Sauvignon Blanc. Rebsorte, Welt- und Sittenbild

Leise und laut

Stellen Sie sich den ehemaligen Ö3-Musicbox-Moderator Günter Brödl vor. Und drehen Sie heute das Radio in der oberen Hälfte der UKW-Megaherz-Skala auf. Stellen Sie sich einen Winzer wie Sepp Muster oder Josef Lentsch vor. Und stellen Sie sich einen Winzer vor, der am liebsten sein eigenes Selbstdarstellungsgetöse hört. Das alles ist Sauvignon Blanc: vornehm und virtuos, aber auch künstlich und primitv … oder eine von tausend Facetten dazwischen.

Vor sieben oder acht Jahren war es.

Sauvignon Blanc hin, Sauvignon Blanc her, Sauvignon Blanc-Kongress, Sauvignon Blanc-Steiermark gegen den Rest der Welt, Sauvignon Blanc dies, Sauvignon Blanc das. So schnell geht das. Erst jetzt gibt es die weltweit zweitwichtigste Weißweinrebsorte nach dem Chardonnay, eine Woche nach den Chardonnays, in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils als Wochenthema. Wobei das mit der Wichtigkeit eine relative Sache ist. In Italien und dem Cognac, wo Tebbiano, vlg. Ugni Blanc gedeiht, würde man das so ziemlich sicher nicht stehen lassen. Geschrieben wird es trotzdem immer wieder. Und mit einer Steigerungsrate von siebzig Prozent zwischen 2000 und 2010 kann der Ugni Blanc nicht mit, wobei diese Steigerungsraten nicht nur der angeblich Alten Welt anzuhängen sind.

Die alte Welt

Polifka wird diese Woche ausschließlich Sauvignons, die nicht weiter als zweitausend Kilomter von Wien aufgewachsen sind, entkorken. Nicht weil er glaubt, dass es über den großen Wassern keine guten Sauvignons gibt. Aber wenn er in Betracht zieht, wie schwierig es ist, in Österreich an einen wirklich guten Sauvignon aus Frankreich oder Italien zu kommen, dann kann er sich ungefähr ausrechnen, was das für australische, südafrikanische oder chilenische Sauvignons sind, die man hier mir nix dir nix kaufen kann. Um in Übersee an die Sauvignons mit Lizenz zum Begeistern zu kommen, muss man sich vermutlich dorthin begeben und dort ein bissl genauer hinschauen. Da der Rudl aber viel lieber mit Kinderwagen und rauchendem Dampfross als mit dem Aeroplan auf Studienreise geht, muss er neueweltsauvignonmäßig sicherheitshalber passen.

Embm und Feuersteine

Dass Sauvignon Blanc weltweit so weit verbreitet ist, sagt vielleicht sowieso mehr über die Welt als über den Sauvignon. Dem Rudl seine Lieblingsrebsorte ist er auf alle Fälle einmal gewesen. Und er trinkt Sauvignons immer noch gerne, sofern sie nicht nach Marshmellow-Embm schmecken oder sich irgendein ridicules steirisches Village-Taferl umhängen. Die eindrucksvollste Weinerfahrung von Monsieur Rudolf war ein Sauvignon, ein Silex 1999 von Didier Dagueneau. Seine unangenehmsten Erfahrungen in Sachen Wein waren aber sicher auch Sauvignons. Das ist vielleicht das Spannende an Wein und darum kommt er von dieser Rebsorte auch nicht los. Aber das will er gar nicht.

Rebsortensteckbrief

Rebsortenchrakteristisch werden Stachelbeere, Brennessel, Cassis und Paprika gerne mit Sauvignon Blanc in Verbindung gebracht. Auch eine gewisse Rauchigkeit gilt heute als ziemlich angesagt. Die kann von einem Feuersteinboden kommen, bei Weinbaumeistern, die gerne und viel schwefeln, aber auch von einer Überdosis Sulfite.
Sauvignon wächst kräftig, neigt zu Verrieselung, weshalb man, selbst wenn man wollte, kaum mehr als sechzig bis siebzig Hektoliter pro Hektar herausbringt. Vom Sauvignon Graf von Sepp Muster gibt es zwanzig bis fünfundzwanzig Hektoliter pro Hektar.

Diese Woche also, wie immer nicht ausschließlich, Sauvignons aus dem gedachten Halbmond zwischen Pessac-Leognan und dem slowenischen Karst hinter Triest.

1979 Château Smith Haut Lafitte Blanc, Pessac-Leognan
In etlichen französischen Weinregionen gibt es Sauvignon Blanc. Wirklich entscheidend ist er für den trockenen Weißen von Bordeaux und vor allem natürlich für den Sauternes. In beiden muss er sich für gewöhnlich den Platz in der Flasche mit dem Sémillon teilen, manchmal auch als Dreier mit der Muscadelle. Ganz wenige bauen den Wein dort reinsortig aus, Smith Haut Lafitte schon, wobei ein Anteil von fünf Prozent auf den Sauvignon Gris entfällt.

2001 Klaus Prünte, Sauvignon Grassnitzberg
Von den konventionellen Winzern in der Steiermark einer der Lieblingswinzer vom Rudl, leider schon in der Rentn.

2006 Alphonse Mellot, AOC Sancerre, Edmond
Im Loire-Tal liegt ziemlich sicher der Ursprung des Sauvignon Blanc. Sancerre und Pouilly Fumé gelten als seine Referenz-Appellationen. Alphonse Mellot als die Referenz in Sancerre.

2006 Branko und Vasja Čotar, Sauvignon Blanc
Orangewine aus dem slowenischen Karst – hier schon beschrieben

2006 Otte Riegelnegg, Sauvignon Blanc Exzellenz
sechs Monate in Barriquefässern

2008 Weingut Kollwentz, Sauvignon Blanc, Steinmühle
Karge Feuersteinböden, pannonisches Klima, großes Holzfass

2008 Maria und Sepp Muster, Sauvignon Blanc Graf
Alte Rebstöcke auf den charakteristischen kargen Opok-Böden der hofnamensgebenden Lage Graf. Zwei Jahre im großen Holzfass ausgebaut.

2012 Maria und Sepp Muster, Sauvignon Blanc Gräfin
Selbe Lage, fast der gleiche Ausbau, nur dass die Gräfin zwei bis vier Wochen auf der Maische gärt.

2013 Weingärtnerei Engelbrecht, Muskat Sylvaner, Etsdorf, Kamptal
Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts waren viele in der Monarchie auf die Franzosen nicht so gut zu sprechen. Das ist terminologisch nicht ohne Folgen geblieben. Man wollte vermeiden, dass etwas geschmacklich Convenierendes mit Frankreich in Verbindung gebracht wird. Darum hat man den Sauvignon Blanc auf „Muskat Sylvaner“ umgetauft. Nicht weil er aus einer Kreuzung von Muskateller und Sylvaner hervorgegangen wäre, sondern weil er geschmacklich ausgeprägt wie der Muskateller schmeckt und sein Rebstock an den des Sylvaners erinnert. Die Weingärtnerei Engelbrecht aus dem Kamptal reminisziert an diese Episode.

2013 Roman Oppenauer, Sauvignon Blanc, Poysdorf
Wenn schon kein süßer dabei ist, dann wenigstens ein halbtrockener. Bei vielen Grünen Veltlinern aus dem Weinviertel hat Rudolf Polifka seine Schwierigkeiten, sie von steirischen Sauvignons zu unterscheiden. Vielleicht ein Motiv, sich Weinviertler Sauvignons genauer anzuschauen. Unwahrscheinlich dass man die dann mit steirischen Gevaus verwechselt.

2014 Biohof Heideboden, Gottfried Tschida, Sauvignon Blanc, Pamhagen
10,5 Prozent Alkohol – Jahrgang 2014 ernst genommen
Nicht ausschließlich diese Weine gibt es

am Donnerstag, den 16. April und am Freitag, den 17. April
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Auf die Stachelbeeren aus dem Garten und den Feuerstein im Boden! Rudolf Polifka

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