Wie Ihnen, geneigter Oenologin, gewogenem Oenologen, möglicherweise bekannt ist, hat sich die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils dem Prinzip der Ausgewogenheit verschrieben, der Äquidistanz, wie man früher gesagt hat.
Einfach ist das nicht immer, das können Sie dem Rudl glauben. Auftrag bleibt es aber, zumal die unsichtbare Hand wieder einmal viel zu viele Menschen vor sich hertreibt, dem Rudl seiner Meinung nach wieder einmal komplett in der Flasche Richtung. Da fühlt sich Rudolf Polifka berufen, einen Kontrapunkt zu setzen, gegen den Schwefel des Konformismus. Und gegen den Pofel der Schwarzweißmalerei.
Krampus
Wenn es einen Krampus gibt, dann ist das in den Augen vom Rudl der, der sich von der Masse treiben lässt, der immer den Weg des geringsten Widerstandes geht, und bei aller Anbiederung an die Zielgruppe doch nur sein eigenes Geschäftsmodell im Auge hat, egal ob es sich dabei um Zeitgeist, Wein, Folklore, Fußball, Politik oder Mode handelt.
Jetzt können Sie freilich einwenden, dass der Rudl damit nicht zeitgemäß und also nicht im Neoliberalismus angekommen ist. Darauf können Sie wetten, daran wird sich auch nichts ändern.
Vom Krampus zum Schwefel …
… wäre es sowieso kein breiter Weg. Darum nicht ganz die Diretissima:
Der eine wie der andere haben heute in manchen Kreisen ein Imageproblem.
Zuerst zu Krampus und unsocial media
Den hat der Rudl seinerzeit nur in homöopathischen Dosen erlebt. Durch das Autofenster eines rostigen Citroën Ami 8 beim Gnigler Krampuslauf, vom Balkon im zweiten Stock auf der Straße darunter und zweimal sogar im Vorraum der elterlichen Wohnung, wobei die Eltern da im Vorhinein penibelst auf Distance bedacht gewesen sein dürften. Trotzdem hat der Rudl, wie hier schon das eine oder andere Mal erwähnt, vor allem mit seinem Cousin phantasievolle und kreative Maßnahmen gegen den finsteren Gesellen ersonnen. Die Beratungen darüber pflegten in der Regel bereits im September anzuheben. Entsprechend aufwendig und anspruchsvoll waren die Pläne. Ein hartes Leben, vor allem für den Krampus, theoretisch.
Heute erachtet der Mainstream moderner Pädagogik den Krampus als nicht kindgerecht. Der Rudl sieht das genauso. Er kann nur nicht ganz nachvollziehen, warum manche Pädagoginnen und Pädagogen das Problem im Krampus sehen, aber nur äußerst zaghaft bis gar nicht intervenieren, wenn Volksschulkinder einem Mediengeschäftsmodell geopfert werden, das doch in seinem Kern von einer gnadenlosen Trennung der Welt in gelikte Gute und den geringgeschätzten Rest lebt.
… und dann zum Schwefel
Vor Jahrzehnten sind engagierte Biowinzer hergegangen und haben gesagt: „Was zu viel ist, ist zu viel, zu viel Schwefel im Wein nämlich und das ist nicht gesund. Die Schwefelzugaben sind im Bioweinbau und bei etlichen konventionell arbeitenden Winzern zurückgegangen, der Schmerzmittelkonsum bei Weinkonsumentinnen und Weinkonsumenten detto. Dem Rudl hat das gut gefallen und noch besser geschmeckt.
Dann kommt die Naturweinwelle daher. Sie nimmt die Vorarbeiten der Biopioniere auf, nicht immer unter ausreichender Würdigung letzterer. Und weil auf dieser Welt auch die besten Dinge nicht vor Ideologisierung und Dogmatisierung geschützt sind, haben ein paar ganz Wichtige nichts Gescheiteres zu tun, als aus dem Verzicht auf Schwefelzugabe ein Dogma zu machen.
Zu viel bleibt zu viel.
An und für sich wäre das für den Rudl noch erträglich, wenn auch nicht ganz nachvollziehbar gewesen, bis ihm eines Tages ein junger französischer Winzer – manch junger französischer Naturweinwinzer nennt sich heute „Artisan“, aber vielleicht ist das auch schon wieder passé – erklärt hat, dass Jacques Puffeney die Weine zu viel schwefle. Jacques Puffeney ist nicht irgendjemand. Man nennt ihn „Pâpe d’Arbois“, und das nicht deshalb, weil er sorglos mit Schwefel umgeht oder Allerweltsweine macht.
Schwefel und Krampus
Dass zu viel Schwefel im Wein ein Werk des Krampus‘ ist, das steht für den Rudl außer Streit. Aber Dogmatisierungen jedweder Art verträgt der Rudl nicht viel besser. Darum lobt er sich Winzer, die gewissenhaft arbeiten, ausprobieren, wie weit sie beim Reduzieren der Schwefelbeigabe gehen können, dabei von ihm aus einmal auch zu weit gehen, aber dann auch den Mut haben, nicht so tolle Resultate gegebenenfalls einzugestehen und die Konsequenzen zu ziehen.
Didier Dagueneau
Didier Dagueneau hat in der ersten Hälfte der Neunziger Jahre seine Weine nicht geschwefelt, bedauerlicherweise, wie der Rudl gegenüber einem Vierundneunziger und einem Fünfundneunziger Silex, sowie einem Zweiundneunziger Pur Sang schmerzvoll feststellen müssen hat.
In der zweiten Hälfte der Neunziger Jahre hat Dagueneau dann probiert, die Weine so wenig wie möglich zu schwefeln. Silex 1999 war einer der besten drei Weine, die der Rudl jemals getrunken hat.
Trotzdem ganz ohne Schwefelzugaben
Bei ein paar Weinbaumeistern scheint es ganz ohne Schwefelzugabe zu gehen. Warum das so ist, dürfen Sie den Rudl nicht fragen. Er nimmt es respektvollst zur Kenntnis. Ein schlechtes Licht wirft das, nach der Meinung von Caviste Rudolf, aber nur auf jene Winzer, die sorglos mit Schwefeldosen umgehen.
- Trauben, Liebe und Zeit N°6, Franz Strohmeier, Lestein, Weststeiermark (5/8)Weißburgunder und Morillon auf der Maische vergoren und auf Gneis gewachsen
- Blaufränkisch Hochegg special edition 2013, Karl Schnabel, Sausal (6,50/10)Coproduktion von Monsieur le Vin Rouge, seinen Hinterwälder Rindern und den Schieferböden in Kitzeck
- Irouléguy Rouge sans sulfites ajoutés, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)Tannat und ein bissl Cabernets, Kalkböden und kein bissl Schwefelzugabe
- Irouléguy Rouge, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (4/6)Tannat und ein bissl Cabernets, Kalkböden und ein bissl Schwefelzugabe
(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)
Selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine kredenzt Monsieur Rudolf …
am Mittwoch, den 6. Dezember
von 16 bis 22 Uhr
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Freitag, 8. Dezember geschlossen!
Suppe mit Sinn
In Anbetracht der Temperaturen wird auch die dieswöchige Suppe mit Sinn wieder in Form eines Glühisabellaweins interpretiert und gegen eine Spende von einem Euro an die Wiener Tafel getrunken werden können.
Vorschau auf den 13., 15. und 17. Dezember
teuer und billig – ein Gebot der Ausgewogenheit
8. Dezember
Geschlossen – da sitzt der Rudl im Bräustübl und trinkt Weihnachtsbock aus dem großen Trinkgefäß, wenn noch einer da ist.
Der 8. Dezember wäre übrigens so ein Feiertag (der Stefanitag noch viel mehr), den der Rudl gerne gegen einen gesamteuropäischen Feiertag, am 27. Jänner, dem Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, an dem dann nicht eingekauft, sondern nachgedacht wird, eintauschen würde.
Dabei hat der Rudl nichts gegen Maria Empfängnis, er hält den Feiertag aber nicht für einen von ganz so zentraler Bedeutung. Und vor allem scheint ihm der 8. Dezember heute sowieso vorwiegend unter dem realkapitalistischen Motto „Shopping Mall statt Schule“ zu stehen. Das scheint ihm kein ausreichendes Motiv für einen österreichweiten Feiertag.
Auf den Niglo und den Nonkonformismus!