Es muss im Herbst 2006 gewesen sein: Ein unterbeschäftigter, aber mir etlichen Mitteln des ökonomischen Neusprechs beschlagener Finanzberater wird am Bankschalter eines Plus’ von 5000 Euro auf einem Girokonto gewahr. Ob man dieses Geld nicht für sich arbeiten lassen möchte, fragt er sogleich. So liege es ja nur herum. Auf die Gegenfrage, was es denn an ethisch verantwortbaren Veranlagungen gäbe, war keine sinnträchtige Antwort zu bekommen, allerdings sehr wohl die Information, dass Ethikfonds zu keiner ordentlichen Performance fähig seien. Osteuropa sei das Gebot der Stunde: fette Gewinne und das garantiert, noch fettere bei immerhin noch garantierter Einlagensicherung.
Jetzt müsste der Rudl lügen, wenn er sagen würde, dass er diese Informationen sofort im Bullsh!t-Küberl deponiert hat. In der Tat hat er tatsächlich ein paar Wochen lang den Kurs der Osteuropafonds verfolgt. Irgendwann ist ihm das dann wieder zu blöd geworden und der Rudl wollte sich nur äußerst ungern eingestehen, dass er eine Zeit lang den Gedanken an die in jeder Hinsicht sicheren Osteuropafonds für etwas anderes als für imbecile Dummheit gehalten hat.
Dann sind einige Jahre ins Land gezogen und der Rudl hat die Osteuropafonds schon fast vergessen gehabt, bis letzten Montag eine im Fernsehen übertragene Nationalratssitzung über eine südosteuropäische Bank schonungslos die Decken des Vergessens von den sicheren Veranlagungen gerissen haben. Das seien ja keine bösen Heuschrecken, war dort zu hören, sondern gutgläubige Anleger, die man im Insolvenzfall doch auf gar keinen Fall mit ihren Verlusten allein lassen könne. Womit kann die Republik uns noch nicht alleine lassen? Mit falschen Toto-Tipps? Mit einer missglückten Wahl des Gerichts im Gasthaus? Mit einem Korkfehler bei einer Flasche Wein? Nicht auszudenken, wenn die Kunden der Wettbüros von dieser Bereitschaft zu Staatshaftungen Wind bekommen.
Andererseits gibt es aber schon Menschen, die manche staatstragenden Politiker ohne Weiteres auch alleine lassen: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, zum Beispiel oder sogenannte „Bettlerbanden“. Vielleicht sollte man Asylwerbern ein paar Osteuropafonds dieser südosteuropäischen Bank zustecken. Sie hätten dann wenigstens die Gewissheit, nicht allein gelassen zu werden.
Der besonnene verantwortungsbewusste Staatsmann kann auf alle Fälle doch nur eine sogenannte „Anstalt“ befürworten. Und in so einer Anstalt sichert dann der Steuerzahler den Gutgläubigen (und vielleicht doch auch ein bissl der Einemeine-enemene-muh-Bank), die vor Jahren ihr Geld in Osteuropafonds oder ähnlichen Schwindligkeiten arbeiten lassen haben, ihre Einlagen, denn wie kämen die dazu? Darum heißt so eine Anstalt wahrscheinlich ja auch Anstalt.
Soviel zum Staatsmännischen. Wobei: Als „staatsmännisch“ gilt etwas in Österreich dann, wenn es ganz langsam und mit tiefer, sonorer Stimme vorgebracht wird. Inhaltliche Kriterien spielen für den Staatsmännlichkeitsgehalt von etwas keine Rolle. Pech, wenn Wahlkämpfe dann zum Duell zwischen Fiepsern und Krakelern hochstilisiert werden. Aber die staatsmännischen Entscheidungen treffen ohnehin andere, die mit langsamer Sprache und sonorer Stimme.
Rudolf Polifka ist bekanntlich kein Staatsmann, sondern ein Kinobilleteur in Rente, früher mit einem Nebenerwerb als Geldwechsler, seit gut einem Jahr ein Weinhändler. Und als solcher hat er morgen, am Freitag, zu der Art und Weise, wie die Piepser und Fiepser sich für die Interessen der Langsamen und Sonoren ins Zeug legen und natürlich auch dafür, wie die Herunterwirtschafter der südosteuropäischen Bank von ihrer Verantwortung ablenken, den passenden Wein:
Primitif
… heißt er, von der Rebsorte Jacquère ist er, 9,2% Alkohol hat er und in der Domaine Giachino wurde er gekeltert, mit einem Minimum an Intervention, à l’ancienne, wie der Savoyarde sagt.
Dazu gibt es einzelne Flaschen von Weinen, die nicht so leicht in eine Serie passen, zum Beispiel eine sensationelle Pinot Gris Spätlese 2004 von der „Dankbarkeit“, die jetzt auch im Sortiment verfügbar ist. Das alles
am Freitag, den 21. Februar
von 16 bis 22 Uhr in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“
Reindorfgasse 22
Sollten Ihnen der eine oder andere Wein wider Erwarten nicht schmecken, dann findet sich sicher eine Bundes- oder Landesregierung, die dafür haftet und der Rudolf ist aus dem Schneider.
In diesem Sinne:
In vino veritas! Rudolf Polifka