Am 3. November findet im Museumsquartier das dritte Wiener Orange-Wine-Festival statt. Da geht der Rudl hin und rekommandiert Selbiges auf das Allerheftigste. Maischevergoren ist dort alles vertreten, was man sich wünschen kann, zumindest istrianisch und österreichisch.
Neurotiker
Jetzt hat der Rudl aber ein bissl einen Hang zum Konsequenz- und Vollständigkeitsneurotiker. Da ist ihm natürlich aufgefallen, dass die orangen Savoyarden fehlen. Die orangen Franzosen auch, aber das wäre für den Rudl zu verkraften. Außerdem kann er sich sowieso nicht um alles kümmern. Auf alle Fälle reicht Rudolf Polifka am 6. und 7. November nach, was am Orange-Wine-Festival gefehlt haben wird.
Josko Gravner
Da ist einmal der Anforenpionier Josko Gravner. Immer wieder liest man, er sei in Mitteleuropa der Erste gewesen, der georgische Anforen eingegraben habe. Der Rudl hält es fast für wahrscheinlicher, dass die Georgier sich vor tausenden Jahren die Anforen von Monsieur Gravner kommen lassen haben, so gut schmecken ihm dem sein Breg und sein Ribolla, in orangener Hinsicht circa das, was der Silex in der Hinsicht mit den grünen und gelben Reflexen ist. Geschmacklich könnte der Rudl gar nicht sagen, ob ihm Breg oder Ribolla besser schmeckt. Und so oft trinkt man die auch nicht, vor allem nicht parallel, dass man da jetzt gleich mit einem Vergleich beim Gaumen wäre. Ehrlich gesagt hat sie der Rudl überhaupt noch nie nebeneinander verkostet.
Rein sprachwissenschaftlich gibt der Breg mehr her. Diese slowenische Bezeichnung für Berg, respektive die deutsche Bezeichnung „Berg“ für slowenisch Breg, nennt man in der Linguistik Metathese, was soviel heißt wie: Zwei aufeinanderfolgende Laute, oft ein Konsonant und ein Vokal, tauschen den Platz. Und diese Metathese muss schon ziemlich alt sein. Das legt zumindest der Vergleich des altkirchenslawischen „brěgŭ“ mit dem zugegebenermaßen rekonstruiert germanischen „*berga“ nahe. Dasselbe Phänomen können dialektbeschlagene Sprachbenutzer beim Vergleich zwischen dem standardsprachlichen „Wespe“ und dem dialektalen „Wepsn“ beobachten. Oder Anglophile bei englisch „hors“ und deutsch „Ross“. Oder für Altphilologen: lateinisch „corcodilus“ vs. griechisch „krokodilos“. Sinn des Ganzen ist fast immer, die Artikulation zu erleichtern.
Aber zurück zum Breg: Dass jetzt auch ein namhafter steirischer Winzer einen Wein Irgendwas-Breg nennt, macht dem seinen Wein nicht besser und den Breg von Josko Gravner nicht schlechter. Den Breg 2005 von Gravner wird der Rudl glasweise ausschenken, an sich und, respektive oder an Gäste.
Savoyarden
Die Gebrüder Giachino machen in Chapareillan am Fuß des Mont Granier im Gebirge von Bruno dem Karthäuser aus der Jacquère-Rebe alles außer Rotwein, unter anderem den maischevergorenen Marius & Simone, benannt nach ihren Großeltern, von denen er, Marius, ganz gerne ein Glaserl konsumiert, und sie, die Simone, das recht wortreich und problematisierend kommentiert haben soll. „Marius & Simone“ 2013 ist trocken und hat zehn Prozent Alkohol. Dass Jacquère sowieso spät reift, ist nur bedingt ein Motive dafür. Dem Rudl gefällt es – ein Orangewine mit zehn Percent Alkohol.
Jean-Yves Peron wohnt in Chevaline. Das zwischen dem Lac d’Annecy und Albertville. In Albertville hat es vor 22 Jahren olympische Winterspiele und für Patrick Ortlieb, der später nicht Bildungsminister geworden ist, zumindest bis jetzt nicht, im Herrenabfahrtslauf eine Goldmedaille gegeben. Noch früher hat man rund um Albertville Wein angebaut. Richtung Val d’Isère, in Cevins beispielsweise, wo Brice Omont von der Domaine des Ardoisières wirklich auf Schieferplatten seit den Neunziger Jahren wieder Weine wachsen lässt, die immer mehr Oenologinnen und Oenologen nicht wurscht sind (Revue du Vin de France N° 585).
Und nicht so viel später hat Monsieur Peron nicht so weit weg von Cevins die wenigen verbliebenen Weingärten hinter der Kirchturmspitze von Albertville gepachtet, Schiefer, Altesse . Wenns passt, bleibt der auf der Maische, wenn nicht, nicht. 2012 hat es gepasst. Das Ergebnis nennt sich „La grande Journée“ und das stimmt.
Österreicher und Sizilianerinnen
Jetzt sind wir aber in Österreichhuminumm und da gibt es nicht mehr nur die Steiermark, wenn es um Orange geht. Wobei der Rudl ja bei Orange zuerst einmal an Nino Croupi in der Kleinen Margarethenstraße denkt. Wenn irgendeine Sprach- oder Appellationsbehörde seinem Geschäft die Orangen und Mandarinen von den Abhängen des Ätna Wind entdeckt, dann haben die ganzen Kaufhausketten und Märkte, was sind, ein Problem, weil dann dürfen die ihr entsprechendes Obst maximal noch „Orangoiden“ nennen.
Jetzt hat der Rudl wieder einmal den Faden verloren. Das gehört sich für einen, der „der Frau Gerti ihrn Stricksalon“ (© Trainer) übernommen hat, an und für sich nicht. Egal. Auf alle Fälle gibt es Orange-Wine auch im Wäuviadl, zum Beispiel in Hohenruppersdorf. Drum diese Woche auch eine Bouteille Sol von Michael Gindl glasweise.
Und dann ist da natürlich „Erde“ von Maria und Sepp Muster. Nicht mehr aus der Amphore, aber maischevergoren. Den muss man weder beschreiben, noch müsste man ihn wahrscheinlich „nachreichen“. Sepp Muster wird beim Orange- Wine-Festival ja anwesend sein. Aber ein Orange-Wine-Wochenthema ohne „Erde“ von Muster, das wäre ein bissl wie alkoholfreier Wein: theoretisch schon möglich, praktisch aber nicht. Oder leise Rockmusik. Da hat Sir Karasek aus Stockerau seinerzeit auch darauf hingewiesen, dass das schon ginge, aber eigentlich nicht.
Und weil das immer wieder in einem Atemzug genannt wird, gibt’s auch einen Wein aus dem Jura. Ist eigentlich eine ganz andere Geschichte, wird aber trotzdem ganz gerne verglichen.
Maischevergorenes aus Savoyen und dem Rest der Welt von
den Gebrüdern Giachino,
Michael Gindl,
Josko Gravner
Maria und Sepp Muster und
Jean-Yves Peron,
am Donnerstag, den 6. November und am Freitag, den 7. November
von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22
Nachrichten aus dem Sortiment
Ab sofort sind Rotwein 2008 von Maria und Sepp Muster in Bouteillen und Halbflaschen, sowie Sauvignon vom Opok aus demselben Hause jetzt durchgängig als Vertikale von 2009 bis 2012 im Sortiment der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ verfügbar.
Anstand und Anstandsverweigerer
Am Mittwoch, den 12. November geht es im Badeschiff an der „scha-a-rägn Wiesn am Donaukanal“ (© Prof. Heinz Conrads) in erster Linie darum, Weine zu ersteigern und Menschen zu helfen, denen es nicht ganz so gut geht wie denen, die wie der Rudl das Glück haben, sich mit Wein beschäftigen zu können. Vorletzteren wird ja ganz gerne unterstellt, dass sie sich ein feines Leben machen. Uns Letzteren, die wir manchmal die Frage, welcher Wein zu welchem Papperl passt, für ein Problem halten, wird das nicht so oft unterstellt. Der Bund, viel zu viele Kommunen und Bundesländer verweigern Vorletzteren deshalb ganz gerne das, was denen zur Verfügung zu stellen, der Anstand gebietet. Die „So…-…exclusiv&Jetzt reicht’s aber wirklich!-Presse“ mit den vielen Rufzeichen aber nicht. Genau darum wiederum verweigern der Staat, viel zu viele Kommunen und Bundesländer das denen ja. Zum Glück gibt es Madame Bock, Caritas, Diakonie, das Wiener Integrationshaus und ein paar andere, die dafür sorgen, dass man sich als Bewohner dieses Landes nicht ganz so schäbig vorkommen muss.
Und am 12. November, dem Tag nach dem Tag vom heiligen Martin, der seinerzeit seinen Mantel geteilt hat, gibt es eine Weinauktion zugunsten des Wiener Integrationshauses, beziehungsweise der Menschen, die dort drinnen wohnen. Dabei geht es ziemlich nebenbei und ziemlich sicher auch dieses Mal wieder darum, wessen Weinspende hinter der von Josef Lentsch vom Gasthaus zur Dankbarkeit den zweithöchsten Erlös erzielt. Schauen Sie sich das an!
http://www.integrationshaus.at/de/veranstaltungen/event.shtml?252
Der Rudl gratuliert allen Goldmedaillengewinnerinnen und Goldmedaillengewinnern der Olympischen Winterspiele von Albertville und wünscht eine artikulationserleichterte Woche!