„Les Premières Neiges“

heißt ein Süßwein von Philippe Viallet aus Savoyen. Den wird Rudolf Polifka kommenden Mittwoch in seiner Weinhandlung aufmachen. Im Flaschensortiment gibt es ihn nicht. Es ist ein Chignin-Bergeron, Rebsorte Roussanne, allerdings mit Restsüße, „moelleux“ nennt der Franzose das. Er wächst in der Combe de Savoie, durch die man von der Olympiastadt 1968 Grenoble zur Olympiastadt 1992 Albertville fährt. Von dort geht es weiter durch die Tarentaise nach Val-d’Isère, wo seinerzeit immer der erste Herrenabfahrtslauf der Saison als „Kriterium des ersten Schnees“ stattfand. Ausgebaut wird der Premières Neiges im Akazienholz und empfohlen zu Fruchtsalat und Foie gras. Wer diesen Wein trinken will, aber gerade keine solche einstecken hat – der Rudl hält von Stopfleber sowieso nichts – kann sich mit einer Jiddischen Hühnerleberpastete aus dem Gasthaus zur Dankbarkeit oder einem Mangalitza-Würstel aus dem Gowerlhaus mehr als behelfen. A propos Gasthaus und à propos Dankbarkeit: „Da erschte Schnee“ heißt ein Text von Günter Brödl. Der gefällt dem Rudl auch sehr gut. Es gibt weltweit nichts – vielleicht ausgenommen Lk 2,1-20 -, was Weihnachten schöner und genauer auf den Punkt bringen würde als diese Geschichte vom Trainer. Man kann sie zum Beispiel unter http://www.espressorosi.at/lyrics/schnee.html nachlesen. Oder man kauft sich in einem Antiquariat die leider vergriffene Ostbahn. Auslese. Da steht sie nämlich auch drin. Der Herr Rudolf wird also wieder einmal den meteorologischen Gegebenheiten die Reverenz erweisen. Anders als so mancher Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel, der ziemlich sicher auch im kommenden Winter wieder eiskalt von „unvorhergesehenen Witterungsverhältnissen“ am falschen Fuß erwischt wird. Damit soll nichts gegen Unvorhergesehenes gesagt sein, zum Beispiel im Fußball oder beim Wein. Letzterer lebt ja davon, dass er überrascht. Der Fußball zwar auch, aber dort müssen Überraschungen nicht immer sportliche Ursachen haben, weil man auf Fußball nämlich wetten kann. Auf Wein nicht, abgesehen von den Weinen, die (wie) an den Börsen gehandelt werden. Industriell hergestellte Getränke können und dürfen nicht überraschen. Vielleicht werden sie deshalb häufiger an den Börsen gehandelt. Aber auch da gibt es in der Weinwelt ja schon Lichtgestalten, denen „verlässliche Qualitäten“ und Districtuniformierungen vorschweben. Wobei da der Wein ja noch ein Lercherl ist, im Vergleich zu anderen Bereichen der Landwirtschaft. Da basteln momentan Kontrollneurotiker an einer Saatgutverordnung, die Obst und Gemüse normieren will. Wie viele psychisch labile Menschen erklären sie Vertrautes und sich selbst zur Norm, auch wenn sich das noch so oft als dumm oder zumindest fad erwiesen hat. Was ihren beschränkten Horizont überschreitet, gilt ihnen als krank und gefährlich, folglich zu verbieten. Hasardeure wie der Rudl, die meinen, auf derartigen Schutz verzichten und riskieren zu könne, dass nicht jeder Paradeiser gleich groß ist und gleich schmeckt, haben unter dem Motto „Freiheit für die Vielfalt“ auf http://freievielfalt.at die Möglichkeit, eine Stimme für die Artenvielfalt und gegen die Kontrollneurose abzugeben. Das erscheint Herrn Rudolf ziemlich wichtig, zumal man von Äpfeln und Birnen ja einen ganzen Haufen lernen könnte: · Zum Beispiel, dass es wertvoll ist, wenn nicht jeder gleich, aber trotzdem gleich viel wert ist. · Oder dass man etwas nicht verwerfen muss, nur weil man es nicht versteht, respektive es einem nicht gleich schmeckt. · Und bemerkenswert ist ja auch, dass ziemliche viele verdammt interessante Obste und Gemüse ursprünglich aus dem zentralasiatischen Raum stammen. Gerade so wie viele Menschen, die momentan bei uns Schutz suchen, Frau Innenministerin! Mit einem „Premières Neiges“, aber nicht ausschließlich mit einem solchen kann man diese Woche den Winter begrüßen, am Mittwoch und am Freitag von 16 bis 22 Uhr in der Weinhandlung Rudolf Polifka, Reindorfgasse 22. Wos Uandlix an Wein und Saatgut wünscht Ihnen und sich Herr Rudolf