Rarissimi. Les Grandes Jorasses von Dominique Belluard und aVé von Françis Rousset. Zwei Kurzvertikalen von zwei seltenen Altessen aus einem Departement mit wenig Weingärten, Haute Savoie, Dienstag, 10. Oktober von 16 bis 20 Uhr

Die Weinbauregion Savoyen ist an sich der Gigantomanie unverdächtig: zweitausend Hektar – das fällt, verglichen etwa mit Bordeaux, dem Languedoc oder der Loire, eher unter die Geringfügigkeitsgrenze. Von den in der Weinbauregion Savoyen ortsansässigen Rebstöcken steht der ganz überwiegende Teil im Departement Savoie, läppische 142 Hektar davon entfallen auf Haute-Savoie, eine Handvoll steuert das Departement Ain bei und in Isère stehen auch gut 160 Hektar, ein paar davon gehören den Giachinos.

Die beiden Departements waren weinbauflächentechnisch nicht immer so ungleich. 1905 war die Weingärtenfläche Hochsavoyens noch fast gleich groß wie jene von Savoyen. Es gibt Ereignisse, die dem Weinbau stark zusetzen, manchen Weinbaugebieten so stark, dass sie danach keine oder fast keine solchen mehr sind. Das Heimischwerden der Reblaus war eines der effizienteren, die Weltkriege, aber auch die Erfindung der Eisenbahn, die mancherorts das Importieren billiger als das Kultivieren von Wein gemacht hat, gehören auch dazu. Um vorherzusehen, welches Ereignis als nächstes manche Weinbaugebiete an den Rand ihrer Existenz bringen wird, muss man kein Zukunftsforscher sein. Die Erderhitzung ist da längst zur Sache gegangen.

1910 gilt in der Weinbauregion Savoyen heute noch als jahrgangifizierte Katastrophe. Etwa zweitausendvierhundert Weinbäuerinnen und Weinbauern haben damals dem Kellereiinspektor die Arbeit erspart und eine Nullernte gemeldet. Fünf Jahre davor waren noch 550 000 Hektoliter produziert worden. Im Departement Savoyen hat sich der Weinbau davon erholt, im nördlichen Nachbardepartement nicht.

 

Dominique Belluard. Ayse. Haute-Savoie

Dominique Belluard war der vierte Weinmeister in der Weinbauregion Savoyen, bei dem der Rudl jemals Wein gekauft hat. Das war im zweitausendneuner Jahr. Die ersten Male ist der Rudl, der damals noch kein Caviste und darum genau genommen auch kein Rudl war, von einer Dame, vermutlich der Mutter von Dominique Belluard, bedient worden. Die war immer halbwegs kurz angebunden, was nicht ins Gewicht gefallen ist, weil sowieso nur zwei Weine verfügbar waren: Les Alpes und Mont Blanc. 2011 hat der Rudl dann Jacques Maillet kennen gelernt. Gleich beim ersten Besuch hat Jacques Maillet dem Rudl verraten, was er von Negoce, also dem Trauben- oder Weinzukauf hält: goa nix. Wenn man mit dem Verkauf der eigenen Weine nicht das Auslangen finde, dann sei es nach ihm legitim, Wein von anderen Winzern zu verkaufen, aber unter deren Namen, nicht unter dem eigenen. Mit dem Urheberrecht bei Wein und in vielerlei anderer Hinsicht auch nahm und nimmt es Jacques Maillet sehr ernst, ernster als viele seiner Kolleginnen und Kollegen. So hat der Rudl beim ersten Besuch in Motz nicht nur Weine von Jacques Maillet, sondern auch solche von den Giachinos und von Dominique Belluard, den Jacques als „Magicien“ bezeichnet hat, erworben. Und bei Jacques durfte der Rudl auch das kaufen, was ihm bis dato bei Belluard ab Hof verwehrt gewesen war: Le Feu. So hat es sich ergeben, dass der Rudl, als er dann wirklich ein Caviste und also der Rudl war, schon ziemlich bald einmal nach dem Eröffnen seines Geschäfts kleine Mengen von Le Feu 2012 offerieren konnte. Als Kunde von Jacques Maillet war er dann scheinbar auch würdig, den Grand Cru, wie Dominique Belluard, aber nicht das französische Weinbaugesetz diesen Wein nannte, direkt am Weingut zu erwerben und mit Le Feu auch die noch selteneren Weine Pur Jus und die Mondeuse. Eines Tages schließlich, es muss 2017 gewesen sein, war Caviste Rudolf Polifka am Weingut und durfte mit dem Herrn des Hauses sämtliche Parzellen fassprobieren, noch bevor sie zu den bekannten Weinen assembliert worden sind. Anschließen hat Monsieur Belluard noch ein Flascherl Le Feu 2007 geöffnet und über das Lagerpotential seiner Weine philosophiert. Für den Rudl war das wie Weihnachten, Geburtstag, das Wintersperrenende in der Dankbarkeit und Frankreichurlaub an einem Tag.

2021 hat uns Dominique Belluard verlassen und Savoyen einen seiner zwei Biodynamiepioniere verloren. Dass sein Weingut bei Franck Balthazar und Vincent Ruiz aus Cornaz, zwei Freunden von Belluard, in guten Händen ist, mindert den Schmerz über den Verlust dieses außergewöhnlichen Winzers nicht.

 

Les Grandes Jorasses

Die Altesse Les Grandes Jorasses ist der einzige Wein aus dem Hause Belluard, den der Rudl nie für sein Geschäft bekommen hat. Er hat lediglich privat ab Hof sowie da und dort bei Cavisten in Chambéry und Aix-les-Bains immer wieder eine Flasche davon bekommen. Nach der Übernahme des Weinguts durch Balthazar und Ruiz ist dem Rudl dann eine kleine Zuteilung von Les Grandes Jorasses angeboten worden.

 

Altesse „aVé“ Côteaux des Girondales

Wenn die Altesse von Françis etwas wird, gehört sie zu den interessantesten, die der Rudl in letzter Zeit kennengelernt hat. Die „aVé“ aus dem Jahrgang 2020 war ganz sicher der Wein, der den Rudl von diesem Weingut überzeugt hat. Von ihr aus ist er dann auf die anderen gestoßen. „aVé“ ist für eine Altesse ausgesprochen schlank, wie sonst vermutlich nur Quartz von der Domaine des Ardoisières oder Solar von L‘Aitonnement, aromatisch präzise und auf alle Fälle so, dass sie den Rudl dazu bringt, sich beim Nachschenken nicht lange bitten zu lassen.

 

  • Les Grandes Jorasses 2015, Dominique Belluard / Domaine du Gringet, Ayse, Vin de France (6,50/10)
  • Les Grandes Jorasses 2014, Dominique Belluard / Domaine du Gringet, Ayse, Vin de France (6,50/10)
  • Les Grandes Jorasses 2013, Dominique Belluard / Domaine du Gringet, Ayse, Vin de France (7/11)
  • Les Grandes Jorasses 2020, Dominique Belluard / Domaine du Gringet, Ayse, Vin de France (9/14)

    Die Hälfte der Trauben auf der Maische vergoren, alles andere als wuchtig und keine flüchtige Säure, eher Frische, Zitruszesten und Steinigkeit. Achtzehn Monate im Betonei ausgebaut. So einen maischevergorenen Wein hat der Rudl selten getrunken.

  • Altesse aVé 2022, Côteaux des Girondales, Villaz, Haute-Savoie, Vin de France (5/8)
  • Ceux d‘après 2021, Côteaux des Girondales, Villaz, Haute-Savoie, Vin de France (5/8)

    Weil Altesse in einem nassen Jahr in einer kühlen Lage halt ganz, ganz schlechte Karten hat, durfte das Batzl gesunder Trauben der Jacquère und dem Chardonnay Gesellschaft leisten. Keine reinsortige Altesse 2021 aus diesem Haus.

  • Altesse aVé 2020, Côteaux des Girondales, Villaz, Haute-Savoie, Vin de France (5/8)

Diese Weine und ein paar von der letzten Woche gibt es glasweise

am Dienstag, den 10. Oktober von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen wartet Rudolf Polkifka immer noch, bis endlich der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, endlich zu einem europäischen Feiertag erklärt wird.

Trinkanimiert grüßt Caviste Rudolf!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien