Karwoche geschlossen

In der Karwoche (25. bis 31. März) bleibt die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils geschlossen. Es will studiengereist sein.

Der Rudl wünscht „Frohe Ostern!“

Nächster Öffnungstag:

Mittwoch, der 4. April.: voraussichtliches Thema:Malvasia Vertikale von Cotar 2001 bis 2015 mit Lücken

Ostereiersuchwein Jacquère und Osterbock aus Hainfeld

Ostern als solches

 

Anders als Dezernatsleiter Paul Schremser, der nicht zu Ostern geht, zumindest beabsichtigt er das drei Wochen davor, freut sich der Rudl auf den Osterhasen und das Osterfest. Das weckt bei ihm Kindheitserinnerungen, er meint bis zurück ins Einundsiebziger Jahr.

 

Steirische Ostern

 

Ostern ist beim Rudl immer auch die Steiermark, kulinarisch, oenologisch und linguistisch.

Lange Zeit war für Herrn Rudolf Ostern auch das Fest des Steirischen Sauvignons, für ihn die weingewordene Osterzeit. Und dann hat der weltweite Zirkus um diese Rebsorte angehoben. Den Rest erlaubt sich Caviste Rudolf, Ihnen und sich zu ersparen.

 

Kollateralnutzen

 

Der Rudl ist kein Sonntagskind, dreißig Minuten haben gefehlt. Zum Glück, denn der Sonntag wäre der zwanzigste April gewesen. Trotzdem stellen sich Ärgernisse für ihn in weiterer Folge erstaunlich oft als außerordentliche Glücksfälle heraus. Justament zu der Zeit, als Sauvignon Blancs aus der Steiermark in Blindverkostungen regelmäßig die gelatinehältigen Naschprodukte aus der ganzen Welt hinter sich gelassen haben, wollte es dem Rudl sein Vollständigkeitstick, dass er in Savoyen auch der Rebsorte mit der nicht so grandiosen Nachrede Aufmerksamkeit geschenkt hat.

 

Jacquère

 

Wenn es in einer zweitausend Hektar kleinen Weinbauregion Massenwein geben kann, dann wird man in Savoyen Jacquère als dessen Rebsorte betrachten müssen. Mehr als tausend Hektar sind dort mit der autochthonen Jacquère bestockt. Ganz präzise hat sie ihren Ursprung, soweit man das rekonstruieren kann, in Abymes de Myans. Das liegt am nordöstlichen Rand des Chartreusegebirges, ungefähr dort, wo Jean Masson und die Giachino Brüder wohnen, was kein Zufall ist.

Die dicken Beerenschalen erlauben eine späte Reife. Am kalkreichen, steinigen Fuß der französischen Alpen ist das nicht ganz unwesentlich. Und sie schützen die engbeerigen Trauben vor Oïdium und Meltau.

Seinen bisweilen nicht ganz so guten Ruf verdankt Jacquère ihrer Fruchtbarkeit. Ohne Ertragskontrolle hängen an so einem Jacquèrestock, sofern er unter hundert Jahre jung ist, gleich einmal ein paar Kilo Trauben. Das konveniert, wenn man möglichst große Mengen zum Indenglühweinhäfenhinein- oder Demfonduehinterherschütten benötigt. Möchte man jedoch bei Blindverkostungen renommiertere Weißweine sekkieren, dann will der Ertrag begrenzt sein, von wem auch immer.

Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint die relativ weite Verbreitung der Jacquère in Savoyen auf den möglichen hohen Hektarertrag zurückzuführen sein. Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint bei der Jacquère nur im Fall restriktiver Ertragsbegrenzung etwas Gscheites herauszukommen. Anders als der Grüne Veltliner dürfte die spät reifende Jacquère aufgrund der Klimaerwärmung nicht so schnell ins Schwitzen geraten. Wenn es einmal sehr heiß ist, wird sie halt ein bissl reif. Aber immer noch nach fast allen anderen Rebsorten. Trockenstress ist mit entsprechend tiefen Wurzeln und in entsprechend vorgerücktem Rebstockalter auch nicht angebracht. Im Fall von klimawandelbedingten Wetterextremen ist allerdings auch die gute Jacquère mit ihrem Latein irgendwann einmal am Ende, weniger bei Spätfrost als bei Hagel.

Als Wein ist Jacquère eher blass bis weißgold. Dem Rudl seinem Geschmack nach stehen Alpenkräuter, Grapefruit, Bergamotte, Weißdorn, in äußerst gelungenen Fällen aneinander geriebener Feuerstein im Vordergrund. Manchmal kommen Mandeln, Haselnüsse und Lindenblüten dazu, wenngleich nie so intensiv wie bei Altesse.

 

Wein&Globalisierung

 

Mehr als weltweite Klimakapriolen scheinen der Jacquère weltweite Geschmackskapriolen zuzusetzen. Die dürften wirklich keine Grenzen kennen, und Reinzuchthefen auch nicht. Das muss zu viele savoyardische Winzer auf die Idee gebracht haben, ihre Jacquère zu sauvignonoidisieren.   Nicht dem Rudl seins.

 

Essen und Wein

 

Gute Jacquère passt eigentlich zu allem, zum Gulasch vielleicht nicht so hervorragend. Abgesehen davon fällt dem Rudl keine Unvereinbarkeit ein. Als klassisch gilt Jacquère mit Fondue. Ganz originell ist das nicht. Jacquère zur Forelle ist auch klassisch, auch nicht originell, aber trotzdem ziemlich eine Idealbesetzung.

Das dezente Prickeln, der niedrige Alkohol, das kongeniale Zusammenspiel von Frische, Leichtigkeit und appetitanregendem Temperament der Jacquère erinnern den Rudl an einen Gebirgsbach während der Schneeschmelze. In diesem Zusammenhang hat der Rudl vor einem Jahr Spekulationen über Wechselwirkungen zwischen Weingärten und der Größe von Gewässern, auf die die Weingärten hinunter schauen angestellt. Die wiederholt er jetzt nicht.

 

Frühling

 

Dem Rudl sein Faible für den Frühling ist ausgeprägt und daher ein Hinweis darauf der Nachvollziehbarkeit seines vorösterlichen Weinprogramms nicht ganz abträglich. Darum wiederholt Herr Rudolf einen Teil seiner diesbezüglichen Ausfürhung hier jetzt schon.

 

Seinerzeit, Bezirk Salzburg Umgebung

 

Dort, wo Monsieur Rudolf aufgewachsen ist, dort war damals noch dieser Winter. Der hat dort irgendwann Ende November oder Anfang Dezember eine unterschiedlich dicke, aber ziemlich lückenlose Decke über die Wiesen und Wälder gezogen. Das war an sich schon eine aufregende Sache. Eine Spur aufregender war es für den Rudl dann immer, wenn irgendwann im März die Sonne den Blick auf bis dahin drei Monate lang verborgene Plätze, Pflanzen und Utensilien freigelegt hat. Die hat man gut und klar in Erinnerung gehabt. Die nicht gerade spärliche Freizeit war damals dort kaum anders zu verbringen, als in Bachbetten herum zu graben oder irgendwo im Freien herumzurennen, zu kraxeln oder zu hängen und auf Veränderungen zu warten, von denen man sowieso gespürt hat, dass sie sich nicht einstellen würden, zumindest nicht vor Godot. Eine verwelkte Krenstaude, ein Holzbrettl oder vielleicht sogar ein fast vergessenes Spielzeug nach Monaten wieder zu sehen war zumindest interessant. Drum wird es den Herrn Rudolf stets begeistern, wenn nach einem Winter die Vegetation den Dienst wieder antritt. Seine Begeisterung wird immer mit einem Anflug kindlicher Freude einhergehen und diese Freude wird immer in einem Schokoladeosterhasen in einer bunten Staniolpanier unter einem Strauch seinen schwer überbietbaren Höhepunkt erblicken. Sentimentale Verklärung hin oder her, aber so schaut es halt einmal aus.

 

Weinbaumeister

 

Der Untergang des savoyardischen Jacquèreabendlandes hat zwar viele Gesichter, aber wie immer leistet eine Hand voll wackerer, unbeugsamer Zeitgenossinnen  und Zeitgenossen Widerstand.

 

Die Gebrüder Giachino

 

Ja, es gibt in den Weingärten der Giachinos zwischen der Bruchstelle des Mont Granier am nördlichen Ende des Chartreuse Gebirges und dem Lac de Saint André auch ein paar Weinstöcke anderer Rebsorten, Altesse, Gamay, Mondeuse und Persan. Darüber hinaus haben es sich die Giachinos zum Ziel gesetzt, früher verbreitete Rebsorten aufzuspüren und auszusetzen.

Mengenmäßig fällt das alles aber nicht ins Gewicht. Die Jacquère dominiert. Und die Giachinos machen fast alles mit dieser Rebsorte, Aperolspritzer nicht, aber vom ganz früh gelesenen „Wein wie seinerzeit“ über einen dezenten Orangen bis zum Schaumwein nach der méthode traditionelle machen sie alles.

 

Monfarina 2015, Giachino

 

Seit dem Dreizehner leisten ein bissl Mondeuse Blanche und Verdesse der Madame Jacquère Gesellschaft.

 

Primitif 2010, Giachino

 

Sehr früh gelesen. So könnte Wein aus Savoyen geschmeckt haben, bevor Oenologie in den Kellern und Klimaerwärmung in den Weingärten Einzug gehalten haben. Neun Percent Alkohol, den Giachinos zufolge mit Affinität zum Biss in eine Traube, dem Rudl zufolge mit einer zu einem Schluck Verjus. Spontanvergoren, drei Monate auf der Feinhefe, fast virtuos kaschierter Säureabbau, sowieso auch keine Zutaten. Den Trinkhorizont geben die Giachinos auf ihrer Homepage mit 1 bis 100 Jahren an. Ausverkauft ist der Wein bei ihnen immer schon deutlich früher.

 

Marius & Simone 2015, Giachino

 

Eine Hommage an die Großeltern der Giachinos. Er, der alte Giachino soll begeistert ein Glasl getrunken und sie, die alte Giachino das ebenso begeistert problematisiert haben.

Zwei Tage Vorgärung, dann zwanzig auf der Maische, vom Tank ins Fass, zehn Monate auf der Feinhefe, minimale Schwefelzugabe von einem Gramm pro Hektoliter, das aber auch erst bei der Füllung.

Zum bereits Erwähnten kommen Mandel- und Haselnussanklänge.

 

Jean-Claude Masson

 

Noch ein bissl weiter geht Monsieur Masson. Es gibt einfachere Dinge im Leben, als bei ihm einen Termin zu bekommen. Wenn man einen bekommt, muss man Zeit haben. Ideal ist es auch, wenn draußen nicht jemand auf einen wartet, zum Beispiel ein Fünfjähriger, zu dessen Kernkompetenzen nicht das Geduldigwarten zählt, oder eine Frau, die Hunger hat. Oder beide.

Sitzt man dann im spärlich beleuchteten Keller von Monsieur Masson auf einem Holzbrettl und hört dem Meisters zu, kann es passieren, dass man auf die Außenwelt vergisst. Allerdings kann man im Nachhinein mildernde Umstände geltend machen. Denn Monsieur Masson lässt einen vor Ende der Lehrveranstaltung sowieso nicht hinaus.

 

Apremont „Lisa“ 2016, Jean Masson, & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

 

Monsieur Jean-Claude hat zwei Kinder, Lisa und Nicolas. Geschwister sind einander oft sehr unähnlich. Lisa und Nicolas, zum Beispiel, zumindest aus der Sicht ihres Vaters. Sie sei straight, früh auf den Beinen und Tempo grundsätzlich nicht abgeneigt, er ein Musikant, kein Freund des Sonnenaufgangs und nicht die Personifizierung von Verbindlichkeit.

Diesen beiden Persönlichkeitsprofilen entsprechend macht Jean-Claude Masson zwei Weine, die er jeweils nach seinen Kindern benennt.

Lisa ist geprägt von Grapefruit- und Orangenaromen, akkurat. Monsieur Masson empfiehlt dazu alles, was aus dem Wasser kommt oder savoyardischen Käse.

In diesem Zusammenhang erinnert Herr Rudolf wieder einmal daran, dass es äußerst gern gesehen ist, wenn Sie sich die Jause in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils selber mitbringen, jetzt so knapp vor Ostern irgendetwas mit Kren. Ein Reibeisen erwartet Sie und Ihre Krenwurzn vor Ort, sofern Sie Ihre Krenwurzn nicht bei Amazon bestellt haben. Ein Ei, bevorzugt nicht aus einer Eierlegemaschine, auch nicht aus einer biologischen Eierlegemaschine, sondern von einem Hendl im altmodischen Stil, das nicht nach Kunden- und vor allem Großhandelswunsch designed worden ist. Oder ein Reblochon, ein Beaufort, ein Tomme de Savoie oder ein Abondance.

 

Apremont „La Déchirée“ 2016, Jean Masson, & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

 

Direkt repräsentativ für den Cru Apremont sind die Weine von Jean-Claude Masson ja alle nicht, La Déchirée wächst auf einer Parzelle am Gipfel von Apremont, umgeben von Himbeer- und Brombeerhecken. Die Trauben werden selbst für Jacquèreverhältnisse spät gelesen, entsprechend überraschend und markant sind die Aromen, gar nicht so oft anzutreffende Kombination aus imposanter Statur und steiniger Raffinesse, findet der Rudl. Wenn etwas in einer Sauce schwimmt, passt dieser Wein ziemlich sicher dazu.

 

Apremont „La Centenaire“ 2015, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

 

Über hundert Jahre alte Stöcke rufen in Erinnerung, was diese sonst oft ein bissl zugeknöpfte Rebsorte vermag. Jean-Claude Masson kennt den Wein bis zum Jahrgang 1945 zurück. Viel hängt an diesen Stöcken nicht mehr oben, dafür hält der Wein, der aus den wenigen Beerln gemacht wird, umso länger. Frische Mandeln, Steinobst und Stein.

 

Apremont „Coeur d’Apremont“ 2015, Jean Masson, & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

„Flaggschiff“ werden solche Weine immer wieder genannt, nicht dem Rudl seine Lieblingsbezeichnung für einen extraordinairen Wein. Noch niedrigerer Ertrag als bei der hundertjährigen alten Schachtel, langer Verbleib auf der Feinhefe, Kraft und Präzision, kandierte Früchte.

Jacques Maillet

 

Ni-Ni-Ni (Weder filtriert, noch angereichert und auch nicht geschönt) Jacquère vom rüstigen Rentner und seinen alten Rebstöcken aus Motz.

 

Gilles Berlioz, Chignin

 

Ziemlich genau gegenüber von Masson und Giachino, am anderen Ufer der Isère. Mehr Sonne.

 

Brauerei Hainfeld, Osterbock

 

Der Rudl hat es heuer nicht geschafft, nach dem Faschingsdienstag nach Salzburg Mülln zu fahren, um dort ein der Festzeit entsprechendes Bier zu kaufen. Vor dem Aschermittwoch war der Rudl schon dort, aber da verkaufen sie das Bräustübl Fastenbier nicht.

Darum ist Herr Rudolf vergangene Woche mit dem Regionalzug nach Hainfeld gefahren, um dort einen Osterbock zu kaufen.

 

 

 

 

  • Jacquère 2014, Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin de Savoie (2,50/4)
  • Primitif 2010, Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie (2,50/4)
  • Monfarina 2015, Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (2,50/4)
  • Jacquère 2015, Jacques Maillet, Chautagne, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Jacquère „Chez l’Odette“, Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (4,50/7)
  • Apremont „Lisa“ 2016, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Apremont „La Déchirée“ 2016, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (4,50/7)
  • Apremont „La Centenaire“ 2015, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (5/8)
  • Apremont „Coeur d’Apremont“ 2015, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Marius & Simone 2015, Giachino, Chapareillan, Vin de France (4/6)
  • Osterbock, Brauerei Hainfeld, Niederösterreich (Seidl: 3 Euro)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

…, selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 21. März und am Freitag, den 23. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau

In der Karwoche ist der Rudl auf Dienst- und Studienreise. Da bleibt die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils geschlossen.

4. und 6. April: Ein neuer Weinbaubetrieb betritt das Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils: Les Fils de Charles Trosset

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf grüßt fast alles, was blüht!

Noten oder verbale Beurteilung? Beides abschaffen! Ein Jahrgangsvergleich 2014 v 2015

Reifeprüfung

Vor einigen Wochen hat Ihnen Monsieur Rudolf etwas über die Percée du Vin Jaune erzählt. Am ersten Februarwochenende versammeln sich im Jura Weinfreundinnen und Weinfreunde, um dabei zu sein, wenn die Hefeflorschicht des neuen Jahrgangs durchstochen und der neue Wein sodann nach sechs Jahren und ein paar Monaten der Öffentlichkeit präsentiert wird. Dieses Jahr haben sie die Hefeflorschicht der 2011ers durchstochen. Das kann man als Folklore betrachten. Dass es gescheit ist, den Zweitausendelfer Vin Jaune jetzt schon zu trinken, behauptet niemand.

En primeur

Es gibt Gegenstücke zu dieser Veranstaltung. Das sind die diversen Verkostungen „en primeur“. Dabei kosten Fachkräfte den neuen Wein und urteilen über die Qualität des betreffenden Jahrganges. Das wird für gewöhnlich ab Ende März des auf den Jahrgang folgenden Jahres durchgeführt. In Bordeaux sind diese Verkostungen besonders beliebt. Einige Monate später werden diese Weine dann verschnitten. Auch das wird Folklore sein, vermutlich eine Spur sinnlosere.

Jahrgänge und Noten

Wenn sich der Rudl die Nachred‘ mancher Weinjahrgänge vergegenwärtigt, fragt er sich sowieso, welche Kriterien und Parameter in diese Beurteilungen einfließen. Die Jahresstreikstunden von Flughafenangestellten? Der Notendurchschnitt der 2C? Die Studien von Astrologinnen der Wiener Qualitätsblätter?

Jetzt hat es sich begeben, dass in den letzteren paar Jahren zwei Jahrgänge auf einander gefolgt sind, deren Zensuren nicht viel unterschiedlicher sein können hätten, 2014 und 2015. Ersterer herunter gemacht zum regelrechten Antiweinjahrgang, letzterer in den Himmel gelobt. Il faut se méfier.

Vielleicht passt es gerade, einmal zu schauen, wie die beiden Jahrgangsnachbarn ihre frühe Kindheit absolviert haben.

2014

steht bei weiten Teilen der über Wein Schreibenden und Lesenden nicht so hoch im Kurs. Viel Regel und nicht gerade heiß. Ehrlich gesagt gilt der Jahrgang als hundsmiserabel. Die Jahrgangsbewertungskräfte schreiben dann, meistens ist das Ende August des betreffenden Jahres, von einem sogenannten „Winzerjahrgang“, der den Weinbauern alles abverlangt habe.

Weine, die ihren Jahrgang nicht zu kaschieren versuchen, zeigen sich oft nicht als Schmeichler. Das bedeutet nicht, dass sie das auf immer und ewig bleiben und nicht in ein paar Jahren umso spektakulärer brillieren, ähnlich Schülerinnen und Schüler, die man in der ersten Klasse, wenn das mit den Bestimmungen des Strafgesetzes vereinbar wäre, am liebsten an die Wand picken würde, die bei der Matura dann aber wirklich noch im positiven Sinn erahnen lassen, was mit Reifeprüfung gemeint sein könnte.

2014 in Savoyen

Der Winter hat mild begonnen, aber Mai ist die Sonne dann nicht gerade extrovertiert, ganz anders als der Regen. Im August betritt der Fils zum ersten Mal savoyardisches Territorium und rutscht dabei immer wieder aus, nicht etwas weil savoyardisches Parkett so glatt wäre, sondern weil fast überall ein mords ein Gatsch ist. Von den fünfzehn Augusttagen, an denen der Fils in Savoyen ist, hält es nicht ein einziger aus, vierundzwanzig Stunden im Trockenen zu verweilen. Einem Maxglaner wie dem Rudl fällt so etwas nicht einmal auf. Aber der Fils ist ein Kind der Grenze zwischen Wiener Becken und pannonischer Tiefebene. So oder so, der Rudl rekommandiert, die guten Weißweine aus 2014 noch ein Zeitl aufzuheben und gegebenenfalls die Fünfzehner vorher zu trinken. Monsieurs Riouspeyrous sieht das übrigens auch so. Auch für den Silex von Dagueneau dürfte das gelten, zumindest wenn man der Revue du Vin de France glaubt. Das österreichische Zentralamt für Wein hingegen bedauert, dass keine „höheren Mostgewichte“ möglich gewesen sind. Dem Rudl seiner Wahrnehmung nach sind die in den letzten Jahren immer mehr ein Problem als ein erstrebenswertes Ziel. Da zieht der Rudl doch die raffinierteren und frischeren Zweitausendvierzehner vor, auch wenn man sie vielleicht noch ein paar Jahre im Keller reposieren lassen sollte.

2014 in Österreich

Das Ganze fängt nicht gerade zum Vor-Kälte-Bibbern an. Viel zu warmer Jänner, nicht nennenswert besserer Februar. Der März noch wärmer. Irgendwie möchte man meinen, das warme Wetter habe damit sein Pulver verschossen. Der April ist wenigstens noch warm, aber verregnet. Da sind die Reben vegetationstechnisch noch zwei bis drei Wochen vorn. Im Mai ist es dann nicht einmal mehr warm. Und dann versucht sowieso nur mehr jeder Monat, seinen Vorgänger in der Kategorie Sauwetter in den Schatten zu stellen. Die konventionellen Vierzehner dürften eine Spur gesünder sein als die konventionellen Weine aus anderen Jahren, weil der permanente Regen die sogenannten Pflanzenschutzmittel im Handumdrehen immer wieder abwäscht. Sisyphos hätte seine Freude beim Spritzen gehabt. Geradezu konvenieren tut die Regnerei den Junganlagen.

Sommer und Herbst 2014 werden nicht aufgrund von Hitzewellen in die Geschichtsbücher eingehen. Deswegen (!) prognostiziert nicht nur der Rudl den Vierzehnern mehr Ausdauer als den Weinen vieler anderer Jahrgänge, freilich nur sofern gesunder Beeren verarbeitet worden sind. Von denen hat es halt nicht so viele gegeben. Die sind dafür phänomenal gut gewesen.

Ohne Botrytisverzögerer und anderen Hexenzauber sind elegante Weine mit sehr hoher Lagerfähigkeit entstanden. Die guten werden sicher noch ein Zeitl brauchen. Die anderen sollten schon getrunken oder einer anderen Verwendung zugeführt sein.

2015

ist es warm gewesen, sehr sogar. Recht trocken ist es auch gewesen. Oidium und Meltau haben schon mehr gelacht als 2015. Man könnte 2015 mit einem gescheiten, fleißigen und höflichen Schüler vergleichen. Nicht unangenehm für eine Lehrkraft und die Idealbesetzung für einen Floridsdorfs next top Schwiegersohn Contest. Möglicherweise aber intellektuell nicht allzu herausfordernd und auch nicht besonders interessant. Warum fällt dem Rudl da jetzt der Bertl Braun ein?

Entsprechend sind die Noten für den Weinjahrgang 2015. Zugänglichkeit par exzellence.

Nach ein paar ziemlich verrückten Jahrgängen hat sich das Wetter in diesem Jahr etwas weniger extravagant benommen. Die Menge war gut, was in Anbetracht der vorhergegangenen Ernten für manche Winzer existenzrettend gewesen ist. Die Qualität war gut. Viele Zweitausendfünfzehner sind heute zugänglicher als ihre um ein Jahr älteren Geschwister, reife Frucht, gute Substanz, harmonisch.

Frühling optimal, Blüte detto, eher ungewöhnlicher, weil nächtlicher Hagel Anfang Mai im Kremstal, Kamptal und am Wagram. Der Sommer ist dann sehr heiß, Mitte August kommt rechtzeitig noch Wasser. Herbst wieder in der Tradition des Frühlings, im Unterschied zu 2006 oder 2011 aber wenigstens kühle Nächte.

Zierfandler, Friedrich Kuczera

Über den hat Herr Rudolf schon das eine oder andere geschrieben. Old school im besten Sinn.

Jacquère, Jacques Maillet

Der Name des Ortes, in dem Jacques wohnt, beschreibt den Wein möglicherweise treffender als Weinjournalisten. Motz

Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster

nicht nur horizontal interessant, sondern ziemlich sicher auch vertikal mit den beiden Jacquères von Jacques Maillet

Grüner Veltiner Steinleithn, Geyerhof, Kremstal

Lieblingsveltliner von Caviste Rudolf

Schiste, Domaine des Ardoisières

Vierzig Percent Jacquère, dreißig Roussanne, zwanzig Pinot Gris und zehn Mondeuse Blanche. Südlage, aber in einer Gegend, wo sonst keine Weingärten mehr wachsen. Immer ist das nicht so gewesen. Aber dann ist die Aluminiumindustrie ins Tal der Tarentaise gekommen. Aus heutiger Sicht nicht unbedingt zukunftsträchtige Technologie. Das haben Michel Grisard und Brice Omont schon viel früher so gesehen und in Cevin, hoch oben auf einer Südlage mit bis zu sechzig Prozent Gefälle Terrassen angelegt. Ein Terroir für Wein als Antithese zum Gschloder aus Aluminiumkapsel und -doserl. Kaum Humusauflage, Schiefer und Glimmerschiefer, sauer, mit gutem Wärmespeichervermögen, in Anbetracht gravierenderer Witterungsunterschiede äußerst erwünscht. Die Schieferschichten sind in Cevin vertikal angeordnet. Das ist für die Verwurzelung der Stöcke nicht ganz unvorteilhaft ist. Dominique Belluard hält die Lage in Cevins für das aufregendste Weinterroir Savoyens.

Siebentausendfünfhundert Rebstöcke am Hektar, zehn bis fünfunddreißig Hektoliter Ertrag pro Hektar. Unesoterische Biodynamie, deren jede Handlung die Einzigartigkeit der Lage unterstreichen soll. Spontanvergärung. Und auch sonst wird in diesem Weingut nichts erzwungen, auch die Malo nicht. Hätte der Begriff „Naturwein“ eine nachvollziehbare Bedeutung, dann wäre er hier angebracht.

Der Rudl hat sich immer noch nicht entschieden, ob der den Schiste oder den teureren Quartz besser finden soll. Ein Vergleich der beiden Zweitausendzehner hat unlängst angedeutet, dass Schiste beim Aufmachen vorne ist. Nach ein, zwei Tagen hat ihn der Quartz dann aber überholt.

  • Zierfandler, Friedrich Kuczera 2014, Gumpoldskirchen, Thermenregion (2,50/4)
  • Zierfandler, Friedrich Kuczera 2015, Gumpoldskirchen, Thermenregion (2,50/4)
  • Jacquère, Jacques Maillet, 2014 und 2015, Motz, Chautagne, AOC Vin de Savoie (4/6)
  • Jacquère, Jacques Maillet, 2014 und 2015, Motz, Chautagne, AOC Vin de Savoie (4/6)
  • Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster 2014, Schlossberg, Steirerland (3/5)
  • Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster 2015, Schlossberg, Steirerland (3/5)
  • Grüner Veltiner Steinleithn 2014, Geyerhof, Kremstal (4,50/7)
  • Grüner Veltiner Steinleithn 2015, Geyerhof, Kremstal (4,50/7)
  • Schiste, Domaine des Ardoisières, Cevin, Vin des Allobroges 2014 (7/11)
  • Schiste, Domaine des Ardoisières, Cevin, Vin des Allobroges 2015 (7/11)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

, aber nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

am Mittwoch, den 14. März und am Freitag, den 16. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 21. Und 23. März:

Osterweine. Jacquère

Herr Rudolf grüßt die Braven gerade so als wie die Goscherten!

Liberté, Egalité, Rationalité! Sieben Weine zum internationalen Frauentag

Es gibt Tage, 365, respektive 366 im Jahr. Und es gibt Tage, an denen etwas Bestimmtes gefeiert oder zumindest in den Vordergrund gestellt wird, möglicherweise mehr als 365 im Jahr.

Manche dieser Tage findet Herr Rudolf ausgesprochen erfreulich, Weihnachten zum Beispiel, Ostern auch, Nikolaus, den Rupertikirtag und den Jakobitag, an dem in der Steiermark und in Wien Hasenleiten die Klapotetz aufgestellt werden. An anderen Tagen tut sich der Rudl ein bissl schwer, die nötige Nachvollziehbarkeit für ihre Hervorhebung zu erkennen,  beim Tag des Windes zum Beispiel, aber auch beim Stefanitag.

Und dann gibt es ein paar Tage, die Monsieur Rudolf bis auf Widerruf, quasi mit Ablaufdatum für angebracht hält, den internationalen Frauentag etwa bis zum Tag, an dem gleiche Marie für gleiche Arbeit bezahlt wird, eine halbwegs egalitäre, weniger ideologische und weniger neurotische Aufteilung des Einflusses auf die Erziehung von Kindern gewährleistet ist, nicht zwischen Mama und Oma, sondern zwischen Mama und Papa. Dann fände es Sportsfreund Rudolf auch noch überaus begrüßenswert, wenn man dem Zeitgeist die immer zwanghafteren Vorstellungen, aus dem Körper „etwas machen“ zu müssen, ein bissl wegtherapieren könnte, den Buben gerade so als wie den Madln.

Und wenn irgendwann fair gehandelte Panier nicht nur Frauen, sondern auch Männern accessibel gemacht würde, wäre in der Wahrnehmung vom Rudl auch etwas erreicht.

Der Rudl ist kein Busenfreund des Binnen-I und die außerfamiliäre Kinderbetreuung ab der Geburt hält er auch nicht unbedingt für den Nachweis einer Hochkultur. Das ist Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe vermutlich schon aufgefallen, aber eine egalitäre Gesellschaft, die nicht gleich macht, sondern bei annähernd gleicher Anstrengung gleich berechtigt, ist ihm ein großes Anliegen.

 

Gilles Berlioz aus Chignin. Ein Winzerautodidakt, wie er in keinem Buche steht. Wiederholung vom Sommersemester 2017

 

Es gibt Weinbauern, die ihr Weingut von ihren Eltern übernommen haben und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihr Weingut von ihren Eltern übernommen haben und nicht so guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die einen anderen Beruf gelernt, dort einen Haufen Knödel gemacht, dann ihre Lebensplanung geändert haben und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die einen anderen Beruf gelernt, dort einen Haufen Knödel gemacht, dann ihre Lebensplanung geändert haben und nicht so gut Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihren Beruf gelernt haben, obwohl ihre Familie nichts mit Weinbau zu tun gehabt hat, und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihren Beruf gelernt haben, obwohl ihre Familie nichts mit Weinbau zu tun gehabt hat, und nicht so guten Wein machen. Und es gibt Gilles Berlioz. Als Sohn eines Hacklers hat er zuerst auf Paysagiste gelernt. 1990 haben seine Frau und er dann beschlossen, Weinbau zu betreiben, mit 0,8 Hektar, als Autodidaktin, respektive Autodidakt. In den Folgejahren haben sie die 0,8 Hektar auf sieben erweitert, um sie danach wieder um die Hälfte zu reduzieren und biologisch umzustellen. Der Schritt zur Biodynamie war dann kein ganz abwegiger. Besonders hoch im Kurs steht bei Gilles Berlioz die Intuition.

 

Chignin

 

… liegt am Südwesthang im Combe de Savoie, das ist das Tal der Isère nach Albertville hinein. Die Rebstöcke stehen auf Geröllhängen aus Jurakalk und Mergel und schauen hinunter auf den „Boulevard des Alpes“. Dort fahren und vor allem stauen im Winter die Kraxen in die Skigebiete hinauf, im Sommer auf Turin hinunter. Gilles Berlioz ist in Chignin daheim.

 

Roussanne

 

ist auch in Chignin daheim, so daheim, dass sie in Savoyen Chignin-Bergeron genannt wird. Vom Prestige gehören diese Weine ziemlich sicher zu den renommiertesten in Savoyen, von den Preisen her auch. Dem Rudl seiner Meinung nach werden viele davon überbewertet. Ihre manchmal geringe Säure ist ihm in Verbindung mit für savoyardische Verhältnisse hohen Alkoholwerten ein bissl zu südlich. Ursprünglich herkommen tut Roussanne angeblich aus Tain l’Hermitage, wobei das mit den Ursprüngen dem Rudl seines Erachtens auch überbewertet wird. Einerseits findet es Herr Rudolf hoch interessant, nach Ursprüngen zu fragen. Andererseits geht ihm das dogmatische oder neurotische Getue um die Wurzeln, das jede noch so dezente Kritik oder jeden Vorschlag eines Äutzerls an Veränderung zum Verrat oder zur Verletzung der Ehre aufbläst, ganz außerordentlich auf den Zeiger. So oder so dürfte es die Roussanne schon ziemlich bald einmal von der Rhône nach Savoyen verschlagen haben, allerdings ausschließlich in die Gegend um Chignin.

Sehr geringe Erträge und eine prekär späte Reife dürften ein Grund für das Schrumpfen der sowieso homöopahtischen Dimensionen mit Roussanne bestockter Rebfläche in Savoyen sein. Die relativ hohen Preise des Chignin-Bergeron könnten auch eine Rolle spielen. Monsieur Rudolfs Erklärung ist, dass die zweitausend Hektar kleine Weinbauregion Savoyen mit Jacquère und Altesse zwei ausgesprochen kompetente Rebsorten hat und andere Rebsorten dort nicht gerade dringend abgehen.

Die Kalkkieselböden bei Chignin scheinen es der Roussanne trotzdem angetan zu haben. Kleine, zylindrische Trauben, Beeren mit goldgelbem Teint und rostbraunen Einsprengseln. Zucker vermag sie viel einzulagern, entsprechend solide können die Alkoholwerte der aus ihr gekelterten Weine ausfallen. Haselnuss- und Weißdornaromen sind nicht ungewöhnlich, wobei der Rudl das lediglich gelesen hat. Wissen, wie Weißdorn schmeckt, tut er persönlich nicht. Eine lange Lagerfähigkeit wird der Roussanne nachgesagt. Sofern die Säure passt, legt Caviste Rudolf nach.

 

Les Filles

 

Seit dem Jahrgang 2007 widmet Gilles Berlioz den Damen in seinem und um seinen Betrieb den besten Wein des Hauses und nennt ihn „Les Filles“. Das Etikett ziert seither auf jedem Jahrgang eine andere künstlerische Darstellung von Frauen, stets geschmackvoll, niemals plump, das gerade Gegenteil von manchem Etikett aus der Naturweinszene. Den Rudl beschleicht ja der Verdacht, dass der eine oder andere nackerte Popo auf einem Weinetikett das Auffälligste am betreffenden Kultwein ist. Die Ansicht von hinten hat für einen sesshaften Zeitgenossen wie den Rudl auch immer ein bissl was mit Flucht zu tun, im gegenständlichen Fall vielleicht auch nur mit flüchtiger Säure. Aber bitte.

Die Bilder auf den Etiketten von Gilles Berlioz sind frei von Effekthascherei. Trotzdem ist Weinmeister Berlioz immer wieder mit der Frage nach Unausgewogenheit seiner Weinbezeichnung konfrontiert worden. Darum hat er irgendwann einen anderen Chignin-Bergeron „Les Fripons“, auf gut Deutsch „Die Spitzbuben“ genannt.

Ganz egalitär ist das dann aber auch wieder nicht gewesen, weil der Terminus „Spitzbuben“ in der einen oder anderen Komponente seiner Bedeutung über eine schlichte Geschlechtsbezeichnung hinausgeht. Darum gibt es jetzt bei Gilles Berlioz und diese Woche auch beim Rudl, dort allerdings nur glasweise, den Chignin-Bergeron „Les Friponnes“, die Spitzmadl oder Spitzbübinnen, wenn Sie so wollen.

 

  • Chignin-Bergeron „Les Filles“ 2015, Domaine partagé. Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Chignin-Bergeron „Les Fripons“ 2015, Domaine partagé. Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Chignin-Bergeron „Les Friponnes“ 2015, Domaine partagé. Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (5/8)darüber hinaus zwei gegenderte Weine
  • Gräfin (Sauvignon Blanc), Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (5/8)
  • Graf Morillon, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (5/8)… des Rudls Dafürhalten der beste Chardonnay außerhalb Chablis

    sowie zwei Weine von äußerst kompetenten Winzerinnen

  • Blaufränkisch 2015. Dankbarkeit. Christine Lentsch, Neusiedlersee (3/5)
  • Riesling Kellerberg Federspiel, Weingut Schmidl , Dürnstein, Wachau (3/5)(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

    …, aber nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

     

    am Mittwoch, den 7. März und am Freitag, den 9. März

    jeweils von 16 bis 22 Uhr

    in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

     

    Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

     

    Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 14. und 16. März:

    Versuch einer Kür des besten Weins der Weinbauregion Savoyen.

    Der Rudl möchte wieder einmal darauf hinweisen, dass jedwedes Flascherl aus dem Sortiment seines Kaufgeschäftes gegen einen Aufpreis von fünf Euro vor Ort konsumiert werden kann, im Fall zeitgerechter Ankündigung selbstverständlich gekühlt.

     

    Herr Rudolf grüßt etwas frei nach Professor Conrads: Habe die Ehre, les Friponnes, seawas, les Fripons!

     

2. März 1920 – Josef Bauer, alles Gute zum Geburtstag! Sankt Laurent und Blaufränkisch

Kulturpessimismus

 

Es gibt ein paar Personen des öffentlichen Lebens, die faszinieren den Rudl. Es gibt ein paar, die ihm egal sind und dann gibt es noch ein paar, die er für Wappler hält. Manchmal beschleicht den Rudl das Gefühl, die Gruppe der letzteren würde vor allem auf Kosten ersterer wachsen.

Aber dann besinnt sich der Rudl, meistens. Oder seine Femme besinnt ihn. Nicht jeder Grant ist ein ausreichendes Motiv für Kulturpessimismus. Wobei das ja auch wieder relativ zu betrachten ist. Im Augenblick, in dem Caviste Rudolf diese Zeilen in sein mobiles Schreibgerät nagelt, sitzt ihm in einer Garnitur der Linie U3 ein älterer Herr gegenüber. Der ist ausgestattet mit allen Erzeugnissen, die Wiener Edelfedern hervorbringen, täglich, kleinformatig und mit Inseraten fürstlich gefüttert. In Anbetracht, manchmal auch Angehör dessen nicht grantig, zornig, traurig und kulturpessimistisch zu werden, erfordert Kraft, möglicherweise mehr Kraft, als einem um acht Uhr in der Früh zur Verfügung steht.

 

So oder so

 

Ein paar der eingangs erwähnten Personen des öffentlichen Lebens, von denen der Rudolf viel hält, sind berühmt. Der Kurtl zum Beispiel. Andere sind nicht berühmt. Josef Bauer zum Beispiel.

 

Josef Bauer

 

Josef Bauer ist am 2. März 1920 auf die Welt gekommen. Später hat er die Weinbauschule Klosterneuburg besucht. Dort war Friedrich Zweigelt Direktor. Der hatte 1922 die beiden autochthonen österreichischen Rebsorten Blaufränkisch und Sankt Laurent gekreuzt.

Josef Bauer war nicht Direktor. Josef Bauer hat Kontakt zur katholischen Widerstandsgruppe rund um den Klosterneuburger Augustiner Chorherrn Roman Scholz gesucht und gefunden. Dieser Gruppe haben die großen Zeiten nicht so gut gefallen. Darum hat sie versucht, die Hitler-Eiche in Klosterneuburg durch Pestizide von innen her zum Absterben zu bringen.

Leider haben sie Josef Bauer und seine Kollegen erwischt. Einige Lehrer der Weinbauschule Klosterneuburg wollten Milde walten lassen. Aber die haben sich in der Klassenkonferenz am 28. August 1940 nicht durchgesetzt. Darum hat die Schule unter der Direktion von Friedrich Zweigelt ein Betretungsverbot für Josef Bauer verhängt. Josef Bauer sei als „Führer der klerikalen Bewegung in Klosterneuburg bekannt“ gewesen und habe „mitunter Schwierigkeiten während des weltanschaulichen Erziehungsunterrichts gemacht, (…) weshalb er eine schlechte Note in weltanschaulicher Erziehung erhalten habe, trotz gutem Prüfungsergebnisses (sic!)“ (Konferenzprotokoll vom 28. August 1940). Weltanschauliche Erziehung dürfte damals wichtiger gewesen sein als die Grammatik der deutschen Sprache.

Als der Vater Josef Bauers die Schule um die Ausstellung eines Sittenzeugnisses für seinen Sohn ersucht hat, um die Gestapo milde zu stimmen, wurde ihm das von der Schule verweigert. Josef Bauer hat dann fast drei Jahre Gestapo-Haft in Gefängnissen von Wien bis damals „München Gladbach“ erlitten. Dann wurde er eingezogen.

 

Namen

 

Und dann ist da noch die Sache mit der Bezeichnung für die Rebsorte. Friedrich Zweigelt hat sie Rotburger genannt. So hat sie dann auch geheißen. Das kann man in alten Weinbüchern nachlesen. 1975, Friedrich Zweigelt hat nicht mehr gelebt, haben es einflussreiche Kreise aus der Weinwirtschaft dann für eine gute Idee gehalten, den Rotburger im Rahmen der „Qualitätsweinrebensortenverordnung“ auf Zweigelt umzubenennen.

 

Die sichs gerichtet haben und die kollektive Demenz

 

Flexible Menschen hat es viele gegeben. Zuerst eifrig bis übereifrig, dann konformistisch, später flexibel, dement und selbstredend unpolitisch. Im Fall der Fälle verhandlungsunfähig. In jedem Ambiente gefällig. Wie viele Weine der Rebsorte Zweigelt.

Dass es diesen Ungeist heute nicht mehr gibt, würde der Rudl gerne glauben, er kann es aber nicht. Möglicherweise glauben es die Bildungsexperten und Verfasser von Lehrplänen (vielleicht mit ganz wenigen Ausnahmen). Den Bildungsexpertinnen, Bildungsexperten und der Schulaufsicht scheint der oben erwähnte Ungeist aber keine schlaflosen Nächte zu bereiten. Hauptsache, es wird vereinheitlicht (und) präsentiert. Auch eine Form von weltanschaulicher Erziehung.

Da empfindet es der Rudl als Balsam auf seiner Seele, wenn einer nicht zu jeder Schnapsidee im Namen von Forstschritt und Wachstum nickt oder stumpfsinnig mit den Achseln zuckt, zur Errichtung eines riesigen Gewächshauses etwa oder zum Verkauf so einer Idee als Beitrag zur Förderung regionaler Landwirtschaft.

Rotes Irgendwas, das wie Paradeiser ausschaut, nach nichts schmeckt und einen Haufen Energie gefressen hat, braucht Herr Rudolf nicht, egal ob das rote Irgendwas die Energie in Andalusien oder im Seewinkel gefressen hat.

Ein Josef hat nicht genickt. Er sollte Unterrichtsminister werden! Von ihm kredenzt der Rudl diese Woche drei Weine glasweise.

 

Geburtstagsgrüße

 

Gleichzeitig würdigt Rudolf Polifka den Geburtstag und die Leistungen von Josef Bauer. Der Rudl hat vor diesen viel mehr Respekt als vor der Züchtung einer Rebsorte, die er sowieso nicht zu seinem Glück gebraucht hat.

Darum macht der Rudl diese Woche Weine auf, die es auch ohne Züchtungen von Friedrich Zweigelt gegeben hätte.

 

Nur

 

eine Ausnahme macht der Rudl, quasi als Selbsttherapie gegen seinen Vollständigkeitstick. Die ist vom Weinbauern mit dem weltbesten Musikgeschmack, einem Josef selbstverständlich, und darum hier genau richtig.

 

  • Sankt Laurent Klassik 2015, Josef Umathum, Neusiedlersee (3/5)
  • Blaufränkisch Klassik 2015, Josef Umathum, Neusiedlersee (3/5)
  • Blaufränkisch 2015, Christine Lentsch. Dankbarkeit, Neusiedlersee (3/5)
  • Sankt Laurent vom Stein 2010, Josef Umathum, Neusiedlersee (8,50/13)
  • Blaufränkisch Hochegg Special Edition 2013, Karl Schnabel, Sausal (6,50/10)
  • Blaufränkisch Szapary 2012, Uwe Schiefer, Eisenberg (6,50/10)
  • Sankt Laurent 1990, Winzergenossenschaft Ehrenhausen (Schauen wir einmal, wahrscheinlich eher nur ein Studienobjekt.)
  • Blaufränkisch Spätlese 1973, Klosterkeller Siegendorf, Neusiedlersee Hügelland (6/9)… Wein aus der Zeit, als der Rotburger noch Rotburger geheißen hat.
  • Rotburger 2015, Josef Lentsch. Dankbarkeit (2,50/4)

(in Klammern zuerst der Preis für das Sechzehntel, dann der für das Achtel)

 

Wie immer nicht ausschließlich diese Weine kredenzt Caviste Rudolf glasweise

 

am Mittwoch, den 28. Februar und am Freitag, den 2. März

von 16 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Vorschau auf 7. und 9. März

 

zum internationalen Frauentag: gegenderte Weine Maria und Sepp Muster und doppelt gegenderte Weine von Christine und Gilles Berlioz

 

Suppe mit Sinn

 

Monsieur Polifka freut sich, 47,50 Euro der Wiener Tafel weiterleiten zu können. Er bedankt sich dafür doppelt, weil er sich bewusst ist, dass ein Großteil dieses Betrages aus Ihren Spenden und nur der kleinere aus konsumierten Suppen resultiert.

 

Herr Rudolf grüßt die Unflexiblen wie Josef Bauer und verleiht diesem den Ehrendirektortitel der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils!

 

Grüner Veltliner Spiegel von Sepp Mantler. Ein Ausnahmewein von einem Ausnahmewinzer: 1963, 1986, 2003, 2004, 2008, 2013 und 2016

Seinerzeit und heute

Es gibt eine paar Weine, die es dem Rudl angetan haben, seinerzeit als er vor knapp dreißig Jahren angefangen hat, sich für Wein zu begeistern. Die allermeisten davon gehen dem Rudl heute nicht ab.

Es gibt ein paar Weine, die es dem Rudl heute antun, die er damals ziemlich sicher nicht mit einem Übermaß an Enthusiasmus getrunken hätte.

Und dann gibt es ungefähr eine Handvoll Weine, für die Monsieur Rudolf vor einem Vierteljahrhundert schon weit gefahren ist und es heute immer noch tut, sei es mit dem Kinderwagen, sei es mit dem Radl oder sei es mit dem Automobil. Der Grüne Veltliner Spiegel von Sepp Mantler ist so ein Wein.

Löss

Der ist während der letzten Eiszeit vor etwa zwölftausend Jahren vom Gletscher abgeschliffen und im Anschluss daran vom Wind verblasen worden. Jetzt kann man so ein Terroir nicht direkt als jung bezeichnen. Zwölftausend Jahre sind nicht nix. Aber verglichen mit anderen relevanten Weingartenböden ist Löss geradezu ein Benjamin. Die Wachau, keine zehn Kilometer von Gedersdorf entfernt, ist zehntausendmal so alt, plusminus ein paar hundert Millionen Jahre.

Quantitativ ist Löss der österreichische Weingartenboden. Das Weinviertel ist Löss, nicht zur Gänze, aber schon ziemlich viel davon. Und das Weinviertel ist das mit Abstand größte Weinbaugebiet in Österreich. Dazu der ganzen Löss aus dem Kremstal, dem Kamptal und der Wachau. Und dann noch viel Löss im Burgenland und in Wien. Da läppert sich einiges zusammen.

Remarkabel ist auch, dass diese vom Wind dahergezahten Sandschichten äußerst kompakt sind, gerade so wie die, allerdings von der Rhône angeschwemmten, pickelharten Sandsteinhänge von Jacques Maillet in der Chautagne in Savoyen. So eine Härte möchte man dem Sand vielleicht gar nicht zutrauen. Aber die Wachauer Urgesteins-Terrassen aus Gneis und Granit müssen durch Mauern gestützt werden, die Lössterrassen im Kremstal nicht.

Bestehen tut Löss aus etwa fünfzig Percent der Reste des gymnasialen geologischen Schulwissens vom Rudl: viel Quarz, ein bissl Feldspat und Glimmer. Kalk ist auch dabei. Der gelbe Farbton ist auf die Eisenoxyde zurückzuführen. Alles in allem sind im Löss Mineralstoffe zum Saufüttern.

 

Spiegel

 

Spiegel ist eine Hanglage aus Löss. Die Anwehungen vom Gletscherschliff haben sich in der Riede Spiegel auf zehn Meter aufgehäuft, auch kein Lercherl und sicher auch nichts, was der Wind an einem verlängerten Wochenende erledigt hat.

 

Vor allem aber Sepp Mantler

 

Irgendetwas scheint es mit dem Winzervornamen Josef sowieso auf sich haben. Die Häufung von genialen Weinbaumeistern mit diesem Vornamen geht auf alle Fälle weit über jede statistische Nachvollziehbarkeit hinaus. Darüber hinaus fällt dem Rudl auf, dass in diesen Fällen oder vielleicht sowieso Kompetenz im Weingarten und im Keller mit besonderer Herzlichkeit und Authentizität einhergehen.

Derweil hat des Rudls Wissens auf alle Fälle noch niemand nachvollziehbar erklären können, wie Sepp Mantler aus Weintrauben, die auf Löss gewachsen sind, derartig subtile, differenzierte und ziemlich sicher auch heute noch langlebige Weine keltert. Man könnte das auch als Indiz für die Grenzen des Positivismus betrachten, wobei der Rudl da vorsichtig ist. Aber es gibt halt nicht viele Weine, die vierzehn oder sogar fünfzehn Percent Alkohol aufweisen und trotzdem grazil sind.

Dann ist da noch der Riesling Wieland. Wäre es der Rieslingrebe möglich, sich zu deplacieren, es würde sie vermutlich nicht zum Löss ziehen. Der Wieland von Sepp Mantler steht auf Löss, wobei sich unter dem Löss eines kleinen Teils der Riede Konglomerat befindet. Wenn es nach dem Rudl geht, einer der besten Rieslinge, wenn nicht der beste Riesling in Österreich.

 

2016

 

Zu warm und zu trocken im Winter. Früher Austrieb und dann der Spätfrost Ende April. Verhältnismäßig viel Niederschlag bis zur letzten Augustwoche. Erst dann kommt das Wetter zur Raison.

 

2013

 

Lieblingsjahrgang vom Rudl. Mit dem Kinderwagen transportiert.

 

2008

 

Über diesen Jahrgang hat Monsieur Rudolf letzte Woche das eine oder andere geschrieben. Am Mantlerhof hat Oidium den Ertrag noch ein bissl gravierender reduziert als anderswo, weil biologische Bewirtschaftung den Einsatz des Chemiekastens zur Bekämpfung von Pilzen und Viechern nicht vorsieht.

Herausgekommen ist Eleganz.

 

2006 und 2007

 

Vom Zweitausendsiebener und vom Zweitausendsechser hat der Rudl seinerzeit viel gekauft. Das hat Frau Mantler einmal beim Zahlen zur Frage, ob der Rudl denn ein Wiederverkäufer sei, veranlasst. Damals ist Herr Rudolf kein Wiederverkäufer gewesen. Und damals hat Herr Rudolf auch nicht geahnt, jemals einer sein zu werden. Die vielen Spiegel aus Zweitausendsieben und Zweitausendsechs hat der Rudl aber alle schon getrunken. A blede Gschicht, würde der Kurtl vielleicht sagen.

 

2004
Alles in allem kühl und feucht, was in Anbetracht des Trockenstresses im Dreierjahr für die Reben recht erholsam gewesen sein muss.

Im August ist es freundlicher geworden, im September ist es das geblieben und der Aromenausprägung nicht abträglich gewesen.

Zweitausendvierer, die man heute noch trinken mag, sind viel mehr als nur trinkbar.

 

2003

 

Erste Hitzewelle in der Woche nach Ostern. So ist es dann weiter gegangen. In Österreich für den Rudl nicht ganz nachvollziehbar hoch bewerteter Jahrgang. Wenn da jemand Elegance in den Wein gebracht hat, dann müssen es die ganzen Josefs und ihre Hawara gewesen sein.

 

1986

 

Winterfröste. Herr Rudolf meint, sich an minus siebenunzwanzig Grad in der Früh am Schulweg Ende Jänner erinnern zu können, im Bezirk Salzburg Umgebung.

Während der Blüte war es dann nass und kalt. Trotzdem ist einer der besten Jahrgänge daraus geworden. Für den Grünen Veltliner Spiegel vom Mantlerhof sollte es die letzte Ernte vor der Rodung und einer der berühmtesten Weine des Hauses werden. Seltene Liaison von Fülle und Frische.

 

1963

 

Viel Schnee im Winter, viel Hitze im Sommer, viel Niederschlag im September, viel Trockenheit im Oktober.

  • Grüner Veltliner Spiegel 2016, Mantlerhof, Kremstal (4/6)
  • Grüner Veltliner Spiegel 2013, Mantlerhof, Kremstal (4,50/7)
  • Grüner Veltliner Spiegel 2008, Mantlerhof, Kremstal (5/8)
  • Grüner Veltliner Spiegel 2004, Mantlerhof, Kremstal (6,50/10)
  • Grüner Veltliner Spiegel 2003, Mantlerhof, Kremstal (7/11)
  • Grüner Veltliner Spiegel 1986, Mantlerhof, Kremstal (10/16)
  • Grüner Veltliner Spiegel 1963, Mantlerhof, Kremstal (15/24)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

Monsieur Rudolf ist sich bewusst, dass dieses Thema aus dem Rahmen fällt. Abgesehen vom Sechzehner handelt es sich um Einzelflaschen, beim Sechundachtziger um eine Halbliterflasche. Der Rudl kann nicht garantieren, dass am Freitag von allen Weinen noch etwas da ist. Unter 06 99 19 23 30 08 steht er gerne für Auskünfte bezüglich Niveau im einen oder anderen Flascherl zur Verfügung.

Selbstverständlich kredenzt der Rudl nicht ausschließlich Grünen Veltliner Spiegel vom Mantlerhof, so etwa immer noch die drei Vin Jaunes aus Arbois, den Côtes du Jura und Château-Chalon,

am Mittwoch, den 21. Februar und am Freitag, den 23. Februar

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weihandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Nachrichten aus dem Sortiment

Ab sofort sind die Steppenrindwürstel und die Mangalitzawürstel von Karlo aus Pamhagen wieder verfügbar.

Vorschau auf 21. und 23. Februar

Alles Gute zum Geburtstag, Josef Bauer, seines Zeichens Nicht-Lieblingsschüler von Friedrich Zweigelt!

Herr Rudolf grüßt ganz besonders Herrn Mantler und alle Josefinen und Josefs!

When the year is in 8. Ein Vergleich aktueller Weine mit ihren Vorgängern aus dem Zweitausendachter Jahr

Prosit Neujahr!

Ess- und trinktechnisch betrachtet hat das neue Jahr für den Rudl gerade begonnen, genaugenommen am 1. Februar. Denn da hat der Wirt und Winzer des Vertrauens vom Rudl wieder aufgesperrt. Dafür ist der Rudl dankbar.

Zeit

Darum hält es Caviste Rudolf für einen passenden Zeitpunkt, ein paar aktuelle Weine aus seinem Sortiment glasweise gegen ihre jeweils älteren Brüder aus 2008 antreten zu lassen. Die scheinen freilich nur auf den ersten Blick einen runden Geburtstag zu feiern. Vor zehn Jahren um diese Zeit ist von den seriösen Zweitausendachtern noch keine Red‘ gewesen. Aber optisch passt halt 2008 ganz gut zu 2018.

2008 in Österreich

Über den Jahrgang haben sie gejammert wie über den Zweitausendzehner. Für Caviste Rudolf ist 2008 ein herausragender Jahrgang. Frische, Charakter und Eleganz in perfekter Kombination.

Für die Weinbaumeister war es vermutlich nicht ganz einfach, weil Wasser in allen Aggregatszuständen die Gesundheit der Weinbeeren bedroht hat. Nur hat der Rudl ein bissl den Verdacht, dass in Österreich die Qualität eines Jahrgangs in erster Linie von einer möglichst hohen Zuckergradation abhängig gemacht wird. Für den Rudl seinen Geschmack geht es darum gerade nicht, weil der ja gerne wartet, bis die Weine ein bissl reifer sind. Damit sie dann auch gut schmecken, müssen sie schon ein bissl vif sein. Den Weinen des Jahrgangs 2008, deren Beeren und Trauben gesund gelesen worden sind, kann man diese Vifheit sicher nicht absprechen.

2008 in Savoyen

hat die allerlängste Zeit keinen Anlass zur Sorge bereitet, bis es dann Ende August und Anfang September ungewöhnlich nass geworden ist. Für so manche Jacquère ist sich das dann mit der Reife nicht mehr ausgegangen. Altesse, Chignin-Bergeron und vor allem die Roten haben sich wieder erfangen.

2008 in Irouléguy

2008 war auch der Süd-Westen entsetzlich nass. Man muss bis ins Einundneunziger Jahr zurückgehen, damit man ein Jahr findet, in dem sich noch weniger Weintrauben der unheiligen Schimmeldreifaltigkeit, Oïdium, Meltau und Graufäule entziehen können haben. Ungewöhnlich heiße Phasen im Frühling, Hagel und Frost komplettieren die Vorgabe von einem Jahrgang. Der Rudl kann sich trotzdem an keinen schlechten Zweitausendachter aus dem Süd-Westen erinnern.

Sauvignon Blanc, Josef Umathum

Sauvignons von Quarz- und Schieferböden sind gar nicht so zahlreich in Österreich. Die guten von ihnen noch weniger.

Grüner Veltliner Rochus, Roland Minkowitsch

Kollateralnutzen einer Zeit, in der Zivilcourage noch kein Grund zum Scheitern in der Politik gewesen ist

Grüner Veltliner Steinleithn, Geyerhof

Lieblingsgrünerveltliner vom Rudl

Neuburger, Josef Lentsch. Dankbarkeit

Seinerzeit der Sieger einer Neuburgerverkostung beim Rudl, bevor der Caviste gewesen ist. Reinsortig gibt es Neuburger beim Wirt und Winzer mit dem besten (Musik-)Geschmack sehr selten.

Grüner Veltliner Hundsberg, Leo Uibel

Grüner Veltliner vom Kalk aus dem Urmeer

Hégoxuri, Domaine Arretxea

Lieblingswein vom Rudl

Marestel, Domaine Dupasquier

Es sind ja wirklich nicht viele halbtrockene Weine, die dem Rudl abgehen würden. Der schon.

Breg Bianco 2008, Josko Gravner, Oslavia, IGT Venezia Giulia

Da ist der Achter der aktuelle Jahrgang. Auf den Siebzehner wird man noch ein paar Jahre warten müssen, länger als auf einen Vin Jaune 2017.

  • Sauvignon Blanc 2017, Josef Umathum, Neusiedlersee (3/5)
  • Sauvignon Blanc 2008, Josef Umathum, Neusiedlersee (4,50/7)
  • Grüner Veltliner Rochus 2016, Roland Minkowitsch, Mannersdorf an der March, Weinviertel (3/5)
  • Grüner Veltliner Rochus 2008, Roland Minkowitsch, Mannersdorf an der March, Weinviertel (4,50/7)
  • Grüner Veltliner Steinleithn 2015, Geyerhof, Kremstal (4/6)
  • Grüner Veltliner Steinleithn 2008, Geyerhof, Kremstal (6/9)
  • Neuburger 2015, Josef Lentsch. Dankbarkeit, Neusiedlersee (3/5)
  • Neuburger 2008, Josef Lentsch. Dankbarkeit, Neusiedlersee (4,50/7)
  • Grüner Veltliner Hundsberg 2015, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel (5/8)
  • Grüner Veltliner Hundsberg 2008, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel (6,50/10)
  • Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • Hégoxuri 2008, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (7/11)
  • Marestel 2012, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie (4/6)
  • Marestel 2008, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie (5/8)
  • Breg Bianco 2008, Josko Gravner, Oslavia, IGT Venezia Giulia (10/16)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

Selbstverständlich kredenzt der Rudl nicht ausschließlich diese Weine, so etwa auch noch die drei Vin Jaunes aus Arbois, den Côtes du Jura und Château-Chalon

am Mittwoch, den 14. Februar und am Freitag, den 16. Februar

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weihandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Nachrichten aus dem Flaschensortiment

Ab sofort sind

  • Königlicher Wein MMXV, Josef Umathum, Österreich
  • Sauvignon Blanc 2017, Josef Umathum, Neusiedersee
  • Sankt Laurent Klassik 2015, Josef Umathum, Neusiedlersee
  • Blaufränkisch Klassik 2015, Josef Umathum, Neusiedlersee
  • Sandperle 2017, Josef Lentsch. Dankbarkeit, Neusiedlersee
  • Neuburger 2015, Josef Lentsch. Dankbarkeit, Neusiedlersee
  • Blaufränkisch 2015, Christine Lentsch. Dankbarkeit, Neusiedlersee

im Flaschensortiment vom Rudl verfügbar. Der Rudl freut sich darob extraoridnairement.

Vorschau auf 21. und 23. Februar

Grüner Veltiner Spiegel Vertikale von Sepp Mantler

Herr Rudolf grüßt Zeit und Raum!

Reindorf sieht auch heuer wieder Gelb. Vin Jaune

Auch heuer wieder am Mittwoch und am Freitag. Aber heuer sieht darüber hinaus am kommenden Wochenende auch das Jura wieder Gelb.

Percée du Vin Jaune in L’Étoile und Reindorf

Genau ein Jahr ist es her. Da ist der Rudl eingesprungen. Erklärenderweise ist hinzuzufügen, dass damals zum ersten Mal seit zwanzig Jahren die Percée du Vin Jaune abgesagt worden war, gerüchtenzufolge auch aus Sicherheitsgründen.

Schon ein paar Jahre steht die Woche vor dem ersten Februarwochenende in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils unter einem gelben Stern. Denn Caviste Rudolf Polifka, selber ein Freund des oxydativen Gelben, hängt sich an die Percée du Vin Jaune an. Und als diese 2017 agesagt wurde, war dem Rudl seine etwas frei interpretierte Percée du Vin Jaune à la reindorfienne dann die einzige im Siebzehner Jahre.

Dieses Jahr werden aber am 3. und 4. Februar wieder vierzigtausend Amateure des kräftigen, oxydativen gelben Weines zusammen kommen und Zeugen werden, wie die Hefeflorschicht des aktuellen Jahrgangs, das ist der Elfer, durchstochen wird, um den Wein daraufhin einer Qualitätskontrolle durch die Öffentlichkeit zu unterziehen.

Jura. Eine Répetition

Jura kann man quasi als komplementäre Weinbauregion zu Burgund verstehen. Über etwa achtzig Kilometer erstreckt sich ein zwei bis vier Kilometer langes Bandl von Norden nach Süden. Irgendwann, es muss gegen Ende des Tertiär, gewesen sein, ist dieses Bandl als Kollateralschaden, respektive -nutzen – wie man halt zu den Weinen des Jura steht – der alpinen Kompression von Osten nach Westen in Richtung Ebene von Bresse hinunter gerutscht sein, gerade so wie die Côte d’Or auf der anderen Seite des Saône-Grabens. Zum Glück hat das Juraband mit seinen ganzen Salzen und seinem Gips rechtzeitig vor den Pipperln von Bresse Halt gemacht. Der Unterboden des Jura besteht zu neunzig Percent aus Mergel. Darauf lassen sich prinzipiell zwei Grundbodentypen identifizieren:

Kalkgeröll vor allem am Fuß der Felsvorsprünge

Je konzentrierter der Kalk auftritt, desto mehr Chardonnay steht tendenziell dort.

Ton …

Auf den etwas weniger geneigten Hängen ist der Tonanteil zwischen den Kalk und Silikatsteinderln höher. Da tummeln sich die Trousseau-, und Savagninstöcke. Rund um die päpstliche Residenz von Jacques Puffeney, dem seit 2015 emeritierten „Pâpe du Savagnin“ in Montigny-les-Asures ist das der Fall.

Savagnin

Egal aus welcher der vier Appellationen des Jura der jeweilige Vin Jaune stammt, er besteht zu hundert Prozent aus Savagnin. Etwas anderes ist für Vin Jaune nicht zugelassen. Nirgends. Zweihundert Hektar, das sind zwölf Prozent der Rebfläche des Jura, sind mit Savagnin bestockt. Kleinbeerig und spätreifend. Mergel ist sein Lebenselexir.

Ausbau gegen alle Regeln des oenologischen Fortschritts

Vin Jaune wird in 228-Liter-Fässern ausgebaut. Dort bleibt er mindestens sechs Jahre und drei Monate. Dann ist der allerletzte Rest von vergärbarem Zucker aufgebraucht und der Wein so etwas von trocken. Für den Jura spezifische Hefen, Sacchromyces oviformis, sollen eine sehr langsame Gärung bewirken. Die abgestorbenen Hefen bilden eine Hefeflorschicht, die den Wein vor einer Oxydation, die ihn ungenießbar machen würde, schützt. Der Schwund im Fass darf nicht aufgefüllt werden. Von einem Liter eingefülltem Wein bleiben nach sechs Jahren und drei Monaten 62 Centiliter über. Dieses Quantum geht in einen Clavelin, wie die spezifische Flasche für Vin Jaune genannt wird. Vin Jaune wird temperiert getrunken. Wird er das nicht, ist er hundert Jahre lagerfähig. Sein Ursprung liegt vermutlich im achtzehnten Jahrhundert in Château-Chalon. Kein Wunder, dass die Eigenschaften von Vin Jaune in Château-Chalon am ausgeprägtesten auftreten: Gold- und Bernsteinfarbe, Nuss- und Curryaromen, hohe Komplexität, Kraft, Bitternoten und ein vielleicht wirklich unvergleichbares Reifepotential.

Nur eines von drei mit Savagnin befüllten Fässern wird als Vin Jaune abgefüllt.

AOP Côtes du Jura

So nennt man die Sammelappellation für alle Weine des Jura von

Champagne-sur-Loue im Norden bis Saint-Jean-d’Etreux im Süden. Charakteristisch sind im gesamten Jura Mergelböden, manche mehr, andere weniger kalkhältig. Tendenziell regnet es im etwas kühleren Norden mehr als im etwas wärmeren Süden. Die spezifischen Rebsorten des Jura Savagnin, Poulsard und Trousseau sind überall verbreitet, wobei ihnen im Süden durch Chardonnay und Pinot Noir mehr Konkurrenz als im Norden erwächst. Die Domaine Pignier und ihr spektakulärer Karthäuser Keller, befindet sich in Montaigu, etwas südöstliche der Appellation L’Étoile.

Vin Jaune 2010, Domaine Pignier, AOC Côtes du Jura, Montaigu, Jura

Der Vin Jaune im Sortiment von Caviste Rudolf, aber eine neuer Jahrgang. Demeterzertifiziert.

Comté drängt sich auf, gougères aux noix sollen auch nicht schlecht passen. Weißes Fleisch mit Saucen und ohne Kalorienaversionen, Curry, Safran, … halt vieles, was intensiv schmeckt.

Und der Rudl nimmt das wieder einmal zum Anlass, Sie zu animieren, sich die Jausn selber in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitzubringen, gerade so wie früher einmal beim Heurigen.

AOP Arbois

ist die nördlichste der drei kommunalen Appellationen des Jura. Der hohe Mergelanteil im Boden begünstigt Rotwein, südlich von Arbois bei Pupillin eher Poulsard, nördlich beim Papstsitz Montigny-les-Asures mehr Trousseau.

Damit ist auch der Grund, warum es den Rudl, egal wo er in Frankreich unterwegs ist, immer nach Arbois zieht, genannt. Jacques Puffeney, le Pape d’Arbois.

Arbois ist aber auch ohne Audienz beim Pontifex eine Reise wert. Soweit der Rudl weiß, gibt es dort den einzigen Heurigen Frankreichs. Evelyne and Pascal Clairet sind bei Pierre Overnoy in die Schule gegangen. Darum ist es nicht so verwunderlich, dass ihre Weine ziemlich gut schmecken. Noch viel großartiger findet der Rudl allerdings, dass man die Weine der Domaine de la Tournelle von Evelyne and Pascal Clairet im Sommer in Kombination mit kalten Speisen direkt am Ufer der Cuisance offen kredenzt bekommt, nur bei Schönwetter. Also wenn Sie da einmal in der Gegend sind, da rät Ihnen der Rudl schon ziemlich nachdrücklich, dort einen Tisch zu reservieren.

Vin Jaune 2007, Domaine de la Tournelle, AOC Arbois, Jura

Château-Chalon

Optischer Höhepunkt im Jura ist vermutlich Château-Chalon, vielleicht überhaupt von allen Weingärten Frankreichs, von denen am Mont Ventoux einmal abgesehen. Die Appellation beschränkt sich ausschließlich auf Vin Jaune. Darum steht der auch gar nicht explizit am Etikett.

Ein markanter Felsvorsprung plombiert quasi die Appellation und speichert angeblich die Sonnenenergie am Tag, um sie in der Nacht an den Weingarten forzuwarden. Der Felsen schützt die Weingärten vor den Winden aus dem Norden und dem Nordosten. Auf der Plombe haben sie die Ortschaft Château-Chalon angelegt. Nirgends im Jura findet man eine höhere Konzentration an grauem und graublauem Mergel.

Château-Chalon 2009, Domaine André et Mireille Tissot, AOC Château-Chalon, Jura

L’Étoile

Von den drei kommunalen Appellationen des Jura ist L’Étoile die südlichste. Ihren Namen verdankt sie möglicherweise den zahlreichen versteinerten Seesternen in den Böden, vielleicht aber auch den fünf Hügeln, die den Weinberg eingrenzen. Die Winzer von L’Étoile stellen fest, dass viel Frühjahrs- und Sommerregenfronten, aber auch Gewitter aufgrund der Topographie und der Thermik einen Bogen um ihre Appellation machen. Abgesehen davon Kalk, Ton und Mergel. Wenn es ein geologisches Spezifikum von L’Étoile gibt, dann ist es ein relatives Übergewicht von Kalk auf Kosten von Mergel. Etwas mehr Chardonnay, den man dort „Gamay Blanc“ nennt, als sonst im Jura. Für den Vin Jaune ist das irrelevant.

Leider hat der Rudl vorigen Sommer vergessen, einen Vin Jaune aus der Appellation Étoile zu erstehen. Aus diesem Grund gibt es heuer auch keinen von dort.

Ersatz

Aber da sind noch Dominique Lucas‘ Vignes de Paradis. Die wachsen zu achtzig Percent in Hochsavoyen und zu zwanzig in Pommard. Wenn man beide Weingärten addiert und durch zwei dividiert, kommt ziemlich genau Jura heraus.

In Haute-Savoie, am südlichen Ufer des Genfer Sees, wächst unter anderem Chasselas. Das ist dort viel mehr üblich als erwähnenswert. Appellationstechnisch ist dort sowieso ausschließlich Chasselas zur Weißweinkelterung zugelassen, egal ob es dann ein AOP Vin de Savoie oder ein AOP Crépy ist. Dominique Lucas schreibt weder das eine, noch das andere auf das Etikett, sondern füllt seine Weine als Vin de France ab. Drum hat er dann gleich auch Pinot Gris, Sauvignon Blanc und Savagnin gepflanzt. Und seine vier oder fünf Chasselas baut er so atypisch aus, dass sie dem Korsett der beide Appellationen ziemlich sicher sowieso nicht entsprochen hätten. Auf gar keinen Fall der Chasselas sous Voile, der unter einem Hefeflor im Fassl reift, allerdings nicht so lange wie ein Vin Jaune. Eine ganz, ganz kleine Menge davon begrüßt der Rudl ab sofort in seinem Sortiment, ein Flascherl davon diese Woche glasweise.

Chasselas sous voile 2014, Les Vignes de Paradis, Ballaison, Haute Savoie, Vin de France

Und weil gerade Zeit ist …

Immer wieder stellt sich die Frage nach dem Unterschied zwischen einem oxydierten und einem oxydativen Wein.

Der Rudl hat einen oxydierten gefunden, und zwar nicht einen, der nur „drüber“ is oder ein „Altl“ hat, sondern wirklich oxydiert zu sein scheint. Er war sicher nicht für einen Konsum nach zwanzig Jahren gedacht.

Gemsichter Satz 1998, Hermann und Maria Hofer, Auersthal, Weinviertel

Und dann war da vor fünfundzwanzig bis dreißig Jahren so eine Modewelle, vor allem im Seewinkel. Da sind oxydative Süßweine, oft Beerenauslesen oder Auslesen als Aperitife gekeltert worden. Einen solchen, noch dazu von der Rebsorte Bouvier, hat der Rudl, nur findet er ihn gerade nicht. Aber vielleicht ändert sich das bis Mittwoch.

  • Gemsichter Satz 1998, Hermann und Maria Hofer, Auersthal, Weinviertel (der kost nix, is quasi ein Studienobjekt)
  • Chasselas sous voile 2014, Les Vignes de Paradis. Dominique Lucas, Ballaison, Vin de France (8/12)
  • Château-Chalon 2009, Stéphane et Mireille Tissot, AOC Château-Chalon, Jura (12/18)
  • Vin Jaune 2007, Domaine de la Tournelle, AOC Arbois, Jura (11/17)
  • Vin Jaune 2010, Domaine Pignier, AOC Côtes du Jura, Montaigu, Jura (9/15)

Selbstverständlich kredenzt der Rudl nicht ausschließlich oxydative Weine, sondern auch noch einige Weine der Pétavins und von Schmecke das Leben

am Mittwoch, den 31. Jänner und am Freitag, den 2. Februar

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weihandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Vorschau

In den Wiener Energieferien vom 3. bis 11. Februar nimmt der Rudl diese beim Wort, lässt die Heizung abgedreht und die Tür zugesperrt.

Herr Rudolf grüßt von der Gehsteigkante am unteren Ende des Laaerbergs, dem einen „Ende der Alpen“ © Kurtl, in das Jura an deren anderes Ende!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Schmecke das Leben gegen die Pétavins. Das ist Brutalität und ein Vergleich von Äpfeln mit Dornen

Mit guten Biowinzern scheint es dem Rudl manchmal so wie mit Versteinerungen. Wo einer ist, sind meistens mehrere. Wo kaum einer zu sein scheint, ist oft überhaupt gar keiner und das bleibt dort auch oft so. Leider.

Ganz abwegig ist es nicht, wenn sich eine signifikante Häufung von Biowinzern an einem Ort oder in einer Region dann zusammen schließt.

Sepp Muster, Roland Tauss, Andreas und Ewald Tscheppe, sowie Franz Strohmeier haben das in der Steiermark gemacht und sich Schmecke das Leben genannt.

Adrian und Gilles Berlioz, die Giachinos, Michel Grisard, Louis Magnin, Jacques Maillet, Etienne und Raphaël Saint Germain, sowie Olivier Lelièvre haben das in Savoyen, beziehungsweise letzterer im Departement Ain gemacht und sich Les Pétavins genannt.

 

Imperative

 

Jetzt ist es nicht so, dass der Rudl Imperative ganz dringend zu seinem Glück braucht. Aber erstens hatte der Rudl die Weine der fünf Schmecke das Leben Winzer schon Jahre, bevor die sich so genannt haben, mit Begeisterung getrunken. Und zweitens sind diese Weine so gut, dass der Rudl darüber sogar einen Imperativ vergisst.

Die Pétavins haben sich nach dornigem Gestrüpp, das im Weingarten wächst, benannt. Ein Zufall ist das nicht, wenn Sie den Rudl fragen. Die acht biologisch, beziehungsweise biodynamisch arbeitenden Weinbauern haben den Fondueweinlieferanten der Skistationen schon ein bissl den Stachl angesetzt, respektive ein Feuerl unter dem Popo gemacht. Sollte Wein aus Savoyen einmal wirklich so angesagt sein wie das Wein aus dem Jura in den letzten Jahren geworden ist, dann wissen alle Beteiligten auf jeden Fall, bei wem sie sich bedanken können.

Allein vom Namen der Weinbaumeistervereinigung steht es für den Rudl vor dem Anpfiff auf alle Fälle 1-0 für die Pétavins.

 

Komparative

 

Wenn Sie, gewogene Oenologin, geneigter Oenologe, auf das hinauf jetzt einen Vergleich des besten Sauvignons von Schmecke das Leben mit dem besten Sauvignon der Pétavins oder einen des tanninreichsten Blaufränkisch mit der tanninreichsten Mondeuse erwarten, dann versteht der Rudl das. Trotzdem muss er Sie enttäuschen, schon allein weil keiner der Pétavins einen Sauvignon macht.

Drum pfeift Schulmeister Polifka diese Woche auf das altmodische Schulsystem mit seiner uniformierten Einheizprüfungsideologie, die unterschiedliche Antworten auf ein und dieselbe Frage – Pardon! Situation vergleicht – Pardon! rankt und sich dann wundert – Pardon! blöd wegschaut, wenn hinten nix als unbrauchbare Formalismen herauskommen. Nicht für die Schule lernen wir, sondern für eine Castingshow …

Und also pfeift der Rudl auf den Vergleich von Äpfeln mit Äpfeln. Und er pfeift sogar gleich auch auf den Vergleich von Äpfeln mit Birnen.

Er offeriert zwei Weine. Der bessere gewinnt. Das Ganze erfolgt in fünf Kategorien. Ob diese Kategorien in gesschmacklicher Hinsicht von irgendeiner Relevanz sind, beurteilen Sie. Wer einen Gaumen hat, der schmecke.

 

Schon fast nicht mehr wahr. Würde der Weinzer diesen Wein heute anders vinifizieren?

 

  • Sauvignon Blanc Südbastei 2002, Andreas Tscheppe. Burgweinbau Riegersburg, Südoststeiermark (6/9)

v

  • Mondeuse „La Brova“ 2005, Louis Magnin, Arbin, AOC Vin de Savoie (4,50/7)

Diesen Wein gibt es immer noch beim Cavistenkollegen Monsieur Mischa am Bacherplatz.

 

Do kunnt jo jeda kumma. Weine gegen die Vuaschrift

 

  • Marius et Simone 2015, Domaine Giachino, Chapareillan, Vin de France (4/6)

v

  • Gräfin 2012, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (5/8)

 

Jahrgang mit Prestigedefizit

 

  • Mondeuse „Marie Clothilde“ 2014, Adrien Berlioz, Chignin, AOC Vin de Savoie (4,50/7)

v

  • Sauvignon Blanc 2014, Werlitsch, Steirerland (3/5)

 

Jahrgänge ohne Prestigedefizit

 

  • Sauvignon Blanc „Hohenegg“ 2007 (aus der Magnum), Alice und Roland Tauss, Leutschach, Steirerland (5/8)

v

  • Altesse „El Hem“ 2015, Gilles Berlioz. Domaine Partagé, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)

 

Lieblingsjahrgang

 

  • Trauben, Liebe und Zeit weiß N°6 2013, Christine und Franz Strohmeier, Lestein, Steirerland (5/8)

 

  • Mondeuse. Cellier des Pauvres 2013, Jacques Maillet, Serrières en Chautagne, AOP Vin de Savoie (6/9)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

Selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine kredenzt Caviste Rudolf Polifka

am Mittwoch, den 24. Jänner und am Freitag, den 26. Jänner

jeweils von 16 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Neuigkeiten aus dem Flaschensortiment

Ab sofort sind

  • Riesling Federspiel Kellerberg 2016, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau
  • Riesling Smaragd Achleiten 2016, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau
  • Riesling vom Ziersdorfer Köhlberg 2016, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel
  • Grüner Veltiner Reserve Hundsberg 2016, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel

verfügbar.

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Corrigendum

Es ist natürlich Kottan’s Fünfundvierziger gewesen, den Bruno Kreisky nicht mitgefeiert hat.

Vorschau auf den 31. Jänner und den 2. Februar:

3ème Percée du Vin Jaune à Reindorf

Herr Rudolf grüßt imperativfrei.