Ça y est! Seit heute vermag Monsieur Rudolf etwas, worauf er sich schon vor der Eröffnung seines Kaufmannsladens gefreut hat: Von seinen beiden Lieblingsdomainen aus seiner Lieblingsappellation Irouléguy kann er fast alle Weine offerieren und das in Rot, Weiß und Rosé: Domaine Arretxea und Domaine Ilarria.
Zuerst rot
Flaschenweise gibt es die Weine ab sofort. Glasweise wird Caviste Rudolf diese Woche einmal die roten offerieren. Das bedeutet Tannat, ein bissl auch Cabernets, vor allem bedeutet das aber Gerbstoff, gleichsam als Kompensation für die Rebsorte der letzten Woche.
Tannat
Bezeichnenderweise versteht man unter Tannat nicht nur die Rebsorte, sondern auch die Salze im Tannin. Seinerzeit hat man viel mehr Tannat reinsortig ausgebaut. Vielleicht haben die Menschen früher mehr Geduld gehabt. Denn trinken hat man das meistens erst nach zwanzig Jahren können. Heute ist fast immer ein mehr oder weniger kleiner Anteil an Cabernet Franc oder oder und Cabernet Sauvignon dabei. Direkt jungweintauglich macht ihn das aber auch nicht.
Gesundheit!
Vielleicht gilt Tannat deshalb als gesündester Rotwein der Welt, weil er mehr zum Aufheben als zum Trinken da war.
Die Forscher sehen andere Gründe: Kein anderer Wein entwickelt so einen Haufen an Procyanidin wie Tannat, viermal so viel wie jeder andere Rotwein, zumindest wenn er traditionell gekeltert wird und also drei bis vier Wochen auf der Maische steht – manchmal auch ungerebelt – und dann im alten Holz ausgebaut. Die Tannats aus Uruguay tun das in der Regel nicht, die aus den Pyrenäen, vor allem die aus Madiran und Irouléguy schon. Procyanidin beugt Herz- und Kreislauferkrankungen vor und fängt Radikale.
Heute versucht man die Typicität der Rebsorte zu erhalten, aber seine Trinkreife zu beschleunigen. Dort wo das gelingt, hat man reife und runde Tannine und Aromen nach schwarzen Beeren, Mirabellen und Brombeeren.
Wie man zu Alain Brumont und seinem Madiran Château Montus steht: Wenn es heute um Tannat geht, darf sein Name nicht fehlen.
Und in der Tat ist Tannat natürlich in erster Linie Madiran. Aber den gibt es eh da und dort. Eine Flasche mit Tannat aus Irouléguy rennt einem in Wien aber nicht alle Tage über den Weg, außer man liest Michel Houellebecq.
Wetter
Die paar Hügeln vor den Pyrenäen, auf die sich die Appellation Irouléguy erstreckt, sind um die tausend Meter hoch. Die Westhänge dieser Hügel meistens sehr grün, weil der Wind die Wolken vom dreißig Kilometer entfernten Atlantik herein trägt, die Wolken es dann aber nicht ganz über die Berge derpacken und als Regen herunter fallen, in der Region um Espelette zum Beispiel, wo die berühmten Paprika wohnen. Der Wind tut sich nach dem Regen ohne Gepäck natürlich leichter, kraxelt dann noch ein kleines bissl hinauf und fällt an den Osthängen dieser Hügelketten trocken und heiß herunter. Auch die Südwinde fallen nördlich der Pyrenäen trocken und heiß herunter. Alles in allem kann man festhalten, dass die Piments eher im Nord-Westen von Irouléguy und die Weintrauben eher im Süd-Osten zuhause sind.
Die Weingärten von Irouléguy und auch die von Jurançon haben nämlich etwas mit Innsbruck gemeinsam. Den Föhn. Und wenn der Rudl nicht wüsste, dass dieser Traktat über seine Lieblingsappellation hinsichtlich des Umfangs sowieso alle Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten wird, dann würde er jetzt einen Exkurs über die wunderbare Zeitschrift von Markus Wilhelm, dem Karl Kraus aus dem Ötztal, einschieben. Dem seine Zeitschrift heißt nämlich auch Foehn und die war für den heranwachsenden Rudl seinerzeit journalistisch das, was der Kurtl musikalisch-poetisch und Major Kottan televisionär war.
Wegen der Jausn zum Mitnehmen warads
Aber zurück auf die Hügeln: Bis circa sechshundert Meter hinauf kann man Weingartenterrassen finden. Auf den Wiesen dazwischen, nach der Lese auch in den Weingärten der Domaine Arretxea, rennen Schafe herum. Der Ossau-Iraty ist einer der berühmtesten Schafkäse Frankreichs. Und Herr Rudolf nimmt das wieder einmal zum Anlass, Sie daran zu erinnern, dass es ausdrücklich erwünscht ist, wenn Sie sich die Jause in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils selber mitbringen. Diese Woche wäre so ein Iraty vielleicht gar nicht der unpassendste Tanninebegleiter.
Steine
Yves Hérody, Geologe aus dem Jura, bezeichnet Irouléguy als Mosaik von über vierzig unterschiedlichen Böden. Im Großen und Ganzen lassen sich aber vier Terroirs identifizieren:
Roter Sandstein
stammt aus dem unteren Trias, ist also knapp 230 Millionen Jahre alt. Die vom Sandstein dominierten Weingärten weisen einen hohen Eisengehalt auf, sind sauer und oft in Terrassen angelegt.
Kalk aus dem Jura
supportiert vor allem die Rebstöcke der Domaine Ilarria, ist gut fünfzig Millionen Jahre jünger, aber auch ganz schön alt.
Schiefer
ist älter als Sandstein und Kalk, trotzdem aber nur zufällig der Boden, auf dem die Domaine Arretxea begonnnen hat.
Vulkanischer Ophite
ist im Gegensatz um Sandstein basisch und liegt als Streusplitt in der Einfahrt zur Domaine Arretxea. Vielmehr weiß der Rudl darüber nicht, denn er ist gstudierter Theologe, nicht Geologe.
Rebsorten sind Geschichte
Weinbau ist in Irouléguy bis ins zwölfte Jahrhundert nachweisbar. Im fünfzehnten Jahrhundert ist Basse Navarre, sozusagen Niedernavarra, unter Heinrich IV. zum Königreich Frankreich gekommen. Das Letzte, was Frankreich von dieser Region wollte, war Wein. Darum ordnete man den Mönchen von Roncevaux an, die Weingärten stillzulegen. Haben die die neuen Machthaber nicht verstanden oder haben sie sich denen widersetzt? Die Weingärten stillgelegt haben sie auf alle Fälle nicht. Im Gegenteil. Bis ins neunzehnte Jahrhundert ist die Rebläche auf 1700 Hektar angewachsen. Um ein Haar hätte die Reblaus dem Weinberg den Garaus gemacht. Jetzt wächst er wieder und hält bei 220 Hektar, größtenteils Terrassenlagen.
Über die traditionellen Rebsorten von Irouléguy konnte man früher lesen, dass ihre Namen mehr singen würden als die Weine, die daraus gekeltert werden. Ihrer Säure und Härte seien nur die robusten Kehlen der Bergbewohner gewachsen gewesen. Die Reblaus hat dieses Problem, so es eines gewesen ist, erledigt. Der Weinbau ist in der Folge in Irouléguy nahezu zum Erliegen gekommen. 1954 haben sich dann die letzten Weinbauern zu einer Genossenschaft zusammen geschlossen. Viele Hektar waren das nicht mehr. Ab den Achtziger Jahren hat man dann begonnen, Reben zu selectionnieren und und auf die einzelnen Terroirs abzustimmen, tendenziell mit eher fruchtigen Weinen auf Sandstein, weicheren auf Kalk und körperreicheren auf den Ton-Dolomit-Ophit-Verwitterungsböden. 1970 wurde Irouléguy der Status einer Appellation zuerkannt. Die Genossenschaft ist heute eine der renommiertesten Frankreichs und das, obwohl die Zahl der Winzer, die selber vinifizieren, Jahr für Jahr steigt. 2000 waren es fünf, heute sind es mindestens neun. Die Autoren der N° 4 von Les Feuilles du Pin á Crochet haben das vor über zehn Jahren gewusst. Sie beschreiben Irouléguy 2003 als „vignoble en pleine expansion“, „qui va sûrement progresser dans les décennies à venir“.
Domaine Ilarria
Peio Espil bewirtschaftet zehn Hektar Weingärten auf sehr kargen kalkreichen Felsböden. Zwei Hektar mit den Weißweinreben Petit Manseng und Courbu. Auf den anderen acht wachsen Tannat, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon.
Die Stockdichte ist hoch, der Ertrag niedrig und die Bewirtschaftung biologisch.
Irouléguy Rouge 2012, Domaine Ilarria
Tannat und Cabernets auf Kalk
Cuvée sans soufre ajouté 2012, Domaine Ilarria
Dieselben Rebsorten, derselbe Boden, aber achtzehn Monate in Barriques und im großen Holz, ohne Schwefelzusatz
Domaine Arretxea
Thérèse und Michel Riouspeyrous haben etwas mit auffällig vielen Weinbuaern, deren Weine Herr Rudolf verkaufen darf, gemeinsam. Ihre Vorfahren haben ein Weingut bewirtschaftet. Sie selber waren dann ein Zeitl weg. Dann sind sie wieder zurück gekommen und haben auch Wein gemacht. Zum Glück.
Riouseyrous haben zu Beginn der Neunziger Jahre mit einem Schieferterroir begonnen, 2004 ist dann ein Weingarten auf Sandstein dazu gekommen. Und seit 2007 vinifizieren sie auch die Trauben von Pantxo Indart aus dessen biodynamisch bewirtschafteter Parzelle auf magmatischem Ophite.
Die acht Hektar von Thérèse und Michel Riouspeyrous sind südlich ausgerichtet und ziemlich steil, teilweise terrassiert. Wenn jemand das Wort „Terroir“ allzu leichtfertig verwendet, kann es passieren, dass Michel Riouspeyrous gereizt reagiert, nicht weil ihm das Terroir wurscht ist, sondern seines Erachtens allzu oft zu Unrecht strapaziert wird. Mit renommierten Geologen und Bodenforschern wie Yves Hérody, Dominique Massenot und Jacques Petit versucht er seinen Böden auf den Grund zu gehen, sie zu kartogarphieren und respektvoll wie penibel zu bewirtschaften.
Irouléguy Rouge Tradition 2013, Domaine Arretxea
Siebzig Percent Tannat, zwanzig Cabernet Franc, zehn Cabernet Sauvignon. Zwei bis drei Wochen auf der Maische spontan vergoren, dann dreißig Monate auf der Feinhefe im Naturbeton. Unfiltriert abgefüllt. Unbedingt ein paar Stunden vorher aufmachen. Zu weißem wie rotem Fleisch, vor allem aber zu Lammfleisch.
Haitza 2012, Domaine Arretxea
Siebzig Tannat, dreißig Cabernet Sauvignon. Ausbau ähnlich wie Tradition, nur dass der Ausbau teilweise in Manhartsberger Eiche von Stockinger, einem Fassbinger, auf den der Rudl in Frankreich immer wieder angesprochen wird, erfolgt. Vor allem zu allem, was auf dem Wasser schwimmt oder über das Wasser fliegt. Schwammerl tun weder das eine noch das andere, passen aber trotzdem ganz gut zum Haitza. Braucht auch unbedingt Luft.
Irouléguy Rouge Tradition 2013, Domaine Arretxea
Irouléguy Haitza 2012, Domaine Arretxea
Irouléguy Rouge 2012, Domaine Ilarria
Cuvée sans soufre ajouté 2012, Domaine Ilarria
Diese vier Rotweine, evidenterweise nicht ausschließlich diese
am Donnerstag, den 10. März und am Freitag, den 11. März
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgsse 22
Nachrichten aus dem Flaschensortiment
Neben den roten, weißen und roséfarbenen Weinen aus Irouléguy sind ab sofort Grüner Veltliner Spiegel 2014 und Roter Veltliner Reisenthal 2014 vom Mantlerhof verfügbar.
Herr Rudolf freut sich!