Buongiorno! Die 6 Weine zum Giro d’Italia, Dienstag, 30. April 16 bis – dank erstem Mai bis 21(!) Uhr  

 

Der 1. Mai fällt heuer auf einen Mittwoch. Darum hat der Rudl am Tag davor bis 21 Uhr aufgesperrt.

 

Was ist die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils?

Das Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils sind im Wesentlichen die Bergetappen der Tour de France. So war es, so ist es und so wird es immer sein, auch wenn sich ein paar Details des Geschäfts im Lauf der Jahre geändert haben.

 

Dreiwöchige Radrundfahrten

Von diesen gibt es drei. Die erste davon, der Giro d’Italie, hebt am kommenden Wochenende an. Bei solchen Rennen ist es nicht unüblich, dass Landesgrenzen überschritten werden. Das eine oder andere Mal ist das auf mehr kaufmännische als sportliche Gründe zurückzuführen. Aber das ist eine andere Geschichte. Gerade in den Alpen und Pyrenäen hat es für den Rudl schon seinen Reiz. Der Rudl fährt deshalb anlässlich des Startes der Italienrundfahrt in die andere Richtung und diesem großartigen Rennen quasi oenologisch entgegen. Vom Petit Saint Bernard Pass herunter lässt er es krachen und erreicht in Aosta und Quart nicht nur Italien, sondern auch gleich den italienischen Teil seines Sortiments. Der besteht aus sechs Weinen. Alle sechs wird der Rudl am kommenden Dienstag glasweise anbieten. Seinem Vollständigkeitstick kommt das entgegen. Als Stundenwiederholungen erlaubt er sich, ein paar Zeilen über das Aostatal, die Weine von Professor Giulio Moriondo und Fabien Bonnet in Erinnerung zu rufen.

 

Aostatal. Stundenwiederholung I

In einem Jahrhundert hat das Aostatal über achtzig Percent seiner Rebfläche verloren. Jetzt wächst sie wieder, aber minimal. Dabei haben die steilen Hanglagen, teilweise terrassiert und bis deutlich über tausend Höhenmeter hinauf reichend stets als besonders hochwertig gegolten. Vor allem der Föhn ist ein ganz großer Trumpf, wenn es um das Ausreifen von gesunden Trauben geht. Die gravierenden Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind auch kein Nachteil. Aber Ende des neunzehnten Jahrhunderts ist es dann zuerst einmal mit Oidium losgegangen, dann die Reblaus und Kriege. Am meisten hat den Rebflächen jedoch die Eisenbahn zugesetzt. Der Zugang zu den deutlich billigeren, weil auf einfacher zu bewirtschaftenden Rebflächen wachsenden Weinen aus dem Piemont hat das Ende für ganz viele vor allem steile und ausgesetzte Weingärten bedeutet. Von diesen sieht man – leider in aufgelassenem Zustand – relativ viele. Mit dem gar nicht so weit entfernten Savoyen hat das Aostatal oenologisch nicht viel zu tun. Während man in Richtung Norden nämlich lediglich über den Grand Saint Bernard fahren muss, um im benachbarten Weinbaugebiet Wallis herunterzukommen, schaut das in Richtung Westen, nach Frankreich hinüber deutlich anders aus. Da fährt man von Aosta zuerst einmal ein ganzes Stückl, bis man am Petit Saint Bernard ist. Dann geht es drüben über La Rosière hinunter. Aber unten in Bourg Saint Maurice wächst dann noch lange kein Wein. Die ersten Weingärten sind die Terrassen der Domaine des Ardoisières in Cevins, die ersten appellationsberechtigten gibt es überhaupt erst nach Albertville in Fréterive. Darum haben die savoyardischen Rebsorten mit denen des Aostatals nichts gemeinsam, wohingegen Wallis und Aostatal eng verwandt sind. So ist der Schweizer Humagne Rouge ident mit dem Cornalin im Aostatal. Dafür sind beide Namen französisch. Der Cornalin du Valais ist wieder etwas anderes. Der hat seinen Ursprung paradoxerweise im Aostatal. Dort gibt es ihn heute aber nicht mehr. Petite Arvine ist den umgekehrten Weg gegangen, aber in beiden Tälern noch daheim.

 

Giulio Moriondo. Stundenwiederholung II

Einen halben Hektar bewirtschaftet der emeritierte Professor des Institut agricole régional du Val d‘Aoste. Seine Forscherfreundschaften, zum Beispiel mit dem Ampelographen Genetiker José Vouillamoz aus dem Valais, pflegt er intensiv. Den Rudl interessiert das Wissen von Weinbauern grundsätzlich. Aber im Keller von Professor Moriondo ist er sich wie in einem Hörsaal vorgekommen. Vom Verhältnis der drei Weinbaugebiete rund um den Mont Blanc zueinander angefangen über den wissenschaftlichen, aber nicht ideologischen Zugang zum Bioweinbau, Geschichte, Volkswirtschaft und selbstverständlich Rebsorten hat Giulio Moriondo in neunzig Minuten einen beeindruckenden Einblick in seine Forschung vermittelt.

Zum Glück war Professor Moriondo die Arbeit im Labor und am Schreibtisch seines Instituts zu wenig. Darum hat er vor knapp fünfundzwanzig Jahren ein paar Parzellen mit alten, steilen Weingartenterrassen erworben. Dort stehen bis über hundertzehn Jahre alte, teilweise wurzelechte Rebstöcke. Wilde Minze und Thymian leisten ihnen Gesellschaft. In einem überschaubaren Keller, den Giulio Moriondo „mon laboratoire“ nennt, macht er im Prinzip zwei Weine. Einen auf der Basis von Nebbiolo rosé, genetisch ein Sohn von Nebbiolo und einen zweiten aus Rebsorten, die ausschließlich im

Aostatal, manche sonst höchstens noch im Schweizer Wallis vorkommen. Dabei ist zu ergänzen, dass Nebbiolo und Nebbiolo rosé im Aostatal eh auch immer schon daheim waren, aber halt nicht nur dort.

Man kann von Professor Moriondo viel lernen. Wenn man Forscher ist, muss man viel ausprobieren und geduldig warten, ist der Zugang von Giulio Moriondo. Mit seinen Weinen möchte Giulio Moriondo den ursprünglichen Geschmack des Tales zugänglich machen. Einen ganz kleinen Anflug von einem Eindruck dieses Geschmacks hat der Rudl im Keller von Professor Moriondo gehabt.

 

Les Petits Riens, Aosta. Stundenwiederholung III

Der Boden ist hier etwas weniger geschiefert als in Quart bei Signore Moriondo, enthält dafür mehr Gneis. Wir befinden uns am nord-westlichen Rand der wirklich schönen Stadt Aosta. Dort haben Stefania und Fabien vor etwa zehn Jahren die Domaine „Les Petits Riens“ gegründet, ein zwei steile Hektar kleines Weingut mit zwölf Rebsorten, autochthonen und internationalen. Die Weingärten liegen zwischen sechshundert und achthundert Metern Seehöhe, Ausrichtung Süden, gut durchlüftet. Ein Unkrautvernichtungsmittel haben diese Weingärten nie gesehen. Die Dimensionen des Weingutes ermöglichen eine lückenlose Begleitung aller Weine vom Austreiben der Rebstöcke bis zur Flaschenreife.

Sowohl Giulio Moriondo als auch Fabien Bonnet wollen gesunde Weine ohne Chemiekasten, aber auch ohne Ideologie. Darum behalten sie sich den Einsatz geringer Dosen Schwefel und Kupfer vor, weil sie präzise, saubere und erkennbare Weine anstreben.

  • Petit bout de lune 2018, Les Petits Riens , Aosta, Italien (6,50/10)

Neunzig Percent internationaler Chardonnay, zehn Percent autochthone Erbaluce. Vierzig Stahl, sechzig im Sechshundertliterholzfass. Wenn man „abschaltet“, bevor man den Wein trinkt, ist das kein Schaden. Forelle in Wildkräutern könnte man dazu essen. Das steht geschrieben. Schwammerl mit Polenta kann man auch dazu essen. Das hat der Rudl selber erfolgreich herausgefunden.

  • Air des cimes 2018, Les Petits Riens, Aosta, Italien (6,50/10)

gleichgepresster Gamay, aber wirklich alles andere als „primeur“

  • L’esprit pourpre (6,50/10)

nicht gleich gepresster Gamay

  • Père Joseph, Giulio Moriondo, Quart, Val d’Aosta, Italien (10/16)

Die Rebsorte Petit Rouge à baie blanche hat Giulio Moriondo auf einem seiner unermüdlichen Streifzüge durch alte Weingärten identifiziert. Den Weingarten, in dem er ihn aufgespürt hat, gibt es wie viele andere alte Weingärten im Aostatal nicht mehr. Giulio Moriondo hat diesen Wein nach seinem Lehrer Pater Joseph Vaudan (1925-2008) benannt. Vaudan gilt als Personifizierung der oenologischen Beziehungen zwischen Schweizer Wallis und dem Aostatal, sowie als Initiator der Wiedergeburt des Weinbaus im Aostatal in den fünfziger Jahren. Père Joseph ist am 26. September 2018 bei voller Reife streng selektiv gelesen worden. Sehr sanfte Pressung, ähnlich vorsichtig die Schwefelung, fünf Gramm pro Hektoliter. Dann hat der Wein spontan zu gären begonnen. Zweimal ist der Père Joseph umgezogen, das erste Mal nach der Gärung, das zweite Mal am 8. Dezember 2021 beim Abfüllen in die Flascherln. Keine Klärung, kein Filter und auch keine Stabilisierung. Mehr Goldreflexe als Grünreflexe – im Aostatal ist es heiß. Intensität, Blumenwiese, Würze, balsamisch und ein Batzen Steinigkeit. Giulio Moriondo empfiehlt Père Joseph genauso zu Fisch in Saucen wie zu reifem Käse. Dem Rudl seine Lieblingsweinzeitschrift schreibt von „pureté cristalline“ (kristalliner Reinheit).

  • Cuvée d‘Emile 2016, Giulio Moriondo, Quart (8/12)

Der Geschmack des Tales gemäß dem Professor, nicht nur was die Rebsorten betrifft, sondern auch von der Vinifizierung her.

Petit Rouge 53%, Premetta 16%, Vien de Nus 16%, Vuillermin 9%, Mayolet 6%, ausschließlich indigene Rebsorten, teilweise wurzelecht, auf Schieferterrassen in 540 und 630 Metern Höhe. Dass Professor Moriondo auf Synthetisches aus dem Chemiekasten verzichtet, versteht sich für ihn von selbst. Als Forscher weniger aus ideologischen Gründen, sondern weil er niemandem etwas vorsetzen will, das etwas enthält, vor dem er sich selber schützen muss. Schönung, Filtration, Klärung oder Säurezusatz sowieso nicht. Barrique genauso wenig. Sechzig Milligramm pro Liter Schwefel bei der Füllung. Wie ein Waldspaziergang nach dem Regen oder so, das hat der Rudl über diesen Wein einmal gelesen. Ganz abwegig erscheint ihm das nicht. Wildrose und Waldbeeren sind vielleicht leichter nachzuvollziehen.

  • LoRej 2015, Giulio Moriondo, Quart, Val d’Aosta, Italien (8,50/13)

„Cuvée de Roi“ steht zusätzlich am Datenblatt: Wein des Königs. Mit diesem Wein hat Giulio Moriondo die alte valdostanische Tradition eines Luxusweins, die seit mehr als einem Jahrhundert schon fast in Vergessenheit geraten war, wiederbelebt. 1494 soll Karl VIII. auf der Durchreise zur Eroberung Neapels Durst bekommen haben. Da hat man ihm diesen Wein, für den die Trauben vorher ein bis drei Monate auf Schilfmatten gereift waren, kredenzt. Vierzig Percent Nebbiolo rosé, laut Prof. Moriondo der König unter den Rebsorten, weil er weder Drahtrahmen noch Stock nötig hat. Dazu Nebbiolo, Neret, Cornalin und Petit Rouge, die letzten drei autochthone Valdostaner, alles auf einer Seehöhe von 630 Metern, indigene Heferln, kein Filtrieren, Schönen und dergleichen. Die Tabaknoten in diesem Wein passen ganz passabel zu vielem, was man im Herbst isst.

… und von den meisten „alten Reben“ ist auch noch etwas da, zumindest beim Aufsperren um 16 Uhr.

Dienstag, den 30. April von 16 bis 21(!) Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Ein Buonasera! allen Biciclettebegeisterten, auch denen, die das weniger sind, und auf die Vorfreude!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien