Riesling, Heinz Conrads und das Erdaltertum

Eine andere Zeit

 

Das Adjektiv „böhmisch“ lässt den Rudl Sonntagmorgen, Guglhupf, Radio, den großen Sendesaal des Wiener Funkhauses und Heinz Conrads erstassoziieren, ziemlich sicher nicht nur Herrn Rudolf.

Die böhmische Masse ist trotzdem guglhupffrei, zumindest geologisch. Das weiß der Rudl. Dieses Minimalwissen sicherzustellen ist dem Rudl seiner Mutter seinerzeit ein Anliegen gewesen, wobei dem Rudl der mehlspeisentechnischen Zugang über den Guglhupfteig zur böhmischen Masse durchaus fast sympathischer ist.

 

Guglhupf

 

Der war mehr oder weniger das Erste, was Monsieur Rudolf als Kind zubereiten können hat, aus Eigennutz quasi. Vom sonntagmorgendlichen Guglhupf hat der Rudl immer möglichst viel zu derglengen getrachtet. Ist sein Anteil gefühlt kleiner als der ihm zustehende ausgefallen, dann ist Monsieur Rudolf alles andere als amused gewesen. Darum hat er eines Tages beschlossen hat, die Kompetenz des Guglhupfbackens zu erwerben. Den selbstgebackenen gedachte er mit niemandem zu teilen, noch mehr als den selbsgebackenen Guglhupf gedachte er, den Teige für denselben mit niemandem zu teilen. Alleine eine ganz Schüssel Guglhupfölkuchenteig verdrücken zu dürfen, das ist dem Rudl lange Zeit ein Inbegriff kulinarischen Hochgenusses gewesen. Heute denkt der Rudl in diesem Zusammenhang natürlich an „Das Schlaraffenland“ von Pieter Brueghel dem Älteren, wo sich ein Patron rechts im Bildhintergrund durch einen Kuchenteig frisst und ein Baum den Zutritt zu der Teigmasse eifrig erleichtert, indem er für den Gierschlund eine Räuberleiter macht. Räuber hat es damals im sechzehnten Jahrhundert etliche gegeben, den Herzog von Alba zum Beispiel. Der hat die Menschen ziemlich grauslig unterdrückt. Die haben es sich gefallen lassen und vom Fressen geträumt. Derlei hat man in den Achtziger Jahren im Religionsunterricht gelernt (Die Welt mitgestalten, Religion BHS 4). Heute lernt man so etwas auch noch, aber das ist nicht mehr zeitgemäß. Heute ist das ganz anders. Heute benötigt man zum Ruhigstellen von Massen kaum mehr Brot, zumindest kein richtiges Brot. Da genügen ein paar Billigflüge nach Barcelona und Brüssel, Markenfetzen, die nichts kosten, und gratis W-LAN in jedem Münzklosett. Als Gegenleistung liefern die sowieso bereits Geneppten auch noch dankbar ihre Daten ab. Stellt sich dann doch ein Gefühl des Untervorteilswordenseins heraus, dann steht für solche Menschen irgendein Radikalisierungswurschtel bereit. Der krakeelt dann irgendetwas von Esdenendadrobeneinmalrichtigzeigenwerden und kassiert dafür noch einmal kräftig ab.

 

Zurück zur böhmischen Masse

 

Versteht man unter dieser nicht die Rohmasse für eine Mehlspeise, die am Sonntagmorgen verzehrt wird, dann gilt sie als Bezeichnung für das Wald- und Mühlviertel, das heißt für Steine aus dem Proteiozoikum aus der Zeit vor zweitausendfünfhundert bis fünfhundertneunzig Millionen Jahren. Die liegen natürlich auch auf der anderen Seite der Staatsgrenze drüben. Damals sind noch nicht einmal die Saurier gewesen. Riesling hat es ziemlich sicher auch noch keinen gegeben. Trotzdem wächst der ganz vortrefflich auf den Böden aus dem Proteiozoikum. Das hat das Proteiozoikum damals freilich nicht wissen können, aber darauf hinweisen darf man heute.

 

Drei Rieslinge von der böhmischen Masse

 

Dürnstein gehört nicht zu den Lieblingsortschaften vom Rudl. Hat es dort unter null Grad Celsius, dann ist alles zugesperrt, hat es über null Grad Celsius, rollen einem ständig E-Biker, Tretroller oder englische Touristen über die Zehen. Trotzdem verweist Dürnstein auf zwei Besonderheiten, die es sonst in der Wachau kaum gibt: eine formidable Bäckerei und eine Bioweinbaumeisterin. Die gehören eh zusammen.

Caviste Rudolf freut sich, fast seit Eröffnung seines Weinkaufgeschäfts Weine vom Weingut Schmidl in Dürnstein offerieren zu können, diese Woche macht er das sogar glasweise.

 

Riesling Smaragd Kellerberg 2001, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau

 

Riesling Smaragd Kellerberg 2013, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau

 

Riesling Smaragd Achleiten 2016, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau

 

Nick Setford ist in Stoke-on-Trent aufgewachsen, als Sohn eines Braumeisters. Ob deswegen oder trotzdem … oder deswegen und trotzdem entzieht sich der Kenntnis des Rudls, aber Nick Setford trinkt gerne Wein und hat in eine Wachauer Familie mit Weingarten in der Lage Achleiten eingeheiratet. Den Weingarten hat er auf biologische Bewirtschaftung umgestellt und Wein gemacht. Zweitausendvierzehn oder Zweitausendfünfzehn muss ihm bewusst geworden sein, dass er lieber im Weingarten als im Keller arbeitet. Darum hat er die Trauben Theresia Harm vom Weingut Schmidl in Dürnstein zur Vinifizierung angeboten. Etwas Besseres hätte Herrn Nick, dem Weingut Schmidl und den Trauben nicht passieren können, findet der Rudl.

 

Zum Vergleich Rieslinge, die nicht auf der böhmischen Masse gewachsen sind

 

Riesling de vite 2016, Weingut Roland Minkowitsch, Mannersdorf an der March, Weinviertel

Der hat auch ein Stammleiberl im Sortiment vom Rudl. Löss

 

Riesling 2016, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel

Konglomeratsschotter von der Urdonau

 

Riesling ab Avo 2015, Weingut Steiner, Klöchberg, Südoststeiermark

Basaltverwitterungsboden. Ein Blick in alte Weinbücher zeigt, dass Klöch und Umgebung früher auch für Riesling ziemlich bekannt gewesen sind.

 

  • Riesling 2016, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel (2,50/4)
  • Riesling de vite 2016, Weingut Roland Minkowitsch, Mannersdorf an der March, Weinviertel (3/5)
  • Riesling ab Ove 2015, Weingut Steiner, Klöchberg, Südoststeiermark (4,50/7)
  • Riesling 1977, Weingut Klinglhuber, Langenlois, Kamptal (3/5, sofern noch vivant)
  • Riesling Smaragd Achleiten 2016, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau (5/8)
  • Riesling Smaragd Kellerberg 2013, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau (5/8)
  • Riesling Smaragd Kellerberg 2001, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau (6,50/10)

 

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

, selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 9. Mai und am Freitag, den 11. Mai

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau auf den 16. und 18. Mai

voraussichtlich neue Weine zur Bildungsreform: Kreide und Schiefer

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Schönen Sonntag die Madln, seawas die Buam!

So rettet Rudl den Superlativ! Exclusiv! Heiß! Scharf! Die ultimative Chance für die dritte Steigerungsstufe, die allerallerallerletzte. Sensationell extreme Weine!

Antithese – These – Synthese

Es gibt Attribute, von denen sich Monsieur Rudolf treffender beschrieben fühlt als „extrem“. Trotzdem hört er das immer wieder. Anfangen kann er damit nicht viel.

Ein bissl kommt ihm gelegentlich auch vor, dass mit „extrem“ heruntergemacht werden soll, was argumentativ schwer herunterzumachen ist, vor allem wenn es um Konsequenz im Zusammenhang mit moralischen oder ethischen Grundsätzen geht.

Dass etwas ganz fürchterlich ist, darauf kann man sich mit manchen Menschen oft sehr schnell einigen, vor allem wenn gerade eine Dokumentation über das
Fürchterliche auf arte zu sehen gewesen ist. Dass man den Dreck, um dessen Produktion es in der arte-Dokumentation gegangen ist, dann auch nicht kauft, sondern fünfhundert Meter Umweg in Kauf nimmt, um keinen Dreck aus menschen- oder viecherfeindlicher Produktion zu kaufen, das erachten manche dann als „extrem“, manchmal auch Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die etwas gegen menschen- und viecherverachtende Produktion haben. Aber das ist eh eine andere Geschichte, zumindest fast.

 

Superlativ

 

Und es gibt grammatikalische Formen, die es dem Rudl mehr angetan haben als der Superlativ, die dritte Steigerungsstufe des Adjektivs. Der erinnert ihn an die Edelfedern der kleinformatigen Wiener Qualitätspresse. Grundsätzlich betrachtet Monsieur Rudolf Sprache analytisch, drum hat er an der Grammatik einen Narren gefressen, aber eben nicht an allen Formen. Den Superlativ könnten sie, wenn es nach dem Rudl geht, gerne auf dem Komposthaufen des Sprachwandels entsorgen, gerade so wie den Imperativ und den Konjunktiv II der Vergangenheit.

 

Trotzdem

 

… erlaubt sich Caviste Rudolf, diese Woche Weine zu kredenzen, mit denen in irgendeiner Hinsicht andere nicht oder nur schwer mithalten können. Und weil solche Weine dann gelegentlich ziemlich à part bleiben, passen sie oft nicht zu einem Wochenthema, außer zu einem Wochenthema, bei dem es gerade um solche Weine geht.

 

Kategorie: „höchster Weingarten in den Alpen“

 

Blanc de Morgex „Piagne“ 2010, Cave du Vin Blanc de Morgex, Aostatal, Italien

 

Am Etikett steht “La plus haute vigne de l‘Europe prosperant au pied du Mont Blanc au grès des avalanches à Morgex“. Tausenfünfhundertmeter Seehöhe am Fuß des Mont Blanc, aber auf der italienischen Seite. Hundert Percent Prié Blanc.

 

Kategorie: „Verweilen sur lie“

 

Muscadet 2004, Michel Brégeon, Gorges, Loire

 

Achtundneunzig Monate auf der Feinhefe und gemeinsam mit Breg Rosso von Gravner sowie Pinot Gris Spätlese von der Dankbarkeit der älteste Wein im Sortiment vom Rudl

 

Kategorie „geringster Hektarertrag“

 

Bianco 2015, Miani. Enzo Pontoni, Buttrio, Friaul

 

Achttausend Flaschen auf dreizehn Hektar. Nicht nur dass Signore Pontoni damit die Wertung des geringsten Hektarertrags gewinnt, auch in der Kategorie „geringster Wörterausstoß“ ist er vorne. Der Kurtl beschreibt in seinem Standardwerk der Kriminologie zwei Kommunikationstypen: den einen, der sich vergewissert, dass er noch schnauft, indem er spricht. Den anderen, der fast gar nicht spricht. Enzo Pontoni gehört nicht zu Ersteren.

Dazu kommt, dass dem Rudl noch kein Wein aus Italien besser geschmeckt hat, als ein Sauvignon 2010 von Enzo Pontoni. Drei Superlative.

 

Kategorie: „letzter abgefüllter und selbst in Verkauf gebrachter Jahrgang vor der Rente“

 

Mondeuse 2015, Jacques Maillet, Cellier des Pauvres, Motz, Chautagne

 

Auch vom Alter der Rebstöcke dürfe es nicht viel älter gehen.

 

Kategorie „Steilster Weingarten, den der Rudl exploriert hat“

 

Marestel 2011, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie

 

Auch in der Kategorie Kargheit wird der Boden, auf dem dieser Wein gewachsen ist, schwer zu überbieten sein. Sehen tut man auf alle Fälle nur Felsen.

 

Kategorie: „dunkelster Schaumwein“

 

Črna , Branko und Vasja Čotar, Komen, Kras, Slowenien

 

Kategorie: „westlichstes Weingut auf österreichischem Staatsgebiet im Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

 

Salzburger Hochthron 2012, Reiterhaindl, Großgmain bei Salzburg, Bergland

 

Kategorien: „billigster Wein im Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ und vor allem „authentischstes Etikett im alten Stil“

 

Sandperle 2017, Dankbarkeit, Neusiedlersee

 

Retroetiketten erfreuen sich momentan einer gewissen Beliebtheit. Oft stellt sich dabei heraus, dass es dieses Etikett so nie gegeben hat. Dem Rudl seinem
Wirt und Winzer des Vertrauens würde so etwas nicht einfallen. Er hat einen Wein seines, wenn sich der Rudl nicht täuscht, Großvaters reaktiviert und auch das Etikett von früher übernommen.

Größtenteils Welschriesling mit ein bissl Grünem Veltliner und Muskateller.

 

Und auch die Hégoxuri Vertikale gibt es noch glasweise, zumindest am Mittwoch um viere.

 

  • Sandperle 2017, Dankbarkeit, Neusiedlersee (2/3)
  • Salzburger Hochthron 2012, Reiterhaindl, Großgmain bei Salzburg, Bergland (2,50/4, sofern er noch geht)
  • Črna, Branko und Vasja Čotar, Komen, Kras, Slowenien (5/8)
  • Mondeuse 2015, Jacques Maillet, Cellier des Pauvres, Motz, Chautagne (5/8)
  • Marestel 2011, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie (4/6)
  • Friulano 2015, Miani. Enzo Pontoni, Buttrio, Friaul (8/12)
  • Muscadet 2004, Michel Brégeon, Gorges, Loire (5/8)
  • Blanc de Morgex „Piagne“ 2010, Cave du Vin Blanc de Morgex, Aostatal (4,50/7)

 

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

…, selbstverständlich nicht ausschließlich diese vier Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 2. Mai und am Freitag, den 4. Mai

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau auf den 9. und 11. Mai

Graf Sauvignon von Maria und Sepp Muster: 2005, 2011 und 2015

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf grüßt die Arbeit, das Lied und die Arbeit „ois soiches“!

 

 

Eigentlich keine Hégoxuri-Vertikale von der Domaine Arretxea aus dem französischen Teil des Baskenlandes

… hat sich Monsieur Rudolf vorgenommen. Nicht aus Missgunst.

Hégoxuri von Thérèse und Michel Riouspeyrous ist der Lieblingswein vom Rudl, seit August 2009, als die Femme und er in einer Weinbar in Biarritz ein Flascherl vom Siebener getrunken haben. Es gibt diese Schlüsselerlebnisse, wo man das Gefühl hat, es kann jetzt bestenfalls noch anders werden, aber nicht besser. Der Geburtstag. Das erste Mal Essen in der Dankbarkeit. Sir Gascoigne bei der Fußballweltmeisterschaft 1990. Der 4. Dezember 2016.

Hégoxuri 2007 ist für den Rudl damals so ein Wein gewesen. Besser wird ihm keiner schmecken.

Darum wäre eine Vertikale dieses Weines vom und für den Rudl nicht mehr zu überbieten und ein Grund, seine Entreprise zuzusperren. Eigentlich.

 

Beim Wein ist es anders.

 

Erstens hat der Rudl die Hoffnung noch immer nicht aufgegeben, irgendwann irgendwie an Jahrgänge vor 2007 zu gelangen. Und zweitens ist ein Weinbauer wie Michel Riouspeyrous nicht der Mensch, der sich irgendwann hinsetzt und sagt: „Jetzt ist der Wein richtig. Jetzt mache ich den so, bis ich in Pension gehe“, halt auf Baskisch. Aber das sagt der eben nicht. Der hat irgendwann die Idee gehabt, zusätzlich zum Hégoxuri einen Teil seiner drei Terroirs separat abzufüllen. Darum gibt es seit dem Jahrgang 2011 einen Héguxuri Grès vom eisenhältigen Sandstein, einen Pantxuri Ophite vom Vulkanboden und einen Hégoxuri Schiste vom Schiefer. Das Problem ist nur, dass man die Weine noch schwieriger als den Hégoxuri kriegt. Den Jahrgang 2015 hat jetzt nicht einmal mehr dem Rudl seine Haus&Hof-Weinhandlung in Aix-les-Bains.

Trotzdem macht die Existenz dieser geologischen Cuvées sogar aus einer Hégoxuri-Vertikale ein überbietbares Wochenthema, rein theoretisch. Und wer weiß, vielleicht kugeln irgendwo noch Hégoxuris aus 2004, 2005 oder aus den Neunziger Jahren herum und suchen einen Interessenten.

Derweil einmal eine Vertikale von 2008 fast bis 2015.

 

Appellation Irouléguy Controllée. Eine Wiederholung aus dem Sommersemester 2016, weil’s wahr is.

 

Schafe, Trauben und Läuse

 

Weinbau ist in Irouléguy bis ins zwölfte Jahrhundert nachweisbar. Die Mönche von Roncevaux haben damals dort Wein angebaut. Seinerzeit ist in Roncevaux auch diese blöde Geschichte mit dem Roland passiert. Das können Sie beim phaffen Chunrat im Rolandslied nachlesen. Die Franzosen wollten später dort keinen Wein. Die Basken schon. Und Bergbewohner können ziemlich stur sein. Das ist im Baskenland nicht anders als in den Alpen. Bis ins neunzehnte Jahrhundert ist die Rebläche auf 1700 Hektar angewachsen. Um ein Haar hätte die Reblaus dann geschafft, woran die Franzosen vorher gescheitert waren, dem Weinberg von Irouléguy nämlich den Garaus gemacht. Jetzt wächst er wieder und hält bei 220 Hektar, größtenteils Terrassenlagen. Für die Appellation zugelassen wären viel mehr. Aber wo vielleicht Weingärten stehen sollten, rennen oft Schafe herum. Dass es sich selbst bei Schafen und Weintrauben nicht um eine Unvereinbarkeit handeln muss, zeigen die Weingärten von Thérèse und Michel Riouspeyrous. Dort bearbeiten und bereichern Schafe nach der Lese die Böden.

Früher sollen Bergbewohner mit robusten Kehlen das Zielpublikum der harten und säureintensiven Weine aus Irouléguy gewesen sein. Ab den Achtziger Jahren hat man dann begonnen, Reben zu selectionnieren und auf die einzelnen Terroirs abzustimmen, tendenziell mit eher fruchtigen Weinen auf Sandstein, weicheren auf Kalk und körperreicheren auf den Ton-Dolomit-Ophit-Verwitterungsböden. 1970 wurde Irouléguy der Status einer Appellation zuerkannt. Die Genossenschaft ist heute eine der renommiertesten Frankreichs und das, obwohl die Zahl der Winzer, die selber vinifizieren, Jahr für Jahr steigt. 2000 waren es fünf, heute sind es mindestens neun. Die Autoren der N° 4 von Les Feuilles du Pin á Crochet haben das vor über zehn Jahren gewusst. Sie beschreiben Irouléguy 2003 als „vignoble en pleine expansion“, „qui va sûrement progresser dans les décennies à venir“, ein aufstrebendes Weinbaugebiet, das in den kommenden Jahrzehnten von sich reden machen wird.

 

Domaine Arretxea

 

Thérèse und Michel Riouspeyrous haben etwas mit auffällig vielen Weinbauern, deren Weine Herr Rudolf verkaufen darf, gemeinsam. Ihre Vorfahren haben ein Weingut bewirtschaftet. Sie selber waren dann ein Zeitl weg. Dann sind sie wieder zurückgekommen und haben auch Wein gemacht. Zum Glück.

Riouspeyrous haben zu Beginn der Neunziger Jahre mit einem Schieferterroir begonnen, 2004 ist dann ein Weingarten auf Sandstein dazu gekommen. Und seit 2007 vinifizieren sie auch die Trauben von Pantxo Indart aus dessen biodynamisch bewirtschafteter Parzelle auf magmatischem Ophite.

Die acht Hektar von Thérèse und Michel Riouspeyrous sind südlich ausgerichtet und ziemlich steil, teilweise terrassiert.

 

Wetter

 

Die paar Hügeln vor den Pyrenäen, auf die sich die Appellation Irouléguy erstreckt, erheben sich etwa über tausend Meter. Die Westhänge dieser Hügel sind meistens sehr grün, weil der Wind die Wolken vom dreißig Kilometer entfernten Atlantik herein trägt, es diesen dann aber bald einmal zu blöd wird. Darum gibt es in Irouléguy auch in heißen Jahren kaum Trockenstress. So heiß wie auf der anderen Seite im Roussillion wird es sowieso nicht. Dafür sorgt kühler Wind vom Atlantik. Und im Herbst, wenn es dann zählt, trocknet der warme Südföhn von den höheren Bergen herunter die Trauben und schützt sie vor den Schwammerln.

 

Steine

 

Yves Hérody, Geologe aus dem Jura, bezeichnet Irouléguy als Mosaik von über vierzig unterschiedlichen Böden. Im Großen und Ganzen lassen sich aber vier Terroirs identifizieren:

 

Roter Sandstein

 

stammt aus dem unteren Trias, ist also knapp 230 Millionen Jahre alt. Die vom Sandstein dominierten Böden weisen einen hohen Eisengehalt auf, sind sauer, die Böden, und oft in Terrassen angelegt.

 

Kalk aus dem Jura

 

supportiert vor allem die Rebstöcke der Domaine Ilarria, ist gut fünfzig Millionen Jahre jünger, aber auch ganz schön alt.

 

Schiefer

 

ist älter als Sandstein und Kalk zusammen, trotzdem aber nur zufällig der Boden, auf dem die Domaine Arretxea begonnnen hat.

 

Vulkanischer Ophite

 

ist im Gegensatz um Sandstein basisch und liegt als Streusplitt in der Einfahrt zur Domaine Arretxea. Vielmehr weiß der Rudl darüber nicht, denn er ist gstudierter Theologe, nicht Geologe. Gerne wäre er beides.

 

Noch eine Lücken. Die weißen Rebsorten

 

Fast alle Weißweine bestehen aus Gros Manseng, Petit Manseng und Petit Courbu. Die ersten zwei sind eng verwandt, alle drei auch die Rebsorten des Jurançon.

 

Gros Manseng

 

Auf Baskisch heißt er „Izhiriota“. Er ist für die Quantität zuständig. Der falsche Mehltau ist nicht sein bester Freund. Zum Glück gibt es in Irouléguy Föhn.

 

Petit Manseng,

 

Izkiriota Itipia, ist ertragsschwach, kleinbeerig und dickschalig, kann deshalb lange am Stock hängen und viel Zucker bilden. Anklänge an Zimt, exotische Früchte, Honig und reifen Pfirsich gehen auf seine Rechnung.

 

Petit Courbu,

 

Xuri Zerratia, ist fast immer in der Minderheit, noch ertragsschwächer als der Petit Manseng, aromatisch dafür noch feiner.

 

Hégoxuri, Domaine Arretxea

 

Eisenhaltiger Sandstein, vulkanischer Ophite und Schiefer.

48 % Gros Manseng, 50 % Petit Manseng und 2 % Petit Courbu.

Selektive Handlese, in den steilen, teilweise terrassierten Weingärten gar nicht anders möglich. Knapp zwei Drittel werden direkt gepresst, ein gutes Drittel mazeriert 18 Stunden. Ein Teil darf dann ins große Holz aus Manhartsberger Eiche von Stockinger, einem Fassbinger, auf den der Rudl in Frankreich immer wieder angesprochen wird. Leichte Filtrierung, kein wie auch immer geartetes Herumzaubern, chemisch nicht und temperaturmäßig auch nicht.

Strohgelbe Farbe; in der Nase Quitten, Akazien, Ananas und Zitrusfrüchte; am Gaumen lang und lebendig.

Man sagt, die Trüffelaromen des Petit Manseng beginnen etwa nach fünf bis sechs Jahren mit der Entfaltung.

Für die empfohlene Speisenbegleitung in Gestalt von Fisch, Meerestieren, weißem Fleisch, Käse oder Foie gras – dem Rudl käme ausschließlich eine solche von nicht-gestopften Gänsen ins Haus – müsste Sie gegebenenfalls selber sorgen. Oder Sie trinken den Hégoxuri halt solitaire.

 

Hégoxuri 2008, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

2008 war auch Süd-Westen entsetzlich nass. Man muss bis ins Einundneunziger Jahr zurückgehen, damit man ein Jahr findet, in dem sich noch weniger Weintrauben der unheiligen Schimmeldreifaltigkeit, Oïdium, Meltau und Graufäule entziehen können haben. Ungewöhnlich heiße Phasen im Frühling, Hagel und Frost komplettieren die Vorgabe von einem Jahrgang. Der Rudl kann sich trotzdem an keinen schlechten Zweitausendachter aus dem Süd-Westen erinnern. Und das können Sie, geneigte Oenologin, gewogner Oenologe, ihm gerne so oder so auslegen. Monsieur Rudolf mag den Jahrgang.

 

Hégoxuri 2009, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

Kalter Jänner, wobei man in Sankt Michael im Lungau sicher etwas anderes unter einem kalten Jänner versteht als in Irouléguy.

Warmer Frühling mit mehr Niederschlag als notwendig gewesen wäre. Der Sommer ist dann heiß und trocken gewesen. Das kann der Rudl empirisch konfirmieren, weil er in diesem Jahr zum ersten Mal im Baskenland gewesen ist, zumindest zum ersten Mal in Sachen Wein.

 

Hégoxuri 2010, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

… dort unten nicht so ein kühler Jahrgang wie in der Steiermark unten. Jetzt trinken.

 

Hégoxuri 2011, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

Die Trockenheit wird in diesem Jahr keine mikroklimatische Angelegenheit gewesen sein. Der Rudl hat noch Martin Muthenthaler im Ohr, wie er über den Trockenstress im Spitzer Graben gejammert hat. Kleine Ernte. Eine Kiste Hégoxuri 2011 hat die Haus&Hof-Vinothek in Aix-les-Bains dem Rudl quasi als Trost dafür angeboten, dass sie keine geologischen Cuvées aus Zweitausendfünfzehn zu offerieren hat.

 

Hégoxuri 2012, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

Geregnet hat es 2012 genug, vor allem im April, im Juni und im Juli. Weniger in Reindorf, da kann sich der Rudl noch gut erinnern, weil er da den Verputz in seiner angehenden Weinhandlung herunter geschlagen, in Bauschuttsäcken mit dem Auto zum Mistplatz gebracht und dann die Wände mit einem Drahtbürstel abgerieben hat, bei karibischen Temperaturen.

 

Irouléguy Rouge 2013, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

Aus 2013 kredenzt der Rudl den Roten, einen Stammspieler aus seinem Sortiment.

Quantitativ eine die kleinste Ernte der letzten zwanzig Jahre, qualitativ ein der besseren. Gerbstoff.

 

Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

Nicht alles, aber schon ziemlich viel hat Monsieur Rudolf darüber geschrieben. Möglicherweise noch bessere Reifungsanlagen als der Achter.

 

Grüner Veltliner Hundsberg 2015, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel

 

Von der vielen angewandten Sprache, was ist, stört den Rudl viel, vor allem das Überflüssige. Da könnte er Ihnen jetzt aus seiner Schulmeistertätigkeit einen Haufen berichten. Was da über eh schon längst Entschiedenes palavert wird! Und über Sachen, von denen man sowieso nicht vorhat, sie ernsthaft zu tun.

Das Reden und vor allem Schreiben über Wein macht Caviste Rudolf oft sprachlos. Stünde er noch einmal vor der Situation, eine Diplomarbeit verfassen zu dürfen, würde der Rudl über das, was gemeinhin als „Weinsprache“ gilt, schreiben. Und er würde für diese Arbeit kein Stipendium einer Wein- oder Gourmetzeitschrift bekommen, von Österreichwein sowieso nicht.

In jüngerer Vergangenheit hat der Rudl über zwei unterschiedliche Welschrieslinge aus der Steiermark gehört, sie seien burgundisch. Und da kann sich so ein Welschriesling dann nicht einmal wehren.

Trotzdem hat sich dem Rudl vor gar nicht so langer Zeit beim Trinken eines Weines ein Vergleich nahegelegt. Da ist Herr Rudolf im Heurigen von Leo Uibel gesessen und hat den Hundsberg Zweitausendfünfzehn zum ersten Mal getrunken. Er war sich sicher, dass er diesen Wein noch nie getrunken hatte, seinen Geschmack aber kennt. Intensivere Gaumenerforschung hat den Rudl dann auf die Spur mancher Hégoxurijahrgänge gebracht.

Vielleicht preist Monsieur Leo den Fünfzehner Hundsberg fürderhin mit dem Attribut „baskisch“ an. Verkaufstechnisch würde das aller Voraussicht nach eher nicht so viel bringen, dem Cavisten Rudolf aber gefallen.

Ob dem Rudl sein Vergleich damals nachvollziehbar ist, kann man diese Woche ermitteln.

 

  • Grüner Veltliner Hundsberg 2015, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel (5/8)
  • Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • Irouléguy Rouge 2013, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (4/6)
  • Hégoxuri 2012, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6/9)
  • Hégoxuri 2011, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)
  • Hégoxuri 2010, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)
  • Hégoxuri 2009, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (7/11)
  • Hégoxuri 2008, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (7/11)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

…, selbstverständlich nicht ausschließlich diese vier Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 25. April und am Freitag, den 27. April

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf begrüßt heuer Ende April ganz besonders die Celsiusplusgrade!

Pinot Gris, Grauer Mönch, Ruländer, Malvoisie, Oststeirischer Traminer, Sivi Pinot, … und ein Jugendradiomacher der alten Schule

Teilen

Vor einigen Wochen hat sich Monsieur Rudolf erlaubt, mit Ihnen ein paar Überlegungen zum Kulturpessimismus zu teilen. So nennt man das heute, obwohl das ein Unfug ist. Teilen im klassischen Sinn steht heute eher nicht so hoch im Kurs. Die Ausgaben für Entwicklungshilfe sind seit Jahren lächerlich niedrig und sinken. Vielleicht ist ein Grund dafür, dass viele glauben, sie würden genug teilen, wenn sie ihrer Eierspeis‘ fotografieren und anschließend an irgendein Milchbubennetzwerk schicken.

Beim Teilen im klassischen Sinn gibt es eine Seite, die gibt, und eine, die nimmt. Der gebende Teil kennt den nehmenden entweder, oder er weiß wenigstens, warum der nehmende Teil nehmen soll. Beim digitalisierten Teilen kann man schwer sagen, ob der ganze Haufen, der dort geteilt wird, von irgendjemandem aufgenommen wird. No ja, der Milchbube vom Netzwerk nimmt die Daten sicher an, quasi als Wiederverkäufer, und macht damit einen Batzen Knödel. Aber an den denkt der eierspeisfotografierende Datengeber in der Regel nicht, zumindest schickt er seine Daten dem Milchbuben nicht bewusst.

Teilen ist nicht Entsorgen

Da könnte man ja gleich jede Form der Entsorgung als Akt des Teilens verkaufen. Aber letzten Endes geht es wahrscheinlich oft genau darum. Lukas Resetarits hat in den Achtziger Jahren von einer „Demokratisierung der Entsorgung“ gesprochen. Gemeint hat er das Geschäftsmodell, den allergiftigsten Dreck, der sich jeder Entschärfung und Wiederverwertung entzieht, in Würfel zu pressen, damit er in weiterer Folge von der Allgemeinheit ins Häusel gehängt und dort entsorgt wird. Boulevardmedien und die steuerscheuen Datenbettlerbanden haben dieses Geschäftsmodell weiter entwickelt, den giftigsten Dreck komprimiert und flächendeckend verteilt. Weil zur Durchfütterung dieser Teilerei auch gar nicht so wenig Steuergeld in Form von öffentlichen und halböffentlichen Inseraten verteilt und ein Großteil des verteilten Unrats hintennach auch noch auf Kosten aller Fahrgäste entsorgt wird, kann sich niemand dieser Form der Umverteilung entziehen.

So manches Erzeugnis der Nahrungsmittelindustrie dürfte auch in dieser Tradition stehen. Vielleicht wird das Zeug deshalb so häufig fotografiert und geteilt.

Da lobt sich der Rudl die Primzahlen. Die entziehen sich weitestgehend der Teilerei. Ein Lichtblick. Aber was sind die Primzahlen im Vergleich zu zweihundertachtzig Zeichen des US-Mörtels?

Kulturpessimismus, schar wieda!

Über vieles kann und sollte man vermutlich viel mehr streiten, vielleicht sogar über die Frage, ob diese Welt besser oder schlechter wird. Schulmeister Rudolf vertritt dabei die Auffassung, dass man allfällige negative Prognosen nicht unbedingt vor Heranwachsenden ausbreiten soll. Dieser Tätigkeit gehen tageintagaus sowieso schon pressegeförderte Edelfedern in den kleinformatigen Wiener Redaktionen nach, gar nicht zu schreiben von den mitteilsamen Schnatterinnen und Zwitscherern. Soweit sich der Rudl erinnern kann, ist die Jugend sowieso alles andere als eine unbeschwerte Zeit. Da sollen sich pubertierende Damen und Herren wenigstens nicht auch noch über Pensionsversicherungen und die Entwicklungen am Arbeitsmarkt den Kopf zerbrechen müssen.

Der Rudl liest gerade ein Buch, ein überaus erfreuliches Buch, ein Buch eines der verbleibenden Intellektuellen in diesem Land: „Zur frohen Zukunft. Werkstattgespräche mit Adolf Holl“ aus der Reihe „Auswege“. Gescheiter als alles, was jemals virtuell gezwitschert worden ist und werden wird.

Justament

Ein Radiosender war einmal ein Jugendradiosender. Anders. Aufmüpfig. Rotzig. Nicht eingelbildet. Nicht besserwisserisch. Mit dem Anspruch, etwas zu verändern, zum Menschlicheren, nicht zum Geschäftstüchtigeren.

Der Trainer hat dort gearbeitet. Dieter Dorner hat die Morgensendung moderiert. Wenn man sich als Jugendlicher das angehört hat, vielleicht laut, hat es vorkommen können, dass die Eltern auf Ö1 umgeschalten haben. Und eigentlich hat man das ja gewollt, als Jugendlicher.

Heute hören die älteren Leute diesen Sender, Fünfzig ist das neue Fünfzehn. Jemand wie Dieter Dorner moderiert dort nicht mehr. Jemand wie der Trainer ist auch nicht mehr dort. Musicbox gibt es auch keine mehr. Dafür unzählige Klone des ehemaligen Jugendsenders, allerdings Klone des Jugendsenders in seiner heutigen Form. Blöde Geschichte.

Hoffentlich schaltet die Generation des Fils einmal rechtzeitig auf Ö1 um.

Vorläufig muss sich der Rudl noch von Fünfzehnjährigen fragen lassen, warum er Gabalier, Helene Fischer und Last Christmas nicht gerne hört. So weit, so guat, wie eine vom Rudl hochgeschätzte Musikkapelle singt.

Dieter Dorner. Die Stimme in der Früh

Am Beginn der Folge „Lauter Zores“ aus der Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ absolviert Edmund Sackbauer die Morgentoilette. Im Hintergrund fragt Dieter Dorner im Ö3 Wecker, wer da an Faust gedacht habe.

Im Jahr, als England zum ersten und letzten Mal Fußballweltmeister geworden ist, hat Dieter Dorner als Radiosprecher bei Radio Graz begonnen, später den „Ö3 Wecker“ und andere Sendungen des Jugendsenders moderiert. 1975 hat man ihn mit dem Aufbau des Konsumentenmagazins „Help“ beauftragt. Er war Hauptabteilungsleiter für Unterhaltung und Ö3 Programmleiter. Etliche Jahre vor dem EU-Beitritt Österreichs wird Dieter Dorner Leiter der Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Unterhaltungssender in der Europäischen Rundfunkunion.

Später hat er auf Ö1 das Sonntagsevangelium gelesen.

Dieter Dorner. Der Biowinzer

Das Wohnhaus der Familie Dorner ist eines der geschmackvollsten in Mureck. Die Weingartenhütte hat die Adresse Novi Vrh 4. Dazwischen rinnt der größte Fluss des Lungaus, als Staatsgrenze. Von 1918 bis 1989 konnten dort Menschen wie die Familie Dorner das erfahren, was heute wieder immer mehr verhaltensoriginelle Staatsmänner als probaten Ersatz für Mut und Visionen in der Politik propagieren, Grenzerfahrungen. Grenzerfahrungen, die die Konflikte nicht weniger und Gehässigkeiten und Angst auf beiden Seiten noch nie kleiner gemacht haben.

Nachdem dann in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges auch noch die Murecker Brücke zerstört worden war, durfte die Mutter von Dieter Dorner mit dem Radl einen Umweg von vierzig Kilometern über Bad Radkersburg strampeln.

1953 regelte dann das Gleichenberger Abkommen wenigstens, dass Betriebsmittel und Ernte mit Grenzübertrittsscheinen zollfrei über die Grenze gebracht werden durften.

Dieter Dorner hat schon sehr früh im Weingarten mitgearbeitet. Und er hat sich schon früh mit spirituellen Grundlagen des Lebens beschäftigt. Dabei hat auch das Verhältnis des Menschen zur Natur eine Rolle gespielt. Die zunehmende Intensivierung und Industrialisierung in der Landwirtschaft hat er vor anderen als Holzweg erkannt und ab 1976 biologisch gearbeitet. Von anfänglichen Misserfolgen hat er sich nicht den Mut nehmen lassen. Zu groß war seine Gewissheit, dass es auch anders gehen muss. Damit ist Dieter Dorner ein Pionier des steirischen Bioweinbaus, am Bild vor seinem Weingartenhaus:

papa-türBild: Familie Dorner

 

Heute führt Jakob Dorner das Weingut, unterstützt von seinem Bruder Elias und der Mutter Helene, einer praktischen Ärztin, Parallelen zu einem anderen Pionier des biologischen Weinbaus. Kurzatmigen Trends verweigert man sich, dem familiären und kulturellen Erbe bleibt man treu. Das Resultat sind klassisch schöne Bioweine.

Stolz

Stolz zu sein, scheint heute ein vorrangiges Bildungsziel zu sein, genauer ausgedrückt: die Kompetenz, so zu tun, als ob man stolz wäre.

Dem Rudl seine wichtigsten Bildungsziele sind fast gerade das Gegenteil: mutig sein; richtig verstanden demütig sein; staunen; zuhören, anstatt in der selbst verbreiteten heißen Luft die Erfüllung zu finden.

Aber ein bissl ist der Rudl schon stolz auf sich, weil er sich schon zu Beginn der Neunziger Jahre und damit zwanzig Jahre vor dem Hippwerden von Biowein für diese Art von Landwirtschaft begeistert hat. Er hat sich seinerzeit vom Ernte-Verband drei Heftl mit Mitgliedsbetrieben schicken lassen, eines mit Biobetrieben aus dem Burgenland, eines mit denen aus Niederösterreich und eines mit den steirischen.

Die Biobauern, neben denen Wein gestanden ist, hat er sich dann angestrichen und in der Folge aufgesucht. Paul Unger in Neckenmarkt, Rudolf Beilschmidt in Rust, Weinsteindl in Purbach, Seidl im Spitzer Graben, Religionslehrerkollege Binder in Platt, Friedrich Kuczera, den Nikolaihof, Paradeiser am Wagram, Hans Zillinger sen. und auch Herrn Dorner in Mureck. Und ein paar andere. In der Steiermark war diesbezüglich damals besonders wenig los, zumindest wenn es nach dem Heftl vom Ernteverband gegangen ist.

Ein Wein eines dieser Pioniere steht diese Woche im Zentrum der Aufmerksamkeit beim Rudl, der Ruländer von Jakob Dorner.

Freilich wächst Ruländer nicht nur in Novi Vrh.

Pinot Grigio 42°S 2016, Tasmania, Frogmor Creek Wines

Der Rudl bedankt sich ganz besonders bei seiner Schwägerin und seinem Schwager. Die sind mit dem Aeroplan nach Tasmanien hinüber geflogen und haben ihm von dort drüben eine Flasche Wein mitgenommen. Danke!

Tasmanien ist nicht das einzige Internationale, was Monsieur Rudolf diese Woche aufzutischen vermag. Wenn man von Deutsch Haseldorf in Richtung Osten schaut, sieht man zwei Kirchen. Und zwischen diesen beiden Kirchen gibt es ein junges Weingut, das ungewöhnliche Weine macht. Der Grauburgunder gärt auf der Maische.

Sivi Pinot 2015, Gĵerkeś, Prekmurje

Pinot Gris Bollenberg 2014, Valentin Zusslin, Alsace

Biodynamischer Pinot Gris von einem ton- und kalkhältigen Terroir mit besonders hohem Eisenanteil. Aufgrund seiner Artenvielfalt interessiert der Bollenberg bei Rouffach Wein- und Photographierfreundinnen und -freunde gleichermaßen.

Etwas weiter südlich, am Südufer des Genfer Sees wächst Chasselas, fast ausschließlich, fast.

 

Pinot Gris 2015, Les Vignes de Paradis, Vin de France

 

Pinot Gris Reserve 2015, Josef Umathum, Frauenkirchen, Neusiedlersee

steht mitten in der Riede Hallebühl, die auch nicht an Eisenmangel leidet. Die Reserve sollte jetzt am Beginn ihrer Trinkreife stehen. In Weißweinhinsicht wahrsscheinlich das Aushängeschild des Weingutes, zumindest wenn es nach dem Rudl geht. Großes Holz.

Pinot Gris Reserve 2015, Kracher, Illmitz, Neusiedlersee

Quasi zum Vergleich aus der, respektive mit der Nachbarschaft

Grauburgunder „H“ 2015, Alice und Roland Tauss, Leutschach, Steirerland

kein Wochenthema ohne Opok, maischevergoren

Ruländer 2015, Andert, Pomhogn

Und dann heißt Pinot Gris natürlich Josef Lentsch. Noch einmal a blede Gschicht, wie der Kurtl sagen würde: Der Wirt und Winzer vom Rudl seinem Vertrauen hat es in den letzten Jahren nicht immer nur mit idealen Witterungsbedingungen zu tun gehabt. Darum gibt es momentan keinen trockenen Pinot Gris. Der Rudl hat zwar ein paar reifere, aber die hebt er für eine Vertikale auf, für dann, wenn es wieder einen trockenen Pinot Gris von Josef Lentsch gibt. Vom lieblichen Zweitausendneuner hat der Rudl noch zwei Flascherl. Davon schenkt er diese Woche eines aus.

Pinot Gris Spätlese 2009, Josef Lentsch, Dankbarkeit

  • Ruländer 2011, Weingut Dorner, Mureck, Steiermark (3/5)
  • Ruländer 2013, Weingut Dorner, Mureck, Steiermark (3/5)
  • Ruländer 2014, Weingut Dorner, Mureck, Steiermark (3/5)
  • Ruländer 2015, Weingut Dorner, Mureck, Steiermark (2,50/4)
  • Ruländer Wiesenbach 2015, Weingut Dorner, Mureck, Steiermark (3/5)
  • Pinot Gris Reserve 2015, Josef Umathum, Frauenkirchen, Neusiedlersee (4/6)
  • Pinot Gris Reserve 2015, Kracher, Illmitz, Neusiedlersee (3/5)
  • Pinot Gris 2015, Les Vignes de Paradis, Vin de France (4,50/7)
  • Sivi Pinot 2015, Gjerkes, Prekmurje (3/5)
  • Pinot Grigio 42°S 2016, Tasmania, Frogmor Creek Wines (4/6)
  • Grauburgunder „H“, Alice und Roland Tauss, Leutschach, Steirerland (5/8)
  • Pinot Gris Bollenberg 2014, Valentin Zusslin, Alsace (5/8)
  • Ruländer 2015, Andert, Pomhogn (4/6)
  • Pinot Gris Spätlese 2009, Dankbarkeit (3/5)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

am Mittwoch, den 18. April und am Freitag, den 20. April

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Herr Rudolf grüßt Oid & Grau, gerade so wie der Ausgewogenheit verpflichtet Jung & Grün!

Les Fils de Charles Trosset. Ein neuer Weinbauer und Professor im Sortiment vom Rudl, und noch einmal Malvazija von Čotar


Seinerzeit im Seewinkel

 

Der Rudl hat im Jahr 1983 zum ersten Mal osteuropäischen Boden betreten. Bis dahin war Steyr das Äußerste gewesen, was die Eltern vom Rudl als einem Heranwachsenden zumindest nicht abträglich erachtet haben. Warum gerade im Dreiundachtziger Jahr in halsbrecherischer Manier das Risiko eines Urlaubs ohne Blick auf Felsenwände eingegangen worden ist, entzieht sich dem Rudl seiner Kenntnis.

Aber der Rudl kann es heute noch spüren, wie sich auf der Fahrt durch das Salzkammergut, über das Stift Admont, die Bucklige Welt und das Leithagebirge in den bereits in der Finsternis liegenden Seewinkel der Blickwinkel verändert hat. Vor zehn oder zwanzig Jahren noch hat Herr Rudolf diese Erfahrung als uneingeschränkt positiv bewertet, wahrscheinlich ist sie das.

 

Optik und ein Plädoyer gegen Gnadenlose und Gnadenloses

 

Teil dieses Blickes waren normal zur Straße verlaufende Rebzeilen, durch die man aus einem fahrenden Auto schauen konnte. Und niedrige, aneinander gewachsene Häuser vor denen Schaukästen mit Weinflaschen gestanden sind.

In diesen Schaukästen hat man das Weinsortiment des jeweiligen Betriebes anschauen können. Heute nennt man so etwas vermutlich Portfolio, dem Rudl seines Erachtens ein wenig treffsicherer Terminus. Weder in der Computer-, noch in der Marketingsprache dürften ja die allergrößten Sprachgiganten das Sagen haben. Das unsägliche „Portfolio“ sollte man des Rudls Erachtens durch „Schaukasten“ ersetzen. Da steckt dann wenigstens der Imperativ, ohne den die pseudo-liberale, kapitalistische Ideologie nicht auszukommen scheint, gleich drinnen. Du darfst. Und zwar fast alles, außer auf das, was gerade angesagt ist, zu pfeifen. Wer sich das erlaubt, dem präsentiert sich der Zeitgeist von einer ziemlich schmähfreien und gnadenlosen Seite. Musts und Mustnots.

Wagt es heute einer, auch nur frisuren-, bekleidungs- oder kommunikationstechnisch gegen die reine Lehre zu verstoßen, dann kennen die Modernisierungsgewinnler keine Würschtel. Dann wird gedisliked, excludiert und sozial eliminiert, dass die Funken spritzen. Im Vergleich dazu nimmt sich die Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis aus wie Ratschenbuben.

So oder so, dem Imperativ der Schaukästen mit den Bouteillen drinnen hat der Rudl schon in den Achtziger Jahren Folge geleistet. Er hat damals weder Wein gekauft, noch Wein getrunken, aber immer gerne in diese Kästen geschaut.

 

Heute

 

weisen diese Schaukästen weniger auf den Wein, denn auf ein schon längere Zeit nicht geändertes Marketingkonzept des jeweiligen Hauses hin. Genau darum gefallen dem Rudl diese Kästen immer noch.

 

Completely different

 

Dann gibt es Weingüter ohne Schaukasten. Auf manche von denen weist nicht einmal ein Schild hin. Trotzdem kennt sie, wer sie kennen will.

 

Und dann

 

gibt es Weinbaumeister, die es auch ohne Weinzeitschriftenleserinnen und -leser, die am Wochenende anläuten, aushalten.

Edmond Vatan in Chavignol ist so einer. Den wollte der Rudl vor drei Jahren besuchen. Nicht nur, dass sich in keiner depperten Cloude dieser oder irgendeiner anderen Welt ein Hinweis auf den Wohnsitz von Monsieur Vatan finden würde. In einer örtlichen Ziegenkäserei hat man den Rudl auf seine Frage nach Edmond Vatan zuerst gegengefragt, was er dort wolle, und ihn auf seine Antwort „Wein kaufen“ als nicht auskunftswürdig erachtet.

Bei Joseph Trosset in Arbin ist es dem Rudl ähnlich ergangen. Nur dass es der Rudl dort in drei aufeinander folgenden Jahren versucht hat. Anders als beim Wein von Edmond Vatan war der Weiße von Trosset nicht einmal im einschlägigen Fachhandel zu finden.

Ungefähr ist das Weingut ja zu lokalisieren gewesen. Der Rudl hat sowohl 2015 als auch 2016 angerufen, E-Mails geschickt, an etlichen Türen geklopft und diverse Passanten gefragt. In das Weingut gelangt ist er nicht. Im dritten Jahr war der Herr Rudolf dann erfolgreich. Der Professor hatte schon im Vorfeld ein E-Mail beantwortet. In der Folge hat der Rudl einen Termin für einen Besuch bekommen. Monsieur Trosset muss den Rudl dabei mit einem Reisebus verwechselt haben. Zumindest hat die vorbereitete Käseplatte diesen Schluss nahegelegt. Die sollte dann eh weitgehend unberührt bleiben. Monsieur le Fils hat an diesem Tag andere Pläne gehabt, als großen Menschen beim Weinkosten zu assistieren. Der Rudl wiederum hat andere Pläne gehabt, als sich von einem Potpourri aus Murren, Raunzen, Zerren, Davonrennen und schlussendlichem Toben eines Vierjährigen von seinem Ansinnen abbringen zu lassen. Und dass in den Weingärten vom emeritierten Geologen alles andere als durchschnittliche Mondeuse und Roussanne wachsen muss, das hätte der Rudl sogar mitbekommen, wenn der Fils das gerade erst gefunde Domizil von Herrn Trosset mittels Presslufthammer zum Einsturz gebracht hätte. Für einen Universitätsprofessor wird das Verhalten vom Fils nichts gänzlich Neues gewesen sein. Als so einer wird er Erfahrungen mit ungewöhnlichen Verhaltensweisen Heranwachsender gemacht haben. Diesbezügliche Unterschiede zwischen der Mäusegruppe eines Kindergartens und manch mitteilsamen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eines Proseminars an einer Universität werden ja auch überschätzt, zumindest dem Rudl seiner Erfahrung nach.

Dass der Emeritus und dessen Bruder mittlerweile nur mehr gut zwei Hektar, die mit den älteren Rebstöcken, bewirtschaften, keine Herbizide versprühen und mit der Hand ernten, das hat der Rudl vorher schon gelesen gehabt, dass ihre Weine zur Referenz in Sachen Mondeuse zählen, detto. Frische, aromatische Präzision und langes Reifepotential, liest man immer wieder.

Dieses Mal lässt sich der Rudl glatt zu ein paar Wörtern über den Geschmack der Weine hinreißen, sicherheitshalber zu jenen Wörtern, die am Rücketikett der jeweiligen Flasche stehen.

 

Chignin-Bergeron „Symphonie d’automne“ 2015 und 2016

 

Auf steilen Geröllhängen bei Torméry steht das, was sich Monsieur Trosset von seinen Roussanne Weingärten behalten hat, nullkommadrei Hektar. Das erklärt vielleicht, warum sie bei Carrefour nicht im Regal stehen.

Roussanne, wie sie sich der Rudl einreden lässt. Comté ist keine Fehlbesetzung neben diesem Wein, Geflügel in Sauce wahrscheinlich auch nicht. Hier spricht der Boden.

Der Fünfzehner vielleicht für die, bei denen Geduld nicht unter den Top Five der Hauptpersönlichkeitsmerkmale rangiert, der Sechzehner eher für die, die dem Warten etwas abgewinnen können.

Mondeuse „Harmonie“ 2016

 

Intensives Purpur, schwarze Kirsche, feine und gepfefferte Tannine. Straff und eher floral. Es ist nicht so, dass man den Wein jetzt schon trinken müsste. Traditionelle Methoden im Weingarten und im Keller, womit nicht die Traditionen der letzten dreißig Jahre, sondern die der davor gemeint sind.

Perisphinctes achilles“, das sind die versteinerten Schnecken im Boden und am Etikett dieses Weines. Joseph Trosset nennt sie das „Gedächtnis der Erde“, das auf diesem Fleck vor 160 Millionen Jahren daheim gewesen ist. Den Rudl erinnern diese Versteinerungen an seine Kindheit.

 

Mondeuse „Confidentiel“ 2015

 

Farblich wie die Harmonie, geschmacklich eher in der Brombeerhecke, Lakritze, Pfeffer, tanninemäßig zugeknöpft bis streng, vielleicht eine Spur rauchig.

Reden wir in zehn Jahren darüber.

 

Čotar, Malvazija

 

Die letztwöchige Warnung, dass am 6. April gegen Sperrstund‘ vielleicht nicht mehr von allen geöffneten Malvazijajahrgängen etwas da sein könnte, hätte sich der Rudl sparen können. Auch die sieben Jahrgänge Malvazija von Branko und Vasja Čotar, 2001 bis 1006 sowie 2015, kredenzt Monsieur Rudolf diese Woche noch glasweise.

 

  • Chignin-Bergeron „Symphonie d’automne“ 2015, Les Fils de Charles Trosset, Arbin, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Chignin-Bergeron „Symphonie d’automne“ 2016, Les Fils de Charles Trosset, Arbin, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Mondeuse „Harmonie“ 2016, Les Fils de Charles Trosset, Arbin, AOP Vin de Savoie (4,50/7)
  • Mondeuse „Confidentiel“ 2015, Les Fils de Charles Trosset, Arbin, AOP Vin de Savoie (4,50/7)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

am Mittwoch, den 11. April und am Freitag, den 13. April

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Neues aus dem Flaschensortiment

Herr Rudolf freut sich, ab sofort etliche Weine von Maria und Sepp Muster wieder anbieten zu können:

  • Gelber Muskateller vom Opok 2015
  • Graf Sauvignon 2015
  • Graf Sauvignon 2005
  • Gräfin 2015
  • Erde 2015

und darüber hinaus auch den

  • Ruländer 2015 vom Weingut Dorner in Mureck

und den

  • Zierfandler 2017 von Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen,

Letztere zwei Weine aus zwei wirklichen Bio-Pionierweingütern.

Vorschau auf den 18. und 20. April

Pinot Gris, vlg. Ruländer und eine Hommage an einen Ö3-Redakteur einer Zeit, in der Menschen mit Herz, Hirn und Format bei diesem Sender gearbeitet haben.

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Herr Rudolf grüßt diese Woche versteinert!

Fingerabdrücke und Steine. Malvazija von Čotar, Vertikale 2001 bis 2015 mit dem Mut zu einer großen Lücke

Zweimal hinzuschauen kann enttäuschen, aber einen Sinn haben

 

Den Fingerabdruck am Etikett der Weine von Branko und Vasja Čotar hat der Rudl am Anfang flüchtig für einen Stein gehalten. Als sich die vermeintlichen Steine am Etikett bei genauerem Hinsehen als Fingerabdrücke erwiesen haben, war der Rudl ein bissl enttäuscht. Zum Glück hat Monsieur Rudolf da schon gewusst, wie einzigartig die Weine von Čotar schmecken. Der Fingerabdruck ist längst nicht mehr einzigartig. Viele mehr oder weniger pfiffige Winzer oder Grafiker haben das imitiert. Den Wein imitiert niemand. Das geht nicht. Darum passt der Fingerabdruck, auch wenn dem Rudl Steine besser gefallen als Fingerabdrücke.

Gelesen hat es der Rudl schon, dass es die alten Georgier gewesen sind, die seinerzeit den Naturwein erfunden haben. Dann wird es so gewesen und zur Kenntnis zu nehmen sein.

Getrunken schmeckt Weinpraktikant Rudolf der Weiße von Čotar wie die Orangeweinheit. Dem Idealismus kann der Rudl ja eher in Fragen der Herzensbildung und normativ etwas abgewinnen. Welterklärungs- und -beschreibungstechnisch tendiert er sonst eher zum Materialismus. Bei Vitovska, Malvazija und den letzten Flaschen Sauvignon von Čotar überkommt den Rudl aber so ein Gefühl von Urorangewein im platonischen Sinn. Alles andere erscheint ihm geglücktenfalls als Beispiel für erfolgreiches Lernen, meistenfalls als Imitation, ohne die man es auch gut aushalten könnte.

 

Branko und Vasja Čotar

 

Da könnte der Rudl jetzt viel schreiben, einiges hat er schon geschrieben. Ziemlich imposant findet er den Keller, genaugenommen die Kellergeschoße. Je mehr aus den Trauben Wein wird, desto tiefer geht es hinunter.

Über die Dauer der Mazeration entscheidet der Weinbauer spontan und jahrgangsspezifisch. Über die Fassgröße detto, sie kann von zweihundert bis zweitausend Liter reichen. Über den Verlauf der Gärung entscheiden indigene Hefen spontan. Kein Filter. Wenig Schwefel.

 

Malvazija Istriana

 

Sehr alt, vermutlich aus Griechenland. Reift spät, wächst starkt und liefert hohe Erträge, wenn man sie lässt.

 

Do und duat

 

Genaueres bezüglich Nähe zum oder Distanz vom Frühroten Veltliner, vlg. Malvasier vermag Caviste Rudolf zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen nicht in Erfahrung zu bringen, weil er sich da in einem Automobil befindet und ebendort einen drahtlosen Zugang zum Datennetz verbittet.

Darüber hinaus hält er Überlegungen in dieser Frage für mittelaufschlussreich, weil er geschmacklich überhaupt keine Anknüpfungspunkte zwischen dem Frühroten im österreichischen Sinn und dem Malvazija im čotarschen Sinn sieht, gerade so wie es ihm bei Weißem Traminer und Savagnin geht.

Für den Fall, dass jemand Vergleiche zwischen Malvazija und Malvasier anstellen möchte, wird der Rudl freilich ein Flascherl Una von Leo Uibel im Refrigerateur bereit halten.

 

Verfügbarkeit

 

Abgesehen vom Zweitausendfünfzehner handelt es sich um Einzelfalschen. Darum kann Monsieur Rudolf nicht garantieren, dass am Freitag zu späterer Stunde noch von jedem Wein etwas da ist. Möglich ist es schon.

 

  • Malvazija 2015, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (5/8)
  • Malvazija 2006, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (6,50/10)
  • Malvazija 2005, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (6,50/10)
  • Malvazija 2004, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7/10,50)
  • Malvazija 2003, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7/10,50)
  • Malvazija 2002, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7,50/11)
  • Malvazija 2001, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7,50/11)
  • Frühroter Veltliner „Una“ 2015, Leo Uibel, Weinviertel (4/6)

     

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

selbstverständlich nicht ausschließlich orangene Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 4. April und am Freitag, den 6. April

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau auf die Symposien am 11. und 13. April

Ein neuer Winzers im Rudl seinem Sortiment, jetzt aber wirklich:

Les Fils de Charles Trosset. Mondeuse und Roussanne von einem akademischen Geologen aus dem Combe de Savoie

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf grüßt Fingerabdrücke und Steine!

 

Karwoche geschlossen

In der Karwoche (25. bis 31. März) bleibt die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils geschlossen. Es will studiengereist sein.

Der Rudl wünscht „Frohe Ostern!“

Nächster Öffnungstag:

Mittwoch, der 4. April.: voraussichtliches Thema:Malvasia Vertikale von Cotar 2001 bis 2015 mit Lücken

Ostereiersuchwein Jacquère und Osterbock aus Hainfeld

Ostern als solches

 

Anders als Dezernatsleiter Paul Schremser, der nicht zu Ostern geht, zumindest beabsichtigt er das drei Wochen davor, freut sich der Rudl auf den Osterhasen und das Osterfest. Das weckt bei ihm Kindheitserinnerungen, er meint bis zurück ins Einundsiebziger Jahr.

 

Steirische Ostern

 

Ostern ist beim Rudl immer auch die Steiermark, kulinarisch, oenologisch und linguistisch.

Lange Zeit war für Herrn Rudolf Ostern auch das Fest des Steirischen Sauvignons, für ihn die weingewordene Osterzeit. Und dann hat der weltweite Zirkus um diese Rebsorte angehoben. Den Rest erlaubt sich Caviste Rudolf, Ihnen und sich zu ersparen.

 

Kollateralnutzen

 

Der Rudl ist kein Sonntagskind, dreißig Minuten haben gefehlt. Zum Glück, denn der Sonntag wäre der zwanzigste April gewesen. Trotzdem stellen sich Ärgernisse für ihn in weiterer Folge erstaunlich oft als außerordentliche Glücksfälle heraus. Justament zu der Zeit, als Sauvignon Blancs aus der Steiermark in Blindverkostungen regelmäßig die gelatinehältigen Naschprodukte aus der ganzen Welt hinter sich gelassen haben, wollte es dem Rudl sein Vollständigkeitstick, dass er in Savoyen auch der Rebsorte mit der nicht so grandiosen Nachrede Aufmerksamkeit geschenkt hat.

 

Jacquère

 

Wenn es in einer zweitausend Hektar kleinen Weinbauregion Massenwein geben kann, dann wird man in Savoyen Jacquère als dessen Rebsorte betrachten müssen. Mehr als tausend Hektar sind dort mit der autochthonen Jacquère bestockt. Ganz präzise hat sie ihren Ursprung, soweit man das rekonstruieren kann, in Abymes de Myans. Das liegt am nordöstlichen Rand des Chartreusegebirges, ungefähr dort, wo Jean Masson und die Giachino Brüder wohnen, was kein Zufall ist.

Die dicken Beerenschalen erlauben eine späte Reife. Am kalkreichen, steinigen Fuß der französischen Alpen ist das nicht ganz unwesentlich. Und sie schützen die engbeerigen Trauben vor Oïdium und Meltau.

Seinen bisweilen nicht ganz so guten Ruf verdankt Jacquère ihrer Fruchtbarkeit. Ohne Ertragskontrolle hängen an so einem Jacquèrestock, sofern er unter hundert Jahre jung ist, gleich einmal ein paar Kilo Trauben. Das konveniert, wenn man möglichst große Mengen zum Indenglühweinhäfenhinein- oder Demfonduehinterherschütten benötigt. Möchte man jedoch bei Blindverkostungen renommiertere Weißweine sekkieren, dann will der Ertrag begrenzt sein, von wem auch immer.

Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint die relativ weite Verbreitung der Jacquère in Savoyen auf den möglichen hohen Hektarertrag zurückzuführen sein. Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint bei der Jacquère nur im Fall restriktiver Ertragsbegrenzung etwas Gscheites herauszukommen. Anders als der Grüne Veltliner dürfte die spät reifende Jacquère aufgrund der Klimaerwärmung nicht so schnell ins Schwitzen geraten. Wenn es einmal sehr heiß ist, wird sie halt ein bissl reif. Aber immer noch nach fast allen anderen Rebsorten. Trockenstress ist mit entsprechend tiefen Wurzeln und in entsprechend vorgerücktem Rebstockalter auch nicht angebracht. Im Fall von klimawandelbedingten Wetterextremen ist allerdings auch die gute Jacquère mit ihrem Latein irgendwann einmal am Ende, weniger bei Spätfrost als bei Hagel.

Als Wein ist Jacquère eher blass bis weißgold. Dem Rudl seinem Geschmack nach stehen Alpenkräuter, Grapefruit, Bergamotte, Weißdorn, in äußerst gelungenen Fällen aneinander geriebener Feuerstein im Vordergrund. Manchmal kommen Mandeln, Haselnüsse und Lindenblüten dazu, wenngleich nie so intensiv wie bei Altesse.

 

Wein&Globalisierung

 

Mehr als weltweite Klimakapriolen scheinen der Jacquère weltweite Geschmackskapriolen zuzusetzen. Die dürften wirklich keine Grenzen kennen, und Reinzuchthefen auch nicht. Das muss zu viele savoyardische Winzer auf die Idee gebracht haben, ihre Jacquère zu sauvignonoidisieren.   Nicht dem Rudl seins.

 

Essen und Wein

 

Gute Jacquère passt eigentlich zu allem, zum Gulasch vielleicht nicht so hervorragend. Abgesehen davon fällt dem Rudl keine Unvereinbarkeit ein. Als klassisch gilt Jacquère mit Fondue. Ganz originell ist das nicht. Jacquère zur Forelle ist auch klassisch, auch nicht originell, aber trotzdem ziemlich eine Idealbesetzung.

Das dezente Prickeln, der niedrige Alkohol, das kongeniale Zusammenspiel von Frische, Leichtigkeit und appetitanregendem Temperament der Jacquère erinnern den Rudl an einen Gebirgsbach während der Schneeschmelze. In diesem Zusammenhang hat der Rudl vor einem Jahr Spekulationen über Wechselwirkungen zwischen Weingärten und der Größe von Gewässern, auf die die Weingärten hinunter schauen angestellt. Die wiederholt er jetzt nicht.

 

Frühling

 

Dem Rudl sein Faible für den Frühling ist ausgeprägt und daher ein Hinweis darauf der Nachvollziehbarkeit seines vorösterlichen Weinprogramms nicht ganz abträglich. Darum wiederholt Herr Rudolf einen Teil seiner diesbezüglichen Ausfürhung hier jetzt schon.

 

Seinerzeit, Bezirk Salzburg Umgebung

 

Dort, wo Monsieur Rudolf aufgewachsen ist, dort war damals noch dieser Winter. Der hat dort irgendwann Ende November oder Anfang Dezember eine unterschiedlich dicke, aber ziemlich lückenlose Decke über die Wiesen und Wälder gezogen. Das war an sich schon eine aufregende Sache. Eine Spur aufregender war es für den Rudl dann immer, wenn irgendwann im März die Sonne den Blick auf bis dahin drei Monate lang verborgene Plätze, Pflanzen und Utensilien freigelegt hat. Die hat man gut und klar in Erinnerung gehabt. Die nicht gerade spärliche Freizeit war damals dort kaum anders zu verbringen, als in Bachbetten herum zu graben oder irgendwo im Freien herumzurennen, zu kraxeln oder zu hängen und auf Veränderungen zu warten, von denen man sowieso gespürt hat, dass sie sich nicht einstellen würden, zumindest nicht vor Godot. Eine verwelkte Krenstaude, ein Holzbrettl oder vielleicht sogar ein fast vergessenes Spielzeug nach Monaten wieder zu sehen war zumindest interessant. Drum wird es den Herrn Rudolf stets begeistern, wenn nach einem Winter die Vegetation den Dienst wieder antritt. Seine Begeisterung wird immer mit einem Anflug kindlicher Freude einhergehen und diese Freude wird immer in einem Schokoladeosterhasen in einer bunten Staniolpanier unter einem Strauch seinen schwer überbietbaren Höhepunkt erblicken. Sentimentale Verklärung hin oder her, aber so schaut es halt einmal aus.

 

Weinbaumeister

 

Der Untergang des savoyardischen Jacquèreabendlandes hat zwar viele Gesichter, aber wie immer leistet eine Hand voll wackerer, unbeugsamer Zeitgenossinnen  und Zeitgenossen Widerstand.

 

Die Gebrüder Giachino

 

Ja, es gibt in den Weingärten der Giachinos zwischen der Bruchstelle des Mont Granier am nördlichen Ende des Chartreuse Gebirges und dem Lac de Saint André auch ein paar Weinstöcke anderer Rebsorten, Altesse, Gamay, Mondeuse und Persan. Darüber hinaus haben es sich die Giachinos zum Ziel gesetzt, früher verbreitete Rebsorten aufzuspüren und auszusetzen.

Mengenmäßig fällt das alles aber nicht ins Gewicht. Die Jacquère dominiert. Und die Giachinos machen fast alles mit dieser Rebsorte, Aperolspritzer nicht, aber vom ganz früh gelesenen „Wein wie seinerzeit“ über einen dezenten Orangen bis zum Schaumwein nach der méthode traditionelle machen sie alles.

 

Monfarina 2015, Giachino

 

Seit dem Dreizehner leisten ein bissl Mondeuse Blanche und Verdesse der Madame Jacquère Gesellschaft.

 

Primitif 2010, Giachino

 

Sehr früh gelesen. So könnte Wein aus Savoyen geschmeckt haben, bevor Oenologie in den Kellern und Klimaerwärmung in den Weingärten Einzug gehalten haben. Neun Percent Alkohol, den Giachinos zufolge mit Affinität zum Biss in eine Traube, dem Rudl zufolge mit einer zu einem Schluck Verjus. Spontanvergoren, drei Monate auf der Feinhefe, fast virtuos kaschierter Säureabbau, sowieso auch keine Zutaten. Den Trinkhorizont geben die Giachinos auf ihrer Homepage mit 1 bis 100 Jahren an. Ausverkauft ist der Wein bei ihnen immer schon deutlich früher.

 

Marius & Simone 2015, Giachino

 

Eine Hommage an die Großeltern der Giachinos. Er, der alte Giachino soll begeistert ein Glasl getrunken und sie, die alte Giachino das ebenso begeistert problematisiert haben.

Zwei Tage Vorgärung, dann zwanzig auf der Maische, vom Tank ins Fass, zehn Monate auf der Feinhefe, minimale Schwefelzugabe von einem Gramm pro Hektoliter, das aber auch erst bei der Füllung.

Zum bereits Erwähnten kommen Mandel- und Haselnussanklänge.

 

Jean-Claude Masson

 

Noch ein bissl weiter geht Monsieur Masson. Es gibt einfachere Dinge im Leben, als bei ihm einen Termin zu bekommen. Wenn man einen bekommt, muss man Zeit haben. Ideal ist es auch, wenn draußen nicht jemand auf einen wartet, zum Beispiel ein Fünfjähriger, zu dessen Kernkompetenzen nicht das Geduldigwarten zählt, oder eine Frau, die Hunger hat. Oder beide.

Sitzt man dann im spärlich beleuchteten Keller von Monsieur Masson auf einem Holzbrettl und hört dem Meisters zu, kann es passieren, dass man auf die Außenwelt vergisst. Allerdings kann man im Nachhinein mildernde Umstände geltend machen. Denn Monsieur Masson lässt einen vor Ende der Lehrveranstaltung sowieso nicht hinaus.

 

Apremont „Lisa“ 2016, Jean Masson, & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

 

Monsieur Jean-Claude hat zwei Kinder, Lisa und Nicolas. Geschwister sind einander oft sehr unähnlich. Lisa und Nicolas, zum Beispiel, zumindest aus der Sicht ihres Vaters. Sie sei straight, früh auf den Beinen und Tempo grundsätzlich nicht abgeneigt, er ein Musikant, kein Freund des Sonnenaufgangs und nicht die Personifizierung von Verbindlichkeit.

Diesen beiden Persönlichkeitsprofilen entsprechend macht Jean-Claude Masson zwei Weine, die er jeweils nach seinen Kindern benennt.

Lisa ist geprägt von Grapefruit- und Orangenaromen, akkurat. Monsieur Masson empfiehlt dazu alles, was aus dem Wasser kommt oder savoyardischen Käse.

In diesem Zusammenhang erinnert Herr Rudolf wieder einmal daran, dass es äußerst gern gesehen ist, wenn Sie sich die Jause in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils selber mitbringen, jetzt so knapp vor Ostern irgendetwas mit Kren. Ein Reibeisen erwartet Sie und Ihre Krenwurzn vor Ort, sofern Sie Ihre Krenwurzn nicht bei Amazon bestellt haben. Ein Ei, bevorzugt nicht aus einer Eierlegemaschine, auch nicht aus einer biologischen Eierlegemaschine, sondern von einem Hendl im altmodischen Stil, das nicht nach Kunden- und vor allem Großhandelswunsch designed worden ist. Oder ein Reblochon, ein Beaufort, ein Tomme de Savoie oder ein Abondance.

 

Apremont „La Déchirée“ 2016, Jean Masson, & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

 

Direkt repräsentativ für den Cru Apremont sind die Weine von Jean-Claude Masson ja alle nicht, La Déchirée wächst auf einer Parzelle am Gipfel von Apremont, umgeben von Himbeer- und Brombeerhecken. Die Trauben werden selbst für Jacquèreverhältnisse spät gelesen, entsprechend überraschend und markant sind die Aromen, gar nicht so oft anzutreffende Kombination aus imposanter Statur und steiniger Raffinesse, findet der Rudl. Wenn etwas in einer Sauce schwimmt, passt dieser Wein ziemlich sicher dazu.

 

Apremont „La Centenaire“ 2015, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

 

Über hundert Jahre alte Stöcke rufen in Erinnerung, was diese sonst oft ein bissl zugeknöpfte Rebsorte vermag. Jean-Claude Masson kennt den Wein bis zum Jahrgang 1945 zurück. Viel hängt an diesen Stöcken nicht mehr oben, dafür hält der Wein, der aus den wenigen Beerln gemacht wird, umso länger. Frische Mandeln, Steinobst und Stein.

 

Apremont „Coeur d’Apremont“ 2015, Jean Masson, & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie

„Flaggschiff“ werden solche Weine immer wieder genannt, nicht dem Rudl seine Lieblingsbezeichnung für einen extraordinairen Wein. Noch niedrigerer Ertrag als bei der hundertjährigen alten Schachtel, langer Verbleib auf der Feinhefe, Kraft und Präzision, kandierte Früchte.

Jacques Maillet

 

Ni-Ni-Ni (Weder filtriert, noch angereichert und auch nicht geschönt) Jacquère vom rüstigen Rentner und seinen alten Rebstöcken aus Motz.

 

Gilles Berlioz, Chignin

 

Ziemlich genau gegenüber von Masson und Giachino, am anderen Ufer der Isère. Mehr Sonne.

 

Brauerei Hainfeld, Osterbock

 

Der Rudl hat es heuer nicht geschafft, nach dem Faschingsdienstag nach Salzburg Mülln zu fahren, um dort ein der Festzeit entsprechendes Bier zu kaufen. Vor dem Aschermittwoch war der Rudl schon dort, aber da verkaufen sie das Bräustübl Fastenbier nicht.

Darum ist Herr Rudolf vergangene Woche mit dem Regionalzug nach Hainfeld gefahren, um dort einen Osterbock zu kaufen.

 

 

 

 

  • Jacquère 2014, Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin de Savoie (2,50/4)
  • Primitif 2010, Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie (2,50/4)
  • Monfarina 2015, Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (2,50/4)
  • Jacquère 2015, Jacques Maillet, Chautagne, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Jacquère „Chez l’Odette“, Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (4,50/7)
  • Apremont „Lisa“ 2016, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (4/6)
  • Apremont „La Déchirée“ 2016, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (4,50/7)
  • Apremont „La Centenaire“ 2015, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (5/8)
  • Apremont „Coeur d’Apremont“ 2015, Jean Masson & Fils, Apremont, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Marius & Simone 2015, Giachino, Chapareillan, Vin de France (4/6)
  • Osterbock, Brauerei Hainfeld, Niederösterreich (Seidl: 3 Euro)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

…, selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 21. März und am Freitag, den 23. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau

In der Karwoche ist der Rudl auf Dienst- und Studienreise. Da bleibt die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils geschlossen.

4. und 6. April: Ein neuer Weinbaubetrieb betritt das Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils: Les Fils de Charles Trosset

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf grüßt fast alles, was blüht!

Noten oder verbale Beurteilung? Beides abschaffen! Ein Jahrgangsvergleich 2014 v 2015

Reifeprüfung

Vor einigen Wochen hat Ihnen Monsieur Rudolf etwas über die Percée du Vin Jaune erzählt. Am ersten Februarwochenende versammeln sich im Jura Weinfreundinnen und Weinfreunde, um dabei zu sein, wenn die Hefeflorschicht des neuen Jahrgangs durchstochen und der neue Wein sodann nach sechs Jahren und ein paar Monaten der Öffentlichkeit präsentiert wird. Dieses Jahr haben sie die Hefeflorschicht der 2011ers durchstochen. Das kann man als Folklore betrachten. Dass es gescheit ist, den Zweitausendelfer Vin Jaune jetzt schon zu trinken, behauptet niemand.

En primeur

Es gibt Gegenstücke zu dieser Veranstaltung. Das sind die diversen Verkostungen „en primeur“. Dabei kosten Fachkräfte den neuen Wein und urteilen über die Qualität des betreffenden Jahrganges. Das wird für gewöhnlich ab Ende März des auf den Jahrgang folgenden Jahres durchgeführt. In Bordeaux sind diese Verkostungen besonders beliebt. Einige Monate später werden diese Weine dann verschnitten. Auch das wird Folklore sein, vermutlich eine Spur sinnlosere.

Jahrgänge und Noten

Wenn sich der Rudl die Nachred‘ mancher Weinjahrgänge vergegenwärtigt, fragt er sich sowieso, welche Kriterien und Parameter in diese Beurteilungen einfließen. Die Jahresstreikstunden von Flughafenangestellten? Der Notendurchschnitt der 2C? Die Studien von Astrologinnen der Wiener Qualitätsblätter?

Jetzt hat es sich begeben, dass in den letzteren paar Jahren zwei Jahrgänge auf einander gefolgt sind, deren Zensuren nicht viel unterschiedlicher sein können hätten, 2014 und 2015. Ersterer herunter gemacht zum regelrechten Antiweinjahrgang, letzterer in den Himmel gelobt. Il faut se méfier.

Vielleicht passt es gerade, einmal zu schauen, wie die beiden Jahrgangsnachbarn ihre frühe Kindheit absolviert haben.

2014

steht bei weiten Teilen der über Wein Schreibenden und Lesenden nicht so hoch im Kurs. Viel Regel und nicht gerade heiß. Ehrlich gesagt gilt der Jahrgang als hundsmiserabel. Die Jahrgangsbewertungskräfte schreiben dann, meistens ist das Ende August des betreffenden Jahres, von einem sogenannten „Winzerjahrgang“, der den Weinbauern alles abverlangt habe.

Weine, die ihren Jahrgang nicht zu kaschieren versuchen, zeigen sich oft nicht als Schmeichler. Das bedeutet nicht, dass sie das auf immer und ewig bleiben und nicht in ein paar Jahren umso spektakulärer brillieren, ähnlich Schülerinnen und Schüler, die man in der ersten Klasse, wenn das mit den Bestimmungen des Strafgesetzes vereinbar wäre, am liebsten an die Wand picken würde, die bei der Matura dann aber wirklich noch im positiven Sinn erahnen lassen, was mit Reifeprüfung gemeint sein könnte.

2014 in Savoyen

Der Winter hat mild begonnen, aber Mai ist die Sonne dann nicht gerade extrovertiert, ganz anders als der Regen. Im August betritt der Fils zum ersten Mal savoyardisches Territorium und rutscht dabei immer wieder aus, nicht etwas weil savoyardisches Parkett so glatt wäre, sondern weil fast überall ein mords ein Gatsch ist. Von den fünfzehn Augusttagen, an denen der Fils in Savoyen ist, hält es nicht ein einziger aus, vierundzwanzig Stunden im Trockenen zu verweilen. Einem Maxglaner wie dem Rudl fällt so etwas nicht einmal auf. Aber der Fils ist ein Kind der Grenze zwischen Wiener Becken und pannonischer Tiefebene. So oder so, der Rudl rekommandiert, die guten Weißweine aus 2014 noch ein Zeitl aufzuheben und gegebenenfalls die Fünfzehner vorher zu trinken. Monsieurs Riouspeyrous sieht das übrigens auch so. Auch für den Silex von Dagueneau dürfte das gelten, zumindest wenn man der Revue du Vin de France glaubt. Das österreichische Zentralamt für Wein hingegen bedauert, dass keine „höheren Mostgewichte“ möglich gewesen sind. Dem Rudl seiner Wahrnehmung nach sind die in den letzten Jahren immer mehr ein Problem als ein erstrebenswertes Ziel. Da zieht der Rudl doch die raffinierteren und frischeren Zweitausendvierzehner vor, auch wenn man sie vielleicht noch ein paar Jahre im Keller reposieren lassen sollte.

2014 in Österreich

Das Ganze fängt nicht gerade zum Vor-Kälte-Bibbern an. Viel zu warmer Jänner, nicht nennenswert besserer Februar. Der März noch wärmer. Irgendwie möchte man meinen, das warme Wetter habe damit sein Pulver verschossen. Der April ist wenigstens noch warm, aber verregnet. Da sind die Reben vegetationstechnisch noch zwei bis drei Wochen vorn. Im Mai ist es dann nicht einmal mehr warm. Und dann versucht sowieso nur mehr jeder Monat, seinen Vorgänger in der Kategorie Sauwetter in den Schatten zu stellen. Die konventionellen Vierzehner dürften eine Spur gesünder sein als die konventionellen Weine aus anderen Jahren, weil der permanente Regen die sogenannten Pflanzenschutzmittel im Handumdrehen immer wieder abwäscht. Sisyphos hätte seine Freude beim Spritzen gehabt. Geradezu konvenieren tut die Regnerei den Junganlagen.

Sommer und Herbst 2014 werden nicht aufgrund von Hitzewellen in die Geschichtsbücher eingehen. Deswegen (!) prognostiziert nicht nur der Rudl den Vierzehnern mehr Ausdauer als den Weinen vieler anderer Jahrgänge, freilich nur sofern gesunder Beeren verarbeitet worden sind. Von denen hat es halt nicht so viele gegeben. Die sind dafür phänomenal gut gewesen.

Ohne Botrytisverzögerer und anderen Hexenzauber sind elegante Weine mit sehr hoher Lagerfähigkeit entstanden. Die guten werden sicher noch ein Zeitl brauchen. Die anderen sollten schon getrunken oder einer anderen Verwendung zugeführt sein.

2015

ist es warm gewesen, sehr sogar. Recht trocken ist es auch gewesen. Oidium und Meltau haben schon mehr gelacht als 2015. Man könnte 2015 mit einem gescheiten, fleißigen und höflichen Schüler vergleichen. Nicht unangenehm für eine Lehrkraft und die Idealbesetzung für einen Floridsdorfs next top Schwiegersohn Contest. Möglicherweise aber intellektuell nicht allzu herausfordernd und auch nicht besonders interessant. Warum fällt dem Rudl da jetzt der Bertl Braun ein?

Entsprechend sind die Noten für den Weinjahrgang 2015. Zugänglichkeit par exzellence.

Nach ein paar ziemlich verrückten Jahrgängen hat sich das Wetter in diesem Jahr etwas weniger extravagant benommen. Die Menge war gut, was in Anbetracht der vorhergegangenen Ernten für manche Winzer existenzrettend gewesen ist. Die Qualität war gut. Viele Zweitausendfünfzehner sind heute zugänglicher als ihre um ein Jahr älteren Geschwister, reife Frucht, gute Substanz, harmonisch.

Frühling optimal, Blüte detto, eher ungewöhnlicher, weil nächtlicher Hagel Anfang Mai im Kremstal, Kamptal und am Wagram. Der Sommer ist dann sehr heiß, Mitte August kommt rechtzeitig noch Wasser. Herbst wieder in der Tradition des Frühlings, im Unterschied zu 2006 oder 2011 aber wenigstens kühle Nächte.

Zierfandler, Friedrich Kuczera

Über den hat Herr Rudolf schon das eine oder andere geschrieben. Old school im besten Sinn.

Jacquère, Jacques Maillet

Der Name des Ortes, in dem Jacques wohnt, beschreibt den Wein möglicherweise treffender als Weinjournalisten. Motz

Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster

nicht nur horizontal interessant, sondern ziemlich sicher auch vertikal mit den beiden Jacquères von Jacques Maillet

Grüner Veltiner Steinleithn, Geyerhof, Kremstal

Lieblingsveltliner von Caviste Rudolf

Schiste, Domaine des Ardoisières

Vierzig Percent Jacquère, dreißig Roussanne, zwanzig Pinot Gris und zehn Mondeuse Blanche. Südlage, aber in einer Gegend, wo sonst keine Weingärten mehr wachsen. Immer ist das nicht so gewesen. Aber dann ist die Aluminiumindustrie ins Tal der Tarentaise gekommen. Aus heutiger Sicht nicht unbedingt zukunftsträchtige Technologie. Das haben Michel Grisard und Brice Omont schon viel früher so gesehen und in Cevin, hoch oben auf einer Südlage mit bis zu sechzig Prozent Gefälle Terrassen angelegt. Ein Terroir für Wein als Antithese zum Gschloder aus Aluminiumkapsel und -doserl. Kaum Humusauflage, Schiefer und Glimmerschiefer, sauer, mit gutem Wärmespeichervermögen, in Anbetracht gravierenderer Witterungsunterschiede äußerst erwünscht. Die Schieferschichten sind in Cevin vertikal angeordnet. Das ist für die Verwurzelung der Stöcke nicht ganz unvorteilhaft ist. Dominique Belluard hält die Lage in Cevins für das aufregendste Weinterroir Savoyens.

Siebentausendfünfhundert Rebstöcke am Hektar, zehn bis fünfunddreißig Hektoliter Ertrag pro Hektar. Unesoterische Biodynamie, deren jede Handlung die Einzigartigkeit der Lage unterstreichen soll. Spontanvergärung. Und auch sonst wird in diesem Weingut nichts erzwungen, auch die Malo nicht. Hätte der Begriff „Naturwein“ eine nachvollziehbare Bedeutung, dann wäre er hier angebracht.

Der Rudl hat sich immer noch nicht entschieden, ob der den Schiste oder den teureren Quartz besser finden soll. Ein Vergleich der beiden Zweitausendzehner hat unlängst angedeutet, dass Schiste beim Aufmachen vorne ist. Nach ein, zwei Tagen hat ihn der Quartz dann aber überholt.

  • Zierfandler, Friedrich Kuczera 2014, Gumpoldskirchen, Thermenregion (2,50/4)
  • Zierfandler, Friedrich Kuczera 2015, Gumpoldskirchen, Thermenregion (2,50/4)
  • Jacquère, Jacques Maillet, 2014 und 2015, Motz, Chautagne, AOC Vin de Savoie (4/6)
  • Jacquère, Jacques Maillet, 2014 und 2015, Motz, Chautagne, AOC Vin de Savoie (4/6)
  • Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster 2014, Schlossberg, Steirerland (3/5)
  • Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster 2015, Schlossberg, Steirerland (3/5)
  • Grüner Veltiner Steinleithn 2014, Geyerhof, Kremstal (4,50/7)
  • Grüner Veltiner Steinleithn 2015, Geyerhof, Kremstal (4,50/7)
  • Schiste, Domaine des Ardoisières, Cevin, Vin des Allobroges 2014 (7/11)
  • Schiste, Domaine des Ardoisières, Cevin, Vin des Allobroges 2015 (7/11)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

, aber nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

am Mittwoch, den 14. März und am Freitag, den 16. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 21. Und 23. März:

Osterweine. Jacquère

Herr Rudolf grüßt die Braven gerade so als wie die Goscherten!

Liberté, Egalité, Rationalité! Sieben Weine zum internationalen Frauentag

Es gibt Tage, 365, respektive 366 im Jahr. Und es gibt Tage, an denen etwas Bestimmtes gefeiert oder zumindest in den Vordergrund gestellt wird, möglicherweise mehr als 365 im Jahr.

Manche dieser Tage findet Herr Rudolf ausgesprochen erfreulich, Weihnachten zum Beispiel, Ostern auch, Nikolaus, den Rupertikirtag und den Jakobitag, an dem in der Steiermark und in Wien Hasenleiten die Klapotetz aufgestellt werden. An anderen Tagen tut sich der Rudl ein bissl schwer, die nötige Nachvollziehbarkeit für ihre Hervorhebung zu erkennen,  beim Tag des Windes zum Beispiel, aber auch beim Stefanitag.

Und dann gibt es ein paar Tage, die Monsieur Rudolf bis auf Widerruf, quasi mit Ablaufdatum für angebracht hält, den internationalen Frauentag etwa bis zum Tag, an dem gleiche Marie für gleiche Arbeit bezahlt wird, eine halbwegs egalitäre, weniger ideologische und weniger neurotische Aufteilung des Einflusses auf die Erziehung von Kindern gewährleistet ist, nicht zwischen Mama und Oma, sondern zwischen Mama und Papa. Dann fände es Sportsfreund Rudolf auch noch überaus begrüßenswert, wenn man dem Zeitgeist die immer zwanghafteren Vorstellungen, aus dem Körper „etwas machen“ zu müssen, ein bissl wegtherapieren könnte, den Buben gerade so als wie den Madln.

Und wenn irgendwann fair gehandelte Panier nicht nur Frauen, sondern auch Männern accessibel gemacht würde, wäre in der Wahrnehmung vom Rudl auch etwas erreicht.

Der Rudl ist kein Busenfreund des Binnen-I und die außerfamiliäre Kinderbetreuung ab der Geburt hält er auch nicht unbedingt für den Nachweis einer Hochkultur. Das ist Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe vermutlich schon aufgefallen, aber eine egalitäre Gesellschaft, die nicht gleich macht, sondern bei annähernd gleicher Anstrengung gleich berechtigt, ist ihm ein großes Anliegen.

 

Gilles Berlioz aus Chignin. Ein Winzerautodidakt, wie er in keinem Buche steht. Wiederholung vom Sommersemester 2017

 

Es gibt Weinbauern, die ihr Weingut von ihren Eltern übernommen haben und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihr Weingut von ihren Eltern übernommen haben und nicht so guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die einen anderen Beruf gelernt, dort einen Haufen Knödel gemacht, dann ihre Lebensplanung geändert haben und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die einen anderen Beruf gelernt, dort einen Haufen Knödel gemacht, dann ihre Lebensplanung geändert haben und nicht so gut Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihren Beruf gelernt haben, obwohl ihre Familie nichts mit Weinbau zu tun gehabt hat, und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihren Beruf gelernt haben, obwohl ihre Familie nichts mit Weinbau zu tun gehabt hat, und nicht so guten Wein machen. Und es gibt Gilles Berlioz. Als Sohn eines Hacklers hat er zuerst auf Paysagiste gelernt. 1990 haben seine Frau und er dann beschlossen, Weinbau zu betreiben, mit 0,8 Hektar, als Autodidaktin, respektive Autodidakt. In den Folgejahren haben sie die 0,8 Hektar auf sieben erweitert, um sie danach wieder um die Hälfte zu reduzieren und biologisch umzustellen. Der Schritt zur Biodynamie war dann kein ganz abwegiger. Besonders hoch im Kurs steht bei Gilles Berlioz die Intuition.

 

Chignin

 

… liegt am Südwesthang im Combe de Savoie, das ist das Tal der Isère nach Albertville hinein. Die Rebstöcke stehen auf Geröllhängen aus Jurakalk und Mergel und schauen hinunter auf den „Boulevard des Alpes“. Dort fahren und vor allem stauen im Winter die Kraxen in die Skigebiete hinauf, im Sommer auf Turin hinunter. Gilles Berlioz ist in Chignin daheim.

 

Roussanne

 

ist auch in Chignin daheim, so daheim, dass sie in Savoyen Chignin-Bergeron genannt wird. Vom Prestige gehören diese Weine ziemlich sicher zu den renommiertesten in Savoyen, von den Preisen her auch. Dem Rudl seiner Meinung nach werden viele davon überbewertet. Ihre manchmal geringe Säure ist ihm in Verbindung mit für savoyardische Verhältnisse hohen Alkoholwerten ein bissl zu südlich. Ursprünglich herkommen tut Roussanne angeblich aus Tain l’Hermitage, wobei das mit den Ursprüngen dem Rudl seines Erachtens auch überbewertet wird. Einerseits findet es Herr Rudolf hoch interessant, nach Ursprüngen zu fragen. Andererseits geht ihm das dogmatische oder neurotische Getue um die Wurzeln, das jede noch so dezente Kritik oder jeden Vorschlag eines Äutzerls an Veränderung zum Verrat oder zur Verletzung der Ehre aufbläst, ganz außerordentlich auf den Zeiger. So oder so dürfte es die Roussanne schon ziemlich bald einmal von der Rhône nach Savoyen verschlagen haben, allerdings ausschließlich in die Gegend um Chignin.

Sehr geringe Erträge und eine prekär späte Reife dürften ein Grund für das Schrumpfen der sowieso homöopahtischen Dimensionen mit Roussanne bestockter Rebfläche in Savoyen sein. Die relativ hohen Preise des Chignin-Bergeron könnten auch eine Rolle spielen. Monsieur Rudolfs Erklärung ist, dass die zweitausend Hektar kleine Weinbauregion Savoyen mit Jacquère und Altesse zwei ausgesprochen kompetente Rebsorten hat und andere Rebsorten dort nicht gerade dringend abgehen.

Die Kalkkieselböden bei Chignin scheinen es der Roussanne trotzdem angetan zu haben. Kleine, zylindrische Trauben, Beeren mit goldgelbem Teint und rostbraunen Einsprengseln. Zucker vermag sie viel einzulagern, entsprechend solide können die Alkoholwerte der aus ihr gekelterten Weine ausfallen. Haselnuss- und Weißdornaromen sind nicht ungewöhnlich, wobei der Rudl das lediglich gelesen hat. Wissen, wie Weißdorn schmeckt, tut er persönlich nicht. Eine lange Lagerfähigkeit wird der Roussanne nachgesagt. Sofern die Säure passt, legt Caviste Rudolf nach.

 

Les Filles

 

Seit dem Jahrgang 2007 widmet Gilles Berlioz den Damen in seinem und um seinen Betrieb den besten Wein des Hauses und nennt ihn „Les Filles“. Das Etikett ziert seither auf jedem Jahrgang eine andere künstlerische Darstellung von Frauen, stets geschmackvoll, niemals plump, das gerade Gegenteil von manchem Etikett aus der Naturweinszene. Den Rudl beschleicht ja der Verdacht, dass der eine oder andere nackerte Popo auf einem Weinetikett das Auffälligste am betreffenden Kultwein ist. Die Ansicht von hinten hat für einen sesshaften Zeitgenossen wie den Rudl auch immer ein bissl was mit Flucht zu tun, im gegenständlichen Fall vielleicht auch nur mit flüchtiger Säure. Aber bitte.

Die Bilder auf den Etiketten von Gilles Berlioz sind frei von Effekthascherei. Trotzdem ist Weinmeister Berlioz immer wieder mit der Frage nach Unausgewogenheit seiner Weinbezeichnung konfrontiert worden. Darum hat er irgendwann einen anderen Chignin-Bergeron „Les Fripons“, auf gut Deutsch „Die Spitzbuben“ genannt.

Ganz egalitär ist das dann aber auch wieder nicht gewesen, weil der Terminus „Spitzbuben“ in der einen oder anderen Komponente seiner Bedeutung über eine schlichte Geschlechtsbezeichnung hinausgeht. Darum gibt es jetzt bei Gilles Berlioz und diese Woche auch beim Rudl, dort allerdings nur glasweise, den Chignin-Bergeron „Les Friponnes“, die Spitzmadl oder Spitzbübinnen, wenn Sie so wollen.

 

  • Chignin-Bergeron „Les Filles“ 2015, Domaine partagé. Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Chignin-Bergeron „Les Fripons“ 2015, Domaine partagé. Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Chignin-Bergeron „Les Friponnes“ 2015, Domaine partagé. Christine et Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (5/8)darüber hinaus zwei gegenderte Weine
  • Gräfin (Sauvignon Blanc), Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (5/8)
  • Graf Morillon, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (5/8)… des Rudls Dafürhalten der beste Chardonnay außerhalb Chablis

    sowie zwei Weine von äußerst kompetenten Winzerinnen

  • Blaufränkisch 2015. Dankbarkeit. Christine Lentsch, Neusiedlersee (3/5)
  • Riesling Kellerberg Federspiel, Weingut Schmidl , Dürnstein, Wachau (3/5)(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

    …, aber nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

     

    am Mittwoch, den 7. März und am Freitag, den 9. März

    jeweils von 16 bis 22 Uhr

    in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

     

    Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

     

    Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 14. und 16. März:

    Versuch einer Kür des besten Weins der Weinbauregion Savoyen.

    Der Rudl möchte wieder einmal darauf hinweisen, dass jedwedes Flascherl aus dem Sortiment seines Kaufgeschäftes gegen einen Aufpreis von fünf Euro vor Ort konsumiert werden kann, im Fall zeitgerechter Ankündigung selbstverständlich gekühlt.

     

    Herr Rudolf grüßt etwas frei nach Professor Conrads: Habe die Ehre, les Friponnes, seawas, les Fripons!