Dreizumquadrat Rebsorten in drei biodynamischen Rotweinen aus drei Ländern

Jacques Maillet: Chautagne Rouge – Mondeuse, Gamay, Pinot Noir – auf Sandstein

Sepp Muster: Rotwein – Blauer Wildbacher, Blaufränkisch, Zweigelt – auf Opok

Branko und Vasja Čotar: Terra Rossa – Teran, Merlot, Cabernet Sauvignon – auf eisenhältigem Karst

… alle drei Weine diese Woche glasweise und auch im Sortiment.

Quod erat demonstrandum, dass es auch kurz geht. Aber – sehr frei nach Professor Leopold Karasek – eigentlich geht’s ned kurz.

Eines vielleicht doch noch: Jetzt, wo Österreich musikmäßig wieder ganz vorne ist, möchte der Polifka-Rudl an den Trainer erinnern. Der war ja fast so etwas wie die personifizierte Absage an die faschistoide Castingshowfacebookerei. Dort ist es am wichtigsten, dass immer irgendwer als Hoppala-Depp oder als weniger Beliebter geopfert wird. Der Trainer hat die Menschen mögen. Die, die von der Gesellschaft schnell einmal geopfert werden, weil sie nicht so cool oder ein bissl patschert sind, vielleicht fast noch eine Spur mehr. Am 22. März wäre er 59 geworden.

Wenns jetzt eh schon wieder länger geworden ist: Chautagne gilt als die Provence Savoyens. Zikaden, Feigen- und Olivenbäume findet man in der nördlichen Verlängerung des Lac du Bourget, des größten natürlichen Sees, der vollständig in Frankreich liegt. Die Sommer sind heiß, die Winter mild, mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 20°, windgeschützt, mit 1076 mm Niederschlag pro Jahr, der nur äußerst selten als Schnee fällt. Anders als in vielen anderen Teilen Savoyens bestimmen hier nicht Jacquère und Altesse die Weingärten, sondern Rotwein. Von den kräftigen Gamays sagt man, dass sie die Brust und nicht das Hirn erhitzen, darüber hinaus länger altern können als Beaujolais. In Jacques Maillets Chautagne Rouge fristet der Gamay kein Singledasein, sondern hat es im Terzett mit Pinot Noir und Mondeuse lustig. Alle wachsen sie auf grünem und ockerfarbenem Sandstein aus der gut zweihundert Millionen Jahre alten Trias, dem Beginn des geologischen Mittelalters, womit wir wieder bei den Castingshows wären.

Drei Rotweine, die jeweils aus drei Rebsorten bestehen, wie immer nicht ausschließlich

am Mittwoch, den 14. Mai und am Freitag, den 16. Mai
von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 

Herr Rudolf grüßt ganz besonders den Grünen Veltliner Vogelsang 2002 vom Weingut Falk und alle Dorfclubs im Europa-Cöp!

Drei …

… undachtzig beginnt die Vertikale, die Herr Rudolf diese Woche glasweise ausschenken wird. Es wird sich dabei um den Grünen Veltliner Vogelsang des Weinguts Falk aus Bockfließ handeln. Dieses Weingut zeichnet sich durch einen ausgesprochen gepflegten Heurigen aus, vor einigen Jahrzehnten brachte man es noch in die Weinführer, worauf der Rudl nicht sehr viel gibt. Darum erspart er sich hier, darauf hinzuweisen, dass letzte Woche zum ersten Mal ein österreichischer Wein von Bertl Parker hundert Punkte erhalten hat. Es handelt sich dabei um den Riesling Vinothek 1995 von einem der ersten Lieblingsweingüter des Herrn Rudolf, dem Nikolaihof aus Mautern. Das könnte man erstaunlich finden. Der Rudl hat in den letzten Jahren nicht immer den Eindruck gehabt, dass diese Stilistik bei Parker so großen Anklang findet. Aber Geschmäcker ändern sich bekanntlich, manchmal. Und manchmal hängen Weinkritiker und Weinfreunde auch ihr Fähnlein ein bissl in den Wind.

Zurück zum Weingut Falk aus Bockfließ: In „Spitzenweingüter Östrerreichs“ von Mario Scheuermann aus dem Jahr 1991 wurde dem Weingut die gleiche Klassifizierung wie etwa Alphart, Schloss Gobelsburg, Hirtzberger, Knoll, Pitnauer oder Winkler-Hermaden zuteil. Damals wurde das Weingut als reines Weißweingut bezeichnet, das in Zukunft auch an die Auspflanzung von Cabernet Sauvignon denke. Wenn man das gemacht hat, ist er vermutlich in der Zwischenzeit schon wieder gerodet.

Auf alle Fälle schenkt Monsieur Polifka diese Woche folgende Jahrgänge des Grünen Veltliner Vogelsang von Falk aus und freut sich darauf schon wie ein kleines Kind, weil er sich Aufschlüsse über Wetter der einzelnen Jahrgänge und die Veränderungen in der Vinifizierung erwartet. Wer in den Weinen darüber hinaus Folgendes erschmeckt, kann um den Master of Wine einreichen und hat den Begriff „Terroir“ um ein paar nicht unbeträchtliche Facetten erweitert:

1983 beendet der seit ein paar Tagen gekrönte neue österreichische Fußballmeister die Meisterschaft in einer Sechzehner-Liga als Fünfter. Am 7. Mai besiegt der SC Alvorada Neusiedl am See eine Wiener Fußballmannschaft mit 2-1. Der UFC Purbach steigt aus der zweiten Division ab. Kein Verein der ersten beiden Sechzehner-Ligen wird aufgelöst. Für den 1. April plakatiert Günter Brödl ein Comback-Konzert von Ostbahn-Kurti in der Szene Wien, klebt dort dann „ausverkauft“ an die Tür, sperrt von innen zu und spielt über die Hausanlage die Platte „As it happens“ von Dr. Feelgood. In Bad Radkersburg kommt ein Schwager vom Herrn Rudolf auf die Welt. Letzterer überschreitet zum ersten Mal in seinem Leben die Demarkationslinie Enns. Eine Reise in das Burgenland wird für seine Zukunft nicht ganz ohne Folgen bleiben. Euphorisch hochgejubelter Weinjahrgang, heißer und trockener Sommer, oft hohe Alkoholwerte, aber wenig Säure. Vorletzte Ernte vor Publikwerden der Schönungsversuche mit Diethylenglykol.

1986 schafft der heute seit ein paar Tagen amtierende Meister durch einen zweiten Platz im Abstiegsplayoff den Klassenerhalt in der zweiten Division. Dem 1. Schwechater SC, dem FavAC und dem Villacher SV gelingt das nicht. Kein Verein der ersten beiden Ligen wird aufgelöst, nicht einmal Austria Salzburg, deren Vereinsführung beschlossen hat, sich dem SAK 1914 anzuschließen, was von diesem jedoch als nicht so gut Idee befunden wurde. Herr Rudolf unternimmt eine Studienreise nach Bergerac. In einem Jahr wird einer der größten und unterschätztesten Künstler des Landes, Otto Grünmandl, sein Programm „Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus“ vorstellen. Für viele politischen Akteure des Landes sollte dieses Kabarettprogramm auf Jahrzehnte hinaus zum politischen Programm werden, und ein fast synchroner Aufstieg von zwei Parteiobmännern, die einander angeblich nicht verputzen können, beginnt. Bedingt durch die extremen Fröste des Vorjahres und schlechtes Wetter während der Blüte wenig Wein, aufgrund des langen, warmen und trockenen Herbstes aber einer der besten Weinjahrgänge. Die Weine sind im Ausland nicht so gefragt, daher länger als gewöhnlich im Handel verfügbar. 

1993 verschustert der Meister in den letzten Runden einen großen Vorsprung und wird Zweiter in der ersten Division. LUV Graz steigt aus der zweiten Division ab. Daraufhin werden die Playoffs abgeschafft. Am Ende der Saison gründet sich die bestplatzierte Tiroler Mannschaft wieder einmal neu, was in Dornbach und Salzburg nicht unbeachtet bleiben sollte. Kulinarisch steht das Land im Zeichen der Erfindung der Kurti-Wurscht und der Entwicklung des Rezepts für die Kurti-Semmel. Die geringe Weinmenge 1993 wird gemeinhin auf Frostschäden im Februar zurückgeführt. Ein alternativer Erklärungsversuch, der die Gründung einer Wohngemeinschaft in der  Salzburger Alpenstraße kausal ins Spiel bringt, konnte sich nie durchsetzen, aber geben tut es ihn – anders als die WG – noch.

1997 wird derselbe Verein Meister der österreichischen Fußballbundesliga wie 2014. Mit dem Fav AC und dem VFB Mödling ziehen sich in einer Saison zwei Mannschaft aus dem Erfolgskonzept zweite Bundesliga zurück. Darüber hinaus fusionieren die beiden Linzer Vereine LASK und FC Linz, was zum ziemlich einzigartigen Namen LASK Linz führt. Ein Film, in dem Lukas Resetarits einen Wirt und Heribert Sasse den Trainer geben, kommt in die Kinos. Dass er, der Cineast schlechthin, in dem Film nicht vorkommt, nagt bis heute am Rudl – wahrscheinlich seine größte Chance, es einmal auf die Leinwand zu schaffen. Bei bis zu minus dreißig Grad knapp vor Jahresbeginn lässt es sich ein Oenologe nicht ausreden, mit defekter KFZ-Heizung von Salzburg nach Wien über das nordöstliche Weinviertel zu fahren. Doch auch er vermochte die Frostschäden in den Weingärten nicht zu unterbinden. Jahrhunderthochwasser im Juli, Trockenschäden in einer sehr warmer Leseperiode und eine Woche bis minus sieben Grad Frost in der dritten Oktoberwoche sorgen für einen abwechslungsreichen Weinjahrgang.

2000 Am 10. Oktober und lange Zeit danach want da Himmel Rotz und Wossa ohne End. Der vor wenigen Tagen gekürte Fußballmeister beendet die Saison als Sechster. Meister wird, wie in den Folgejahren, ein Verein, den es bald schon nicht mehr geben sollte. Im Erfolgsprojekt zweite Liga, das damals gerade „Erste Division“ heißt, werden mit dem FC Niederösterreich Sankt Pölten und dem SK Vorwärts Steyr zwei Mannschaften aufgelöst, ein anderes Erfolgskonzept mit dem Titel „Österreich neu regieren“ bedauerlicherweise noch nicht. Über die anhaltende Auseinandersetzung mit den Erfolgen dieser Regierung war hier im Februar dieses Jahres unter dem Titel „Du bist nicht allein (gelassen)“ einiges zu lesen. Ein fast idealer Weinjahrgang, mit einem heißen Sommer und einer äußerst frühen Ernte, den man in Anbetracht des Neuregiertwerdens auch dringend nötig gehabt hat. Aber Alkohol ist bekanntlich keine Lösung.

2002 Erneut wird der aktuelle Meister, der mittlerweile ja nicht mehr aus Lehen, sondern aus Siezenheim kommt, Sechster, erneut wurde die Tabelle vom FC Tirol Innsbruck angeführt, der dann allerdings liquidiert wird, in der zweiten Liga diese Saison der SV Braunau. Eine Parteiversammlung im steirischen Knittelfeld führt zu Neuwahlen, in Folge derer der jetzt kleinere Regierungspartner in einem noch affenartigeren Tempo Regierungsmitglieder austauscht, alle nur nicht den Schönsten, Besten und Erfolgreichsten. Der darf erfolgreich weiter wirken, wenn auch parteifrei. Auf eine meteorologisch unauffällige erste Jahreshälfte folgt am 2. Juli vor allem im Kremstal starker Hagel. Und dann beginnt es zu regnen. Weine mit einem guten Gleichgewicht an Frische und Frucht.

2003 Dritter Platz, in der zweiten Liga wird kein einziger Verein aufgelöst. Vielleicht weil es zu heiß war. Eine halbe Million Menschen beteiligt sich im Mai an den größten Streiks seit fünfzig Jahren. Ein Parteichef und ein Fastnichtmehrschonwiederdaparteichef entdecken ihre gemeinsame Vorliebe für Spargel und Wein, der in diesem Jahr aufgrund hoher Temperaturen in fast ganz Europa alkoholreicher als sonst ist. Wenn er zu spät gelesen worden ist, kann man ihn heute fast nicht mehr trinken. Massiver Einsatz von synthetischen Korkersatzstoppeln, die nicht nur etlichen Korkenziehern zum Verhängnis werden, nicht so am Weingut Falk, wo Naturkork verwendet wird. Und mit Jahresende geht auch noch Kurt Ostbahn in den wohlverdienten Ruhestand.

2004 Siebter Platz, Meister wird mit dem GAK ein Verein, dem das nicht viel besser bekommen sollte als dem FC Tirol Innsbruck kurz vorher. In der zweiten Liga wird der BSV Juniors Villach, Nachfolgeverein des SV Bad Bleiberg aufgelöst. Ein sogenannter „Rechtsintellektueller“ übersiedelt nach einem fulminanten Wahlerfolg von 6,31 Prozent nach Brüssel. Wahrscheinlich sollte dort herausgefunden werden, was das genau sein soll, ein „Rechtsintellektueller“. Bis dato erfolglos. Das Wetter ist im Großen und Ganzen eher kühler. In manchen Gebieten reifen die Trauben nicht ganz aus, im pannonischen Klima des südlichen Weinviertels schon. 

2007 Inzwischen wird der aktuelle Meister von Red Bull gesponsert und Meister. Die beiden Grazer Vereine beenden die Meisterschaft mit insgesamt 32 Punkten Abzug, aufgrund des Lizenzierungsverfahrens. Aus der Regionalliga Ost steigt der ASK Schwadorf in die zweite Liga auf. Dort bleibt er genau eine Saison, obwohl er weder auf- noch absteigt und nicht einmal zugesperrt wird. Inzwischen hat Österreich noch eine rechtspopulistsche Partei mehr. Die alte rechtspopulistische Partei ist ein Jahr zuvor von einem Wiener übernommen worden. Wenige politische Beobachter rechnen damit, dass es diese Gruppierung noch lange geben wird. Doch dann entdecken die Coverfotographen der investigativen Hochglanzmagazine den Wiener als Motiv. Bis August erinnert das Wetter an 2003, in manchen Gebieten mit massiven Hagelschäden. Ab September wird es dann feucht. Nicht alle trockenen Weine dürften frei von Botrytis sein.

2012 Auch damals gewinnt der gerade wieder frisch gekrönte Fußballmeister die Liga. Dem in der zweiten Liga spielenden Traditionsverein LASK Linz wird die Lizenz für die Bundesligen entzogen, den lustigen Namen darf er behalten. Rudolf Polifka tritt von seinem Ruhestand zurück und gründet ein Weingeschäft, Kurt Ostbahn nicht. Das Weinwetter ist in Österreich abwechslungsreich und bringt schlankere Weine hervor, in Savoyen klagt Jacques Maillet Anfang August über das meteorologisch schlimmste Jahr, das er als Winzer je erlebt hat. Erst eine Dienstreise Herrn Rudolfs durch Frankreich im August scheint das Wetter dort zur Raison zu bringen.

 

Diese zehn denkwürdigen, um nicht zu sagen, merkwürdigen Jahrgänge schenkt Rudolf Polifka diese Woche aus

am Mittwoch, den 7. Mai und am Freitag, den 9. Mai

von 16 bis 22 Uhr in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,

Reindorfgasse 22,

 

wie gesagt „nicht ausschließlich“.

 

Herr Rudolf grüßt die Wetterfrösche und fast alle neuen Fußballmeister!

Drei Weine aus beinahe drei Zeitzonen, drei Jahrgängen und drei unterschiedlichen Ausbaugebinden,

für die keine einzige Eiche gerodet werden musste – keine aus Allier, keine aus Amerika und auch keine steirische – diese Woche glasweise in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, aber nicht ausschließlich.

Ein namhafter steirischer Terroir- und Klassikwinzer, der jetzt auf „Bio“ macht, hat in Klöch Weingärten gepachtet. In diesen Weingärten wurde vor ein paar Jahren eine alte altehrwürdige Eiche umgeschnitten, vielleicht wurde sie auch umschneiden gelassen, in Anbetracht der Tatsache, dass er ein gräfliches Weingut bewirtschaftet, respektive bewirtschaften lässt, wahrscheinlich eher Letzteres. Auf alle Fälle wächst dort, wo seit ewig dieser Baum über die Ruine Klöch auf die Halden des imposanten Basaltbergwerks geschaut hat, jetzt Sauvignon Blanc – junge Reben. Von außen deutet nichts auf eine besondere Begünstigung dieser Lage hin, geologisch nicht, Hangneigung oder –ausrichtung auch nicht und detto nichts, was den Wasserabzug betrifft, aber was weiß man: Vielleicht gibt es unter der Erde ganz besondere Bedingungen, die dort einen Sauvignon Blanc wachsen lassen, neben dem der Silex wie ein Mischungswein dasteht. Vor dem neuen Sauvignon Weingarten steht jetzt ein Kunstwerk aus Holz. Der Titel des imposanten Stumpfs, erraten: „Alte Eiche“. In einem Land, in dem Andreas Gabalier als bodenständig gilt, werden das möglicherweise gar nicht so viele als unfreiwillig komisch auffassen.

Damit will Herr Rudolf natürlich nichts grundsätzlich gegen den Ausbau von Wein in Holzgebinden geschrieben haben. Seine Lieblingsweine aus der Appellation Irouléguy werden in Mannhartsberger Eiche der Fassbinderei Stockinger ausgebaut. Höchstens etwas gegen geschäftstüchtiges Zurschaustellen von Urigkeit, aber das wäre ein anderes Thema.

Auf alle Fälle wird Rudolf Polifka kommende Woche einen georgischen Mtsvane 2011 vom Weingut Schuchmann, ausgebaut in Tonamphoren, ausschenken.

Dazu einen Grünen Veltliner Hengstberg 2006 von Toni Söllner, der sich damals im Steingut auf seine Abfüllung gefreut hat.

Und dann noch einen Muscadet 2004 von Michel Brégeon, gewachsen auf dem so ziemlich härtesten Weinbergboden, den es gibt, dem vulkanischen Gabbro. Dieser Wein drängt sich diese Woche förmlich auf. 89 Monate ist er in unterirdischen Glastanks auf der Feinhefe gelegen, was die „Revue du Vin de France“ als französischen Rekord bezeichnet. Altmeister Brégeon soll den Chablis-Winzer Franςois Raveneau einmal gefragt haben, warum dessen Weine 400 Euro kosten und seine eigenen 20. Darauf Reveanau: „Weil meine in Chablis wachsen und Ihre im Muscadet.“ Wer einen Winzer sehen will, der bodenständig ist und nicht nur aus marketingtechnischen Gründen ein Bodenständigkeitsfederl auf seinen Hut gesteckt hat, der kann Michel Brégeon in Gorges ja einmal besuchen. Und wenn Monsieur Brégeon gerade eigenhändig seine Flaschen einzeln etikettiert, wird er vielleicht eine Pause machen, seine Muscadets zum Verkosten anbieten und bei den Erklärungen beweisen, dass lehrreich und witzig kein Gegensatzpaar ist.

Wer in den nächsten Tagen nicht in der Nähe von Nantes vorbei kommt, der kann sich irgendwo auf You tube ein Interview mit Michel Brégeon anschauen.

Darüber hinaus gibt es ab sofort Leo Uibels Kampfansage an das Douro-Tal nicht nur, aber auch zu verkosten, seine Rosa Pearls sind wieder verfügbar und das Bräustübel-Bier aus Salzburg Mülln steht auch wieder auf der Karte,

am Mittwoch, den 30. April und am Freitag, den 2. Mai

von 16 bis 22 Uhr in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,

Reindorfgasse 22

Herr Rudolf hat die Ehre!

Drei äußerst unterschiedliche Steine

– drei steirische Weinbaugebiete. Die aktuelle österreichische Weinbaugebietsverordnung teilt das steirische Weinland in Weststeiermark, Südsteiermark und Südoststeiermark ein, wobei die Südoststeiermark in der Weinbaubürokratie bis nach Hartberg hinauf reicht, in der politischen Reformpartnerschaftsbürokratie aber bestenfalls bis Walkersdorf. Die Weinbaugebietsverordnung von 1963 hat dieses Weinbaugebiet Klöch-Oststeiermark genannt, was die Nachbargemeinden von Klöch vermutlich nicht so begeistert hat, den Winzern in Pöllau, Kaibing oder Hartberg die Identifikation aber ziemlich sicher erleichtert haben wird. Irgendwann kommt wahrscheinlich sowieso die DAC Steirische Klassik, oder die DAC Reinzuchthefenummerirgendwas – „aus Gründen der Einfachheit für den Kunden“, wie die Kommunikationsexperten gerne sagen.

Eine eindimensionale Zuordnung von Böden wird den drei Weinbaugebieten natürlich nicht gerecht. Dazu sind alle drei Gebiete geologisch zu vielfältig. Aber für die Weststeirmark wird man schon das Urgestein Gneis als besonders charakteristisch bezeichnen können, so wie für die Südsteiermark Opok und für die Südoststiermark, vor allem für Klöch, vulkanischen Basalt.

Aber wie gesagt: In geologischer Hinsicht ist die Steiermark ein vielfältiges Weinland, fast ein bissl vergleichbar mit Irouléguy im französischen Baskenland, nur dass dort die verschiedenen Böden sich auf zweihundert Hektar zusammen tummeln. So wie einige Winzer in Irouléguy übrigens immer mehr davon ausgehen, dass ihre seit jeher eher als Rotweinterroir geltende Appellation noch viel besser für Weißwein geeignet ist, beweisen zum Beispiel Karl Schnabel und Sepp Muster, dass dort, wo Sauvignon, Welschriesling, Muskateller, Traminer und Morillon als Platzhirsche gelten, auch Rotwein wächst, und was für einer, sofern man bei Rotwein nicht an Marmelade denkt. Ob es eine steirische Entsprechung zu den Poudingues der Chapelle de Rousse im Juranςon gibt, wäre Gegenstand anderer Überlegungen, da Süßweine in der Steiermark keine so große Rolle spielen, aber vielleicht auch wieder wurscht.

Es gibt auch eine Steiermark südlich der Staatsgrenze, quasi ein Transmuranien. Die ist gar nicht einmal so klein, ähnlich wie beim Baskenland, von dem es ja auch nicht nur einen französischen Teil gibt. Hören sie „Baskenland“, denken viele sogar zuerst einmal an den Teil südlich der Pyrenäen, weil dort ein paar Kommunikationsgenies eine Trennung von Spanien propagieren. Eigenartig: Zuerst ersetzt man in den Schullehrplänen das Lesen, Rechnen und Schreiben durch Kommunikations- und Präsentationstechniken, weil ein paar BildungsexpertInnen behaupten, dass die Kinder das später dringender brauchen. Und dann wundert man sich, wenn in der Öffentlichkeit vor allem Geistesriesen präsent sind, die zwar präsentationstechnisch mit allen Wassern gewaschen, aber von der Frage nach dem Ergebnis von 1+1 regelmäßig mit gröberen Problemen konfrontiert sind.

Dabei wäre ja schon viel erreicht, wenn diese Experten auf den Trainer hören würden. Der hat diese Rechenaufgabe 1992 ein für allemal gelöst, was auf der Kurt Ostbahn-CD „Saft & Kraft“ nachzuhören ist. Leider scheint es nur so zu sein, dass Menschen mit Defiziten in Mathematik auch sehr oft einen scheußlichen Musikgeschmack haben. Den Rudl erinnert das an den Weingeschmack mancher Zeitgenossen. Es wäre interessant, in Form eines Schulversuchs festzustellen, inwiefern sich eine zusätzliche Wochenstunde Rechnen auf Musik- und Weingeschmack der Österreicherinnen und Österreicher auswirkt. Aber momentan ticken die Uhren im Ministerium in eine andere Richtung.

Zurück zu den cispyrenäischen Basken und den cismuranischen Steirern: Im Wesentlichen verfügen beide über dreieinhalb Weinanbaugebiete. Irouléguy, Juranςon und Madiran, beziehungsweise für Weißwein Pacherenc du Vic-Bilh die Basken. Weststeiermark, Südsteiermark, Südoststeiermark und nicht so südliche Südoststeiermark die anderen. So sehr die cismuranischen Steirer bei aller Eigenart und Sturheit Österreicher sind, so sehen sich die cispyrenäischen Basken als Teil Frankreichs. Wenngleich auch dort die Bureaucratie kein Lercherl ist, aber das ist eine andere Geschichte, die anlässlich des 10. Junis zu erörtern sein wird. Wozu der (Westentaschen-)Separatismus führt, ist im Übrigen immer noch nicht Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, aber ziemlich sicher auch das Resultat einer klassischen Rechenschwäche. Allerdings gilt für Rechenschwachen fast immer die Unschuldsvermutung.

Die drei cismuranischen steirischen Weinbaugebiete stehen nach Ostern so wie vor Ostern die drei cispyrenäischen baskischen Appellationen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Monsieur Rudolf.

Ein „Trauben, Liebe und Zeit Rosé“ 2008 von Franz Stohmeier, der bis 2007 „Lestoa“ geheißen hat, von der Blauen Wildbacher Traube gekeltert wird, auf Urgesteinsböden wächst und jetzt wahrscheinlich nicht unbedingt die Erwartungen erfüllt, die viele Roséweine aus der Provence wecken. Wobei es dort ja auch ganz andere gibt.

Dann ein „Muskateller vom Opok“ 2011 von Sepp Muster, auch das ein Wein, der Weintrinker, die über den Almdudler auf den Geschmack von Muskateller gekommen sind, vor den Kopf stoßen könnte.

Und aus Klöch, zu Ehren des heiligen Drachentöters, der am 23. April seinen Namenstag hat, einen Traminer Hochwarth 2012 von Josef Wonisch, gewachsen auf vulkanischen Klöcher Basaltverwitterungsböden. Der heilige Georg, der 1969 von Papst Paul VI. aus dem katholischen Heiligenkalender entfernt, weil zu viel um seine Biografie ungesichert ist. 1975 taucht der Schurl dort aber wieder auf. Darüber hinaus gilt er als einer der vierzehn Nothelfer. Und schon wieder drängt sich – beim Drachentöter – der Lindwurm auf, genauer gesagt die Gscheidln, die politisch ihr Heil immer in rechentechnischen Würmern mit übergroßem Präsentationsdrang suchen. 

Diese drei Weine, aber natürlich nicht ausschließlich diese

am Mittwoch, den 23. April und am Freitag, den 25. April

von 16 bis 22 Uhr in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,

Reindorfgasse 22

Herr Rudolf grüßt den Erzherzog Johann und die Freunde des Lesens, Rechnens und Schreibens! Rudolf Polifka

Karwoche geschlossen

In der Karwoche (14. bis 20. April) ist Monsieur Rudolf auf Dienstreise. Die „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ bleibt daher in dieser Zeit geschlossen.
Nächster Öffnungstag ist Mittwoch, der 23. April. Thematisch wird es dann um die österreichischen französischen Basken gehen.
Herr Rudolf wünscht frohe Ostern!

Drei

… Jahrzehnte Willi Resetarits als Ostbahn. Das sollte eigentlich das Motto für das gesamte Jahr, zumindest aber für die Zeit der physischen, seelischen und geistlichen Vorbereitung auf den 22. und den 24. August 2014 sein.

Spät, aber zumindest fast zeitgerecht zum 31. Geburtstag des ersten Ostbahn-Kurti-Comeback-Konzerts in der Szene Wien am 1. April 1983 kann jetzt auch der Rudl nicht mehr schweigen. Höchste Zeit, die nächste Zeit in das Zeichen der Zahl 3 zu stellen.

Wenn man heute „drei“ hört, drohen einem ja ganz andere Erstassoziationen. Das Wischgewerbe zum Beispiel. Und das zählt jetzt nicht gerade zu den drei Dingen, die der Rudl auf eine einsame Insel mitnehmen würde. Damit dürfte der Rudl aber keine mehrheitstaugliche Antipathie sein Eigen nennen. Viele Aufrechtgehende scheinen ohne mobiles Endgerät gar nicht mehr leben zu können, bei einem gar nicht einmal so kleinen Teil von ihnen scheinen eine Hand und der Blickkontakt schon mit dem Endgerät verwachsen – mit gröberen Konsequenzen für den Betrieb am Gehsteig zum Beispiel.

Und auch das EU-Parlament scheint die Wischerei anders zu sehen als der Rudl. Darum hat es letzte Woche mit überwältigender Mehrheit das Aus für die Roaming-Gebühren beschlossen. Vielleicht damit man im Urlaub nicht so stark mit unbekannten Dingen konfrontiert wird und stattdessen ordentlich draufloswischen kann. Und im EU-Parlament sind überwältigende Mehrheiten gar nicht so häufig. Da sitzen nämlich ziemlich viele ziemlich unterschiedliche Abgeordnete. Auch solche, wo man sich gar nicht so leicht tut nachzuvollziehen, inwiefern die irgendetwas anderes als Sägespäne oder Stroh vertreten können. Aber bitte. Wenn es um die Einschätzung der Endgerätewischerei und-quatscherei als Segen für die Menschheit geht, scheinen sogar der Teufel und das Weihwasser einer Meinung zu sein. Der Rudl nicht. Wenn es nach dem Rudl ginge, würde es eine Steuer auf Mobilkommunikation geben, und zwar eine saftige. Und mit dem Geld könnte die Republik dann zum Beispiel endlich ihre Entwicklungshilfe auf die versprochene, immer noch lächerliche Höhe von 0,7 Prozent erhöhen. Oder sich seriös um unbegleitet minderjährige Flüchtlinge kümmern. Und dann ist da ja auch noch diese Strahlung, die von den Endgeräten und von den vielen wunderbaren Masten auf den Dächern ausgeht. Völlig unbedenklich, hört man immer wieder, vor allem von den Wischnetzbetreibern. Vielleicht könnte man eine Untersuchung finanzieren, die ermittelt, ob die so harmlos ist, eine Untersuchung, die nicht von den Wischnetzbetreibern selber in Auftrag gegeben worden ist. Aber mit diesen Forderungen scheint der Rudl, wie gesagt, nicht den Puls der Zeit zu treffen. Es is halt so praktisch, das Wischen …

Nebenbei ist drei aber auch noch eine Zahl, und gar nicht einmal eine so belanglose. Von einem ganzen Haufen Dinge gibt es drei: Ecken beim Dreieck, Dritteln beim Eishockey und Chinesen mit dem Contrabass. Dann natürlich auch Könige nach Neujahr, auch Blueskönige, worauf der Trainer einmal hingewiesen hat, Leugnungen des Felsen Petrus nach der Festnahme Jesu, Dimensionen des dreifaltigen Gottes.

Auch beim Wein spielt die Zahl drei keine unwesentliche Rolle. In eine Bouteille Wein, „Budön“, gehen fast genau drei Viertel, „Vial“, Liter Wein, gerade so wie in einen Takt von der Lieblingsmusik der Wiener, halt nicht Wein. Wobei es für einen durstigen Menschen sicher mehr von Bedeutung ist, dass aus der Budön drei Vial herauskommen, als dass sie hineinpassen. Wie auch immer: Wein ist dreidimensional strukturiert, wie der Mensch. Vielleicht entsprechen dem, was bei den meisten Menschen Herz, Hirn und Körper sind, beim Wein Boden, Wetter und Zeit. Grenzbereiche der Anthropologie und Oenologie.
Drei ist auch die Anzahl der weißweinhältigen Appellationen des erweiterten französischen Teils des Baskenlandes: Irouléguy, Jurançon und Pacherenc du Vic-Bilh. Und aus diesen drei Appellationen, aber nicht ausschließlich, werden diese Woche in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ Weine ausgeschenkt.

Zur Bezeichnung des Pacherenc de Vic-Bilh hat man einen gascognischen Dialekt herangezogen: Bi de Bits Pacherads sind Weinreben, die auf an Pfosten wachsen. Vic Bilh ist das alte Land. Vor sechzig Jahren deuteten dort fünfzig armselige Hektar Wein auf eine Weinvergangenheit hin, heute sind es etwa 1300. Die Böden sind vielfältig: Kieselsteine, ton- und quarzhältiger Schotter, Kalk und Schlamm. Pacherenc de Vic-Bilh ist eine Weißweinappellation. Sie ist deckungsgleich mit der bekannteren Rotweinappellation Madiran. Die interessanten Madirans sind reinsortige Tannats. Es wird empfohlen, sie zehn bis dreißig Jahre zu lagern, ehe man sie öffent. Es warad wegn de Gerbstoffe. In der Zwischenzeit wird Monsieur Polifka einmal einen Montus Blanc 2007 von Alain Brumont aufmachen.

Das Jurançon liegt süd-westlich von Pau und besteht eigentlich aus 3 Terroirs. Dem vielleicht österreichisten aller französischen Weinberge um Lasseube. Dort dominiert eine Flyschformation aus Sandstein, Schiefer und Kalk. Das ist in Frankreich lange nicht so oft anzutreffen wie in Österreich. Das Kerngebiet des Jurançon liegt um die Chapelle de Rousse mit den berühmten Poudingues de Jurançon, auf Deutsch weit weniger klingend etwa mit Kalkkonglomerat zu übersetzen. Dort liegt nicht nur die Domaine de Souch der Grande Dame des Jurançon Yvonne Hégoburu, deren Weine Herr Rudolf führt, sondern auch die Jardins des Babylone, das südwestfranzösische Weingut von Didier Dagueneau. Legendär ist das Jurançon für seine Süßweine, deren hochreife Trauben im Herbst von warmen Fallwinden aus den Pyrenäen getrocknet. Einen Clos Joliette von Madame Migné soll der Besitzer von Château d’Yquem einmal „mieux que le mien“ – besser als der meine – genannt haben. Dann gibt es noch ein drittes Terroir, in dem Sand und Schlammablagerungen vorherrschen, die Gegend um Monein. Die Herausforderung, die drei Weinberge innerhalb des Jurançon einmal einer genaueren Betrachtung zu unterziehen, hebt sich der Rudl noch ein Zeitl auf, vergessen wird er sie nicht. Diese Woche wird einmal Wein von der Chapelle de Rousse ausgeschenkt. Trockene Weine galten im Jurançon lange Zeit als Häresie. Darum wird er süß sein. Die Weine aus dem Jurançon schmecken in ihrer Jugend nach Mispeln, Annanas, Haselnüssen und getrockneten Früchten. Unvergleichlich werden sie, wenn sie im Alter dann Trüffelnoten entwickeln.

Ganz so unvergleichlich aber auch wieder nicht. Die trockenen Weine aus der Lieblingsappellation von Rudolf Polifka können das auch. Natürlich nur die wenigen, die zum Reifen geeignet sind. Irouléguy heißt sie und sie ist die südwestlichste aller französischen Appellationen – und die baskische Appellation im engeren Sinn. Über sie wurde hier schon das eine oder andere kundgetan. Auch Irouléguy und der Domaine Arretxea, deren Hégoxuri 2010 Monsieur Rudolf noch nicht einmal in den Verkauf gebracht hat, werden hier bei Zeiten detailliertere Zeilen zu widmen sein. Derweil einmal nur eines: Michel Riouspeyrous baut einen Teil seines Weißweins Hégoxuri seit 2009 in 3 Differenzierungen aus. Nicht nach den drei Rebsorten, aus denen er besteht: Gros Manseng, Petit Manseng und Petit Courbu, sondern nach 3 Terroirs: vulkanischer Ophite, Schiefer und stark eisenhältiger Sandstein. Wieder drei.
Weine aus dem Pacherenc du Vic-Bilh, dem Jurançon und Irouléguy

am Mittwoch, den 9. und am Freitag, den 11. April
jeweils von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22.

In der Karwoche ist dann schulfrei. Darum ist auch die „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ geschlossen. Erster Öffnungstag nach den Osterfeiertagen ist Mittwoch, der 23. April.

Herr Rudolf verschont Sie mit einem dreifachen Hipp-Hipp-Hurra, sondern
grüßt avec ses meilleurs salutations, natürlich auch die drei Neffen Tick, Trick und Track.

Der Biachlbauer und der Weise. Zwei mal zwei Weinviertler (Rieslinge)

Bildungsexpertin Heinisch-Hosek verlautbart just am Ende der Feldtestungswoche von Schulmeister Rudolf, dass sich am Fahrplan zur Einheizmatura nichts ändern wird. Das werden jetzt bitte aber wirklich nur die allerarglosesten Zeitgenossen für einen Zufall halten. Offensichtlich liest das Ministerium hier mit und nimmt auch Anteil an den bildungspolitischen Bemühungen von Professor Polifka. Was das BIFI mit noch so viel Marie nicht schafft, das erledigt der Rudl mit fünf Flaschen Pinot Noir.

Es hat auf alle Fälle letzte Woche niemand nach einem Punsch verlangt. Selbst die kursorischsten Leserinnen und Leser unter den Kundinnen und Gästen verfügen über ausreichende Kompetenzen im Sinnerfassendlesen. Dass eine Korrelation zwischen dem Konsum bestimmter Weine und hoher Lesekompetenz besteht, will Herr Rudolf damit freilich nicht behauptet haben. Ganz ausschließen tut er es aber auch nicht. Sollte sich irgendwann herausstellen, dass es da eine Verbindung gibt, würden sich daraus natürlich interessante Konsequenzen für eine Bildungsreform ergeben.

Kurz und gut: Die Endverbraucher der Weine von Herrn Rudolf sind keine Trotteln. Darauf hat sich der Rudl zwar nichts einzubilden, aber unerfreulich ist es auch nicht. Und mindestens genauso freut es Rudolf Polifka, dass sich die Produzenten am anderen Ende der Kette nicht nur durch ziemlich gute Weine, sondern durch Herz, Hirn und Haltung auszeichnen.

Nehmen wir zum Beispiel Roland Minkowitsch: Als sein Vater das Weingut übernahm, war er darauf nicht vorbereitet. Darum ist es für ihn nahe gelegen, sich in Fachbüchern über den Weinbau zu informieren. Das hat damals ein Haufen „praxisorientierter“ Kollegen lächerlich gefunden und ihm den Namen „Biachlbauer“ gegeben. Die haben ihren Wein so wie alle anderen auch gemacht, mit massentragenden Rebsorten. Roland Minkowitsch sen. hat in den Fünfziger Jahren Qualitätsreben in Hochkultur ausgepflanzt und offensichtlich nicht nur sein Wissen, sondern auch Haltung seinem Sohn weitergegeben. Irgendwie scheint man das in den Weinen zu schmecken. Vielleicht verwendet Roland Minkowitsch deswegen noch heute eine alte Baumpresse aus dem Jahr 1820. Dass ein Mann wie Roland Minkowitsch sen. Staatssekretär im Innenministerium und zweiter Nationalratspräsident war, könnte einen fast ein bissl wehmütig machen, heute, in einer Zeit, in der Politik oft mehr von dämlichdreisten Einheizzeitungen und Kommunikationsberatern als von Fachbüchern und Haltung geprägt zu sein scheint.

Andere Weinviertler Persönlichkeiten sind Heinrich Salomon und sein Sohn Josef aus Falkenstein. Sie führen ein zertifiziertes Bioweingut. So etwas ist heute nicht so selten. Aber zu der Zeit, als sie an den sogenannten Pflanzenschutzmitteln zu zweifeln begannen, galten sie damit noch als Spinner und verantwortungslos. Noch ein bissl bemerkenswerter ist vielleicht, dass der Junior auf seinem Weg zum Bioweinbau schon sehr früh vom Vater bestärkt worden ist. Und ähnlich wie bei den Weinen von Roland Minkowitsch kann man auch bei diesen Weinen den Unterschied schmecken.

Am 2. und 4. April freut sich Herr Rudolf deshalb besonders, von beiden Winzern jeweils einem jungen Wein sein gereiftes Pendant gegenüber stellen zu dürfen. Eine 1997er Riesling de vite Jähe Lissen Spätlese von Roland Minkowitsch wird den 2012er, der ab sofort in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ erhältlich ist, davor beschützen, allzu früh geöffnet zu werden. Und der 2002er Riesling Rabenstein von Josef Salomon wird vom 2012er an seine Jugend erinnert. Freilich wie immer nicht ausschließlich, so wird es beispielsweise einen zumindest für die Hallen von Herrn Rudolf neuen Grünen Veltliner von Leo Uibel geben.

am Mittwoch, den 2. und am Freitag, den 4. April

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22.

Herr Rudolf freut sich auf die Rieslinge und wünscht eine passable zweite Wochenhälfte!

Punsch – Nicht genügend

Punsch heißt Punsch, weil er aus 5 Zutaten besteht. Und 5 heißt in der Sprache derer, die den Punsch vielleicht erfunden haben, nämlich auf Hindi „paňc“, was soviel wie 5 bedeutet. 5, weil eben 5 Zutaten in den Punsch gehören: Arrak, Zitronensaft, Tee, Gewürz und Zucker. Wenn man früher im Winter durch die Stadt gegangen ist, konnte man an zahlreichen Plätzen stehen bleiben und so einen Punsch zu sich nehmen. Manchmal hat man dabei das Gefühl gehabt, dass man es dabei nicht nur mit 5 Zutaten zu tun hat, oder zumindest nicht mit den 5 oben genannten.Genau 5 und keines mehr oder weniger ist auch die Zahl der Jahrzehnte, aus denen Herr Rudolf nächste Woche österreichische Pinot Noirs öffnet. Und genau 5 und nicht eines mehr oder weniger ist die Zahl der österreichischen Weinbaugebiete, aus denen die 5 Pinot Noirs aus den 5 verschiedenen Jahrzehnten stammen: Neusiedlersee Hügelland, Carnuntum, Südburgenland, Neusiedlersee und Südoststiermark. 1971, 1986, 1994, 2009 und 2011 werden die Jahrgänge sein.

Und weil zum Pinot Noir – anders als letzte Woche zu Altesse und Mondeuse – fast das meiste eh schon geschrieben ist, erlaubt sich Rudolf Polifka, Ihre Lesegeduld dieses Mal weniger zu strapazieren.

Allerdings geht es jetzt trotzdem weiter. Es handelt sich beim vorliegenden Kurztext, nämlich gewissermaßen um eine Feldtestung in Sachen sinnerfassendes Lesen. Diese sogenannten „standardisierten“ Tests haben bis vor kurzer Zeit regelrecht geboomt. Ein ganz lukratives Feldtestergewerbe ist da entstanden, vorwiegend mit öffentlichen Aufträgen und deshalb lukrativ vorwiegend für schuleschwänzende Lehrerinnen und Lehrer, weniger lukrativ für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Aber vor wenigen Wochen ist die Feldtesterei dann plötzlich in Misskredit geraten. Schuld ist ein rumänischer Server, wer sonst? Auf alle Fälle wurden die Feldtestungen sofort auf Eis gelegt, wo sie vielleicht eh am zweitbesten aufgehoben sind, aufgrund der Datenunsicherheit. Vielleicht lassen sich da noch drei oder vier Dinge finden, die man mit dieser Begründung aufs Eis legen könnte.

Der Rudl hat da auf alle Fälle nicht länger zuschauen können und die Initiative ergriffen. Mit diesen Zeilen wird er in dem Moment, in dem Sie, geneigte Leserin, gewogener Leser, sich diese zu Gemüte geführt haben werden, Österreich – und zwar nicht nur das halbwüchsige Österreich – auf seine Kompetenz, sinnerfassend zu lesen, feldgetestet haben. Und wer in der kommenden Woche in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ einen Punsch verlangt, der hat nicht bestanden und muss einen Förderkurs besuchen, den dann vielleicht auch gleich Master of Education Rudolf P. anbieten könnte. Vorher wird das Zentralorgan aller Durchgefallenen titeln:
„So rettete Rudl Pisa“

Also 5 österreichische Pinot Noirs aus 5 verschiedenen Jahrzehnten und 5 verschiedenen Weinbaugebieten, aber nicht ausschließlich

am Mittwoch, den 26. März und am Freitag, den 28. März
von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

Herr Rudolf wünscht Ihnen und allen rumänischen Servern eine agreable Woche!
Rudolf Polifka

Der rote Graf und andere Querulantenweine aus den französischen Alpen

Die Anhänger des FC Évian Thonon Gaillard besingen das „Croix de Savoie“, weil der Fusionsverein des 1924 gegründeten FC Gaillard von 2003 bis 2007 „Football Croix de Savoie 74“ geheißen hat. 2007 wurde der wiederum mit dem Olympique Thonon Chablais zum „Olympique Croix de Savoie 74“ fusioniert. Den heutigen, vergleichsweise unklingenden kreuzlosen Namen trägt der Verein übrigens seit 2009, nachdem im Dezember 2008 die ehemaligen französischen Teamspieler Zidane, Lizarazu und Boghossian Anteile an der Kapitalgesellschaft erworben haben.

Das Croix de Savoie ziert fast jedes savoyardische Weinetikett. Seit 1991, vermutlich als Vorbereitung auf die olympischen Winterspiele in Albertville, ist es in das Glas der „Savoyarde“, einer spezifisch savoyardischen Weinflasche, geprägt. Doch deren Zeit dürfte auch schon wieder vorbei sein. Immer mehr savoyardische Weine, vor allem interessantere, werden in Burgunderflaschen gefüllt. Und in der „Veronique“, einer Rheinweinflasche mit vier Ringen am oberen Hals, finden man fast nur mehr reife Weine.

Beim Croix de Savoie handelt es sich um das Wappen Savoyens, einer französischen Region mit bewegter Geschichte, die für fast alles bekannter ist als für ihren Wein. Aber das hat quantitative Gründe, keine qualitativen, findet der Rudl. Zweitausend Hektar Rebläche sind für eine Weinbauregion mit Renommée vermutlich zu wenig. Aber viele Weine, die dort wachsen, verdienen eine eingehendere Auseinandersetzung.

Zurück zum Wappen: Es zeigt eigentlich ein silbernes Kreuz auf rotem Grund, das von den meisten Grafikern zu einem weißen Kreuz auf rotem Grund abstrahiert wird, übrigens gerade so wie das beim eigentlich auch silbernen Wiener Wappen der Fall ist. Wo der Ursprung des Croix de Savoie liegt und ob es dort eine Verbindung zum Wiener Wappen gibt, hätte eigentlich Hauptinhalt dieser Zeilen sein sollen. Doch Schulmeister Rudolf vermochte es nicht zu eruieren. Für zweckdienliche heraldische Hinweise ist er dankbar.

Das Wiener Wappen und das Croix de Savoie scheinen spätestens im dreizehnten Jahrhundert verwendet worden zu sein, in beiden Fällen ist ein Kreuzzugshintergrund anzunehmen. Wo damals nicht?

Als Missing Link zwischen Savoyen und Wien würde sich natürlich Prinz Eugen Franz von Savoyen aufdrängen, nahe dessen Denkmal die Familie Sackbauer beim versuchten Besuch des Opernballs geparkt hat. Aber für einen Wappentransfer war es zur Zeit Eugens schon zu spät. Da war der Hafer schon geschnitten, um die von Kurt Ostbahn überlieferten Worte Hans Krankls zu strapazieren.

Prinz Eugen ist ein Wiener Idol, das es unbedingt zu militärischen Ehren bringen wollte und das deshalb kein langes Federlesen machte, als es um die Wahl des Herrscherhauses, für das er Dienst tun wollte, ging. Seine Wahl fiel auf das Haus Österreich, in dem die erhoffte militärische Laufbahn am wahrscheinlichsten schien. Trotzdem führte er die Hinweise auf seine italienischen und französischen Wurzeln im Namen und unterzeichnete mit dem italienischen Vornamen“Eugenio“, der deutschen Präposition „von“ und der französischen Regionsbezeichnung „Savoy“. Seine Entscheidung für Österreich wird er vermutlich eher nicht bereut haben. Schon mit zwanzig Jahren war er 1683 im Kader für die Schlacht am Kahlenberg. Heute kämpfen junge Sportler, die sich für Österreich entschieden haben, in diesem Alter gegen die Sperrstunde in Grazer Tanzlokalen und gegen alkoholhältige Getränke, die sie nicht vertragen.

In der Geschichte Savoyens spielt Eugen Franz keine so große Rolle. Die wird dominiert von einer Kette Amadei, deren Höhepunkt vermutlich Amédée VIII (1391 – 1440) darstellt. Der Sohn von Amédée VII, dem „Comte Rouge“ (der Rote Graf), leitete eine Periode besonderer Blüte in Savoyen ein. Amédée VIII führte 1430 gegen den Widerstand des Adels und der Städte in der Region um den Genfer See und Piemont ein umfassendes Gesetzbuch ein. Wie wäre der mit den Interessen der sogenannten „institutionellen Anleger“ in der Causa Hypo Alpe Adria verfahren? Und wie mit den Falotten, die das Fiasko verbrochen haben und sich jetzt dreist über Umfragerekordwerte freuen?

Amédée VIII zog sich vier Jahre nach der Einführung dieses Gesetzbuches übrigens weder in die EU-Kommission noch in den Vorstand irgendeines „institutionellen Anlegers“, sondern in die Kartause Ripaille am Genfer See zurück. Dort wird heute ein erfreulich tonischer Weißwein („Château de Ripaille“) und ein Rotwein, der nach seinem Vater „Le Comte Rouge“ benannt ist, gekeltert.

Aber anstatt nur mehr dem Rebensaft zuzusprechen wird Amédée VIII nur fünf weitere Jahre später auf dem Konzil von Basel zum Gegenpapst von Eugen IV gewählt und das, obwohl er nicht einmal dem Klerus angehörte. Amédée VIII gab sich als Heiliger Gegenvater den Namen Felix V. Ob dieser Name dem Glück der tollen Weine von Ripaille oder der überraschenden Wahl zum Gegenpapst geschuldet war, wissen wir nicht. Immerhin zehn Jahre hielt Felix V der üblen Propaganda des amtierenden Papstes stand. Einer der Höhepunkte der Schmutzkübelkampagne von Eugen IV war 1440 eine Bulle, in der er unter anderem die Savoyer Alpen und das Aosta Tal als Hort von Hexen und Ketzern diskreditierte. Und noch heute haben die Bewohner der savoyardischen Alpen den Ruf von Querköpfen. Zum Glück nicht ganz zu Unrecht. Denn ginge es nach den Kontrollneurotikern der INAO, des „Institut national de l’origine et de la qualité“, dann sähen die kleinen Weinberge Savoyens mit ihren nicht ganz übersichtlichen 22 Crus und den mehr als zwölf Rebsorten vermutlich anders aus.

Als Reverenz an den savoyardischen Eigensinn gibt es diese Woche nach dem zugegebenermaßen nicht ganz ungewagten „Reife-Schilcher-Thema“ der Vorwoche quasi eine Bank: les Vins de Savoie. Die roten der spät reifenden Rebsorte Mondeuse, die sich vor allem auf Schiefer- und Kalkgeröllböden von ihrer besten schwarzgepfefferten Seite zeigt: Jacques Maillet, Frédéric Giachino, beide Mondeusen von der Domaine Saint Germain: „Le Pied de la Barme“ und „Le Taillis“ und ein „La Brova“ 2005 vom Rotweindoyen Savoyens, Louis Magnin – alle zusammen von Biowinzern.

 

Die weißen Weine sind von des Rudls Lieblingscepage: Altesse, zu Recht auf Deutsch „Hoheit“ genannt, als einzige Rebsortenappellation Savoyens auch Roussette genannt. Vermutlich 1366 wurde sie von Amédée VI. vom Kreuzrückzug aus Zypern mitgebracht. Die wirklich segensreichen Dingen sind aus dem Morgenland in das Abendland gelangt, zumindest bis man dort Erdöl entdeckt hat. Der Ampelograph Pierre Galet bringt die Altesse mit dem ungarischen Furmint in Verbindung. In voller Reife bringen die rötlichen Trauben elegant-rassige Weine mit einem unnachahmlichen Aroma nach Bergamotten, Haselnüssen, Mandeln, Honig und Lindenblüten hervor. Die drei Altesse von Jacques Maillet (Chautagne, über hundert Jahre alte Rebstöcke auf Sandstein), von Frédéric Giachino (Kalksteingeröll) und Noёl Dupasquier (Jongieux, von mit dem Pickel in Kalkfelsen gehauenen Rebstöcken) könnte der eine oder andere Besucher der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ schon einmal getrunken haben. Zusätzlich wird es eine Altesse vom biodynamischen Winzer Michel Grisard geben. Der ist gemeinsam mit Nicolas Joly (Coulée de Serrant) Gründungsmitglied der „Renaissance des Appellations“. Die setzt sich für die Unverwechselbarkeit von Weinen ein. Die vier Faktoren Temperatur, Licht, Wasserversorgung und Geologie arbeiten überall auf dieser Welt auf eine ganz bestimmte eigene Art zusammen. Und ein Wein, der nicht durch eine Unzahl an Herbiziden, Pestiziden, Aromaheferln und anderen segensreichen Interventionsmitteln verhunzt ist, sollte genau von diesem überall einzigartigen Zusammenspiel von Temperatur, Licht, Wasserversorgung und Gestein geprägt sein. Paradoxerweise wird gerade dem Altesse von Michel Grisard immer wieder die Appellation „Vin de Savoie“ verweigert, weswegen der Wein 2005 „Altesse le Refus“ (Altesse die Verweigerung, Ablehnung) geheißen hat. Ganz fremd muss einem das im DAC-Raiffeisenweinland nicht sein. Und für Verweigerer der Verweigerung gibt es die konventionelle Variante der Grisard-Altesse von den Brüdern von Michel: Philippe und Jean-Pierre

 

am Mittwoch, den 19. März und am Freitag, den 21. März

von 16 bis 22 Uhr     

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 

Wenn Sie diese Zeilen bis hierher gelesen haben, dann bedankt sich Herr Rudolf dafür auf das Heftigste. Es war der bisher vermutlich längste Newsletter des Rudl.

Merci! Monsieur Rudolf

Reife Schilcher und der Unterschied zwischen Deppen und Narren

Es gibt Menschen, die wollen vor allem eines: dass man ihnen Prestige zuschreibt. Und das atmen sie auch aus, mit jeder Pore ihrer Haut: sonore Stimme, langsame Sprache und Gestik, joviales Lachen und Fidelsein, an Psychose grenzender Mangel an Selbstironie und ein para-erotisches Verhältnis zu – nicht selten motorisierten – Statussymbolen: die personifizierten Souveränitäten. Gerhard Polt und Otto Grünmandl haben ihnen vor dreißig Jahren ein literarisches Denkmal gesetzt („Die ganze Welt und überhaupt. Gespräche in einem Raum“), dem eigentlich nichts hinzuzufügen wäre, wenn es diese geborenen oder penibel gecoachten Souveränitäten nicht in verzichtbarer Regelmäßigkeit herausfordern würden, dass man ihnen ihr überschaubares Format vor Augen hält. Und dann gibt es natürlich auch Menschen, die krankhaft von solchen Figuren fasziniert sind, die Claqueure und Claqueusen, manchmal auch Nachäffer der Souveränitäten.

Bemerkenswert erscheint dabei, dass vor ein paar Jahrzehnten solche Souveränitäten auch noch in der Politik zu finden waren. Heute sucht man sie dort vergeblich (nicht jedoch ihre Claqueure). Die Souveränitäten selber scheinen sich in die mehr oder weniger private Wirtschaft zurückgezogen zu haben. In der Politik machen sie sich bestenfalls als Berater(honorar) bemerkbar.

Solchen Erscheinungen mit Skepsis, nötigenfalls auch mit Spott zu begegnen, auf gar keinen Fall aber über ihre jovialen Witze zu lachen, ist eine der wenigen Lehren, die sich Herr Rudolf aus seiner frühen Kindheit gemerkt hat. Beide Seiten dieser konversen Erscheinung – die Darsteller wie die Anhimmler – betrachtet der Rudl als Deppen.
Und von diesen unterscheidet er die Narren, denen komplett zu Unrecht der Fasching als Zeit zugeschrieben wird. Schaut man sich so eine Faschingssitzung nämlich einmal an, dann sieht man dort keine Narren, sondern erst recht wieder die jovialen Deppen und ihre auch nicht viel gscheiteren Bewunderer. Die Narren hat man längst davon gejagt, gekreuzigt, eingeliefert, assimiliert oder in ihrem Narrentum pragmatisiert und ihnen damit den Narrenzahn gezogen.

Die Narretei begegnet aber natürlich nicht nur den anthropomorphen Souveränitäten mit Skepsis, sondern auch den entsprechenden Geistes- und Gemütshaltungen, den Weisheiten, die halt land- oder stadtläufig so angenommen werden, allem, was einem der Hausverstand angeblich so sagt und den übrigen kleinen und großen Konformismen, die so sind, weil sie immer schon so waren.

Eine Weinweisheit, die einem der Hausverstand nahelegt, ist es zum Beispiel, Schilcher jung zu trinken, wobei damit natürlich nicht gemeint ist, sich den entsprechenden Regelungen des Jugendschutzgesetztes zu widersetzen und dem Schilcher bereits im Vorschulalter zuzusprechen. Dazu wäre vermutlich jeder Wein besser geeignet als der Schilcher mit seiner rustikalen Säure und den herben Noten. Die gängige Meinung empfiehlt, Schilcher nicht lange zu lagern. Das wird in vielen Fällen sinnvoll sein, immer stimmt es nicht. Ein begeisternd lebendiger Schilcher von Sepp Muster aus dem Jahr 1992, der 2013 geöffnet wurde, hat das in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ schon gezeigt. Gemäß dem Motto des Apostels Paulus, „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1 Thess 5,21), gebietet es die Narretei, diese Woche drei reife Schilcher zu öffnen, zwei aus dem Jahr 1990, einen aus dem Jahr 1991. Der Rudl ist auf das Resultat selber schon gespannt. Einer davon ist übrigens vom Weingut Fuchs-Maierhofer aus Gundersdorf, das in Weinbüchern der Siebziger Jahren immer wieder als Pionier der naturbelassenen Weine, des lagenspezifischen Ausbaus und der Interventionsreduktion genannt wird (Helmut Romé, Die großen Weine Österreichs).

Dabei sei natürlich darauf hingewiesen, dass das Anrennen eines Narren gegen etablierte Meinungen und Weisheiten nicht ausschließlich mit Siegen über die etablierten Meinungen und Weisheiten endet. Manchmal erweist sich das Etablierte als sinnvoll. Aber den Versuch war es gemäß 1 Thess 5,21 wert. So oder so werden auch andere Weine zur Ausschank kommen, auch junge Schilcher. Und zwar

am Mittwoch, den 12. und am Freitag, den 14. März
jeweils von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

Rudolf Polifka grüßt diese Woche ganz besonders die Passagiere des „Narrensschyffs“ (1494) von Sebastian Brant und jene des Flascherlzugs von Stainz!