Rebsortenfamilien
Vor wenigen Wochen hat Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, Oberlehrercaviste Rudolf Polifka etwas über die Rebsortenfamilie der Sérines nähergebracht. Klein ist die nicht. Es tummelt sich in ihr ein ganzer Haufen weniger, vor allem aber mehr namhafter Rebsorten der nördlichen Rhône und Savoyens. Dabei könnte einem auffallen, dass es die Sérinianer aus Savoyen (Altesse, Mondeuse, Douce noire) bekanntheitsgradtechnisch mit denen von der nördlichen Rhône (Syrah, Roussanne, Marsanne, Viognier) nicht aufnehmen können. Umso mehr kann sich der Rudl eines kleinen Anfluges von Stolz nicht ganz erwehren, war es doch – abgesehen von Monsieur Mischa, der lange vor dem Rudl Weine von Dominique Belluard offeriert hatte – der Rudl, der Savoyen oenologisch nach Wien gebracht hat.
„Das ist ganz etwas anderes.“ (Otto Grünmand)
Ziemlich diametral entgegengesetzt verhält es sich mit der Rebsortenfamilie Roter Veltliner – Grüner Sylvaner – Neuburger. Die war quasi immer schon da. Na ja, ganz immer schon waren sie sicher noch nicht da. Und der Neuburger ist noch ein Stückl weniger lange wie Sylvaner und Roter Veltliner da, weil der Neuburger der Sohn von Rotem Veltliner und Grünem Sylvaner ist. Aber lange sind sie trotzdem schon da. Und der Rudl kennt außer dem Mantlerhof kein Weingut, auf dem diese Familie quasi unter einem Dach zusammen ist.
Roter Veltliner
Ganz unkompliziert ist der Rote Veltliner nicht, sei es, wenn es um Schwammerl geht, sei es in Sachen Frost. Man muss keine besonderen investigativen Kompetenzen besitzen, um den drastischen Rückgang der mit Rotem Veltliner bestockten Rebflächen in einen kausalen Zusammenhang zu dessen Empfindlichkeiten zu bringen. Mit dem Grünen Veltliner hat er abgesehen vom Nachnamen und dem Hang zum Massenträger nicht viel gemeinsam. No ja, vielleicht eine gewisse Vorliebe für Löss. Genau diese setzt ihm aber ordentlich zu. Denn die wirklich guten Lagen für Roten Veltliner sind irgendwann auch dem Grünen Veltliner nicht verborgen geblieben. Viel spricht dafür, dass es sich beim Roten Veltliner um eine alte österreichische Rebsorte handelt. Auf geologische Gegebenheiten scheint er allerdings einen höheren Wert zu legen als auf nationale. Diesbezüglich scheint eine gewisse Affinität zu Löss nicht ganz von der Hand zu weisen zu sein. Höher gelegene, warme Lösslagen weiß der Rote Veltliner zu schätzen. Um eine solche handelt es sich bei einer der Lage „Ungut“ vom Mantlerhof. Da wird dann auch deutlich, dass Rebsorten und Winzer Zweierlei sind. Mit natürlicher Harmonie ist es da nicht weit her. Was dem Naturwesen Rebsorte konveniert, nennt das Kulturwesen Mensch „Ungut“. Lustig ist die Arbeit in solchen hervorragenden Lagen nicht immer. Dafür ist der Wein dann oft mehr als nur „gut“. Rote Veltliner vom Mantlerhof sind außerordentlich lagerfähig. Davon hat sich der Rudl nicht erst einmal überzeugen dürfen. Auf jene aus der Lage Ungut, der äußersten Kremstaler Lage an der Grenze zum Kamptal, trifft das ganz besonders zu. Frische Säure, Würze, mehr Mandeln und Haselnüsse als Früchte.
Grüner Sylvaner
Der ist der andere Elternteil des Neuburgers. Darum haben sie ihn am Mantlerhof wieder ausgesetzt, Familienzusammenführung, quasi. Er ist eine Kreuzung aus Traminer und Österreichisch Weiß. Darum hat man ihn früher in Deutschland, wo er in den siebziger Jahren noch die verbreitetste Rebsorte gewesen ist, „Österreicher“ genannt. In Österreich hätte das blöd ausgeschaut. Anders als viele Rebsorten, die im Zuge der Industrialisierung des Weinbaus zurückgedrängt worden sind, in den letzten fünfzehn Jahren aber so etwas wie eine Renaissance erlebt haben, werden die Rebstöcke des Grünen Sylvaners immer noch weniger. Außer im Elsass … und am Mantlerhof. Danke!
Neuburger
Dass ein Kind von derartig empfindlichen Rebsorten wie Rotem Veltliner und Grünem Sylvaner kein Paradebeispiel für Robustheit ist, wird Sie, geneigte Oenologin, gewogenen Oenologen, vermutlich nicht überraschen. Aus der einen oder anderen unguten Erfahrung seiner Eltern mit Oidium und Peronospora heraus scheint sich der Neuburger zusammengepackt und auf trockenere Lagen deplaciert zu haben. Da sind Südbahn und Burgenland ganz vorne dabei. Aber in der Wachau und am Mantlerhof ist Neuburger noch mehr daheim. Das hat er einem Vorfahren von Frau Mantler zu verdanken. Dass er Zutritt zum DAC Leithaberg hat, ist dem Rudl Powidl. Dass Neuburger, wenn er nicht verrieselt, erfriert oder von Botrytis sekkiert wird, ausgezeichnete Weine zusammen bringt, schätzt der Rudl dafür umso mehr. Kräftig, aber ohne aromatisch dick aufzutragen. Vielmehr als das sogenannte „Pfefferl“ des Grünen Veltliners kann der Rudl ein „Nusserl“ beim Neuburger nachvollziehen. Manchmal überlegt Caviste Rudolf, wie denn eigentlich ein Vin Jaune aus Neuburger schmecken könnte …
- Neuburger 2023, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
- Neuburger 2022, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
- Neuburger 2021, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
- Zierfandler 2021, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Südbahn (2,50/4)
- Grüner Sylvaner 2023, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4,50/7)
- Roter Veltliner Ungut 2020, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (8/12)
Von den Grünen Veltlinern ist – abgesehen vom Rochusberg – zumindest beim Aufsperren um vier Uhr auch noch etwas da.
Dienstag, den 14. Mai von 16 bis 20 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,
Reindorfgasse 22
Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.
Dankbar grüßt der Rudl ganz besonders die Familie Mantler!
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Weinhan