am Mittwoch, den 12. Dezember und am Freitag, den 14. Dezember jeweils von 16 bis 22 Uhr

und darüber hinaus am Silbernen Sonntag, den 16. Dezember von 14 bis 18 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

 

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 19. und 21. und 23. Dezember:

Goldener Sonntag und Schaumweine

 

Im Übrigen gibt Rudolf Polifka keine Ruhe, bis man wenigstens den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.

 

Herr Rudolf grüßt Gold, Silber und die anderen Musiker des Vertrauens vom Herrn Kurt!

 

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

 

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

 

Die Chemie des Krampus. A Tribute to Sulfur (ambivalent) and Didier Dagueneau (not ambivalent)

Alle Jahre wieder stellt der Rudl zur Zeit des Heiligen Nikolaus und des weniger bis gar nicht heiligen Krampus die Frage nach dem Schwefel im Wein, präziser die Frage nach dem Schwefelzusatz im Wein. Auch dieses Jahr.

Krampus

Dem Rudl seine Begeisterung für Krampusumzüge hält sich in Grenzen. Da mag eine mit Brauchtum kommen und da mag einer mit der Ambivalenz des Lebens kommen. So wenig wie Herr Rudolf der Frau Umweltstadträtin zu folgen vermag, wenn diese die allherbstliche Usurpation der Kurtlwiese vor dem Riesenrad als integrativen Treffpunkt von Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen lobt, so wenig kann der Rudl in den Krampusumzügen viel mehr als eine kommerzialisierte Sauferei, untermalt von schmerzhaften Geräuschen erkennen. Beides verzichtbar, die Wiener Wiesn und die Krampusumzüge.

Kollateralnutzen

Die Vorangst vor dem Krampus hat sich in der Kindheit zumindest produktiv auf die Phantasie von Polifka Fils ausgewirkt. Der Rudl hat seinerzeit im Alter von sieben Jahren oder so gemeinsam mit seinem Cousin das Projekt entwickelt, auf den Rücken des Krampus zu springen und dem finsteren Gesellen von hinten mit dem Fuchsschwanz die Hörner abzusägen. Ob eine derartige Phantasieanregung ausreicht, um dem ganzen Gemisch aus Angst, Industriealkohol und Mpftagedröhne eine Legitimation zu verleihen, das zu entscheiden, überlässt der Rudl Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe.

Ideologischer Überbau. Zum Teufel mit dem Krampus

In Wirklichkeit tut sich der Rudl mit den ganzen Teufeln und Dämonen schwer. Er betrachtet die alle als nicht satisfaktionsfähig, mögen sie vielleicht auch einem gewissen Gerechtigkeitsempfinden entspringen. Da hält es der Rudl ausnahmsweise mit der wörtlichen Bedeutung von Sprache. Und da handelt es sich bei „besessen“ immer noch um das Partizipium Perfekt passiv des Verbs „besitzen“. Wenn also jemand besessen ist, vor zweitausend Jahren zum Beispiel oder heute, dann ist da, wenn Sie den Rudl fragen, nicht irgendein Hokuspokusteufel, -krampus oder -dämon im Spiel, sondern irgendetwas oder irgendjemand, der die Betroffene oder den Betroffenen fernsteuert und besitzt. Das können die Römer gewesen sein, eine dominante Vater- oder Mutterfigur, das kann aber auch das Streben nach Marie, einer guten Nachrede oder auch nur die Angst aufzufallen sein. Soviel zum Krampus, zum Teufel und zum Schwefel.

S

Chemie ist das Fach, auf das sich der Rudl als Schüler am längsten gefreut hat. Das hat seinerzeit erst in der zweiten oder dritten Klasse Gymnasium begonnen und davon hat sich der Rudl Spektakuläres erwartet, zumindest Spektakuläreres als ein durchschnittlicher Unterrichtsgegenstand in den frühen Achtziger Jahren zu bieten vermocht hat. Viel ist das nicht gewesen, das können Sie dem Rudl glauben. Aber selbstverständlich ist auch diese Schülerhoffnung unerfüllt geblieben. Wenigstens im Chemiekasten vom Rudl hat sich ein Röhrl mit Schwefel befunden. Damit haben sich interessante Reaktionen erzeugen lassen. Was da im und außerhalb des Reagenzglases geschehen ist, hat der Rudl selten verstanden, aber das war ihm auch nicht wichtig. Schwefel war auf alle Fälle eines der beliebteren Elemente beim Rudl. Schade, dass er bis heute nicht viel davon versteht. Ein von Herrn Rudolf als durchaus nicht uninteressant befundenes Hochschulstudium der Oenologie ist ihm aufgrund einer Zugangsbarriere in Gestalt eines Chemieblocks verwehrt geblieben. Allerdings dürfte erst dieser Umstand die Eröffnung seines Geschäfts möglich gemacht haben.

Was bringt sich das? … und was sich das bringt!

Wenn Menschen im Bildungsbereich etwas nicht bewältigen, dann wird heute ganz gerne nicht der Akteur, respektive die Akteurin dafür verantwortlich gemacht, sondern die nicht bewältigte Materie, am allerliebsten ein zu hoher Theoriegehalt der nicht bewältigten Materie. Dazu passt ins Bild, dass heute ein unerfreuliches Ergebnis bei einem mittelaussagekräftigen Einheiztest nicht in einer Erhöhung der Lernanstrengung seitens Schülerinnen und Schüler, sondern in periodisch wiederkehrenden Revolutionen der Lehrpläne im Speziellen und des Bildungssystem im Allgemeinen zu resultieren pflegt. Nicht selten wird dabei ein Schulsystem revolutioniert, dessen man sich bereits vor dreißig Jahren – völlig zurecht – entledigt hat. In Anbetracht der Unzahl an pädagogischen Revolutionen und großen Würfen der letzten Jahre und Jahrzehnte scheint ohnehin kaum noch jemand einen Überblick zu haben über das, was ist, das, was war, und das, was sein wird oder soll. Aber das ist jetzt wirklich eine ganz andere Geschichte, zumal der pädagogische Ungeist hinter dem Krampus heute hoffentlich aus allen Schulen entfernt ist. Diesbezüglicher Vorreiter ist in den letzten dreißig Jahren übrigens, was nicht so viele wissen, die Religionsdidaktik gewesen, ein bissl gezwungenermaßen.

Jetzt aber wirklich S

Der scheint ein integrativer Bestandteil von vielen Vorstellungen im Zusammenhang mit Krampussen, Teufeln und der Hölle zu sein. Direkt zuträglich ist das der Nachrede vom Schwefel natürlich nicht. Das wiederum dürfte sich die Naturweinszene in besonderem Ausmaß zu Herzen genommen haben.

Schwefelige Ambivalenzen

Manchmal tut der Kopf weh. Schuld daran sind verhaltensoriginelle Wetterphänomene wie eine nur von wenigen Tagen unterbrochene Föhnperiode von ungefähr Ende August bis Mitte November. Auch daran ist etwas schuld, vor allem eine Religion. Eine Religion, die Bequemlichkeit zu einem Dogma macht. Ihr Papst hockt nicht im Vatikan, sondern im Silicon Valley oder wo und weist jegliche Verantwortung für die Klimakatastrophe und Schuld an ihr kategorisch von sich.

Jetzt aber wirklich wirklich S

In hohen Dosen scheint der nicht angenehm für den Kopf zu sein. Thérèse und Michel Riouspeyrous haben vor gut zwei Jahren den Rudl einmal besucht. Sie waren auf einer oenologischen Studienreise durch Österreich. Bedauerlicherweise muss dieses Unterfangen eher nur mittelgut vorbereitet gewesen sein, denn Thérèse und Michel haben über Unwohlsein im Kopf geklagt. Verantwortlich dafür haben Sie den Schwefelgehalt der verkosteten Weinen gemacht. Förderlich war das ihrem Bild vom österreichischen Wein nicht. Weine von Karl Schnabel, Josef Umathum und Franz Strohmeier haben dann die ehrenwerte Aufgabe übernommen, die Meinung des elsässisch-baskischen Paars über österreichische Weine zu korrigieren.

Der Rudl ist den Naturweinen dankbar für die Sensibilisierung in Sachen Schwefel, wobei man auch wieder dazu schreiben muss, dass es Winzer gibt, die vor dreißig Jahren, als biologischer Weinbau noch alles andere als cool gewesen ist, schon den Schwefeleinsatz minimiert haben. Josef Umathum wie erwähnt. Und sein Namensvetter im Nachbarort. Und noch ein paar andere Josefe, wie der Herr Kurt vielleicht sagen würde.

Diesen Weinbauern ist der Rudl genauso dankbar wie denen, die die Kunst beherrschen, langlebendige Weine ohne Schwefelung zu keltern.

Dogmatisierung

Weniger dankbar ist der Rudl denen, die den Verzicht auf Schwefelung zu einem Dogma erklären.

Verteufeln tut der Rudl den Schwefel nicht, schon deswegen nicht, weil der Wein bei der Gärung selber Schwefel produziert.

Wenn ein Winzer ohne den Einsatz von Schwefel präzise Weine zu kultivieren vermag, denn beeindruckt das den Rudl. Und wenn ein Winzer erkennt, dass er im Fall der Fälle mit einer möglichst geringen Schwefeldosis eingreifen muss, dann beeindruckt ihn das genauso.

 

Rosé vom Opok 2014, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (3/5)

 

Muskateller vom Opok 2015, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (3/5)

Morillon Graf 2013, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6/9)

Sgaminegg 2013, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6,50/10)

Pouilly Fumé „Pur Sang“ 1992, Didier Dagueneau, Saint Andelain, AOC Pouilly-Fumé, Loire (12/18)

Teran 2011, Branko und Vasija Čotar, Komen, Kras, Slowenien (4,50/7)

Rotwein 2012, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (3/5)

Blaufränkisch Hochegg Special Edition 2013, Karl Schnabel, Sausal Steirerland (6/9)

Mondeuse 2015, Jacques Maillet, Chautagne, AOP Vin de Savoie (6/9)

(in Klammern zuerst der Preis für das Sechzehntel, dann der für das Achtel)

Diese Weine, aber nicht ausschließlich diese gibt es diese Woche glasweise

am Mittwoch, den 5. Dezember und am Freitag, den 7. Dezember

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 12. und 14. und 16. Dezember:

Silberner Sonntag und vermutlich teure Weine

Im Übrigen erwartet Rudolf Polifka, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.

Herr Rudolf grüßt den Niglo!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Einiges über manche Weine, die man „darwoatn“ sollte, der Ausgewogenheit halber aber auch nichts über manche Weine, die man darwoatn sollte, oder zumindest ganz wenig

Schulmeister Rudolf hat Sie jetzt ein knappes Monat mit Warten konfrontiert. Als sehr zeitgemäß wird das nicht gelten, beweihräuchern die Kardinälinnen und Kardinäle des alternativlosen Zeitgeistes doch den Allessofortganzundständigkult, und am Black Friday noch ein bisserl mehrsoforterganzerundständiger, minus fünfundzwanzig Percent. Dem Entspanntheitsfaktor einer Gesellschaft zuträglich ist das nicht, aber die Hexenmeisterinnen und Hexenmeister der neoliberalen Geschäftstüchtigkeit haben Selbsterlösungsrezepte im Portfolio, von Esoterik bis zu Entspannungs- oder Aufputschmitteln, legalen und weniger legalen. Alles selbstverständlich streng säkularisiert. Wertfrei sowieso.

Ned meins“, sagt der Herr Kurt in solchen Fällen. Und auch der Rudl wartet lieber, auf die Zeit des Wartens zum Beispiel, den Advent oder Obvent, wie man den auf gut Westmittelbairisch heißt. Überhaupt würde dem Herrn Rudolf sofort jeder Genuss zum unerträglichen Horror, wenn er immer verfügbar wäre und ewig anhielte. Diesbezüglich unterscheiden sich ein Silex und ein Hégoxuri nicht von anderen Freuden.

Metaebene

Freilich hat das Warten seine Grenzen. Andernfalls wäre das Warten ja kein Warten, sondern Askese oder Puritanismus. Der ist dem Rudl seines auch nicht. Darum gibt es jetzt noch ein letztes Wartethema, quasi als Wartevorbereitung auf das Warten auf die Ankunft und dann ist dieser Hafer wieder einmal für ein Zeitl geschnitten, wie der Herr Kurt sagt, dass die Fußballer sagen.

Auf Wein warten

Einen Großteil der Weine aus dem Sortiment von Caviste Rudolf erkennt man daran, dass man es nicht bereut, wenn man diese Weine im Keller vergessen, vergraben oder verloren zu haben meint, freilich alles unter der Voraussetzung, dass man sie dann irgendwann wieder findet. Alle diese Weine bringt der Rudl diese Woche nicht zur glasweisen Kredenzung, manche schon, über manche davon schreibt er lediglich etwas und von anderen wird auch einmal die Schreibe sein, aber nicht diese Woche.

Jean-Claude Masson, Apremont

Vergangenen Sommer hat der Rudl wieder bei Monsieur Claude im Keller Platz nehmen dürfen. Im Freien hat es an diesem Vormittag zu dieser Zeit knappe vierzig Grad gehabt. Ideale Gelegenheit, sich etwas vertranspiriert in einem Keller zu verkühlen und den Rest des Urlaubs herumzurotzen und herumzuhusten. Aber dieser Gedanke ist im Keller von Masson spätestens nach dem dritten Wein ganz unwichtig. Zu impressionant ist, was Meister Jean-Claude erzählt, vielleicht noch mehr, wie er es erzählt, und am meisten, was er einschenkt, etwa aus einer Flasche seines Einstiegsweins „Lisa“ aus dem Jahr 1995, oder einer alten Centenaire. Der Jahrgang ist dem Herrn Rudolf nicht mehr zugänglich, weil in so einer Situation sogar er zum Mitschreiben aufhört.

Dass die Centenaire in einem Weingarten mit über hundert Jahre alten Rebstöcken steht, kann man auf der Homepage von der Domaine Masson nachlesen. Dass Monsieur Jean-Claude einen 45er davon aufgemacht hat, auch.

Trotzdem gibt es diese Woche die drei neuen Weine von Jean-Claude Masson nur flaschenweise zu erwerben, glasweise maximal noch den Rest der am Freitag geöffneten Lisa 2017.

Riesling Smaragd Achleiten 2016, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau

Von dem Engländer aus Stoke-on-Trent hat Ihnen Caviste Rudolf schon einmal erzählt. Sein Name fällt dem Rudl immer noch nicht ein. Da müssten Sie direkt beim Weingut Schmidl nachfragen.

Auf alle Fälle hat dieser Engländer in die Wachau geheiratet und seine Frau einen Weingarten in der Riede Achleiten geerbt. Der Engländer ist der Sohn eines Braumeisters. Und zur Kennzeichnung von besonderen Anlässen ist er von seinem Vater mit Wein konfrontiert worden und deshalb weinbegeistert. Anfänglich hat Herr, dem sein Name dem Rudl nicht mehr einfällt, aus den Trauben seines Weingartens in der Achleiten selber Biowein gemacht. Der Rudl hat seinerzeit einmal bei einem Wachauer Weinfrühling sogar ein paar Flascherl akquiriert, in einem Bioladen in Spitz, mit dem Radl, eh kloa. Radweinforscher Rudolf hat diese Weine gut, wenn auch äußerst kräftig in Erinnerung. Irgendwann ist diesem gewissen Engländer bewusst geworden, dass seine Leidenschaft für das Trinken von Wein und jene für die Arbeit im Weingarten nicht zwingend an das Vinifizieren von Wein gekoppelt sind. Und an diesem Tag, oder einen Tag später, das weiß der Rudl auch nicht, hat er seine Trauben der Dürnsteiner Bäckertochter und Biowinzerin Theresia Harm, vormals Schmidl offeriert.

Win-win?

An und für sich glaubt der Rudl nicht an dieses heute oft strapazierte Prinzip. Mit ihm verhält es sich nur allzu oft wie mit dem aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelzitat, demzufolge irgendwann einmal die Letzten die Ersten sein werden. Des Rudls Erachtens völlig zurecht erwidert Major Kottan dieses Zitat einmal lakonisch mit: „Des sogn die Ersten immer.“ Von Win-Win-Situationen sprechen in der Regel die Großen, Starken oder Ersten, wenn sie Kleinere, Schwächere oder Zweite nicht zu plump, aber doch über den Tisch ziehen möchten.

Beim Verkauf der Achleitentrauben an das Weingut Schmidl schienen aber nicht nur Verkäufer und Käufer, sondern auch der Konsument gewonnen zu haben.

Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

Wenn Sie jetzt anmerken, dass dieser Wein ja schon in der Vorwoche die Pyrenäenetappen der Tour de France 2019 weinifizieren dürfen hat, dann haben Sie recht. Und wenn der Rudl der Meinung ist, dass Sie auf einen Hégoxuri gar nicht zu lange warten können, dann hat er recht. Einen Siebenundneunziger hat Caviste Rudolf schon einmal kosten dürfen. Einen Hégoxuri aus der Zeit vor 1997 hat es nie gegeben und wird es auch nie geben. Drei Zweitausendzweier befinden sich noch im Keller vom Rudl. Über den postalischen Umweg einer Vinothek in Barcelona sind sie dorthin geraten. Öffnen wird der Rudl diese Woche aber keinen Hégoxuri, zumindest nicht in seinem Weingeschäft.

Blauer Burgunder 2015, Weingut Dieter Dorner, Mureck

Elias Dorner bringt seine Weine sowieso später in Verkauf. Siebzehner findet sich da noch keiner, zumindest kein stiller.

Prieuré Saint Christophe Rouge 2016, Domaine Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie

Wein aus dem Weingarten des mittlerweile sich in der Rente befindenden Michel Grisard. Der hat nicht nur mit Nicolas Joly und ein paar anderen Weinbaumeistern die Renaissance des Appellations gegründet, sondern auch mit Brice Omont den Weinberg in Cevins terrassiert und wieder bestockt. Dort wachsen heute Schiste, Améthyste und Quartz von der Domaine des Ardoisières. Nebenbei hat Michel Grisard auch noch ein Weingut geführt. Seine Weingärten hat er 2015 an die Giachinos übergeben. Viel bessere Hände und Köpfe hätte er sich dafür kaum aussuchen können. Mondeuse.

Mondeuse 2015, Jacques Maillet, Motz, Serrières-en-Chautagne

Auch Jacques Maillet ist in die Rente gegangen, deutlich jünger als Michel Grisard. Alt ausschauen tut er nicht, seine Weine sowieso nicht.

Marestel 2011, Domaine Dupasquier, Aimavigne

Vor Kurzem hat der Rudl eine Flasche Zweitausender Marestel aufgemacht.

Neuburger 2015, Dankbarkeit, Neusiedler See

Wenn es um lagerfähige Weine geht, darf ein Wein von Josef Lentsch nicht fehlen. Davon kann man sich im Gasthaus zur Dankbarkeit manchmal sogar überzeugen, leider halt erst wieder im Februar.

Grüner Veltliner Steinleithn 2016, Geyerhof, Kremstal

Dass die Zeit gegen Weine von Sepp Mantler keinen Auftrag hat, ist bloody obvious, wie der Engländer sagt. Darum diese Woche kein Wein vom Mantlerhof. Aus vergleichbaren Gründen kredenzt der Rudl zu diesem Thema auch keinen Wein von Sepp Muster und keinen Muscadet von Michel Brégeon.

Neuburger 2015, Dankbarkeit, Neusiedler See (3/5)

Grüner Veltliner Steinleithn 2016, Geyerhof, Kremstal (4,50/7)

Riesling Smaragd Achleiten 2016, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau (5/8)

Marestel 2011, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie (4/6)

Blauer Burgunder 2015, Weingut Dieter Dorner, Mureck (3/5)

Prieuré Saint Christophe Rouge 2016, Domaine Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (6/9)

Mondeuse 2015, Jacques Maillet, Motz, Serrières-en-Chautagne (6/9)

(in Klammern zuerst der Preis für das Sechzehntel, dann der für das Achtel)

Diese Weine, aber nicht ausschließlich diese gibt es diese Woche glasweise

am Mittwoch, den 28. November und am Freitag, den 30. November

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 5. und 7. Dezember:

vermutlich Weine ohne Schwefelzugabe

Im Übrigen erwartet Rudolf Polifka, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.

Herr Rudolf grüßt, wartet und freut sich noch immer!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Tour de France 2019. Warten drei

Mit seiner Begeisterung für die berühmteste Radlrennfahrerei der Welt hat Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, Monsieur Rudolf schon das eine oder andere Mal beglückt, konfrontiert oder belästigt, je nachdem wie positiv, neutral oder negativ Sie dem Rudl seinen Worte zur Tour de France oder dem Rennen selber halt gegenüber stehen.

Dieses Mal unter dem Blickwinkel des Wartens

Am meisten wird weltweit auf das ewige Leben gewartet. Und wenn Sie meinen, das sei nicht zeitgemäß, dann werfen Sie einen kleinen Blick in das Regal mit den Anti-Ageingprodukten der Drogerie Ihres Vertrauens. Das Monopol ist, wie ein paar andere auch, halt weggefallen, noch wahrscheinlicher ist es durch ein anderes ersetzt worden. Abgesehen davon hat sich beim ewigen Leben in den letzten zwei- oder dreitausend Jahren nicht viel getan.

Am zweitmeisten wird dann wahrscheinlich eh schon auf die, beziehungsweise bei der Tour de France gewartet. Das behauptet der Rudl jetzt einmal so, beziehungsweise stellt er es in den Raum, solange ihm die Digitalisierung noch einen lässt. Darum ist es letzte Woche gegangen.

Warten auf die Tour de France I

Beginnen tut das Warten auf die Tour ungefähr bei der Etappe, ab der klar ist, wer die Gesamtwertung gewinnen wird. Da machen sich beim Rudl Spuren von Wehmut breit und er überlegt sich, wie der Streckenverlauf im kommenden Jahr sein könnte oder sollte, wenn es nach ihm ginge. Ab diesem Zeitpunkt consultiert Herr Rudolf immer wieder die Internetseite des Rennens, um nach Hinweisen zum Datum der Streckenverlautbarung zu suchen. Der Rudl wartet.

Warten auf die Tour de France II

Irgendwann schreiben Sie dann, dass der Streckenverlauf am soundsovielten Oktober in Paris verraten wird. Der Rudl wartet.

Warten auf die Tour de France III

Einer der schönsten Momente der Tour de France ist jedes Jahr dann, wenn bei der Übertragung der Streckenpräsentation auf einem namhaften europäischen Sportfernsehkanal die Kamera über die stark virtualisierte Strecke fliegt. Der Rudl erkennt dann die Vogesen, den Mont Ventoux, auf alle Fälle die Alpen und die Pyrenäen. Dort ist er mittlerweile fast so daheim wie in Illmitz, Maxglan und der Bundeshauptstadt, der Bundeshauptstadt, die beim Warten auch kein Lercherl ist. Der Rudl hat manchmal den Verdacht, dass in Wien fast alles zum Warten ist, vor allem wenn es um Behörden, Verkehrsmittel oder die Post geht. Das scheint geradezu in der DNA dieser Stadt zu liegen. Wer weiß, vielleicht ist Wien ja entstanden, indem viele Menschen darauf gewartet haben, dass sie jemand über die Donau bringt, nach Stammersdorf hinüber oder nach Mistelbach. Und da haben sie sicher ein ganz schönes Zeitl gewartet, vor der Erfindung von Rollfähre und Hoovercraft. Bei der Warterei könnten sie sesshaft geworden sein. Wie auch immer, in Wien hat man Zeit zu haben. Überall, nur nicht beim Anstellen für Speisen und Getränke. Dort versucht der gelernte Wiener, in diesem Fall bewusst ungegendert, die ganze Zeit, die er auf Ämtern, in Apotheken und in der U6 gewartet hat, wieder gutzumachen.

Warten auf die Tour de France IV

Zieht der Rudl physische Präsenz bei einer Etappe in Betracht, dann wartet er ab der Streckenpräsentation auf eine Gelegenheit, in der eine einschlägige Unterbreitung seiner Ideen am ehesten auf positive Resonanz stoßen könnte. Der Rudl wartet, manchmal ziemlich lang.

Warten auf die Tour de France V

Unter der Voraussetzung, dass Warten IV nicht für die Haare gewesen ist, recherchiert Monsieur Rudolf sodann nach Quartieren, die den Besuch am Streckenrand erleichtern. Dieses Warten fällt zeitlich nicht besonders ins Gewicht und ist genaugenommen auch kein Warten, sofern man selbiges als passiven Vorgang versteht.

Warten auf die Tour de France VI

Nach einer allfälligen erfolgreichen Buchung eines Urlaubsquartiers in, respektive in der Näher der französischen Alpen beginnt das längste Warten. Nur merkt der Rudl davon nix, weil spätestens im November eines Schulmeisterjahres ein derartiges Holodaro einsetzt und bis Ende Juni nachhält, dass es dem Rudl schwer fällt, über die Zeit nach Schulschluss einen klaren Gedanken zu fassen. Rein theoretisch wartet der Rudl, nur merkt er davon nichts.

Warten auf die Tour de France VII

Irgendwann steht Caviste Rudolf mit ausgeschaltetem Telefon am Streckenrand, genießt die Atmosphäre und würde sich die Überraschung, wer als Erster daher radelt, von keinem Streamingdienst der Welt nehmen lassen.

Brüssel

Dort fahren sie nächstes Jahr weg, als Reverenz an Eddie Merckx, der 1969 seine erste von fünf Touren gewonnen hat. Es gibt in Belgien Weinbau. Damit ist dem Rudl seine Kompetenz in Sachen belgischer Wein erschöpft. Darum kann er Ihnen auch keinen offerieren.

Champagne

Über die Champagne, wo es extraordinaire gute Weine, von diesen aber anteilsmäßig so wenige wie selten irgendwo gibt, radeln sie dann nach Lothringen. Dort machen sie den berühmten Vin gris. Auch das muss theoretisches Wissen bleiben. Weiter in die Vogesen.

5. Etappe: Gewurztraminer „La Chapelle“ 2013, Domaine Zusslin, AOP Vin d’Alsace

Eine der Entdeckungen von Caviste Rudolf in diesem Jahr. Gewusst hat der Rudl von diesem Weingut. Und dass die dort einen Gewurztraminer haben, das hat er angenommen. Ein Jahr zuvor hatte sich Monsieur Rudolf in den Kopf gesetzt, an der nördlichen Rhône oenologisch zu forschen. Er ist auf seinen Vorbehalten gegenüber dieser Region sitzen geblieben. Trotzdem hat er ein Jahr später im Elsass unter vergleichbaren Voraussetzungen dasselbe probiert, mit zumindest den Weinen von Zusslin als Unterschied zu Hermitage. Du sollst dir kein Bild machen, zumindest kein endgültiges. Weil es schade wäre.

6. Etappe: Sélection 1998, André et Mireille Tissot, AOC Arbois, Jura

Auf ihrem Weg quasi diagonal durch Frankreich kommen sie dann durch den Jura. Und vom Jura ist es nicht weit zur Côte d’Or.

7. Etappe: Chassagne-Montrachet 1er Cru „Les Grandes Ruchottes 2007, Bernard Moreau et Fils, AOC Chassagne-Montrachet, Bourgogne

Dort ist der Rudl selber mit dem Radl gefahren. Im Neuner Jahr ist es gewesen. Auf der berühmten D973 noch dazu. Möglicherweise ist es oenologisch im Hinblick auf Transportkapazitäten auf keiner Straße so egal, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, wie auf der D973. Die Weine, die man dort kaufen könnte, braucht man eher nicht zu seinem Glück. Freilich gibt es sogar an der Côte d’Or Weine, die man ganz gerne kaufen würde. Nur heben sie dort nicht einmal das Telefon ab, wenn man entsprechende Kaufinitiativen entwickelt. Von Ab-Hof-Verkauf an jemanden, der nicht schon seit den Achtziger Jahren Stammkunde ist, kann bei Coche-Dury und auch bei ein paar nicht ganz so Prominenten gar keine Rede sein. Nur Michel Lafarge in Volnay hat dem Rudl seinerzeit die Tür aufgemacht, ihn sogar ein paar Weine kosten lassen. Dass Herr Rudolf damals nicht mehr mitgenommen hat, das tut ihm jetzt noch leid.

Die Radler werden auf der 7. Etappe andere Sorgen haben, aber anders als der Rudl damals am Abend oder zumindest im Ziel ein paar Glasl Meursault von Coche-Dury trinken können.

Es gibt Radsportfreundinnen und Radsportfreunde, für die es bei der Tour de France ausschließlich um den Besten, das Gelbe Trikot, geht. Darum für das Gelbe Trikot:

13. Etappe: Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

Und es gibt Radsportfreundinnen und Radsportfreunde, für die es bei der Tour de France um die Gesamtheit der Spitzenleistungen aller Art von allen beteiligten Athleten geht. Der Rudl hat vor jeder Abfahrt und sogar vor der Passage eines Kreisverkehrs von jedem einzelnen Teilnehmer mehr Respekt als vor Manchester City und Paris Saint Germain zusammen.

Für die Alpenetappen eine Streuung an Spitzenleistungen in unterschiedlichen Kategorien, samt und sonders Weine, die es zumindest in diesen Jahrgängen noch nicht offen beim Rudl gegeben hat:

  • Giac‘ Potes 2017, David und Fred Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (3/5)
  • Altesse 2017, David und Fred Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Big Bang 2016, Maxime Dancoine, Aiton, Vin de Pays des Allobroges (4,50/7)

Fünfzig Percent Jacquère, fünfzig Percent Altesse. Von Jacques Maillet selbst als würdig befundener Nachfolger von dessen P’tit Canon, nur dass es vom Big Bang noch weniger gibt. Maxime Dancoine bewirtschaftet weniger als einen Hektar. Aber nicht irgendeinen. Dazu ein anderes Mal viel mehr.

  • Chignin-Bergeron „Les Friponnes“ 2017, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (5/8)
  • Apremont „Lisa“ 2017, Jean-Claude Masson, Apremont, AOP Vin de Savoie (3/5)
  • Argile Blanc 2017, Domaine des Ardoisières, Cevin, Vin des Allobroges (4,50/7)Die folgenden hat es schon offen gegeben:
  • Chassagne-Montrachet 1er Cru „Les Grandes Ruchottes 2007, Bernard Moreau et Fils, AOC Chassagne-Montrachet, Bourgogne (12,50/19 – ohne Probieren „en avance“)
  • Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • Sélection 1998, André et Mireille Tissot, AOC Arbois, Jura (6/9)
  • Gewurztraminer „La Chapelle“ 2013, Domaine Zusslin, AOP Vin d’Alsace (5/8)

(in Klammern zuerst der Preis für das Sechzehntel, dann der für das Achtel)

In Paris gäbe es auch Wein. Der hat den Rudl bis jetzt nicht gereizt.

Diese Weine, aber auch noch einen ganzen Haufen andere, zum Beispiel etliche orangene, gibt es glasweise diese Woche wieder zu den gewohnten Öffnungszeiten

am Mittwoch, den 21. November und am Freitag, den 23. November

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Nachrichten aus dem Flaschensortiment

Weine von folgenden fünf Weingütern in Savoyen sind ab sofort flaschenweise verfügbar (Preis in Klammern):

Domaine Giachino

  • Giac‘ Potes 2017 (13,50)
  • Apremont 2017 (14,50 Euro)
  • Marius et Simone 2017 (19,50)
  • Mondeuse 2017 (17)
  • Persan 2017 (19,50)
  • Don Giachino (Méthode traditionelle) 2015 (18,50)
  • Altesse 2017 (18)
  • Prieuré Saint Christophe Blanc 2016 (30)
  • Prieuré Saint Christophe Rouge 2016 (30)

Domaine Partagé. Gilles Berlioz

  • Les Friponnes 2016 und 2017 (25)
  • Les Filles 2017 (32)
  • Les Fripons 2016 (32)

Jean-Claude Masson et Fils

  • Lisa 2017 (14,50)
  • La Déchirée 2017 (18,50)
  • La Centenaire 2016 (27)

Domaine de l’Aitonnement

  • Big Bang 2016 (19)
  • Solar 2016 (27)

Domaine de l’Ardoisières

  • Argile Blanc 2017 (20)
  • Schiste 2016 (37)
  • Quartz 2016 (70)

Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 28. und 30. November:

Warten IV. … Weine, die noch viel vor haben

Im Übrigen erwartet Rudolf Polifka, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.

Herr Rudolf grüßt, wartet und freut sich!

 

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro