Morgen, am Dienstag, den 8. Juli beginnen in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils die diesjährigen
Tour de France Sonderöffnungszeiten.
Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag
von 19 bis 22 Uhr
wird Monsieur Rudolf seine Weinhandlung aufsperren. Gleich viermal in der Woche, dafür aber erst um sieben Uhr am Abend. Hat ja keinen Sinn, der Alkohol, bei der Hitze und außerdem fahren sie ja vorher. Und den Weg der Tour de France nach Paris wird Monsieur Rudolf trachten, oenologisch zu begleiten.
Am Samstag sind sie von Leeds weggefahren. Man kann sicher einen ganzen Haufen Verbindungen zwischen Leeds und Frankreich finden. Eric Cantona, zum Beispiel. Aber dazu ist jetzt nicht genug Zeit. Sonst kriegen Sie die Informationen über die Weine zu den Etappen in England und in Nordostfrankreich, wenn die Radlfahrer auf die Champs-Élysées einbiegen. Heuer starten sie halt in England, weil das ziemlich radsportbegeistert ist. In anderen Nachbarstaaten ist man auch schon weggefahren. Der Start des Giro d’Italia war heuer in Belfast. Solange man nicht auf die Idee kommt, sich den dynamischen asiatischen Märkten durch einen Start auf der chinesischen Mauer anzubiedern, findet der Rudl die dislocierten Tour- Starts fast ein bissl charmant.
Den ersten drei Etappen erweist ein Flascherl Bacchus 2006 des Stanlake Park Wine Estates aus Berkshire die Reverenz.
Die Tour rollt dann unter anderem über ein paar Kopfsteinpflaster um Lille und in Belgien. Früher wäre ja die Überfahrt ein Spektakel gewesen. Ob sie da dann quasi auf Ergometern auf der Fähre oder dem Hoovercraft weiter geradelt wären? Heute hat man den Chunnel. Da geht das ratzfatz, aber halt relativ unromantisch. Der Wein, zumindest der gute, ist aber alles andere als ratzfatz und außerdem dem Gestein verbunden, irgendwie zumindest. Darum wollen ihm die mächtigen Kalkfelsen von Dover nicht aus dem Sinn gehen. Die stammen geochronologisch aus dem Kimmeridge. Das ist gute 150 Millionen Jahre alt, gehört zum oberen Jura, aber eben nicht geographisch, denn das wäre dann ja das nördliche Jura, sondern eben geochronologisch: obere, will heißen, jüngere Jura. Wenn Sie den Rudl fragen, ist „jung“ da ziemlich relativ, bei 150 Millionen Jahren. Aber für einen Geochronologen macht das wahrscheinlich schon einen Unterschied. Wenn man da einmal mit Unpräzisionen anfängt, hört das ja nicht so einfach wieder auf. Dann kommt einer daher und sagt: „Fünf oder zehn Millionen Jahre auf und ab spielen da keine so große Rolle. Das ist so lange her. Da muss man nicht ständig drüber reden. Da soll jetzt einmal Gras drüber wachsen.“ Und damit wäre man, nach oben gerechnet, aber schon in der Kreidezeit, in der unteren – geochronologisch betrachtet. Und der Nächste sagt: „Was sind schon hundert Millionen Jahre, wenn ich nicht dabei war?“ Da hebt aber dann schon gleich ein ganz anderes Erdzeitalter an, da wäre man dann schon im Känozoikum, in der Erdneuzeit. Und oenologisch bei Bordeaux. Nur kommt die Tour de France dort heuer gar nicht vorbei. Sie sehen also schon, dass man auch in der Geochronologie keine Schlampereien brauchen kann, auch wenn das für den Laien auf den ersten Blick ein bissl kleinlich wirken mag.
Aus dem Kimmeridge stammen auf alle Fälle diese Felsen bei Dover, die dem Wein auf seiner Tour de France nicht aus dem Sinn gehen. Drum macht er sich auf die Suche nach diesem Gestein, wie ein Wilder in ganz Frankreich und wird schon in der Nähe von Auxerre, genauer gesagt in Chablis, fündig. Und von dort kommt der zweite Wein, ein Chablis AOC 2010 von Vincent Dauvissat.
Die bunten Trikots fahren dann in die Vogesen, auf deren geologisch äußerst vielfältigen östlichen Abhänge die Elsässer wachsen. In der Grand Cru Lage Steinert bei Pfaffenheim findet sich nur ein einziger Muscat Grand Cru. Der ist von Pierre Frick und eine Flasche vom 2005er gibt es beim Rudl in der ersten Tour de France Woche. Ob Naturwein, ungeschwefelt, ungefiltert, Orange Wine, biologisch oder biodynamisch – der Rudl glaubt, dass das alles Pierre Frick erfunden hat. Vor zwanzig Jahren hat er in Frankreich Messen für Biolebensmittel veranstaltet. Seine Weine füllt er mit Chromkapseln ab.
Und weil sie diese Woche nicht nur in Frankreich, respektive England und Belgien radln, sondern auch in Österreich und weil in Podersdorf am Samstag das Einzelzeitfahren der Österreichradrundfahrt stattfindet und weil dort Josef Lentsch in seinem Lieblingsweingarten „Schrammel“ eine seiner formidablen Trockenbeerenauslesen wachsen lässt, gibts diese Woche auch die glasweise in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“. Das ist zugegebenermaßen kein Wein, der sich bei solchen Temperaturen lauthals aufdrängt. Aber laut ist sehr oft eh unangenehm, außerdem fühlt sich der Rudl ja bekanntlich dem Antizyklismus verpflichtet, nicht nur was Weltbilder betrifft, sondern vor allem auch meteorologisch. Und es ist zumindest einen Versuch wert, die Celsiusgrade mit einer Trockenbeerenauslese von Josef Lentsch daran zu erinnern, dass auch bei ihnen die Bäume nicht in den Himmel wachsen.
Diese vier Weine, aber nicht ausschließlich, empfiehlt Monsieur Rudolf zur körperlichen, moralischen und seelischen Regeneration nach einer strapaziösen Tour de France Etappe
am Dienstag und am Mittwoch und am Donnerstag und am Freitag
von 19 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22
Seawas die Radln! Rudolf Polifka
Noch sechsunddreißigmal schlafen.