Zierfandler und seine präsumtiven Eltern: Der neue Rote Veltliner vom Mantlerhof und Weißer Traminer, vlg. Savagnin, DONNERSTAG(!), 30. März von 17 bis 21 Uhr

Donnerstag

Kommende Woche wird der Rudl anders als in den letzten Wochen am DONNERSTAG sein Geschäft aufsperren. Es wird dies der letzte Geschäftstag vor Ostern sein. Und obwohl er vergangene Woche erklärt hat, wie sehr „Empfehlungen“ seinem biblischen Menschenbild widerstreben, lässt sich Caviste Rudolf Polifka zur Feststellung hinreißen, dass Rebsorten wie Welschriesling, Weißburgunder, Jacquère, aber auch dezente Sauvignons sich schon sehr gut mit Osterjause oder Osterspaziergang vertragen. Von diesen kann der Rudl etliche aufwarten, von Jacquère sogar sehr viele. Am kommenden Donnerstag ist der letzte Tag vor Ostern, wo man sie beim Rudl kaufen kann.

Zierfandler

Über den Zierfandler gestolpert ist der Rudl zum ersten Mal vor etwas mehr als dreißig Jahren. Der Träger des Studentinnen- und Studentenheims, in dem der Rudl seinerzeit gewohnt hat, konnte oder wollte nicht verhindern, dass eine kleine Gruppe neugieriger junger Menschen einen Weinarbeitskreis gründete. Student Rudolf war damals oenologisch nicht ganz uninteressiert, hatte jedoch seine Probleme mit organisierter Oenologie. Darum hat er diesem Arbeitskreis auch nicht angehört. Ein einziges Mal ist er trotzdem zu einer Sitzung gegangen. Bei dieser lautete das Thema: Rotgipfler und Zierfandler

Aus heutiger Sicht ist das insofern bemerkenswert, als Zierfandler damals wirklich nicht sehr hoch im Kurs gestanden ist. In den Siebzigerjahren hatte Zierfandler noch als regelrechte Qualitätsantipode zum geringgeschätzten Brünnerstraßler gegolten. Nachzulesen ist das etwa in „Da Jesus und seine Hawara“ von Wolfgang Teuschl. Und dann muss ein Phänomen zum Tragen gekommen sein, das zumindest im Zusammenhang mit Wein immer wieder festzustellen ist: Bereitet der Verkauf keine großen Probleme, dann kann das mittel- bis langfristig zu Lasten der Qualität gehen. Bevor der Zierfandler im neuen Jahrtausend dann eine Renaissance erfahren sollte, war er in den Neunzigerjahren ziemlich parterre. Justament zu dieser Zeit hatte sich ein Weinarbeitskreis unter Schirmherrschaft der Katholischen Hochschulgemeinde Salzburg dieser Rebsorte angenommen.

Herkunft

Zierfandler ist ein Gschropp von Rotem Veltliner und einer Traminerart, die dem Weißen Traminer oder Savagnin zumindest viel näher steht als dem Gewürztraminer. Die Traube ist eher groß und dichtbeerig, also nicht ganz unkompliziert gegen diverse Schwammerl zu verteidigen. Späte Reife. Frost ist nicht des Zierfandlers bester Freund, ein hoher Kalkgehalt im Boden schon sehr viel eher. Die Erträge können hoch sein. Der Verlockung des Mochmaliawavü, wie Herr A. gelegentlich spöttisch sagt, erliegen immer wieder Weinmeisterinnen und Weinmeister. Tun sie das nicht, können körperreiche Weine mit Struktur und großer Lagerfähigkeit die Folge sein. Leider werden sie manchmal vom Holz erschlagen.

Mehr als neunzig Percent aller österreichischen Zierfandler-Rebstöcke stehen in der Thermenregion. Einige der glücklichsten von diesen im Bergweingarten von Monsieur Kuczera.

  • Zierfandler 2021, Kuczera, Gumpoldskirchen, Bergwein (Sechzehntel: 2,50 Euro / Achtel: 4 Euro)

  • Zierfandler 2020, Kuczera, Gumpoldskirchen, Bergwein (2,50/4)

  • Zierfandler 2017, Kuczera, Gumpoldskirchen, Bergwein (3/5)

  • Zierfandler 2015, Kuczera, Gumpoldskirchen, Bergwein (3/5)

  • Zierfandler 2013, Kuczera, Gumpoldskirchen, Bergwein (4/6)

  • Roter Veltliner Ungut 2020, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal

    Auf den Mantlerhof gestoßen ist der Rudl über den Grünen Veltliner Spiegel 1986. Wenn er jetzt an dieses Weingut denkt, ist seine Erstassoziation „Herzlichkeit“. Dann kommt „Virtuosität“ und danach gleich „Roter Veltliner“. Der ist, so liest man, der Papa vom Zierfandler.

    Der neue Rote Veltliner aus dem Haus von der Riede Ungut ist in mehreren Lesedurchgängen sorgfältig geerntet und dann in gebrauchten Barriques ausgebaut worden. Er ist geradliniger als Reisenthal und wächst auf einer stark exponierten, südlich ausgerichteten Stelle des östlichen Endes des Gobelsbergs. Gut im Sinne von „angenehm“ zu arbeiten ist es woanders. Von da die Riedenbezeichnung. Boden karg, witterungstechnisch ein Rendez-Vous von heißem pannonischen Klima und kühlerer kontinentaler Strömung am Abend. Entgegen der allgmeinen Wetterlage ist dieser Wein geprägt von einem kühlen Sommer mit viel Niederschlag. Er braucht Zeit oder Luft.

  • Weißer Traminer Sandberg 2017, Weingut Rudolf Fidesser, Platt, Retzer Land (4,50/7)

    Einen Wechsel des Bundeslandes nach der ganz oben erwähnten Zierfandler-Arbeitskreis-Sitzung später ist der Rudl dann bald einmal mit seinem Steyr-Waffenradl am Weingut Rudolf Fidesser in Platt vorgefahren. Damals hat er sich mehr für Grünen Veltliner und Sauvignon Blanc interessiert. Dass dieses Weingut eines der ganz wenigen österreichischen Weingüter mit Weißem Traminer ist, hat der Rudl viel, viel später mitbekommen.

    Die Riede Sandberg besteht aus Ablagerungen des Tertiärmeeres. Die Trauben des Weißen Traminers sind kleiner als die anderer Varianten, sie haben auch kleinere Beeren und diese wiederum mehr Säure. Das, obwohl sie erst Ende Oktober gelesen werden.

  • Traminer 2017 (Savagnin ouillé), Stéphane Tissot, AOC Arbois, Jura (7/11)

    Und vom aus Savagnin gekelterten

  • Vin Jaune 2014, Pignier, Montaigu, AOC Côtes du Jura (12/18)

    sind auch noch ein paar Sechzehntel da.

Donnerstag, 30. März von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Caviste Rudolf Polifka wünscht Ihnen frohe Ostern!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Hégoxuri und das Salz der Erde. Sonst nix. Eine Vertikale eines Lieblingsweins von Rudolf Polifka, am Dienstag, den 14. März von 17 bis 21 Uhr

Empfehlungen

Der Rudl freut sich vor. Gewaltig sogar. Er wird eine kleine Vertikale von einem seiner Lieblingsweine kredenzen. Es ist ja ein Gfrett mit Empfehlungen des Rudls. So etwas behagt ihm nicht. Da sträubt sich etwas in ihm, auch wenn das manchen vielleicht als Lappalie erscheinen mag. In seinem Brotberuf als Religionslehrer verfolgt der Rudl eine mündige Entscheidung von sachlich und seriös informierten Schülerinnen und Schülern als Ziel seines Handelns. Ohne überheblich sein zu wollen, sieht er da eine biblische Tradition der Ermutigung zum selbstverantworteten, aufrechten Gang als Vorbild. Nicht der Pharao, nicht die Assyrer, nicht die Babylonier, Perser, Griechen oder Römer. Auch nicht machtbesessene oder auf den Rückwärtsgang beschränkte Päpste. Und keine primitiven Hetzer, mit allen PR-Wasserln gewaschenen Kommunikationspredigerinnen oder -prediger des Zeitgeistes, Marktschreier oder Influencer. Eigene Entscheidungen von Menschen als dem Salz der Erde. Da bin ich Mensch, nicht in der Drogeriekette, im Glutamat oder im Netz. By the way, dass gerade ein Netz, noch dazu ein möglichst schnelles (sic!), von vielen Menschen als ein Weg zur Freiheit erachtet wird, ist für den Rudl eine der trostlosesten und perversesten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte.

Aus seiner Begeisterung für den Hégoxuri von der Domaine Arretxea macht Caviste Rudolf aber keinen Hehl. Das ist ein Wein, der vor allem im gereiften Stadium für den Rudl kaum mehr Wünsche offen lässt. Und wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, diese Begeisterung teilen, dann freut sich der Rudl ganz gewaltig. Aber diese Freude stellt sich dem Rudl ausschließlich dann ein, wenn sie auf Ihren persönlichen geschmacklichen Erfahrungen mit diesem Wein basiert und nicht auf Empfehlungen, Lobhudeleien oder auf sonst was.
Hégoxuri, Domaine Arretxea

Wenn er alles richtig verstanden hat, dann war es im Siebenundneunzigerjahr, dass sie im Steinhaus, das ist die Übersetzung des baskischen „Arretxea“, zum ersten Mal den Weißwein Hégoxuri gemacht haben. Caviste Rudolf Polifka hat nichts gegen sogenannte „gemachte“ Weine. Er hält die Beteuerung, Wein mache sich im Keller mehr oder weniger „eh von selber“, sofern im Weingarten alles passe, für einen Schmäh. Weine mit einem Mangel an Intervention seitens der Winzerin oder des Winzers schmecken in der Regel auch so und dem Rudl nicht, Weine mit einem Zuviel davon detto. Andernfalls wäre es ja sehr einfach.

Mit dem Jahrgang 2007 ist Monsieur Rudolf dann auf Hégoxuri aufmerksam geworden, seither auch nicht mehr davon losgekommen. Und obwohl dieses Weingut mit dem Jahrgang 2009 in seinem Bemühen, den Boden in Wein zu verwandeln und dann ins Glasl zu bringen, mit geologischen Cuvées zuerst zwei, dann drei und jetzt wieder zwei Weiße über den Hégoxuri gesetzt hat, bleibt letzterer einer der allerliebsten Weine vom Rudl.

Verdanken tut er seine Begeisterung für die südwestlichste Appellation Frankreichs einer abfälligen Bemerkung des amerikanischen Petrogeologen James E. Wilson über Irouléguy in dessen an sich lehrreichem Buch „Terroir“. Darum ist der Rudl dem Herrn Wilson dankbar für diese Bemerkung.
Jahrgänge

Die eine oder andere Vertikale von seinem Lieblingswein hat der Rudl im Geschäft schon angeboten. Aber ersten waren diese Serien bis jetzt immer ergänzt durch andere Weine, die der Rudl als vergleichswürdig erachtet hat. Und zweitens ist er dabei noch nie bis zum Jahrgang 2005 zurück gegangen. Weil es aber immer schwieriger wird, irgendwo bei einem Cavisten in der großen weiten Welt einen reifen Hégoxuri zu darglengen, legt sich der Rudl kommende Woche ins Zeug und und folgt quasi mit seinem geistigen Ohr – von 2014 abwärts – dem Ruf der Dreijahresschritte, ergänzt vom bei ihm aktuellen Jahrgang 2019. Dieses Mal ganz ohne die Zusatzaufgabe eines Vergleichs mit anderen Weinen. Der ist zwar immer interessant, aber notwendig hat ihn Hégoxuri nicht.
2005

Gilt im Südwesten neben 1988 und 1990 als „millésime exceptionnel“. Ein langer kalter Winter hat den Rebstöcken viel Erholung und Sanierung ermöglicht. Ein milder Frühling mit viel Sonne und ausgewogenen Niederschlägen ist gefolgt. Im Sommer war es warm, aber nicht zu heiß, teilweise mit erfrischender Abkühlung in den Nächten. Das hat sich in den September hinein gezogen. Viel mehr kann sich ein Weingarten von einem Jahrgang nicht erwarten.
2008

Wenn 2005 als idealer Jahrgang gilt und 2003 davon in die eine Richtung ausreißt, dann tut 2008 das in die andere, wobei Caviste Rudolf – vor die Wahl zwischen 2003 und 2008 gestellt – nicht lange nachschmecken muss.

Bei der Beschreibung der klimatischen Bedingungen von 2008 stößt man auf ziemlich viele Superlative. „Exécrable“ steht oft dort. Das bedeutet „scheußlich“. Die niedrigsten Erträge seit 1991. Oidium, Peronospora, Grauschimmel, Verrieselung, Spätfrost, Hagel.

Und zwanzig Frosttage kommen unter den mildernden Konditionen des Atlantiks auch nicht alle Jahre vor. Ungeachtet all dieser Widrigkeiten hat der Rudl ziemlich viele ziemlich guten Weine aus dem Jahr 2008 getrunken. Das Gerede vom „Winzerjahrgang“ hin oder her, der Rudl vermutet ganz stark, dass in den immer selteneren kühlen Jahrgängen extraoridnaire Weine gemacht werden, wenn Beeren, die nicht sauber sind, aussortiert werden. Aber es ist dann halt nicht viel davon da.
2011

Äußerst trockener Frühling, abwechslungsreicher Sommer und ein September wie aus dem Weinbaubilderbuch. Viel wärmer als 2010, etwas kühler als 2012.
Terroir. Eine Wiederholung

Oft verkehrt und zu Unrecht strapaziertes beziehungsweise überstrapaziertes Wort, jedoch ein entscheidender Aspekt der Typizität eines Weines sowie Dreh- und Angelpunkt der Arbeit im Haus Arretxea.

Nicht erst seit gestern pflegen die Riouspeyrous eine intensive Zusammenarbeit mit Geologie, Botanik und Kartographie, um immer mehr von dem, worin ihre Rebstöcke grundeln, zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Dass es sich bei der Basis vorwiegend um außerordentlich eisenreichen Glimmerschiefer, Sandstein und vulkanische Ophite- sowie Dolomiteinschlüsse handelt, hat Caviste Rudolf schon hie und da erwähnt. Aber der Rudl hat selten so viele für einen Laien erkennbare Wechsel an geologischen Gegebenheiten auf so engem Raum gesehen wie in Irouléguy. Und dem entspricht eine geschmackliche Vielfalt der Weine von dort, die sich gewaschen hat. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass Monokultur in Irouléguy wirklich noch ein Fremdwort ist, wobei für des Baskischen mächtige Menschen ja sowieso fast jedes Wort ein Fremdwort ist. Und natürlich ist auch Biodiversität ein Fremdwort, aber in der Sache sind die Weingärten der Riouspeyrous mit Biodiversität per Du. Pflanzen wie Farne, Brennessel, Löwenzahn, Fenchel, Schachtelhalm, Weide oder auch Piments stärken nicht nur das natürliche Gleichgewicht der Landschaft, sondern werden auch verwendet, um nicht so willkommenen Insekten oder Schwammerln den Weisel zu geben.

Wenn die Riouspeyrous von einem Minimum an Intervention im Keller schreiben, dann meinen sie damit alles andere als owezuzahn, sondern viel eher das, was dem Rudl sein unangefochtener Lieblingswirt und -winzer mit „kontrolliertem Nichtstun“ bezeichnet. Minutiös beobachten, vuasichtig sein und nötigenfalls so schonend wie virtuos das Richtige zu tun. Zum Glück!

  • Hégoxuri 2019, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Oest (6/9)
  • Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)
  • Hégoxuri 2011, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (7/11)
  • Hégoxuri 2008, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (8/12)
  • Hégoxuri 2005, Domaine Arretxea, AOP Irouléguy, Sud Ouest (8/12)

am Dienstag, den 21. März von 17 bis 21 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgsse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Exceptionelle Grüße vom Polifka-Rudl!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

kosten- und fast CO2-lose Zustellung innerhalb von und um Wien, auch von Einzelflaschen

Sauvignon Blanc. Eine Osterrebsorte aus der Südsteiermark, dem Sausal, der Oststeiermark, den französischen Alpen, der Domaine Didier Dagueneau und dem Seewinkel, am Dienstag, den 14. März von 17 bis 21 Uhr

Teuerung

Die letzten Lehrveranstaltungsthemen in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils sind zugegebenermaßen von teuren Weinen geprägt gewesen und das übernächste Thema wird es vermutlich auch wieder sein. Dem Rudl ist es ein Anliegen klarzustellen, dass das nichts mit aktuellen volkswirtschaftlichen Entwicklungen zu tun gehabt hat. Zu letzteren hat Citoyen Rudolf schon die eine oder andere Überlegung. „Marktversagen!“ zum Beispiel, und zwar nicht etwa, dass man den Märkten die Freiheit versagt hätte, sondern ganz im Gegenteil, dass die Märkte selber versagt haben. Zu schleißige Rahmenbedingungen für die Märkte können zu monopoloiden und feudalistischen Erscheinungen im Nahrungsmittel- und Energiesektor führen. Ganz unvorhersehbar dürfte das nicht gewesen sein. Aber bitte.

Die Weinpreise der letzten Lehrveranstaltungen haben damit wie erwähnt nichts zu tun gehabt. Roussanne ist in Savoyen halt teurer als Jacquère. Das war vor dem Überfall auf die Ukraine so und das war auch vor dem ersten Hinweis auf die überforderten Märkte 2008 so.

Auf alle Fälle freut sich Caviste Rudolf, kommende Woche zumindest auch wieder billigere Weine kredenzen zu dürfen.

Ostern

Auf Ostern geht‘s zua. Diese zugegebenermaßen nicht übermäßig scharfsinnige Analyse der Jahreszeit ist für den Rudl von oenologischer Tragweite. Aus welchen Gründen auch immer steht dem Rudl zu dieser Zeit des Jahres der Geschmackssinn nach Sauvignon Blanc. Vielleicht hat es damit zu tun, dass für den Rudl der Frühlingsbeginn in der nationalen Sauvignon-Hochburg Südsteiermark die schönste Jahreszeit ist.

Aber Sauvignon Blanc wächst nicht nur in der Steiermark …

  • Sauvignon Blanc 2022, Dankbarkeit, Podersdorf, Neusiedler See (2,50/4)
  • Sauvignon Blanc 2014, Kåarriegel, Sankt Andrä – Demmerkogel, Sausal, Südsteiermark (4,50/7)
  • Sauvignon Blanc vom Sand 2020, Krenn, Edelsbach, Oststeiermark (4/6)
  • Sauvignon Blanc 2017, Les Vignes de Paradis, IGP Vin des Allobroges, Ballaison, Haute Savoie (5/8)
  • Sauvignon Blanc Alte Reben 2015, Kåarriegel, Sankt Andrä – Demmerkogel, Sausal, Südsteiermark (6/9)
  • Blanc Fumé de Pouilly 2013, Domaine Didier Dagueneau, AOP Pouilly-Fumé, Loire (12/18)
  • Gräfin 2017, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6,50/10)

… von den meisten Roussannes ist zumindest beim Aufsperren auch noch etwas da und biologische Mangalitza-Trockenwürstel von Josef Göltl gibt es auch wieder,

am Dienstag, den 14. März von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,

Reindorfgasse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Vorösterlich grüßt Caviste Rudolf Polifka!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Roussanne knapp vor dem internationalen Tag der Frau: Dienstag, 7. März von 17 bis 21 Uhr

Anlassweinkredenzung

Es gibt Zeiten im Jahr, da wissen Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, ziemlich genau, was Sie in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils erwartet, ziemlich genau, aber nicht ganz genau und damit – genaugenommen – gar nicht genau.

Wie auch immer Sie es mit derlei lexikalischer Genauigkeit halten, der Rudl kredenzt um den internationalen Frauentag gerne den Chignin-Bergeron „Les Filles“ von Gilles Berlioz. Wie sonst kaum ein Wein repräsentiert dieser samt seinem gegenderten Kollegen „Les Fripons“ und den ihrerseits ein weibliches Pendant darstellenden „Les Friponnes“ Ernsthaftigkeit im Umgang mit sprachlich korrekter Darstellung und diesbezügliches Augenzwinkern, das jedoch keinen Millimeter weit die Bedeutung des Anliegens relativiert. Auf beides möchte Herr Rudolf nur ungern verzichten.

Heuer fällt der 8. März ideal, wenn Sie den Rudl fragen. Sie könnten am Vortag beim Rudl Weine glasweise den einen oder anderen Wein auf seine Tauglichkeit als Vinifizierung des Tages prüfen und dann eventuell ein Flascherl zur allfälligen Weinbegleitung eines würdig begangenen Tages der Frau mit nachhause nehmen.

Les Filles, Gilles Berlioz

Jetzt sind dem Rudl Berechenbarkeit und noch viel mehr Verlässlichkeit ein hohes Gut, aber gerade auch deshalb nicht überzustrapazieren. Vertikalen von „Les Filles“ hat es schon gegeben, nicht nur eine. Den Vergleich mit Gräfin und Graf von Maria und Sepp Muster hat der Rudl schon einmal angestellt. Und ein paar andere Konstellationen sind auch abgehandelt worden. Darum erlaubt sich Monsieur Rudolf zum diesjährigen Frauentag die Rebsorte von „Les Filles“, eine weibliche wohlbemerkt, in den Vordergrund zu stellen: Roussanne, eine von einer Winzerin aus der Appellation Faugères (Languedoc), eine nach einer römischen Göttin benannte, ein paar von Gilles und eine von seinem Enkel Adrien.

Roussanne

ist an und für sich vor allem an der nördlichen Rhône daheim. Hermitage, Saint Joseph und so. Aber es gibt Roussanne auch ailleurs. Sogar am Andreasberg in Andau und in der Franklinstraße zu Wien XXI stehen ein paar Stöcke. Mehr gibt es an der südlichen Rhône und im Languedoc, zum Beispiel bei Sybil Baldassarre in der Appellation Faugères. In Savoyen sagen sie zu Roussanne auch Chignin-Bergeron, obwohl so genaugenommen nur die einzige savoyardische Appellation, die Roussanne genehmigt, genannt wird.

Domaine de l‘Aitonnement

Gilles Berlioz und seine Domaine Partagé hat der Rudl schon das eine oder andere Mal vorgestellt. Darum möchte er heuer auf einen anderen von ihm überaus geschätzten Weinmeister eingehen: Maxime Dancoine. Auch der hat einen Wein aus Roussanne gemacht. Rebsortentechnisch sind Jacquère, Altesse und Mondeuse Noire Maximes Pflaster. Das bedeutet jedoch nicht, dass er sich des reichen oenologisch-botanischen Erbes nicht bewusst wäre und nicht auch Joubertin, Blanc de Maurienne, Mondeuse Grise, Douce Noire oder Etraire de la d‘Dhui gepflanzt hätte. Wer den Giachinos so nahe steht wie Maxime, kommt an diesen alten Rebsorten sowieso nicht leicht vorbei.

Hauptberuflich ist Maxime Berater für savoyardische Bioweinbäuerinnen und Bioweinbauern, eine Personengruppe, die heute so schnell wächst, dass man kaum mehr mitkommt. Vor etwa zehn Jahren war sie umso überschaubarer. Abgesehen von den seinerzeit sieben Pétavins, der Domaine des Ardoisières und Dominique Belluard hat es kaum welche gegeben.

Seinen Anspruch hat Maxime Dancoine vor ein paar Jahren in der Weinzeitschrift „Le Rouge et le Blanc“ formuliert: nicht gute savoyardische Weine, sondern großen Wein. Im Keller kennt er nur ein Dogma: Präzision

Gröbere Maßnahmen im Keller erfolgen ausschließlich bei absteigendem Mond. Schutz vor Oxidation, wo immer es geht, mit CO2 statt Schwefel. Letzterer nur, soweit er für die Entfaltung bestimmter natürlicher Aromen erforderlich ist, auf das nötigste Minimum limitiert und zivilisiert. Spontanvergärung, wenn das Traubenmaterial sie erlaubt, aber Einsatz aromaneutraler, biologischer Hefen, wenn die Wetterkonditionen den Trauben allzu sehr zugesetzt haben. Brilliert der Wein von sich aus, keine Filtration. Tut er es nicht, wird er schonend filtriert. Prinzipien, aber keine Dogmen.

Vor etwas mehr als zehn Jahren war Maxime das Beraten dann zu wenig. Er hat sich auf die Suche nach einem wirklich einzigartigen Terroir gemacht. Wer da eine gewisse Affinität zu Brice Omonts Domaine des Ardoisières sieht, liegt völlig richtig. Gefunden hat er sie ein Tal weiter westlich von Brices Weinbergen.

Aiton

Zweihundert Hektar hat der Weinberg – in diesem Fall ist es nicht nur ein Hügel oder Hang, sondern ein Berg – von Aiton am rechten Talausgang der Maurienne ausgemacht. Gerade so ähnlich wie der Herr Kurt seinerzeit die Gehsteigkante drüben in der Bitterlichstraße als Ende der Alpen bezeichnet hat, könnte man den Weinberg von Aiton als die westliche Spitze des Massivs der Maurienne betrachten. Impeccabler Ausblick auf den Grand Arc, die Kette der Belledonne und das Chartreuse-Gebirge. Ökosystematisch ist dieses Terroir vor allem aufgrund der Kombination aus Höhe und Hangausrichtung privilegiert. Höher gelegen als andere Weingärten in Savoyen, dafür ganz genau südlich ausgerichtet. Das gewährleistet eine längere Vegetationsphase. Die Winde entlang des Tals stellen einen gewissen Schutz vor Pilzkrankheiten dar, weil sie die Trauben nach Niederschlägen relativ schnell trocknen, sofern das Wetter nicht gerade einen Zirkus wie im Frühsommer 2021 aufführt. Hangneigung bis zu 70 Percent, fünf bis fünfunddreißig Zentimeter Bodenauflage. Fette Böden sehen anders aus. Der geschieferte Kalk ist leicht zu zerbröseln, auch von den Wurzeln der Reben, die sich relativ leicht ganz tief versenken können. Wasser kann leicht abrinnen. 2022 war diese Eigenschaft des Bodens weniger gefragt, 2021 mehr, wobei es da auch schon egal war.

Einzigartig macht den Weinberg von Aiton aber auch die Zerstückelung, bedingt vor allem dadurch, dass es außer Maxime dort droben keinen professionellen Weinbaubetrieb mehr gibt. Daraus resultiert auch ein hoher Grad an Unzugänglichkeit der Parzellen für landwirtschaftliche Maschinen.

Um zu spüren, dass Biodynamie der natürliche Weg zum Schutz seiner Gesundheit und gleichermaßen jener der Konsumentinnen und Konsumenten seiner Weine ist, reicht ein kurzer Abstecher in den Weingarten.

Sehr berühmt war Aiton für seine Mondeuse, bis etwa in die späten vierziger Jahre. Danach ist es dort oben mit dem Wein ähnlich steil wie am Hang bergab gegangen, zumindest mit dem Wein, der für den Verkauf gedacht war. Haustrunk hat man weiterhin gemacht, viel mehr aber nicht.

  • Les Friponnes 2017, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)

  • Sous les Amandiers 2020, Annick et Pascal Quenard, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)

  • Lutz 2019, La Graine Sauvage. Sybil Baldassarre, Cabrerolles, Vin de France (6/9)

    Sybil Baldassarre kommt aus Italien, wenn sich der Rudl richtig erinnert, aus dem Piemont. Und sie hat lange gezweifelt, ob die Weinwelt einen Platz für sie frei hat. Begegnungen mit Nicolas Joly und Giusto Occhipinti haben in ihr dann den Verdacht genährt, dass es diesen Platz gibt, dass sich der aber ganz sicher im Weingarten und nicht im Labor befindet. Über Umwege ist sie dann ins Languedoc und dort in die Appellation Faugères geraten: Stockkultur, Schiefer, Singvögel – mittendrinn Frau Baldassarre, ihrem Selbstverständnis nach „Gardienne de Vignes“ – ohne Chemiekasten im Keller.

  • Les Fripons 2017, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (7/11)

  • Les Filles 2019, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (7/11)

  • Vesta 2020, Domaine de l‘Aitonnement, Aiton, AOP Vin de Savoie (7/11)

    Obwohl der klassischen Philologie zugetan, kann der Rudl nicht von sich behaupten, eine besonders große Schwäche für die Römer zu haben. Da steht er Obelix sicher näher als der Pax Romana. Der nach der römischen Bewacherin des Herdfeuers benannte Chignin-Bergeron von Maxime Dancoine passt nicht nur aufgrund seiner göttlich-weiblichen Namensgeberin, sondern vor allem weil er das ist, was Maxime beansprucht: ein großer Wein.

  • Grand Zeph 2013, Adrien Berlioz, Chignin, AOC Vin de Savoie (8/12)

    Wirklich gute Roussanne, die das Terrroir und nicht das Toasting des Fassbinders zum Ausdruck bringt, legt im Laufe der Zeit zu.

Dienstag, 7. März von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, muss zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden. Wer das Richtige feiert und weiß, was er dabei tut, ist nicht nur kein Würstel, sondern wird sich auch leichter tun, den Angriffen der Heimatparteien auf Demokratie, Menschenrechte und Aufklärung etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Aux verres, citoyennes … et citoyens!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien