Drei Weine zu den ersten Tour de France Etappen und eine Podersdorferin

Morgen, am Dienstag, den 8. Juli beginnen in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils die diesjährigen

Tour de France Sonderöffnungszeiten.
Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag
von 19 bis 22 Uhr

wird Monsieur Rudolf seine Weinhandlung aufsperren. Gleich viermal in der Woche, dafür aber erst um sieben Uhr am Abend. Hat ja keinen Sinn, der Alkohol, bei der Hitze und außerdem fahren sie ja vorher. Und den Weg der Tour de France nach Paris wird Monsieur Rudolf trachten, oenologisch zu begleiten.

Am Samstag sind sie von Leeds weggefahren. Man kann sicher einen ganzen Haufen Verbindungen zwischen Leeds und Frankreich finden. Eric Cantona, zum Beispiel. Aber dazu ist jetzt nicht genug Zeit. Sonst kriegen Sie die Informationen über die Weine zu den Etappen in England und in Nordostfrankreich, wenn die Radlfahrer auf die Champs-Élysées einbiegen. Heuer starten sie halt in England, weil das ziemlich radsportbegeistert ist. In anderen Nachbarstaaten ist man auch schon weggefahren. Der Start des Giro d’Italia war heuer in Belfast. Solange man nicht auf die Idee kommt, sich den dynamischen asiatischen Märkten durch einen Start auf der chinesischen Mauer anzubiedern, findet der Rudl die dislocierten Tour- Starts fast ein bissl charmant.

Den ersten drei Etappen erweist ein Flascherl Bacchus 2006 des Stanlake Park Wine Estates aus Berkshire die Reverenz.

Die Tour rollt dann unter anderem über ein paar Kopfsteinpflaster um Lille und in Belgien. Früher wäre ja die Überfahrt ein Spektakel gewesen. Ob sie da dann quasi auf Ergometern auf der Fähre oder dem Hoovercraft weiter geradelt wären? Heute hat man den Chunnel. Da geht das ratzfatz, aber halt relativ unromantisch. Der Wein, zumindest der gute, ist aber alles andere als ratzfatz und außerdem dem Gestein verbunden, irgendwie zumindest. Darum wollen ihm die mächtigen Kalkfelsen von Dover nicht aus dem Sinn gehen. Die stammen geochronologisch aus dem Kimmeridge. Das ist gute 150 Millionen Jahre alt, gehört zum oberen Jura, aber eben nicht geographisch, denn das wäre dann ja das nördliche Jura, sondern eben geochronologisch: obere, will heißen, jüngere Jura. Wenn Sie den Rudl fragen, ist „jung“ da ziemlich relativ, bei 150 Millionen Jahren. Aber für einen Geochronologen macht das wahrscheinlich schon einen Unterschied. Wenn man da einmal mit Unpräzisionen anfängt, hört das ja nicht so einfach wieder auf. Dann kommt einer daher und sagt: „Fünf oder zehn Millionen Jahre auf und ab spielen da keine so große Rolle. Das ist so lange her. Da muss man nicht ständig drüber reden. Da soll jetzt einmal Gras drüber wachsen.“ Und damit wäre man, nach oben gerechnet, aber schon in der Kreidezeit, in der unteren – geochronologisch betrachtet. Und der Nächste sagt: „Was sind schon hundert Millionen Jahre, wenn ich nicht dabei war?“ Da hebt aber dann schon gleich ein ganz anderes Erdzeitalter an, da wäre man dann schon im Känozoikum, in der Erdneuzeit. Und oenologisch bei Bordeaux. Nur kommt die Tour de France dort heuer gar nicht vorbei. Sie sehen also schon, dass man auch in der Geochronologie keine Schlampereien brauchen kann, auch wenn das für den Laien auf den ersten Blick ein bissl kleinlich wirken mag.

Aus dem Kimmeridge stammen auf alle Fälle diese Felsen bei Dover, die dem Wein auf seiner Tour de France nicht aus dem Sinn gehen. Drum macht er sich auf die Suche nach diesem Gestein, wie ein Wilder in ganz Frankreich und wird schon in der Nähe von Auxerre, genauer gesagt in Chablis, fündig. Und von dort kommt der zweite Wein, ein Chablis AOC 2010 von Vincent Dauvissat.

Die bunten Trikots fahren dann in die Vogesen, auf deren geologisch äußerst vielfältigen östlichen Abhänge die Elsässer wachsen. In der Grand Cru Lage Steinert bei Pfaffenheim findet sich nur ein einziger Muscat Grand Cru. Der ist von Pierre Frick und eine Flasche vom 2005er gibt es beim Rudl in der ersten Tour de France Woche. Ob Naturwein, ungeschwefelt, ungefiltert, Orange Wine, biologisch oder biodynamisch – der Rudl glaubt, dass das alles Pierre Frick erfunden hat. Vor zwanzig Jahren hat er in Frankreich Messen für Biolebensmittel veranstaltet. Seine Weine füllt er mit Chromkapseln ab.

Und weil sie diese Woche nicht nur in Frankreich, respektive England und Belgien radln, sondern auch in Österreich und weil in Podersdorf am Samstag das Einzelzeitfahren der Österreichradrundfahrt stattfindet und weil dort Josef Lentsch in seinem Lieblingsweingarten „Schrammel“ eine seiner formidablen Trockenbeerenauslesen wachsen lässt, gibts diese Woche auch die glasweise in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“. Das ist zugegebenermaßen kein Wein, der sich bei solchen Temperaturen lauthals aufdrängt. Aber laut ist sehr oft eh unangenehm, außerdem fühlt sich der Rudl ja bekanntlich dem Antizyklismus verpflichtet, nicht nur was Weltbilder betrifft, sondern vor allem auch meteorologisch. Und es ist zumindest einen Versuch wert, die Celsiusgrade mit einer Trockenbeerenauslese von Josef Lentsch daran zu erinnern, dass auch bei ihnen die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Diese vier Weine, aber nicht ausschließlich, empfiehlt Monsieur Rudolf zur körperlichen, moralischen und seelischen Regeneration nach einer strapaziösen Tour de France Etappe

am Dienstag und am Mittwoch und am Donnerstag und am Freitag
von 19 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

Seawas die Radln! Rudolf Polifka

Noch sechsunddreißigmal schlafen.

Drei-ßigster Juni bis 7. Juli geschlossen

Am 30. Juni beginnen in Ostösterreich die Schulferien. Da hat der Rudl an und für sich zu.. Und kommende Woche hat er das auch. Da müssen Sie, geneigte Oenophila und gewogener Oenophilus etwas anderes unternehmen. Bis Sonntag, den 29. Juni hätte zum Beispiel Leo Uibel in seinem Sommerheurigen noch ausg’steckt. Oder Sie gehen aufs Donauinselfest. Ab Montag hat dann auch das Pub Klemo wieder offen. Was Sie halt gerne tun. Die Vorlieben sind da mitunter ja ganz unterschiedlich. Manche sollen ihre Zeit ja sogar mit Telefonieren zubringen. Whatever.

Auf alle Fälle hebt nach der ersten Ostferienwoche dann die Tour de France an, gleich für drei Wochen. Und anlässlich dieses Spektakels öffnet Monsieur Rudolf mit besonderen Tour de France-Öffnungszeiten und mit besonderen Tour de France-Weinen seine Pforte. Dabei wird er danach trachten, Weine aus den Gegenden zu kredenzen, in denen die Radlfahrer gerade unterwegs sind, natürlich nicht ausschließlich.

Ganz spezielle Tour de France Öffnungszeiten:

8. bis 25. Juli:

Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag

19 bis 22 Uhr

Das heißt, Sie können dann zwar erst um sieben die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils betreten, dafür gleich viermal in der Woche. Und vorher können Sie sich in Ruhe die Tour de France-Etappe anschauen, wenn Sie zum Beispiel Lehrer sind und sich für Radlfahren oder die wunderbare französische (dieses Jahr ein bissl auch die englische) Landschaft interessieren. Oder Sie machen etwas anderes. Wir haben das oben ja schon besprochen.

Herr Rudolf wünscht den kleinen und großen Schulkindern schöne Ferien, den Nachhilfeinstituten Licht und allen anderen eine formidable erste Juliwoche!

Noch fünfundfünfzigmal schlafen.

Drei Rosés in der ersten Sommerwoche

Mit dem Rosé ist es so eine Sache: Weinwirtschaftlich boomt das „Zeug“, wie man Wein neuerdings gern nennt. Auf den Yachten vor der Côte d’Azur wird es aus Magnums hinuntergeleert wie der Krim-Sekt von Wienern in ungarischen Gaststätten vor und knapp nach der Wende, dem Vernehmen nach. Man habe „des Gracherl goa nimma dabr*nzn kenna“, wie Gerhard Polt festgehalten hat. Direkt dabei war der Rudl weder in Ungarn noch auf den Yachten vor der Côte d’Azur. Aber selbst die Revue du Vin de France bietet jährlich pünktlich, bevor der Sommer anhebt, einen Überblick über die interessantesten Rosés Frankreichs, nicht selten als Cover-Geschichte.

 Andererseits eignet sich Rosé jetzt nicht unbedingt, wenn man sich mit einem Wein als besonders weinfachkundig ausweisen möchte. Und das, obwohl der Rosé ja eigentlich das kongeniale Gegenstück zum Orange-Wine darstellt, worauf der Rudl vor wenigen Wochen von einem Gast hingewiesen worden ist. Und Orange-Wine ist momentan ideal, wenn es gilt zu zeigen, dass man sich auskennt.

 Möchte man sich in Experten-Kreisen vollkommen als Wein-Ignorant erweisen, muss man übrigens Uhudler mögen. Momentan. Weil so etwas kann sich ziemlich schnell ändern. Ein paar entsprechende Einträge und Texte auf angesagten Internet-Seiten und der Uhudler gilt plötzlich als Freak-Wein – pardon! -Zeugs. Das kann heute ziemlich schnell gehen. Den Asteroide von Didier Dagueneau, seinen mit Abstand teuersten Wein, könnte man in gewissser Hinsicht als Uhudler bezeichnen, natürlich nicht von der Rebsorte her, aber wurzelecht unveredelt ist er schon, wie der Wein mit dem charakteristischen Walderdbeeraroma.

Und Haltbarkeit sagt man dem Rosé sowieso kaum nach. Ob das einmal einer überprüft hat? Ein achtzehn Jahre alter Schilcher von Sepp Muster, den Rudolf Polifka sen. anlässlich der Geburt vom Rudl-Fils aufgemacht hat, war auf alle Fälle so etwas von überhaupt nicht müde.

Dann gibt es ja noch die Rebsorte Tannat. Im äußersten Süd-Westen Frankreichs zuhause. Früher so gerbstofflastig vinifiziert, dass man das Flascherl zuerst einmal zwanzig Jahre weglegen müssen hat. Als Rosé meistens fast unnatürlich leuchtend und frisch. Den von der Domaine Ilarria aus Irouléguy beschreibt die New York Times am 24. Jänner 2011 als flüssigen Stein kombiniert mit Eisen, der auch im Winter blüht. Dazu wahrscheinlich noch mehr, wenn sie in die Pyrenäen radeln.

Diese Woche also in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“:

  • Irouléguy Rosé 2011, Domaine Ilarria
  • Zweigelt Spätlese 1992, Hans und Hildegard Gangl, Illmitz
  • und ein Uhudler

 

am Mittwoch, den 25. Juni und am Freitag, den 27. Juni

von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 

Mit Ferienbeginn, am 30. Juni geht Herr Rudolf übrigens in die Sommerferien, allerdings zuerst einmal nur für eine Woche, um am 8. Juli wieder aufzusperren, dann aber mit den Tour de France Öffnungszeiten, viermal in der Woche: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 19(!) bis 22 Uhr. Drei Wochen lang, solange die Radlfahrer halt durch Frankreich touren. Die Etappen wird man sich in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils nicht anschauen können. Die sind ja am Nachmittag. Da muss man zuhause schaun, wenn man nicht hackln muss. Am Abend gibt es dann aber immer Weine aus der Gegend, wo sie gerade geradelt sind, eine oenologische Nachbetrachtung sozusagen.

 

Herr Rudolf wünscht ein schönes Zeugnis!

Noch sechzigmal Schlafen! Ostbahn lebt.

 

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Drei französische Weine, die auf der Reise der RAW von London nach Wien verloren gegangen sein müssen

Gestern hat in Wien die RAW Fair 2014 stattgefunden, eine Weinmesse, auf der es um Wein als Handwerk – biologisches, biodynamisches, authentisches und vor allem gutes geht. War ein schönes Gefühl, einmal eine Ahnung von dieser großartigen Veranstaltung zu bekommen, wenn auch in einer ein bissl abgespeckteren Variante. Die RAW London dauert zwei Tage und hat heuer schon zum dritten Mal stattgefunden.
Der Rudl ist ja ein bissl ein Vollständigkeitsneurotiker, das war früher schon im Kino so und so etwas wird man im Alter auch nicht mehr los. Drum reicht er sozusagen diese Woche drei Weine nach, die auf dem Weg von London nach Wien irgendwo falsch abgebogen sind. Vielleicht hat es ihnen aber auch nur auf der Fähre von Dover nach Calais so gut gefallen, dass sie nicht weiter gereist sind. Was weiß man?

Selbstverständlich ist sich der Monsieur Rudolf bewusst, dass jedes Bemühen um Vollständigkeit in Sachen Wein wie in allen anderen Angelegenheiten Stückwerk bleibt, zumindest auf dieser Welt. Aber ein bissl wurmt es ihn schon, dass kein einziger Weinbauer aus seinen französischen Lieblingsregionen auf der RAW Vienna vertreten war.

Eine Region mit zweitausend Hektar Weingärten wie Savoyen kann da fehlen. Wobei … wenn man von Diversität spricht, führt an Savoyen mit einem der höchsten Anteile an biologisch bewirtschafteten Weingärten, zweiundzwanzig Crus und mehr als zwölf Rebsorten auf zweitausend Hektar eigentlich kein Weg vorbei und schon gar nicht der von London nach Wien.

Die Weinregion Sud Ouest ist um einiges größer (15 000 Hektar). Auch dort ist der Anteil an biologisch und biodynamisch arbeitenden Winzern überdurchschnittlich hoch, vermutlich weil man nur so neben Bordeaux bestehen kann.

In Ergänzung zur RAW dieses Woche also Folgendes, aber selbstverständlich nicht ausschließlich das in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“:

Domaine du Prieuré Saint-Christophe, Mondeuse Tradition, 2009 (Savoie):
Michel Grisard, mit Nicolas Joly Begründer der Renaissance des Appellations, nicht mehr der Jüngste, aber noch viel weniger der Untätigste, Biodynamie-Pionier aus Savoyen. Mondeuse, eine autothone Rebsorte aus Savoyen, die pfeffrige und lagerfähige Rotweine hervorbring. 2012 auf der RAW London.

Domaine de l’Ecu, Muscadet Sèvre-et-Maine, Expression de Granite, 2008:
Wenn es dem Muscadet in fünftausend Jahren vielleicht gelungen sein wird, von seinem Image als Billigmassenwein wegzukommen, dann wird er das drei Persönlichkeiten zu verdanken haben: Guy Bossard von der demeter- zertifizierten Domaine de l’Ecu, Joseph Landron und natürlich Michel Brégeon.
2013 und 2014 auf der RAW London.

 

Domaine de Souch, Juranςon, Cuvée du Domaine, 2006.
Yvonne Hegoburu repräsentiert im Film „Mondovino“ die oenologisch- biodynamsiche Gegenwelt zu Parker, Rolland und Mondavi. Man sagt, dass sie es war, die Didier Dagueneau dazu gebracht hat, auch im Juranςon Wein zu machen. Bettane und Desseauve bezeichnen ihre „Marie Kattalin“ als „sommet absolu actuel du juranςon, avec leur irréstistible nez de truffe“ … und der Rudl gibt Weinjournalisten ungern Recht.
2012 auf der RAW London.

Mittwoch, 18. Juni (16 bis 22 Uhr) und Freitag, 20. Juni (14 bis 22 Uhr)
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

Am Freitag, den 20. Juni findet vor dem Rudl seinem Geschäft übrigens die Reindorfgassen Summer Lounge statt.

http://www.einkaufsstrassen.at/einkaufsgebiete/15-rudolfsheim-fuenfhaus/reindorfgasse/aktionen-und-veranstaltungen/

Darum hat Herr Rudolf an diesem Tag schon ab 14 Uhr offen und einen Tisch unter das schattenspendende Geäst der Bäume vor der Reindorfer Pfarrkriche gestellt. Dorthin kredenzt er auf Wunsch die oben beschriebenen Weine, aber selbstredend nicht ausschließlich.

Siebenundsechzigmal (67!) Schlafen bis zum ersten Ostbahn-Konzert auf der Kaiserwiese! Und auch denen, die das nicht so massiv interessiert, wünscht Herr Rudolf eine angenehm aufregende Zeit!

Drei Weine – einer vom Sauvignon-Commandante selber, zwei von seinen Freunden

„Soyons réalistes, exigeons l’impossible“ steht im Keller der Domaine Didier Dagueneau an der Wand. Und nach diesem Zitat von Che Guevara hat er auch gearbeitet, im Weingarten und im Keller.

Didier Dagueneau hat mit dem Sauvignon Blanc das gemacht, was Paul Gascoigne mit dem Fußball gemacht hat, das für alle anderen Unmögliche. Dagueneau hat zu einer Zeit lagenspezifisch vinifiziert und abgefüllt, als das in Pouilly-sur-Loire noch als Verrücktheit gegolten hat. Den Moden, denen der Sauvignon Blanc wie kaum eine andere Rebosrte ausgesetzt zu sein scheint, hat er sich konsequent versagt. Auf Zertifizierungen hat er sowieso gepfiffen. Das Maß in Sachen Sauvignon waren und sind seine Weine, beziehungsweise die Weine seines Sohnes. Würde man ihnen die Appellation verweigern, wäre es ein Schaden für die Appellation, nicht für Dagueneau. Darum wird Didier Dagueneau immer wieder als Sauvignon-Papst bezeichnet, wahrscheinlich würde ihm der Titel Sauvignon-Commandante gerechter. Leider lebt er nicht mehr. Den Weg zu seinem Keller und zu seinem Haus hat er selber Rue Ernesto Che Guevara genannt und eine entsprechende Tafel angebracht. So etwas ist im nicht für seine Deregulierungswut bekannten Frankreich mindestens so unerlaubt wie in Österreich. Ab es hat sich durchgesetzt. Die Domaine Didier Dagueneau ist ausschließlich unter dieser Adresse zu finden.

Che Guevare wäre am 14. Juni 86 Jahre alt geworden, vielleicht auch schon einen Monat früher. Was er von den Versuchen, einen halben Kontinent in die Hände von ein paar Superreichen zu bringen und den Rest mit Brot, Spielen und blöden Phrasen abzuspeisen, gehalten hat, setzt der Rudl als bekannt voraus. Um abzuschätzen, wie er der kommenden Fußballweltmeisterschaft gegenüber gestanden wäre, braucht man nicht besonders viel Phantasie. Che Guevara lebt heute nicht mehr, Erwin Kräutler, Bischof der Diözese Xingu am Amazonas in Brasilien, schon noch, obwohl Einflussreiche  seit 1983 hartnäckig versuchen, das zu ändern. Wie es dort, wo der Weltfußballverband, der Werbespots gegen Rassismus und Homophobie drehen lässt, jetzt ein Fußballfest veranstalten möchte, zugeht, kann man zum Beispiel in folgenden zwei Büchern nachlesen:

  • Erwin Kräutler, Rot wie Blut die Blumen. Ein Bischof zwischen Tod und Leben.Autobiografie 1965–2009, 2009
  • Erwin Kräutler, Kämpfen, glauben, hoffen: Mein Leben als Bischof am Amazonas 2011

Auf Didier Dagueneau, Che Guevara, Erwin Kräutler und die Indios im brasilianischen Regenwald kann man diese Woche in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ anstoßen, auf die FIFA und die Betreiber des Staudammprojektes in Belo Monte und auch auf die Andritz AG und ein paar Firmen, die dort ein Geschäft machen wollen, pardon: „Projekte laufen haben“, nicht.

Didier Dagueneau, Pur Sang, 2000

Domaine de Souch, Cuvée du Domaine, Juranςon, 2006

Domaine Arretxea, Irouléguy Rosé 2011

… das gibt es …

am Mittwoch, den 11. Juni und am Freitag, den 13. Juni

von 16 bis 22 Uhr in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“

Reindorfgasse 22

Da zumindest der erste Wein nicht der allerpreiswerteste ist, selbstverständlich nicht ausschließlich das. 

Herr Rudolf wünscht sich, dass der pfingstliche Heilige Geist zumindest vor der Vergabe der nächsten Fußballweltmeisterschaft kurz bei der FIFA vorbeischaut!

Drei Jahrgänge Riesling Wieland aus drei verschiedenen Jahrzehnten vom Mantlerhof

Situation:

Sie befinden sich im Weingut Mantlerhof in Gedersdorf bei Krems. Josef Mantler bieten Ihnen diverse Weine an und begleitet die Weine mit unterhaltsamen und informativen Erklärungen. Trotzdem verplempern Sie Ihre Zeit, in dem Sie folgende Arbeitsaufträge ausführen:

Skizzieren Sie Ihre Eindrücke beim Kosten der Weine. Halten Sie sich dabei genau an die aus diversen Weinzeitschriften bekannte Terminologie und vergessen Sie nicht, bei jedem Wein anzumerken, dass er mineralisch oder wenigstens stoffig und hochkomplex ist, darüber hinaus große Individualität aufweist.

Ordnen Sie Ihre Eindrücke in irgendein Blödelschema ein und setzen Sie diese zu den Produkten anderer Ihnen bekannter Produzenten in Beziehung. Zeigen Sie dabei, wie viele Winzer Sie kennen.

Bewerten Sie die verkosteten Produkte und achten Sie dabei darauf, dass der Redefluss nicht abbricht. Reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und …

… wenn alle schlafen, dann haben Sie die neue kompetenzbasierte und teilstandardisierte Einheizmatura bestanden (inspired by Frau Resi U.).

Wenn Sie jetzt sagen, dass das ein Blödsinn, einem guten Wein und einem genialen Winzer unwürdig ist und der Verdacht nahe liegt, dass da manche Bildungsexperten „Kompetenzorientierung“ mit Kopf-in-Formalismen-Stecken verwechseln, dann haben Sie wahrscheinlich Recht. Aber wenn der Schulmeister Rudolf sagt, dass man als Lehrer heute an solchen Blödeleien nicht mehr vorbei kommt, weil man sein Lehrerleben andernfalls ausschließlich mit dem Verfassen von Rechtfertigungen verplempert, dann hat er Recht.

Vielleicht hat Herr Rudolf ein Faible für Theorie, zumindest steht er sicher nie dafür zur Verfügung, Theorie gegen Praxis auszuspielen, wie das bei zeitgemäßen Bildungsexperten heute en vogue zu sein scheint. Darum folgen jetzt ein paar Ausführungen über Löss. Und wenn Sie, geneigte Leserin, gewogener Leser, von theoretischen Hintergründen nicht so viel halten, dann können Sie sich die Lektüre des Folgenden ja ersparen und derweil vielleicht skizzieren, in Beziehung setzen und bewerten, oder wahrscheinlich besser: Sie gehen einen Kaffee trinken.

Löss ist so etwas wie ein Benjamin unter den Weinbergterroirs. Er ist im Lauf der Eiszeiten abgeschliffen und vom Wind dislociert worden. So eine Anwehung kann daher 12 000 Jahre jung sein, was jetzt nicht direkt als minderjährig gilt, aber verglichen mit einem zigmillionenjahrealten Urgesteinsverwitterungsboden in der Wachau oder im Sausal schon einen ziemlicher Generationenabstand darstellt. Würde es für Weinbergböden Pensionssicherungssysteme im Umlageverfahren geben, wäre das für die Systemadministratoren schon halbwegs eine Herausforderung. Egal.

Der Löss in Gedersdorf, auf dem zum Beispiel der Riesling Wieland von Sepp Mantler wächst, ist bis zu zehn Metern hoch. Er besteht zu sechzig bis siebzig Prozent aus Quarz, zehn bis zwanzig Prozent aus Feldspat und Glimmer und zu zehn bis dreißig Prozent aus Kalk.

Wenn man so einen Brocken Löss in der Hand hat, schaut er aus wie der Sandstein, auf dem die Weine von Jacques Maillet (wer’n kennt) in Savoyen wachsen. Nur dass der Boden dort über den Seeweg angeliefert worden ist, die Lössterrassen in Gedersdorf aber durch die Luft.

Weinreben wissen am Löss vor allem seine leichte Durchwurzelbarkeit zu schätzen. Die ist gelegentlich mit Trockenstress verbunden, zum Beispiel im Jahr 1997. Die Lössböden heizen sich gut auf und bringen tendenziell körperbetonte Weine mit weicherer Säure hervor. Mächtigere Lössanwehungen als in Niederösterreich finden Sie übrigens nur beim Kaiserstuhl und in der Wüste Gobi. Und gesund ist der Löss auch. Aufgrund seiner geringen Korngröße und vor allem seinem hohen Gehalt an Mineralien wird er gerne als Heilerde zur inneren und äußeren Anwendung verwendet, wobei der Rudl eindeutig die innere Anwendung präferiert.

Wenn Sie jetzt noch mehr über Löss lesen möchten, empfiehlt Steinmeister Rudolf die Hompage vom Mantlerhof (www.mantlerhof.com), von der er auch den Großteil seiner Weisheiten hat.

Weil Sie jetzt aber sowieso ziemlich viel über Löss wissen, wäre es ja fast schade, nächste Woche keine Weine, die auf Löss gewachsen sind, aufzumachen. Und drum wird Herr Rudolf je eine Flasche vom Riesling Wieland aus den Jahren 1986, 1997 und 2008, aber nicht ausschließlich, öffnen und dann schauen wir einmal.

Den 2008er beschreibt Sepp Mantler als klarfruchtig. Eine geringe Ernte hat zu eleganten Weinen geführt.

1997 hat klimatisch fast alle Stückln gespielt, ein Lieblingsjahrgang von Monsieur Polifka, weil und obwohl er in diesem Jahr Westeuropa den Rücken gekehrt hat: Frost bis minus dreißig Grad Anfang Jänner, Jahrhundertwochwasser im Juli, extreme Trockenheit im Herbst und minus sieben Grad in der dritten Oktoberwoche. Die Weine sind opulent und haben genug Weinsäure.

1986 war wegen der starken Winterfröste des Vorjahres stark erntereduziert, was in Anbetracht der damals gerade nicht ganz so hohen Nachfrage im Ausland vielleicht gar nicht so schlimm war. Nasskaltes Wetter während der Blüte wurde durch einen langen, warmen Herbst mehr als kompensiert. Die Weine haben eine frische Säure, schmecken aber aufgrund der Extraktsüße nicht sauer. Für Sepp Mantler einer der besten Jahrgänge,. Sein Grüner Veltliner Spiegel 1986 ist weltweit gefragt, heute sowieso, aber damals auch schon.

Riesling Wielande vom Mantlerhof aus diesen drei Jahren, aber nicht ausschließlich

am Mittwoch, den 4. Juni und am Freitag, den 6. Juni,

von 16 bis 22 Uhr,

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 Herr Rudolf grüßt die Maturierenden dies- und jenseits der Prüfertische!

Drei bedeutende österreichische Weinbaubundesländer, aber nur am Freitag offen. Mittwoch, 28. Mai geschlossen

Der Rudl nimmt es mit den – zugegebenermaßen nicht exzessiven – Öffnungszeiten sehr ernst. Mit Ausnahme von fünfzehn Minuten – und daran waren ununterdrückbare Kommunikationsbedürfnisse von kontrollneurotischen Leerkräften schuld – war immer offen, wenn offen sein sollte. Außer dass gerade eine Geburt dazwischen gekommen ist.

Aber diesen Mittwoch macht der Rudl eine Ausnahme. Da ist eine Geburtstagsfeier, eine besondere noch dazu. Und da fährt der Rudl hin und die Madame Rudl auch und der Fils Rudl auch. Und das Geschäft bleibt zu. Nix für ungut.
Am Freitag, den 30. Mai ist dann wieder offen.

Dann wird Monsieur Polifka drei bedeutenden österreichischen Weinbaubundesländern, drei Jahrzehnten und dem vom Hero zur Zero gefallenen Chardonnay die Reverenz erweisen.

Morillon Spätlese, halbtrocken, Siegfried Dreisiebner, 1997 – Steiermark

Chardonnay Muschelkalk, Kloster am Spitz, 2008 – Burgenland

Chardonnay Salzburger Hochthron, Reiterhaindl, 2011 – Salzburg

alle drei zertifiziert unteilstandardisiert, bifie- und bildungsexpertenfrei.

Das Ganze, aber selbstverständlich nicht ausschließlich das

am Freitag, den 30. Mai 2014 von 16 bis mindestens 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“

Reindorfgasse 22

Herr Rudolf wünscht einen passablen Maiausklang!

Drei Weine schauen aus drei Richtungen und drei europäischen Staaten hinauf zum höchsten Berg Europas

Petite Arvine, Les Crêtes, 2012, Aostatal: Autochthone Rebsort, um die zwischen der Schweiz und Italien ein Vaterschaftstreit geführt wird. Der Wein wächst zwischen 550 und 650 Metern Seehöhe und zeichnet sich durch Salzigkeit, Salbei, Akaziennoten und Zitrusfrucht aus. Was Salzigkeit oder Mineralität betrifft, möchte der Rudl hier bitte Folgendes festhalten: Der Rudl hat jetzt nicht direkt etwas gegen diese Begriffe, wobei es seines Wissens bis dato noch nicht gelungen ist, irgendwelche Rückstände von geologiespezifischen Gegebenheit im Wein nachzuweisen. Solange das Wort „mineralisch“ in kaum einer Weinbeschreibung fehlen darf – ein Wein für Experten hat mineralisch zu sein und darf auf gar keinen Fall allzu fruchtig schmecken -, wird Weinmeister Rudolf dieses Wort hier sparsamkeitshalber nur mehr dann verwenden, wenn ein Wein jeglicher Mineralität entbehrt. Wenn also nichts Diesbezügliches angeführt ist, können Sie den Wein ruhig als mineralischen Wein betrachten. 

Les Murettes, Fendant du Valais, Robert Grilliard, 2007, Wallis: Der Chasselas heißt im Wallis Fendant. Der schmeckt unter anderem nach weißen Blüten.

Clos de Pont, Cru Marin, Samuel Delalex, 2009, Hoch-Savoyen: Einer der Lieblingschasselas vom Rudl. Er wächst auf ton- und braunkohlehältigen, quartären Erosionsterrassen, 25 bis 100 Meter über dem Genfer See, zwischen Evian und Thonon-les-Bains. Die West- und Südwest-Lagen sind gegen Nordwinde geschützt. Man sagt, der Marin wetteifert mit dem Quellwasser von Evian, das keine zehn Kilometer weiter aus dem Berg sprudelt, hinsichtlich Klarheit. Der Clos de Pont kommt von einer Parzelle, die zum Ufer der Dranse hin ein bissl stärker abfällt. Der Boden ist besonders steinig – don’t mention the ***. Die Wein ist vielschichtiger als andere Marins, schmeckt nach Lebkuchen, Blumen und passt in seiner Frische ziemlich gut zu Reblochon, einem lokalen Käse – nur für den Fall, dass jemand gerade einen einstecken hat. Oder sich vorsorglich einen kauft. In diesem Zusammenhang möchte Herr Rudolf einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass es nicht nur erlaubt, sondern sehr erwünscht ist, wenn jemand, der bei ihm Wein trinkt, sich etwas zum Essen selber mitnimmt. Gerade so wie im Bräustübel zu Salzburg-Mülln.

Diese drei Weine mögen dem Mont Blanc ein mildes Augenzwinkern über das närrische Treiben unter ihm entlocken. Drum kredenzt Monsieur Rudolf sie kommende Woche glasweise in den Niederungen Reindorfs.

Vielleicht wird manch dümmlicher Grinser auf dem einen oder anderen Wahlplakat dann erträglicher. Einige von denen könnte man für die Ankündigung eines Castings zu einer Nachstellung von Monty Python’s „Twit of the Year“ halten. Dazu passt auch ganz gut die bipolare Struktur der literarischen Kleinode, die mittlerweile wahrscheinlich wirklich alle von ein und derselben Edelfeder formuliert werden:

  • Österreich oder Europa
  • Menschen oder Banken
  • Menschen oder Lobbys – Wofür entscheidet man sich eigentlich bei Banken oder Lobbys?
  • Herz oder Kopf
  • Geschäfte oder Gurken, beziehungsweise krumme oder blöde,
  • sozial oder egal (Eine der Aufklärung verpflichtete Bildungseinrichtung wie die „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ wird nie etwas Anstößiges an der „Egalité“ finden können. Und die eine Partei, die bis jetzt eher gegen Gleichmacherei polemisiert hat, fordert gar „Erasmus für alle“, eine interessante egalitäre Vorstellung, die auch dem Humanisten Erasmus gefallen würde)
  • abrechnen oder rechnen
  • umdenken oder denken. Denn zu viel Bumbum ist dumm.
  • Zorn verstehen, den man vorher verursacht
  • t.b.c. – das ist zumindest zu befürchten

In Anbetracht derartiger Geisteshöhen helfen wahrscheinlich nicht einmal mehr die drei Musketiere aus dem 2-Liter-Gebinde. Aber dass nicht die bipolare Zwei (sie steht eher in der heidnischen Gnosis hoch im Kurs), sondern Drei eine himmlische Zahl ist, das hat der Trainer Günter Brödl ja schon vor gut zwanzig Jahren in „1+1=3“ überzeugend dargelegt. Und dass Drei darüber hinaus auch dem Menschsein viel eher entspricht als die Schwarz-Weißmalerei detto: „A Schritt vire (zwa Schritt zruck)“ (1989). Ein paar talentlose Wahlkampfleiter werden daran ganz sicher nichts ändern.

Abgesehen davon wird der Rudl diese Woche eine Reihe starten, deren Ziel die Erforschung alternativer Weinflaschenverschlüsse ist. In unregelmäßigen Abständen werden ältere Weine, die mit Kronenkapsel, Presskork, synthetischem Stoppel, vielleicht aus Glas-, Drehverschluss oder anderem abgefüllt worden sind, ausgeschenkt. Vielleicht ergeben sich daraus Aufschlüsse für die Auswahl von Weinen, die man sich ein bissl länger aufhebt. Den Anfang wird diese Woche ein einundzwanzig Jahre alter Grüner Veltliner mit Presskork machen, von einem Biowein-Pionier aus Platt, Erwin Binder, der dem Vernehmen nach heute keinen Wein mehr produziert. Das machen in Platt jetzt dafür die Gebrüder Fidesser. Sie sind drei und sie machen den Wein auch bio und sehr gut. Bei der Verschlussstudienreihe wird Oberstudienrat Rudolf keine Studiengebühren einheben, die läuft außer Konkurrenz, quasi für außerordentliche Trinker aller Fakultäten.

Das alles diese Woche

Mittwoch, den 21. Mai und Freitag, den 23. Mai

von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

In diesem Sinne: Liberté! Egalité! Fraternité! Aux Bouteilles, Citoyennes!

 

Dreizumquadrat Rebsorten in drei biodynamischen Rotweinen aus drei Ländern

Jacques Maillet: Chautagne Rouge – Mondeuse, Gamay, Pinot Noir – auf Sandstein

Sepp Muster: Rotwein – Blauer Wildbacher, Blaufränkisch, Zweigelt – auf Opok

Branko und Vasja Čotar: Terra Rossa – Teran, Merlot, Cabernet Sauvignon – auf eisenhältigem Karst

… alle drei Weine diese Woche glasweise und auch im Sortiment.

Quod erat demonstrandum, dass es auch kurz geht. Aber – sehr frei nach Professor Leopold Karasek – eigentlich geht’s ned kurz.

Eines vielleicht doch noch: Jetzt, wo Österreich musikmäßig wieder ganz vorne ist, möchte der Polifka-Rudl an den Trainer erinnern. Der war ja fast so etwas wie die personifizierte Absage an die faschistoide Castingshowfacebookerei. Dort ist es am wichtigsten, dass immer irgendwer als Hoppala-Depp oder als weniger Beliebter geopfert wird. Der Trainer hat die Menschen mögen. Die, die von der Gesellschaft schnell einmal geopfert werden, weil sie nicht so cool oder ein bissl patschert sind, vielleicht fast noch eine Spur mehr. Am 22. März wäre er 59 geworden.

Wenns jetzt eh schon wieder länger geworden ist: Chautagne gilt als die Provence Savoyens. Zikaden, Feigen- und Olivenbäume findet man in der nördlichen Verlängerung des Lac du Bourget, des größten natürlichen Sees, der vollständig in Frankreich liegt. Die Sommer sind heiß, die Winter mild, mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 20°, windgeschützt, mit 1076 mm Niederschlag pro Jahr, der nur äußerst selten als Schnee fällt. Anders als in vielen anderen Teilen Savoyens bestimmen hier nicht Jacquère und Altesse die Weingärten, sondern Rotwein. Von den kräftigen Gamays sagt man, dass sie die Brust und nicht das Hirn erhitzen, darüber hinaus länger altern können als Beaujolais. In Jacques Maillets Chautagne Rouge fristet der Gamay kein Singledasein, sondern hat es im Terzett mit Pinot Noir und Mondeuse lustig. Alle wachsen sie auf grünem und ockerfarbenem Sandstein aus der gut zweihundert Millionen Jahre alten Trias, dem Beginn des geologischen Mittelalters, womit wir wieder bei den Castingshows wären.

Drei Rotweine, die jeweils aus drei Rebsorten bestehen, wie immer nicht ausschließlich

am Mittwoch, den 14. Mai und am Freitag, den 16. Mai
von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 

Herr Rudolf grüßt ganz besonders den Grünen Veltliner Vogelsang 2002 vom Weingut Falk und alle Dorfclubs im Europa-Cöp!

Drei …

… undachtzig beginnt die Vertikale, die Herr Rudolf diese Woche glasweise ausschenken wird. Es wird sich dabei um den Grünen Veltliner Vogelsang des Weinguts Falk aus Bockfließ handeln. Dieses Weingut zeichnet sich durch einen ausgesprochen gepflegten Heurigen aus, vor einigen Jahrzehnten brachte man es noch in die Weinführer, worauf der Rudl nicht sehr viel gibt. Darum erspart er sich hier, darauf hinzuweisen, dass letzte Woche zum ersten Mal ein österreichischer Wein von Bertl Parker hundert Punkte erhalten hat. Es handelt sich dabei um den Riesling Vinothek 1995 von einem der ersten Lieblingsweingüter des Herrn Rudolf, dem Nikolaihof aus Mautern. Das könnte man erstaunlich finden. Der Rudl hat in den letzten Jahren nicht immer den Eindruck gehabt, dass diese Stilistik bei Parker so großen Anklang findet. Aber Geschmäcker ändern sich bekanntlich, manchmal. Und manchmal hängen Weinkritiker und Weinfreunde auch ihr Fähnlein ein bissl in den Wind.

Zurück zum Weingut Falk aus Bockfließ: In „Spitzenweingüter Östrerreichs“ von Mario Scheuermann aus dem Jahr 1991 wurde dem Weingut die gleiche Klassifizierung wie etwa Alphart, Schloss Gobelsburg, Hirtzberger, Knoll, Pitnauer oder Winkler-Hermaden zuteil. Damals wurde das Weingut als reines Weißweingut bezeichnet, das in Zukunft auch an die Auspflanzung von Cabernet Sauvignon denke. Wenn man das gemacht hat, ist er vermutlich in der Zwischenzeit schon wieder gerodet.

Auf alle Fälle schenkt Monsieur Polifka diese Woche folgende Jahrgänge des Grünen Veltliner Vogelsang von Falk aus und freut sich darauf schon wie ein kleines Kind, weil er sich Aufschlüsse über Wetter der einzelnen Jahrgänge und die Veränderungen in der Vinifizierung erwartet. Wer in den Weinen darüber hinaus Folgendes erschmeckt, kann um den Master of Wine einreichen und hat den Begriff „Terroir“ um ein paar nicht unbeträchtliche Facetten erweitert:

1983 beendet der seit ein paar Tagen gekrönte neue österreichische Fußballmeister die Meisterschaft in einer Sechzehner-Liga als Fünfter. Am 7. Mai besiegt der SC Alvorada Neusiedl am See eine Wiener Fußballmannschaft mit 2-1. Der UFC Purbach steigt aus der zweiten Division ab. Kein Verein der ersten beiden Sechzehner-Ligen wird aufgelöst. Für den 1. April plakatiert Günter Brödl ein Comback-Konzert von Ostbahn-Kurti in der Szene Wien, klebt dort dann „ausverkauft“ an die Tür, sperrt von innen zu und spielt über die Hausanlage die Platte „As it happens“ von Dr. Feelgood. In Bad Radkersburg kommt ein Schwager vom Herrn Rudolf auf die Welt. Letzterer überschreitet zum ersten Mal in seinem Leben die Demarkationslinie Enns. Eine Reise in das Burgenland wird für seine Zukunft nicht ganz ohne Folgen bleiben. Euphorisch hochgejubelter Weinjahrgang, heißer und trockener Sommer, oft hohe Alkoholwerte, aber wenig Säure. Vorletzte Ernte vor Publikwerden der Schönungsversuche mit Diethylenglykol.

1986 schafft der heute seit ein paar Tagen amtierende Meister durch einen zweiten Platz im Abstiegsplayoff den Klassenerhalt in der zweiten Division. Dem 1. Schwechater SC, dem FavAC und dem Villacher SV gelingt das nicht. Kein Verein der ersten beiden Ligen wird aufgelöst, nicht einmal Austria Salzburg, deren Vereinsführung beschlossen hat, sich dem SAK 1914 anzuschließen, was von diesem jedoch als nicht so gut Idee befunden wurde. Herr Rudolf unternimmt eine Studienreise nach Bergerac. In einem Jahr wird einer der größten und unterschätztesten Künstler des Landes, Otto Grünmandl, sein Programm „Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus“ vorstellen. Für viele politischen Akteure des Landes sollte dieses Kabarettprogramm auf Jahrzehnte hinaus zum politischen Programm werden, und ein fast synchroner Aufstieg von zwei Parteiobmännern, die einander angeblich nicht verputzen können, beginnt. Bedingt durch die extremen Fröste des Vorjahres und schlechtes Wetter während der Blüte wenig Wein, aufgrund des langen, warmen und trockenen Herbstes aber einer der besten Weinjahrgänge. Die Weine sind im Ausland nicht so gefragt, daher länger als gewöhnlich im Handel verfügbar. 

1993 verschustert der Meister in den letzten Runden einen großen Vorsprung und wird Zweiter in der ersten Division. LUV Graz steigt aus der zweiten Division ab. Daraufhin werden die Playoffs abgeschafft. Am Ende der Saison gründet sich die bestplatzierte Tiroler Mannschaft wieder einmal neu, was in Dornbach und Salzburg nicht unbeachtet bleiben sollte. Kulinarisch steht das Land im Zeichen der Erfindung der Kurti-Wurscht und der Entwicklung des Rezepts für die Kurti-Semmel. Die geringe Weinmenge 1993 wird gemeinhin auf Frostschäden im Februar zurückgeführt. Ein alternativer Erklärungsversuch, der die Gründung einer Wohngemeinschaft in der  Salzburger Alpenstraße kausal ins Spiel bringt, konnte sich nie durchsetzen, aber geben tut es ihn – anders als die WG – noch.

1997 wird derselbe Verein Meister der österreichischen Fußballbundesliga wie 2014. Mit dem Fav AC und dem VFB Mödling ziehen sich in einer Saison zwei Mannschaft aus dem Erfolgskonzept zweite Bundesliga zurück. Darüber hinaus fusionieren die beiden Linzer Vereine LASK und FC Linz, was zum ziemlich einzigartigen Namen LASK Linz führt. Ein Film, in dem Lukas Resetarits einen Wirt und Heribert Sasse den Trainer geben, kommt in die Kinos. Dass er, der Cineast schlechthin, in dem Film nicht vorkommt, nagt bis heute am Rudl – wahrscheinlich seine größte Chance, es einmal auf die Leinwand zu schaffen. Bei bis zu minus dreißig Grad knapp vor Jahresbeginn lässt es sich ein Oenologe nicht ausreden, mit defekter KFZ-Heizung von Salzburg nach Wien über das nordöstliche Weinviertel zu fahren. Doch auch er vermochte die Frostschäden in den Weingärten nicht zu unterbinden. Jahrhunderthochwasser im Juli, Trockenschäden in einer sehr warmer Leseperiode und eine Woche bis minus sieben Grad Frost in der dritten Oktoberwoche sorgen für einen abwechslungsreichen Weinjahrgang.

2000 Am 10. Oktober und lange Zeit danach want da Himmel Rotz und Wossa ohne End. Der vor wenigen Tagen gekürte Fußballmeister beendet die Saison als Sechster. Meister wird, wie in den Folgejahren, ein Verein, den es bald schon nicht mehr geben sollte. Im Erfolgsprojekt zweite Liga, das damals gerade „Erste Division“ heißt, werden mit dem FC Niederösterreich Sankt Pölten und dem SK Vorwärts Steyr zwei Mannschaften aufgelöst, ein anderes Erfolgskonzept mit dem Titel „Österreich neu regieren“ bedauerlicherweise noch nicht. Über die anhaltende Auseinandersetzung mit den Erfolgen dieser Regierung war hier im Februar dieses Jahres unter dem Titel „Du bist nicht allein (gelassen)“ einiges zu lesen. Ein fast idealer Weinjahrgang, mit einem heißen Sommer und einer äußerst frühen Ernte, den man in Anbetracht des Neuregiertwerdens auch dringend nötig gehabt hat. Aber Alkohol ist bekanntlich keine Lösung.

2002 Erneut wird der aktuelle Meister, der mittlerweile ja nicht mehr aus Lehen, sondern aus Siezenheim kommt, Sechster, erneut wurde die Tabelle vom FC Tirol Innsbruck angeführt, der dann allerdings liquidiert wird, in der zweiten Liga diese Saison der SV Braunau. Eine Parteiversammlung im steirischen Knittelfeld führt zu Neuwahlen, in Folge derer der jetzt kleinere Regierungspartner in einem noch affenartigeren Tempo Regierungsmitglieder austauscht, alle nur nicht den Schönsten, Besten und Erfolgreichsten. Der darf erfolgreich weiter wirken, wenn auch parteifrei. Auf eine meteorologisch unauffällige erste Jahreshälfte folgt am 2. Juli vor allem im Kremstal starker Hagel. Und dann beginnt es zu regnen. Weine mit einem guten Gleichgewicht an Frische und Frucht.

2003 Dritter Platz, in der zweiten Liga wird kein einziger Verein aufgelöst. Vielleicht weil es zu heiß war. Eine halbe Million Menschen beteiligt sich im Mai an den größten Streiks seit fünfzig Jahren. Ein Parteichef und ein Fastnichtmehrschonwiederdaparteichef entdecken ihre gemeinsame Vorliebe für Spargel und Wein, der in diesem Jahr aufgrund hoher Temperaturen in fast ganz Europa alkoholreicher als sonst ist. Wenn er zu spät gelesen worden ist, kann man ihn heute fast nicht mehr trinken. Massiver Einsatz von synthetischen Korkersatzstoppeln, die nicht nur etlichen Korkenziehern zum Verhängnis werden, nicht so am Weingut Falk, wo Naturkork verwendet wird. Und mit Jahresende geht auch noch Kurt Ostbahn in den wohlverdienten Ruhestand.

2004 Siebter Platz, Meister wird mit dem GAK ein Verein, dem das nicht viel besser bekommen sollte als dem FC Tirol Innsbruck kurz vorher. In der zweiten Liga wird der BSV Juniors Villach, Nachfolgeverein des SV Bad Bleiberg aufgelöst. Ein sogenannter „Rechtsintellektueller“ übersiedelt nach einem fulminanten Wahlerfolg von 6,31 Prozent nach Brüssel. Wahrscheinlich sollte dort herausgefunden werden, was das genau sein soll, ein „Rechtsintellektueller“. Bis dato erfolglos. Das Wetter ist im Großen und Ganzen eher kühler. In manchen Gebieten reifen die Trauben nicht ganz aus, im pannonischen Klima des südlichen Weinviertels schon. 

2007 Inzwischen wird der aktuelle Meister von Red Bull gesponsert und Meister. Die beiden Grazer Vereine beenden die Meisterschaft mit insgesamt 32 Punkten Abzug, aufgrund des Lizenzierungsverfahrens. Aus der Regionalliga Ost steigt der ASK Schwadorf in die zweite Liga auf. Dort bleibt er genau eine Saison, obwohl er weder auf- noch absteigt und nicht einmal zugesperrt wird. Inzwischen hat Österreich noch eine rechtspopulistsche Partei mehr. Die alte rechtspopulistische Partei ist ein Jahr zuvor von einem Wiener übernommen worden. Wenige politische Beobachter rechnen damit, dass es diese Gruppierung noch lange geben wird. Doch dann entdecken die Coverfotographen der investigativen Hochglanzmagazine den Wiener als Motiv. Bis August erinnert das Wetter an 2003, in manchen Gebieten mit massiven Hagelschäden. Ab September wird es dann feucht. Nicht alle trockenen Weine dürften frei von Botrytis sein.

2012 Auch damals gewinnt der gerade wieder frisch gekrönte Fußballmeister die Liga. Dem in der zweiten Liga spielenden Traditionsverein LASK Linz wird die Lizenz für die Bundesligen entzogen, den lustigen Namen darf er behalten. Rudolf Polifka tritt von seinem Ruhestand zurück und gründet ein Weingeschäft, Kurt Ostbahn nicht. Das Weinwetter ist in Österreich abwechslungsreich und bringt schlankere Weine hervor, in Savoyen klagt Jacques Maillet Anfang August über das meteorologisch schlimmste Jahr, das er als Winzer je erlebt hat. Erst eine Dienstreise Herrn Rudolfs durch Frankreich im August scheint das Wetter dort zur Raison zu bringen.

 

Diese zehn denkwürdigen, um nicht zu sagen, merkwürdigen Jahrgänge schenkt Rudolf Polifka diese Woche aus

am Mittwoch, den 7. Mai und am Freitag, den 9. Mai

von 16 bis 22 Uhr in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,

Reindorfgasse 22,

 

wie gesagt „nicht ausschließlich“.

 

Herr Rudolf grüßt die Wetterfrösche und fast alle neuen Fußballmeister!