Wein vom ältesten Weingarten Frankreichs, alte Reben und vieilles vignes, Dienstag, 23. April, 16 bis 20 Uhr

Alt?

Seinem Selbstverständnis nach ist der Rudl mindestens zu fünfundfünfzig Percent ein Kind, maximal zu fünfundvierzig ist er erwachsen. Sei es, dass er sich in seinem Hauptberuf als Junglehrer fühlt, in seiner Weinhandlung als Jungunternehmer und überhaupt als einer, der noch viel mehr lernen muss, als er schon weiß. Vom Verstehen will er da noch gar nix schreiben. Seinem Selbstverständnis nach ist der Rudl also ein bissl eine gespaltene Persönlichkeit. Da ist er nämlich genau genommen mehr ein Rudi als ein Rudl. Aber das ist sowieso eine ganz andere Geschichte. Der Trainer möge Nachsicht mit dem Rudl haben.

 

Wein & Zeit

Aus dem oben Dargelegten kann man den Schluss ziehen, dass der Rudl mit der Zeit nicht per Du ist. Vielleicht ist das ein Grund, warum ihn gerade die Dimension Zeit am Wein so fasziniert. Dabei hat er diverse Facetten der Reifung von Wein immer wieder zum Gegenstand seiner Untersuchungen gemacht, privat, aber natürlich auch in seinem Institut. Den Zusammenhang zwischen geologischen Gegebenheiten unterschiedlicher Erdzeitalter und Wein hat er ebenfalls thematisiert. Was bis jetzt als Gegenstand systematischer Forschungen schwer unterbelichtet geblieben ist, sind Alter und Wurzeltiefe der Reben. Höchste Eisenbahn.

 

Alte Reben

Unter „alten Reben“ versteht man zumindest in Österreich Rebstöcke, die mindestens vierzig Jahre alt sind. So steht es geschrieben. Vierzig. Das ist jünger als der Rudl. Vierzig Jahre alte Rebstöcke sind 1984 gepflanzt worden. Für den Rudl ist das ungefähr gestern. Damals hat er zum ersten Mal französischen Boden betreten und sich dabei eigentlich nur für die französische Fußballnationalmannschaft, die wenige Wochen davor Europameister geworden war, interessiert. Alain Giresse, Jean Tigana, Michel Platini, … Alte Reben müssten für den Rudl wenigstens älter als er selber sein. Andererseits, wer ist der Rudl? Wenn es vierzig heißt, dann ist vierzig gemeint. Über Regeln kann und soll man streiten. Aber irgendwann müssen sie dann von allen akzeptiert werden. Andernfalls wird es schwierig, mit einem zivilisierten Zusammenleben. Darum 40.

 

5 mal 40 Jahre = 200 Jahre

1967 hat Henry Marionnet an der Loire zwanzig Hektar Weingarten mit hybriden Reben geerbt. Vielleicht nicht immer etwas Erfreuliches, hybride Reben. Aber in diesem Fall hat der Weinmeister zuerst einmal gleich die hybriden Reben gerodet, weil er keinen Uhudler machen wollte. Der silexhaltige Ton mit Sand und Kieselsteinen hat ihn vielmehr auf die Idee gebracht, auszuprobieren, ob man nicht vielleicht die Reblaus austricksen, unveredelte Edelweinrebsorten pflanzen und so den Geschmack europäischer Weine vor der Reblauskatastrophe ergründen könne. Zu diesem nicht ganz risikolosen Unterfangen hat sich dann eine wahrscheinlich einzigartige Opportunität gesellt. Das Angebot, einen wirklich ganz alten Weingarten mit Romorantin-Rebstöcken, die zwischen 1820 und 1840 gepflanzt worden waren, zu kaufen. Die Gnade des mosaischen Alters dieser Rebstöcke hat naturgemäß eine Wurzelechtheit mit sich gebracht. Henry Marionnet hat dann die besten Rebstöcke des alten Weingartens auf einer Parzelle gleich daneben weiter vermehrt, selbstverständlich auch die wieder wurzelecht. Den alten Weingarten wiederum hat er zum Glück stehen gelassen. Und während der Rudl La Pucelle de Romorantin aus dem neuen Weingarten von 2007 am 13. Februar ausgeschenkt hat, wird er kommenden Dienstag ein paar Gläser vom 200 Jahre alten Weingarten kredenzen.

  • Weißburgunder Alte Reben, Familie Herist, Rechnitz, Südburgenland (4/6)

1976 hat Klaus Herist diese Reben in den Schieferboden des höchsten burgenländischen Berges gepflanzt und sich von den Eltern überreden lassen, den Weinbau nicht hauptberuflich zu betreiben. Zum Glück hat jetzt die Rente diese Entscheidung quasi revidiert. Gemeinsam mit seinem Sohn Dieter führen die Herists ein Familienweingut, wie es am Etikett steht. Mit Akribie, Sauberkeit und einem ausgeprägten Gespür für ein ganz besonderes Terroir. Ganz sicher einer der besten Weißburgunder, die Caviste Rudolf Polifka getrunken hat.

  • Monsieur Gringet 2020, Dominique Belluard – Domaine du Gringet, Ayze, AOC Vin de Savoie (9/14)

Die Riede Chez Edouard wurde gepflanzt, bevor Edouard eingezogen worden ist, in den ersten Weltkrieg. 620 Meter Altitude, Kalkgeröll, Ausrichtung nach Süden. Dann noch die Riede La Paille aus den dreißiger Jahren, weißer Mergel. Auf diese beiden ältesten Rieden von Dominique Belluard, beziehungsweise der Domaine du Gringet ist Monsieur Gringet gewachsen.

  • Sgaminegg 2021, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark (8/12)

Vierzig Jahre alte Reben, die ganz oben am Hang in reinem Opok-Gestein wurzeln, tragen wenige, kleine und dickschalige Beeren, bringen aber einen ziemlich konzentrierten Wein. Heuer feiern sie einen runden Geburtstag, gerade so wie der Europameistertitel von Alain Giresse und Kollegen.

  • Provinage 2019, Henry Marionnet, Vin de France (12/18)

eine von 730 Flaschen dieses Weines, die mit der Nummer 686

  • Prieuré Saint Christophe rouge 2019, Domaine Giachino (7/11)

Der älteste Weingarten, den die Giachinos von Michel Grisard übernommen haben.

  • Marestel 2017, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Roussette de Savoie (4,50/7)

Bis zu hundert Jahre wehren sich etliche der Rebstöcke von Dupasquier schon erfolgreich gegen den Absturz auf dem steilen, steinigen Weingarten. Ein Lieblingswein vom Rudl.

Dienstag, den 23. April von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,

Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Herr Rudolf grüßt alt/A und t/Tiefgründig!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien