… Weinauktion zugunsten des Integrationshauses am 9. November
Am Donnerstag, den 9. November findet im Alten Rathaus in der Wipplinger Straße die diesjährige Weinauktion zugunsten des Integrationshauses statt:
Dort gibt es nicht nur Weine zu ersteigern. Heuer verspricht das Angebot an Weinen, die man glasweise vor Ort zu sich nehmen kann, ganz besonders trinkenswert zu sein. Ein unentschuldigtes Fernbleiben von dieser Veranstaltung wird vom Rudl mit einem Anruf bei den Erziehungsberechtigten geahndet und kann Ihren Studienerfolg gefährden.
Zweifel
Ein ziemliches Zeitl hat der Rudl diese Mal herumspekuliert und sich nicht und nicht entscheiden können, ob er die nächste Lehrveranstaltung dem Baskenland oder Italien widmen soll. Italien ist ja ein bissl ein blinder Fleck auf der Riedenkarte des Rudls, das Baskenland nicht. Auf Weine der Appellation Irouléguy hat Caviste Rudolf quasi einen Dauer-Gusto. Dazu könnte er jede zweite Woche Forschungen durchführen.
So oder so, der Rudl hat sich zu einem Kompromiss entschlossen. Er wird sowohl Weine aus Italien als auch solche aus dem Baskenland kredenzen, zwei ungleiche Kontrahenten quasi oenologisch gegeneinander antreten zu lassen, in rot, weiß und rosé. Das eine oder das andere haben beide Länder sogar gemeinsam.
Gemeinsamkeit Italien – Baskenland I. Linguistik
Dort wie da versteht der Rudl Bahnhof, wenn die Menschen so sprechen, wie sie sprechen. Aber dort wie da versteht sie der Rudl, wenn sie Französisch sprechen. Und das tun sie sowohl im Aostatal, wo dem Rudl seine italienischen Weine mehrheitlich her sind, als auch in Irouléguy, der einzigen baskischen Appellation Frankreichs.
Der Vollständigkeit halber sei nicht unterschlagen, dass es sich bei der Vorgängerinnensprache des Italienischen um die Amtssprache in einem Imperium gehandelt hat. Beim Baskischen ist das eher unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen. Aber das müsste dann schon ein Imperium aus einer Zeit und Welt, die von Geschichtswissenschaft, Geographie und Linguistik noch nicht entdeckt worden ist, gewesen sein.
Gemeinsamkeit Italien – Baskenland II. Kartographie
Dann gibt es natürlich noch das Ost-West-Thema. Was die Längengrade betrifft, ist Aosta so weit westlich wie kaum ein anderes Weinbaugebiet in Italien. Für die Appellation Irouléguy gilt dasselbe hinsichtlich Frankreich.
Gemeinsamkeiten Italien – Baskenland III. Understatement
Und dann gibt es noch das Groß-klein-Thema. Aosta ist ganz eindeutig die kleinste Weinbauregion Italiens. Mit den Appellationen unterschiedlichster Art ist das in Frankreich so eine Sache. Aber unter den kommunalen Appellationen ist Irouléguy sicher eine der allerkleinsten, wenn nicht die kleinste. Immer wieder liest man von Irouléguy als dem kleinsten Weinberg Frankreichs. Zumindest was den Berg betrifft, stimmt das auch.
- Irouléguy Rosé 2019, Domaine Ilarria, Irouléguy, Sud Ouest (3/5)
- Hégoxuri 2019, Domaine Arretxea, Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)
- Dolia Rouge 2019, Domaine Arretxea, Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)einer der interessantesten Amphorenweine, wenn Sie den Rudl fragen
- Soave „La Rocca“ 2020, Pieropan, DOC Soave Classico (6/9)Der Rudl war im Juli in Venedig. Davon hat er sich oenologisch einiges versprochen, vor allem weil er über die Rebsorte Garganega Interressantes gelesen hatte. Er hat dann auch einen vielversprechenden Weinmeister in der weniger bekannten Appellation Gambellara ausfindig gemacht. Aber auf der Suche nach dessen Weinen im ziemlich nahen Venedig ist der Rudl von einer Weinbar in die andere Vinothek weitergeschickt und mit ein paar Häuslschmähs abgefertigt worden. Diesen Soave aus der Nachbarappellation von Gambellara hat der Rudl dann in einer Vinothek in Venedig gefunden. Für den Hinweis bedankt er sich wieder einmal beim Herrn Grafen.
Alles in allem: Wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, den Rudl fragen: Wegen Venedig müssen Sie keinen Umweg machen, ganz im Gegensatz zu Aosta. Da würde der Rudl sogar am Weg von Simmering nach Favoriten einen Umweg machen.
- Giulio Moriondo, LoRej 2015, Quart, Aosta, Italien (8,50/13)
„Cuvée de Roi“ steht zusätzlich am Datenblatt: Wein des Königs. Mit diesem Wein hat Giulio Moriondo die alte valdostanische Tradition eines Luxusweins, die seit mehr als einem Jahrhundert schon fast in Vergessenheit geraten war, wiederbelebt. 1494 soll Karl VIII. auf der Durchreise zur Eroberung Neapels Durst bekommen haben. Da hat man ihm diesen Wein, für den die Trauben vorher ein bis drei Monate auf Schilfmatten gereift waren, kredenzt. Vierzig Percent Nebbiolo rosé, laut Prof. Moriondo der König unter den Rebsorten, weil er weder Drahtrahmen noch Stock nötig hat. Dazu Nebbiolo, Neret, Cornalin und Petit Rouge, die letzten drei autochthone Valdostaner, alles auf einer Seehöhe von 630 Metern, indigene Heferln, kein Filtrieren, Schönen und dergleichen. Die Tabaknoten in diesem Wein passen ganz passabel zu vielem, was man im Herbst isst.
Prof. Giulio Moriondo aus dem Aostatal. Eine Wiederholung für Oenologinnen und Oenologen, die die Sommerschule I geschwänzt haben
Dass er bei diesem einen Termin bekommt, hat Caviste Rudolf offen gestanden nicht erwartet. Einen halben Hektar bewirtschaftet der emeritierte Professor des Institut agricole régional du Val d‘Aoste. Seine Forscherfreundschaften, zum Beispiel mit dem Ampelographen Genetiker José Vouillamoz aus dem Valais, pflegt er intensiv. Den Rudl interessiert das Wissen von Weinbauern grundsätzlich. Aber im Keller von Professor Moriondo ist er sich wie in einem Hörsaal vorgekommen. Vom Verhältnis der drei Weinbaugebiete rund um den Mont Blanc zueinander angefangen über den wissenschaftlichen, aber nicht ideologischen Zugang zum Bioweinbau, Geschichte, Volkswirtschaft und selbstverständlich Rebsorten hat Giulio Moriondo in neunzig Minuten einen beeindruckenden Einblick in seine Forschung vermittelt.
In einem Jahrhundert hat das Aostatal über achtzig Percent seiner Rebfläche verloren. Jetzt wächst sie wieder, aber minimal. Dabei haben die steilen Hanglagen, teilweise terrassiert und bis deutlich über tausend Höhenmeter hinauf reichend stets als besonders hochwertig gegolten. Vor allem der Föhn ist ein ganz großer Triumpf, wenn es um das Ausreifen von gesunden Trauben geht. Die gravierenden Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind auch kein Schaden. Aber Ende des neunzehnten Jahrhunderts ist es dann zuerst einmal mit Oidium losgegangen, dann die Reblaus und Kriege. Am meisten hat den Rebflächen jedoch die Eisenbahn zugesetzt. Der Zugang zu den deutlich billigeren, weil auf einfacher zu bewirtschaftenden Rebflächen wachsenden Weinen aus dem Piemont hat das Ende für ganz viele vor allem steile Weingärten im Aostatal bedeutet.
Zum Glück war Professor Moriondo die Arbeit im Labor und am Schreibtisch zu wenig. Darum hat er vor knapp fünfundzwanzig Jahren ein paar Parzellen mit alten, steilen Weingartenterrassen erworben. Dort stehen bis über hundertzehn Jahre alte, teilweise wurzelechte Rebstöcke. Wilde Minze und Thymian leisten ihnen Gesellschaft. In einem überschaubaren Keller, den Giulio Moriondo „mon laboratoire“ nennt, macht er im Prinzip zwei Weine. Einen auf der Basis von Nebbiolo Rosé, genetisch ein Sohn von Nebbiolo und aufgrund seiner Kletterfähigkeiten sowie natürlichen Resistenz gegenüber Rebkrankheiten von Professor Moriondo zum „König der Rebsorten“ geadelt. Und einen zweiten aus Rebsorten, die ausschließlich im Aostatal, manche sonst höchstens noch im Schweizer Wallis vorkommen. Dabei ist zu ergänzen, dass Nebbiolo und Nebbiolo Rosé im Aostatal immer schon daheim waren, aber halt nicht nur dort. Mit dem gar nicht so weit entfernten Savoyen hat das Aostatal oenologisch nicht viel zu tun. Während man in Richtung Norden nämlich lediglich über den Grand Saint Bernard fahren muss, um im jeweils benachbarten Weinbaugebiet herunterzukommen, schaut das in Richtung Westen, nach Frankreich hinüber anders aus. Da fährt man von Aosta zuerst einmal ein ganzes Stückl, bis man am Petit Saint Bernard ist. Dann geht es drüben über La Rosière hinunter. Aber unten in Bourg Saint Maurice wächst dann noch lange kein Wein. Die ersten Weingärten sind die Terrassen der Domaine des Ardoisières in Cevins, die ersten appellationsberechtigten gibt es überhaupt erst westlich von Albertville in Fréterive. Darum haben die savoyardischen Rebsorten mit denen des Aostatals nichts gemeinsam, wohingegen Wallis und Aostatal eng verwandt sind. So ist der Schweizer Humagne Rouge ident mit dem Cornalin im Aostatal. Dafür sind beide Namen französisch. Der Cornalin du Valais ist wieder etwas anderes. Der hat seinen Ursprung paradoxerweise im Aostatal. Dort gibt es ihn heute aber nicht mehr. Giulio Moriondo träumt davon, dass das nicht so bleibt. Petite Arvine ist den umgekehrten Weg gegangen, aber in beiden Tälern noch daheim. Dass sich im Aostatal weder Politiker noch Winzer besonders für diese verwandtschaftlichen Beziehungen interessieren, quittiert der Forscher mit einem halbamüsierten, halbverärgerten Kopfschütteln. Die über ein Jahrhundert verschwundenen Rebsorten Neret, Oriou Gris und Blanc Commun hat er gemeinsam mit José Vouillamoz wiederentdeckt, den Petit Rouge à baie blanche alleine. Und auf den ist er stolz. Womöglich würde es diese Rebsorte ohne Giulio Moriondo nicht mehr geben. Auf seinen unermüdlichen Streifzügen durch alte Weingärten hat er nach autochthonen Rebsorten gesucht und dabei 2007 den Petit rouge à baie blanche identifiziert. Den Weingarten, in dem er ihn aufgespürt hat, gibt es wie viele andere alte Weingärten im Aostatal nicht mehr, auch weder Grund zur Freude noch zu Verständnis für den Professor. Noch viel mehr ärgert er sich, dass viele valdostanische Winzer heute immer noch lieber Syrah, Merlot und Cabernets pflanzen, als auf Innovation oder Tradition zu setzen. Diesbezüglich könnte man von Professor Moriondo viel lernen. In einem seiner kleinen Weingärten hat er die sechs besten Klone von Cornalin, die er im Tal gefunden hatte, weitervermehrt – das Ergebnis jahrzehntelanger Versuche. Wenn man Forscher ist, muss man viel ausprobieren und geduldig warten, ist der Zugang von Giulio Moriondo. Aber auch seinen umfangreichen Publikationen in diesen Bereichen haben die politischen Autoritäten der Region bis jetzt nicht viel mehr als Ignoranz entgegenzusetzen gehabt. Mit seinen Weinen möchte Giulio Moriondo den ursprünglichen Geschmack des Tales zugänglich machen. Einen ganz kleinen Anflug von einem Eindruck dieses Geschmacks hat der Rudl im Keller von Professor Moriondo gehabt.
Sowohl Giulio Moriondo als auch Fabien Bonnet wollen gesunde Weine ohne Chemiekasten, aber auch ohne Ideologie. Darum behalten sie sich den Einsatz geringer Dosen Schwefel und Kupfer vor, weil sie präzise, saubere und erkennbare Weine anstreben.
- L‘Air des Cîmes , Les Petits Riens, Aosta
Wenn Sie so wollen, handelt es sich bei diesem Wein um das konsequenteste Gegenstück zu Beaujolais Primeur: Gamay gleichgepresst und jahrenlang ausgebaut
Les Petits Riens, Aosta. Eine Wiederholung für Oenologinnen und Oenologen, die die Sommerschule II geschwänzt haben
Vom Weinprofessor Giulio Moriondo fährt der Rudl kaum drei Kilometer weiter in Richtung Savoyen. Der Boden ist hier etwas weniger geschiefert als in Quart bei Signore Moriondo, enthält dafür mehr Gneis. Wir befinden uns am nord-westlichen Rand der schönen Stadt Aosta.
Die Mailänderin Stefania und der Jurassien Fabien haben beide Oenologie studiert. Fabien hat seine Diplomarbeit über die Weißweinerzeugung von Pierre Overnoy geschrieben. Bei Marie-Thérèze Chappaz im Schweizer Valais treffen Stefania und Fabien einander. Frau Chappaz bringt die beiden mit Giulio Moriondo in Kontakt. Dort finden sie das, was sie „eine Ecke des Paradises“ nennen und gründen die Domaine „Les Petits Riens“, ein zwei steile Hektar kleines Weingut mit zwölf Rebsorten, autochthonen und internationalen. Die Weingärten liegen zwischen sechshundert und achthundert Metern Seehöhe, Ausrichtung Süden, gut durchlüftet. Ein Unkrautvernichtungsmittel haben diese Weingärten nie gesehen.
Die Dimensionen des Weingutes ermöglichen eine lückenlose Begleitung aller Weine vom Austreiben der Rebstöcke bis zur Flaschenreife. Stefania und Fabien interessieren sich für das kleine Detail. Daraus resultieren präzise, raffinierte Weine mit Struktur. Sie verstehen ihr Weingut als Bremse für die Schnelllebigkeit unserer Zeit. Es sind das Kleine, das Leise und das Langsame, von denen die Petits Riens lernen, nicht die Lauten, Schnellen und Klugscheißenden.
Stefania und Fabien erziehen ihre Weingärten wie ihre Kinder. Fabien ist davon überzeugt, dass der Weinbauer prägender ist als das Terroir. Dass Hefen aus dem Reagenzglas, Filtrierung, artifizielle Klärung in ihrem Keller keinen Auftritt haben, ist naheliegend. Mindestens zwei Winter erleben die Weine im Gebinde, etliche auch mehr. Beim Füllen wird minimal geschwefelt. Es sind die kleinen Gesten, die den natürlichen Geschmack und die unvergleichlichen Aromen zugänglich machen.
… sowie Pinot Gris 2021 von der Dankbarkeit und zum letzten Mal den oxidativ ausgebauten „weißen“ Banyuls aus der Solera von der Domaine du Traginier gibt es glasweise
am Dienstag, den 24. Oktober von 16 bis 20 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Im Übrigen wartet Rudolf Polkifka immer noch, bis endlich der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, endlich zu einem europäischen Feiertag erklärt wird.
Baskisch-italienisch grüßt Caviste Rudolf!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien