Urgestein exclusiv! Polifkas Zugeständnis an die „So …-Edelfedern“

Konverse Verben

 

Es gibt Lehrer, die oft und gerne darauf hinweisen, dass sie von ihren Schülern viel lernen. Nicht dass der Rudl derlei nicht für möglich halten würde, aber irgendwie klingt in den Ohren vom Rudl da immer ein bissl etwas Unheimliches mit. Schon allein grammatikalisch ist ihm die Unterscheidung zwischen Aktiv und Passiv wichtig. Die ist auch für die Justiz nicht ganz unwesentlich. Dazu gehören die transitiven und intransitiven Tunwörtern, aber auch die konversen Verben, die ein und dieselbe Tätigkeit aus zwei verschiedenen Perspektiven benennen, „geben“ und „nehmen“ zum Beispiel, aber auch „lehren“ und „lernen“. Und für einen Systematiker wie den Rudl ist eben nicht alles willkürlich, Verhandlungssache oder eine Frage der Präsentationstechniken. Darum hätte das pädagogische Urgestein Rudolf Polifka gerne, dass der Lehrer mehr weiß als der Schüler. Das geht nicht immer, aber es ist ziemlich sicher nicht der allerschlechteste Anspruch.

 

Die „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ ist anders: Urgesteine

 

Sie ist die wahrscheinlich einzige Bildungseinrichtung der Welt, wo der Erklärer wirklich viel von seinen Gästen lernen kann, zumal die eine oder der andere von denen ja auf der Universität für Bodenkultur studiert hat. Trotzdem wäre es dem Rudl peinlich, ein Wochenthema auszugeben und sich dann die Bedeutung desselben von seinen allfälligen Gästen erklären zu lassen. Darum wollte er den Steinderln vorher ein bissl auf den Grund gehen. Und dabei ist er, wie befürchtet, drauf gekommen, dass er keine Ahnung hat, was Urgestein ist. Abgesehen einmal von Urgesteinen wie Heinz Conrads oder Peter Rapp. Aber was „Gneis“, „Granit“, „Schiefer“ oder ähnliche Begriffe genau bedeuten, weiß er nicht. Und er hat sie bis jetzt wie Synonyme verwendet. Die Steine haben das scheinbar verkraftet. Daran, dass das falsch ist, ändert das aber nichts. Eines weiß Caviste Rudolf jetzt auf alle Fälle: Man teilt Gesteine in drei Gruppen ein.

 

Drei Gruppen von Steinen

 

Die magmatischen Gesteine sind aus den nicht besonders gemütlichen Tiefen der Unterwelt nach oben befördert worden. Man unterscheidet die dann noch einmal nach dem Ort ihrer Erstarrung. Was die Belange des Rudl betrifft, sind da vor allem Basalt (Klöcher Traminer), Gabbro (Muscadet Gorgeois) und Ophite (Irlouléguy Pantxuri) wichtig.

 

Die Sedimentgesteine haben, wie man so schon sagt, Ameisen im Hintern. Die sind viel unterwegs. Das kann das verschiedenste Material sein, pur oder verschnitten. Und das können auch sehr verschiedene Verkehrsmittel und Motive sein. Kalk von Meerestieren ist da sehr berühmt. Wenn man in Chavignol bei Sancerre durch die Rebzeilen auf den Mont Damné kraxelt, stolpert man förmlich über versteinerte Muscheln und Schnecken.

 

Heiße Simmeringer Gehsteigkanten und die Unterwelt

 

Beiden, den erstarrten Lavaströmen wie den Ablagerungen, kann es passieren, dass sie durch Verschiebungen an der Erdkruste in die Unterwelt transferiert werden. Dort herrscht naturgemäß ein hoher Druck und dort ist es heiß. Heißer noch als im Sommer an der Gehsteigkante drüben an der Bitterlichstraße, dem östlichen Ende der Alpen. Dort ist es so heiß, dass dort die beste Musik zwischen dem Lungau und Louisiana entsteht. So oder so ähnlich hat das Kurt Ostbahn einmal erklärt. Für eine gute Musik ist es in der Erde drinnen schon zu heiß, aber ein passabler Weingartenboden kann dort schon entstehen. Da wird dann kristallisiert, geschmolzen, gemischt und vor allem gefaltet, dass es eine Freude ist. Und heraus kommt ein metamorphes Gestein: Gneis, Granulite oder eine der diversen Schieferarten, je nachdem was für ein Material vorher von der Tektonik in die Untiefen hinunter gedrückt worden ist. Jetzt wäre es um den ganzen Energieaufwand natürlich jammerschade, wenn das alles tief unter der Erde bleiben würde. In der Unterwelt gibt es keinen Weinbau. Wobei es ja schon Weine gibt, deren Geschmack selbst an dieser zugegebenermaßen mehr theologischen als geologischen Erkenntnis zweifeln lassen. Allerdings erklärt auch ein Labor als Terroir die eine oder andere Grausligkeit. Zurück zu Pluto. Irgendwann erodieren die darüber liegenden Schichten. Oder die Tektonik wird aktiv und befördert die metamorphierten Gneise, Granulite und Schiefer nach oben.

 

Geduld!

 

Sie sehen schon, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe: Das Urgestein als Weingartenboden ist nichts für ungeduldige Zeitgenossen. Bis so ein Weinbergboden fertiggestellt und der darauf gepflanzte Weingarten im Ertrag ist, braucht das Zeit. Darum sind Urgesteinsböden tendenziell alt, worauf das Präfix Ur- freilich schon ein dezenter Hinweis ist. Der Rudl würde jetzt nichts lieber tun, als Sie von den Geburtsdaten von Muscadet, Conflans, Cevins, Wachau, Kamptal, Weststeiermark, Sausal und Jois in Kenntnis zu setzen. Aber das mit dem Alter von Steinen scheint eine difficilere Sache zu sein. Das zu verstehen braucht Zeit. Vielleicht bietet sich einmal die Gelegenheit, den einen oder anderen Weinberg in seiner Genesis unter die Lupe zu nehmen. Aber davor ist noch das eine oder andere zu lesen. Diese Woche begnügt sich Geotheooenologe h.c. Rudolf Polifka damit, Ihnen aus den oben erwähnten Gegenden glasweise Weine anzubieten, deren metamorphe Weinbergböden Botschafter einer tieferen Welt und einer früheren Zeit sind. Und wer gerade abstinent lebt, kann sich die Steine, auf denen der Wein wächst, auch einfach anschauen.

Diese Woche also Weine von metamorphen Urgesteinsböden und zwar aussschließlich exklusiv und aus vier Jahrzehnten, von 1985 bis 2013

 

von Nordwest nach Südost:

 

  • Muscadet Sèvre-et-Maine, 2010, Michel Brégeon
  • La Grande Journée, 2012, Jean-Yves Peron, Conflans – direkt hinter dem Kirchturm von Saint Sigismond in Albertville. Viel weniger kann sich ein Winzermeister in die Angelegenheiten seines Weines nicht einmischen, Rebsorte Altesse
  • Schiste, 2012, Domaine des Ardoisières – selber Jahrgang wie La Grande Journée, keine zehn Kilometer davon aufgewachsen, auch biodynamisch, aber nicht orange
  • Améthyste, 2011, Domaine des Ardoisières – Rotwein aus den beiden autochthonen savoyardischen Rotweinrebosrten: 60 % Persan, 40 % Mondeuse, wie der Schiste auf äußerst kargen, steilen Schieferterrassen gewachsen
  • Neuburger Auslese Tannen, 2003, Mayer, Spitzer Graben, Wachau – süß
  • Riesling Weißenkirchner Steinriegl Kabinett, 1985, Franz Prager
  • Grüner Veltliner Kellerberg Smaragd, 2013, Schmidl, Dürnstein
  • Riesling Küß den Pfennig Smaragd, 2013, Schmidl, Dürnstein
  • Riesling Senftenberger Piri Privat, 1997, Nigl, Senfentberg, Kremstal
  • Sauvignon Blanc Heiligenstein 2002, Retzl, Zöbing, Kamptal
  • Trauben, Liebe und Zeit N° 6, 2013, Strohmeier, Sankt Stephan ob Stainz, Weststeiermark
  • Cuvée Sausal, 2011, Schnabel, Sausal, Südsteiermark
  • Pinot Noir, 2012, Schnabel, Sausal, Südsteiermark
  • Sauvignon Blanc, Millésime t.b.a., Umathum, Jois, Neusiedlersee Hügelland

 

Vierzehn Weine von metamorphen Urgesteinsböden glasweise und ausschließlich

 

am Donnerstag, den 12. März und am Freitag, den 13. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Schiste“, Reindorfgasse 22

 

Eine nicht allzu steinige und auf gar keinen Fall urige Woche!

Caviste Rudolf Polifka