Mit seiner Begeisterung für die berühmteste Radlrennfahrerei der Welt hat Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, Monsieur Rudolf schon das eine oder andere Mal beglückt, konfrontiert oder belästigt, je nachdem wie positiv, neutral oder negativ Sie dem Rudl seinen Worte zur Tour de France oder dem Rennen selber halt gegenüber stehen.
Dieses Mal unter dem Blickwinkel des Wartens
Am meisten wird weltweit auf das ewige Leben gewartet. Und wenn Sie meinen, das sei nicht zeitgemäß, dann werfen Sie einen kleinen Blick in das Regal mit den Anti-Ageingprodukten der Drogerie Ihres Vertrauens. Das Monopol ist, wie ein paar andere auch, halt weggefallen, noch wahrscheinlicher ist es durch ein anderes ersetzt worden. Abgesehen davon hat sich beim ewigen Leben in den letzten zwei- oder dreitausend Jahren nicht viel getan.
Am zweitmeisten wird dann wahrscheinlich eh schon auf die, beziehungsweise bei der Tour de France gewartet. Das behauptet der Rudl jetzt einmal so, beziehungsweise stellt er es in den Raum, solange ihm die Digitalisierung noch einen lässt. Darum ist es letzte Woche gegangen.
Warten auf die Tour de France I
Beginnen tut das Warten auf die Tour ungefähr bei der Etappe, ab der klar ist, wer die Gesamtwertung gewinnen wird. Da machen sich beim Rudl Spuren von Wehmut breit und er überlegt sich, wie der Streckenverlauf im kommenden Jahr sein könnte oder sollte, wenn es nach ihm ginge. Ab diesem Zeitpunkt consultiert Herr Rudolf immer wieder die Internetseite des Rennens, um nach Hinweisen zum Datum der Streckenverlautbarung zu suchen. Der Rudl wartet.
Warten auf die Tour de France II
Irgendwann schreiben Sie dann, dass der Streckenverlauf am soundsovielten Oktober in Paris verraten wird. Der Rudl wartet.
Warten auf die Tour de France III
Einer der schönsten Momente der Tour de France ist jedes Jahr dann, wenn bei der Übertragung der Streckenpräsentation auf einem namhaften europäischen Sportfernsehkanal die Kamera über die stark virtualisierte Strecke fliegt. Der Rudl erkennt dann die Vogesen, den Mont Ventoux, auf alle Fälle die Alpen und die Pyrenäen. Dort ist er mittlerweile fast so daheim wie in Illmitz, Maxglan und der Bundeshauptstadt, der Bundeshauptstadt, die beim Warten auch kein Lercherl ist. Der Rudl hat manchmal den Verdacht, dass in Wien fast alles zum Warten ist, vor allem wenn es um Behörden, Verkehrsmittel oder die Post geht. Das scheint geradezu in der DNA dieser Stadt zu liegen. Wer weiß, vielleicht ist Wien ja entstanden, indem viele Menschen darauf gewartet haben, dass sie jemand über die Donau bringt, nach Stammersdorf hinüber oder nach Mistelbach. Und da haben sie sicher ein ganz schönes Zeitl gewartet, vor der Erfindung von Rollfähre und Hoovercraft. Bei der Warterei könnten sie sesshaft geworden sein. Wie auch immer, in Wien hat man Zeit zu haben. Überall, nur nicht beim Anstellen für Speisen und Getränke. Dort versucht der gelernte Wiener, in diesem Fall bewusst ungegendert, die ganze Zeit, die er auf Ämtern, in Apotheken und in der U6 gewartet hat, wieder gutzumachen.
Warten auf die Tour de France IV
Zieht der Rudl physische Präsenz bei einer Etappe in Betracht, dann wartet er ab der Streckenpräsentation auf eine Gelegenheit, in der eine einschlägige Unterbreitung seiner Ideen am ehesten auf positive Resonanz stoßen könnte. Der Rudl wartet, manchmal ziemlich lang.
Warten auf die Tour de France V
Unter der Voraussetzung, dass Warten IV nicht für die Haare gewesen ist, recherchiert Monsieur Rudolf sodann nach Quartieren, die den Besuch am Streckenrand erleichtern. Dieses Warten fällt zeitlich nicht besonders ins Gewicht und ist genaugenommen auch kein Warten, sofern man selbiges als passiven Vorgang versteht.
Warten auf die Tour de France VI
Nach einer allfälligen erfolgreichen Buchung eines Urlaubsquartiers in, respektive in der Näher der französischen Alpen beginnt das längste Warten. Nur merkt der Rudl davon nix, weil spätestens im November eines Schulmeisterjahres ein derartiges Holodaro einsetzt und bis Ende Juni nachhält, dass es dem Rudl schwer fällt, über die Zeit nach Schulschluss einen klaren Gedanken zu fassen. Rein theoretisch wartet der Rudl, nur merkt er davon nichts.
Warten auf die Tour de France VII
Irgendwann steht Caviste Rudolf mit ausgeschaltetem Telefon am Streckenrand, genießt die Atmosphäre und würde sich die Überraschung, wer als Erster daher radelt, von keinem Streamingdienst der Welt nehmen lassen.
Brüssel
Dort fahren sie nächstes Jahr weg, als Reverenz an Eddie Merckx, der 1969 seine erste von fünf Touren gewonnen hat. Es gibt in Belgien Weinbau. Damit ist dem Rudl seine Kompetenz in Sachen belgischer Wein erschöpft. Darum kann er Ihnen auch keinen offerieren.
Champagne
Über die Champagne, wo es extraordinaire gute Weine, von diesen aber anteilsmäßig so wenige wie selten irgendwo gibt, radeln sie dann nach Lothringen. Dort machen sie den berühmten Vin gris. Auch das muss theoretisches Wissen bleiben. Weiter in die Vogesen.
5. Etappe: Gewurztraminer „La Chapelle“ 2013, Domaine Zusslin, AOP Vin d’Alsace
Eine der Entdeckungen von Caviste Rudolf in diesem Jahr. Gewusst hat der Rudl von diesem Weingut. Und dass die dort einen Gewurztraminer haben, das hat er angenommen. Ein Jahr zuvor hatte sich Monsieur Rudolf in den Kopf gesetzt, an der nördlichen Rhône oenologisch zu forschen. Er ist auf seinen Vorbehalten gegenüber dieser Region sitzen geblieben. Trotzdem hat er ein Jahr später im Elsass unter vergleichbaren Voraussetzungen dasselbe probiert, mit zumindest den Weinen von Zusslin als Unterschied zu Hermitage. Du sollst dir kein Bild machen, zumindest kein endgültiges. Weil es schade wäre.
6. Etappe: Sélection 1998, André et Mireille Tissot, AOC Arbois, Jura
Auf ihrem Weg quasi diagonal durch Frankreich kommen sie dann durch den Jura. Und vom Jura ist es nicht weit zur Côte d’Or.
7. Etappe: Chassagne-Montrachet 1er Cru „Les Grandes Ruchottes 2007, Bernard Moreau et Fils, AOC Chassagne-Montrachet, Bourgogne
Dort ist der Rudl selber mit dem Radl gefahren. Im Neuner Jahr ist es gewesen. Auf der berühmten D973 noch dazu. Möglicherweise ist es oenologisch im Hinblick auf Transportkapazitäten auf keiner Straße so egal, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, wie auf der D973. Die Weine, die man dort kaufen könnte, braucht man eher nicht zu seinem Glück. Freilich gibt es sogar an der Côte d’Or Weine, die man ganz gerne kaufen würde. Nur heben sie dort nicht einmal das Telefon ab, wenn man entsprechende Kaufinitiativen entwickelt. Von Ab-Hof-Verkauf an jemanden, der nicht schon seit den Achtziger Jahren Stammkunde ist, kann bei Coche-Dury und auch bei ein paar nicht ganz so Prominenten gar keine Rede sein. Nur Michel Lafarge in Volnay hat dem Rudl seinerzeit die Tür aufgemacht, ihn sogar ein paar Weine kosten lassen. Dass Herr Rudolf damals nicht mehr mitgenommen hat, das tut ihm jetzt noch leid.
Die Radler werden auf der 7. Etappe andere Sorgen haben, aber anders als der Rudl damals am Abend oder zumindest im Ziel ein paar Glasl Meursault von Coche-Dury trinken können.
Es gibt Radsportfreundinnen und Radsportfreunde, für die es bei der Tour de France ausschließlich um den Besten, das Gelbe Trikot, geht. Darum für das Gelbe Trikot:
13. Etappe: Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest
Und es gibt Radsportfreundinnen und Radsportfreunde, für die es bei der Tour de France um die Gesamtheit der Spitzenleistungen aller Art von allen beteiligten Athleten geht. Der Rudl hat vor jeder Abfahrt und sogar vor der Passage eines Kreisverkehrs von jedem einzelnen Teilnehmer mehr Respekt als vor Manchester City und Paris Saint Germain zusammen.
Für die Alpenetappen eine Streuung an Spitzenleistungen in unterschiedlichen Kategorien, samt und sonders Weine, die es zumindest in diesen Jahrgängen noch nicht offen beim Rudl gegeben hat:
- Giac‘ Potes 2017, David und Fred Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (3/5)
- Altesse 2017, David und Fred Giachino, Chapareillan, AOP Vin de Savoie (4/6)
- Big Bang 2016, Maxime Dancoine, Aiton, Vin de Pays des Allobroges (4,50/7)
Fünfzig Percent Jacquère, fünfzig Percent Altesse. Von Jacques Maillet selbst als würdig befundener Nachfolger von dessen P’tit Canon, nur dass es vom Big Bang noch weniger gibt. Maxime Dancoine bewirtschaftet weniger als einen Hektar. Aber nicht irgendeinen. Dazu ein anderes Mal viel mehr.
- Chignin-Bergeron „Les Friponnes“ 2017, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (5/8)
- Apremont „Lisa“ 2017, Jean-Claude Masson, Apremont, AOP Vin de Savoie (3/5)
- Argile Blanc 2017, Domaine des Ardoisières, Cevin, Vin des Allobroges (4,50/7)Die folgenden hat es schon offen gegeben:
- Chassagne-Montrachet 1er Cru „Les Grandes Ruchottes 2007, Bernard Moreau et Fils, AOC Chassagne-Montrachet, Bourgogne (12,50/19 – ohne Probieren „en avance“)
- Hégoxuri 2014, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
- Sélection 1998, André et Mireille Tissot, AOC Arbois, Jura (6/9)
- Gewurztraminer „La Chapelle“ 2013, Domaine Zusslin, AOP Vin d’Alsace (5/8)
(in Klammern zuerst der Preis für das Sechzehntel, dann der für das Achtel)
In Paris gäbe es auch Wein. Der hat den Rudl bis jetzt nicht gereizt.
Diese Weine, aber auch noch einen ganzen Haufen andere, zum Beispiel etliche orangene, gibt es glasweise diese Woche wieder zu den gewohnten Öffnungszeiten
am Mittwoch, den 21. November und am Freitag, den 23. November
jeweils von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Nachrichten aus dem Flaschensortiment
Weine von folgenden fünf Weingütern in Savoyen sind ab sofort flaschenweise verfügbar (Preis in Klammern):
Domaine Giachino
- Giac‘ Potes 2017 (13,50)
- Apremont 2017 (14,50 Euro)
- Marius et Simone 2017 (19,50)
- Mondeuse 2017 (17)
- Persan 2017 (19,50)
- Don Giachino (Méthode traditionelle) 2015 (18,50)
- Altesse 2017 (18)
- Prieuré Saint Christophe Blanc 2016 (30)
- Prieuré Saint Christophe Rouge 2016 (30)
Domaine Partagé. Gilles Berlioz
- Les Friponnes 2016 und 2017 (25)
- Les Filles 2017 (32)
- Les Fripons 2016 (32)
Jean-Claude Masson et Fils
- Lisa 2017 (14,50)
- La Déchirée 2017 (18,50)
- La Centenaire 2016 (27)
Domaine de l’Aitonnement
- Big Bang 2016 (19)
- Solar 2016 (27)
Domaine de l’Ardoisières
- Argile Blanc 2017 (20)
- Schiste 2016 (37)
- Quartz 2016 (70)
Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 28. und 30. November:
Warten IV. … Weine, die noch viel vor haben
Im Übrigen erwartet Rudolf Polifka, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklärt.
Herr Rudolf grüßt, wartet und freut sich!
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien
Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen
kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro