Terminliches
Schulmeister Rudolf hat heuer einen prekären Stundenplan. Darum sieht er sich gezwungen, seine Weinlehrveranstaltung um eine Stunde vorzuverlegen. Er wird bis auf weiteres um 16 Uhr aufsperren und um 20 Uhr zudrehen. Bitte um Nachsicht!
Côteaux des Girondales
Bis vor wenigen Jahren hat der Rudl so gut wie alle savoyardischen Bioweingüter von persönlichen Besuchen am Weingut gekannt. 2021 ist ihm dann aufgefallen, dass da etliche dazugekommen waren. Damals hat ihm sein Hang zur Vollständigkeit noch eingeflüstert, die alle zumindest im Glas kennenzulernen. Gut geschmeckt haben ihm davon nur die Weine von Françis Rousset. Heuer hat sich der Rudl von seinem Anspruch, alle biologischen Weinbaubetriebe seiner Lieblingsregion kennenzulernen, verabschiedet. Einzelnen davon wird er selbstverständlich nach wie vor auf die Spur gehen.
Jacques Maillet bezeichnet das, was Françis macht, als „plus que fou“ (mehr als verrückt). Ein ehemaliger Buchhändler, der über die Umwege Japan und Canada als Kellermeister in der Schweiz gearbeitet hat und dann irgendwann entdeckt hat, dass eine Parzelle seines Schwiegervaters vor dem Wüten der Reblaus ein begnadigtes Weinbauterroir, wie der Herr Kurt vielleicht sagen würde, war. Dies herauszufinden ist an sich nicht besonders verrückt. Dann dort den Wald zu roden und Weingärten anzulegen, schon eher. Und wenn man es mit einer rebsortifizierten Empfindlichkeit wie Altesse probiert, wird man sich nicht ganz leicht tun, Jacques Maillet zu widersprechen. Aber als Michel Grisard und Brice Omont vor nicht ganz dreißig Jahren in Cevins die Domaine des Ardoisières gegründet und dort den verwaldeten und verstrüppten Weinberg terrassiert haben, haben das auch nicht alle als Manifestation besonderer Vernunft betrachtet. Egal. Wenn die Altesse von Françis etwas wird, gehört sie zu den interessantesten, die der Rudl in letzter Zeit kennengelernt hat. Dazu in ein paar Wochen mehr.
Als der Rudl vor zwei Jahren an der Kellertür von Françis Rousset geklopft hat, hatte er bei Vinograf in Aix-les-Bains bereits alle diese Weine gekauft und auch schon getrunken. Sonst ist er, glaubt er, nicht so ungeduldig.
Auf diese Weise hat der Rudl sich, vor allem aber Françis die Verkosterei erspart. Dafür hat ihm Monsieur Rousset umso mehr im Keller und vor allem im Weingarten erklären können.
Françis Weine sind, wenn Sie den Rudl fragen, rebsortencharakteristisch, kristallin sauber und noch leichter als ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem südlich angrenzenden Nachbardepartement Savoie. Ob sie das Terroir zum Ausdruck bringen, müssten die Römer oder Hundertsiebzigjährige beurteilen. Aus der Zwischenzeit gibt es keine Referenzweine von diesem Terroir.
Und was sich Francis Rousset da angetan hat, ist vor dem Hintergrund dessen, womit die Weinbäuerinnen und Weinbauern in dieser Gegend konfrontiert sind, kolossal. Dass er in Anbetracht der meteorologischen Destruktivitäten weder gleich nach Beginn seiner Arbeiten den Hut draufgehaut noch den Verstand verloren hat, ist etwas von den erfreulichen Dingen, die der Rudl nicht versteht.
2019 haben die Reben von Francis zum ersten Mal vinifizierbare Trauben getragen. Vielleicht hat ihn das überrascht, denn der Keller dafür ist damals noch nicht fertig gewesen. Allerdings wollte es die Klimakrise, dass am 15. Juni 2019 ein Mordstrum Hagelunwetter über dem Weingarten von Mathieu Apffel in Apremont heruntergekommen ist. Ernteausfall von hundert Percent.
Mathieu steht im Herbst 2019 ohne Trauben aus Apremont in seinem Keller, Francis vor den sehnsüchtig erwarteten ersten Trauben des neuen Weingartens der alten Römer, aber ohne Keller. Zum Glück funktioniert die Zusammenarbeit unter den Bioweinmeistern der Weinbauregion Savoie über die Departementsgrenzen hinweg! Und so wurden die hochsavoyardischen Trauben von Francis Rousset im savoyardischen Keller von Mathieu Apffel vinifiziert.
2020 hat Francis dann Trauben und Keller gehabt. Das Niveau der Resultate dieser glücklichen Fügung muss sich relativ schnell herumgesprochen haben. Darum haben sich einige Cavisten offensichtlich ganz umfassend mit Weinen von Monsieur Rousset eingedeckt. Als dann die Restaurants wieder geöffnet haben, vermochte Francis denen nicht mehr viel aufzuwarten. Und als der Rudl angetanzt ist, war noch weniger da. Ein bissl was ist dann aber doch gegangen. Für den Rudl noch viel wichtiger ist, dass er mit Francis eine tragfähige Perspektive für eine Zusammenarbeit in den nächsten Jahren ausmachen konnte. Jetzt müsste nur noch das Klima mitspielen. 2021 hat es das nicht getan. Darum hat es in diesem Jahr auch keine reinsortige Altesse gegeben. 2022 dafür dann schon wieder. Die ist neben anderen Weinen auf der Palette Ende Juni dieses Jahres in der Reindorfgasse eingetroffen. Aber da hat der Rudl dann vor dem Sommer keine Zeit mehr gehabt, diese Weine glasweise zugänglich zu machen. Das holt er jetzt im Herbst in zwei Etappen nach.
- L‘Ami Françis 2019, Mathieu Apffel, Saint Badolph, Savoie, Vin de France (6/9)
2019 hat es dem Mathieu Apffel seinen Weingarten in Saint Badolph (Savoyen) weggehagelt, sodass er keine Trauben für einen Wein gehabt hat. Auch der Nachfolgejahrgang auf einen Hektoliter pro Hektar dezimiert. Etwa siebzig Kilometer nördlich davon, in Villaz in Hoch Savoyen hat Françis Rousset seine erste Lese eingebracht, aber der Keller war noch nicht fertig, um die Trauben zu verarbeiten. Darum hat er seinem Hawara Mathieu angeboten, die Zweitausendneunzehner Lese zu vinifizieren. Übrigens hat jemand über Mathieus Nachfolgejahrgang „La Grêlée“ (Der Verhagelte) geschrieben, dass es so einen Wein nicht wieder geben wird. „Nicht wieder“ dauert manchmal nicht sehr lange. Heuer am 24. Juli hat es genau dort den Giachinos die gesamte Jacquère weggehagelt.
- Jacquère „Jonona“ 2021, Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France (4,50/7)
- Jacquère „Jonona“ 2022, Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France (4,50/7)
- Ceux d‘après 2021, Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France (5/8)
- Sans Autre 2021, Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France (4,50/7)
- Mondeuse „Mattäi“ 2021, Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France (5/8)
- Ceux d‘avant 2022 (50 % Mondeuse, 20 % Persan, 20 % Pinot Noir, 10 % Douce Noir) (5/8)
Diese Weine gibt es gasweise
am Dienstag, den 19. September von 16 bis 20 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Im Übrigen wartet Rudolf Polkifka immer noch, bis endlich der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, endlich zu einem europäischen Feiertag erklärt wird.
Etwas früher grüßt Herr Rudolf!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien