Percée du Vin Jaune
Die letzten zwanzig Jahre hat am ersten Wochenende im Februar immer die Percée du Vin Jaune stattgefunden. An wechselnden Weinorten im Jura sind vierzigtausend Amateure des kräftigen, oxydativen gelben Weines zusammen gekommen und sind Zeugen geworden, wie die Hefeflorschicht des aktuellen Jahrgangs durchstochen wurde und der Wein zum ersten Mal von der Öffentlichkeit unter und auf die Papillen genommen werden konnte. Kommendes Wochenende hätte der Jahrgang 2010 nach sechs Jahren und drei Monaten des Harrens und Verweilens in seinem Fass, seinen großen Auftritt gehabt. Der Rudl hat schon voriges Jahr quasi den Jura nach Reindorf geholt und an den Tagen unmittelbar vor der Percée ein paar Gelbe glasweise zur Ausschank gebracht. So hat er es auch heuer projektiert gehabt. Aber manchmal kommt es anders.
Weil man auf der Suche nach einem neuen Veranstaltungs- und Sicherheitskonzept sei, hat sich die Association des Ambassadeurs des Vins Jaunes entschlossen, heuer zu pausieren. Die Percée du Vin Jaune in L’Étoile ist auf 2018 verschoben. Heuer denkt man über die Veranstaltung nach. Jetzt ist der Rudl der allerletzte, der etwas gegen Nachdenken hat. Aber er wird mit zunehmendem Alter auch ein Mensch, dem Gewohnheiten wichtig werden. Monsieur Rudolf hat zwar der Percée du Vin Jaune noch nie analog beigewohnt, aber die Vorstellung eines Weinfestes mit vierzigtausend Besuchern Anfang Februar hat ihn stets fasziniert. Deshalb selbsternennt er Mittwoch, den 1. und Freitag, den 3. Februar zur einzigen und offiziellen Percée du Vin Jaune 2017, in Reindorf.
Jura
Jura kann man quasi als komplementäre Weinbauregion zu Burgund verstehen. Über etwa achtzig Kilometer erstreckt sich ein zwei bis vier Kilometer langes Bandl von Norden nach Süden. Irgendwann, es muss gegen Ende des Tertiärs, gewesen sein, ist dieses Bandl als Kollateralschaden, respektive -nutzen – wie man halt zu den Weinen des Jura steht – der alpinen Kompression von Osten nach Westen in Richtung Ebene von Bresse hinunter gerutscht sein, gerade so wie die Côte d’Or auf der anderen Seite des Saône- und Bresse-Grabens vice versa. Zum Glück hat das Juraband mit seinen ganzen Salzen und seinem Gips rechtzeitig vor den Pipperln von Bresse Halt gemacht. Der Unterboden des Jura besteht zu neunzig Percent aus Mergel. Darauf lassen sich prinzipiell zwei Grundbodentypen identifizieren:
Kalkgeröll vor allem am Fuß der Felsvorsprünge
Je konzentrierter der Kalk auftritt, desto mehr Chardonnay steht tendenziell dort.
Argiles à chailles
Auf den etwas weniger geneigten Hängen ist der Tonanteil zwischen den runderen Kalk und Silikatsteinderln höher. Da tummeln sich die Trousseau- und Savagninstöcke. Rund um die päpstliche Residenz von Jacques Puffeney, dem seit 2015 emeritierten „Pâpe du Savagnin“ in Montigny-les-Asures ist das der Fall.
Savagnin
Egal aus welcher der vier Appellationen des Jura der jeweilige Vin Jaune stammt, er besteht zu hundert Prozent aus Savagnin. Etwas anderes ist für Vin Jaune nicht zugelassen. Nirgends. Zweihundert Hektar, das sind zwölf Prozent der Rebfläche des Jura, sind mit Savagnin bestockt. Kleinbeerig und spätreifend. Mergel ist sein Lebenselexir.
Ausbau gegen alle Regeln der oenologischen Kunst
Vin Jaune wird in 228-Liter-Fässern ausgebaut. Dort bleibt er mindestens sechs Jahre und drei Monate. Dann ist der allerletzte Rest von vergärbarem Zucker aufgebraucht und der Wein so etwas von trocken. Für den Jura spezifische Hefen, Sacchromyces oviformis, sollen eine sehr langsame Gärung bewirken. Die abgestorbenen Hefen bilden eine Hefeflorschicht, die den Wein oxydatif werden lässt, ihn gleichzeitig aber auch vor einer Oxydation, die ihn ungenießbar machen würde, schützt. Es ist vor diesem Hintergrund nicht so überraschend, dass der Vin Jaune die Weintrinkenden dieser Welt polarisiert. Oxydiert oder oxydatif? Beiden ist ein Verlust an Elektronen gemeinsam. Dazwischen tut sich ein Raum für Interpretation auf.
Der Schwund im Fass darf nicht aufgefüllt werden. Von einem Liter eingefülltem Wein bleiben nach sechs Jahren und drei Monaten 62 Centiliter über. Dieses Quantum geht in einen Clavelin, wie die spezifische Flasche für Vin Jaune genannt wird. Vin Jaune wird temperiert getrunken. Wird er das nicht, ist er hundert Jahre lagerfähig. Sein Ursprung liegt vermutlich im achtzehnten Jahrhundert in Château-Chalon. Kein Wunder, dass die Eigenschaften von Vin Jaune in Château-Chalon am ausgeprägtesten auftreten: Gold- und Bernsteinfarbe, Nuss- und Curryaromen, hohe Komplexität, Kraft, Bitternoten und ein vielleicht wirklich unvergleichbares Reifepotential.
AOP Côtes du Jura
So nennt man die Sammelappellation für alle Weine des Jura von
Champagne-sur-Loue im Norden bis Saint-Jean-d’Etreux im Süden. Charakteristisch sind im gesamten Jura Mergelböden, manche mehr, andere weniger kalkhältig. Tendenziell regnet es im etwas kühleren Norden mehr als im etwas wärmeren Süden. Die spezifischen Rebsorten des Jura Savagnin, Poulsard und Trousseau sind überall verbreitet, wobei ihnen im Süden durch Chardonnay und Pinot Noir mehr Konkurrenz als im Norden erwächst. Die Domaine Pignier und ihr spektakulärer Kartäuser Keller, befindet sich in Montaigu, etwas südöstlich der Appellation L’Étoile.
Vin Jaune 2007, Domaine Pignier, AOC Côtes du Jura, Montaigu, Jura
Blauer Mergel, nur eines von drei mit Savagnin befüllten Fässern wird als Vin Jaune abgefüllt. Comté drängt sich auf, Gougères et Noix passen auch nicht schlecht. Weißes Fleisch mit Saucen und ohne Kalorienaversionen, Curry, Safran, … halt vieles, was intensiv schmeckt.
Und der Rudl nimmt das wieder einmal zum Anlass, Sie zu animieren, sich die Jausn selber in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitzubringen, gerade so wie früher einmal beim Heurigen.
AOP Arbois
… ist die nördlichste der drei kommunalen Appellationen des Jura. Der hohe Mergelanteil im Boden begünstigt Rotwein, südlich von Arbois bei Pupillin eher Poulsard, nördlich beim Papstsitz Montigny-les-Asures mehr Trousseau.
Vin Jaune 2008, Gérard Villet, AOC Arbois, Jura
Château-Chalon
Optischer Höhepunkt im Jura ist vermutlich Château-Chalon, vielleicht überhaupt von allen Weingärten Frankreichs, sieht man von denen am Mont Ventoux vielleicht einmal ab. Die Appellation beschränkt sich ausschließlich auf Vin Jaune. Darum steht Letzteres auch nicht explizit am Etikett.
Ein markanter Felsvorsprung plombiert quasi die Appellation und speichert angeblich die Sonnenenergie am Tag, um sie in der Nacht an den Weingarten forzuwarden. Der Felsen schützt die Weingärten vor den Winden aus dem Norden und dem Nordosten. Auf der Plombe haben sie die Ortschaft Château-Chalon angelegt. Nirgends im Jura findet man eine höhere Konzentration an grauem und graublauem Mergel.
Château-Chalon 2000, Baud Père et Fils, AOC Château-Chalon, Jura
L’Étoile
L’Étoile die südlichste kommunale Appellation des Jura. Ihren Namen verdankt sie möglicherweise den zahlreichen versteinerten Seesternen in den Böden, vielleicht aber auch den fünf Hügeln, die den Weinberg eingrenzen. Die Winzer von L’Étoile stellen fest, dass viel Frühjahrs- und Sommerregenfronten, aber auch Gewitter aufgrund der Topographie und der Thermik einen Bogen um ihre Appellation machen. Abgesehen davon Kalk, Ton und Mergel. Wenn es ein geologisches Spezifikum von L’Étoile gibt, dann ist es ein relatives Übergewicht von Kalk auf Kosten von Mergel. Etwas mehr Chardonnay, den man dort „Gamay Blanc“ nennt, als sonst im Jura. Für den Vin Jaune ist das irrelevant.
Vin Jaune L’Étoile 2009, Domaine Geneletti Père et Fils, AOC L’Étoile, Jura
Freilich gibt es nicht ausschließlich diese vier Vin Jaunes glasweise offeriert
- Vin Jaune L’Étoile 2009, Domaine Geneletti Père et Fils, AOC L’Étoile, Jura (7,50/12)
- Château-Chalon 2000, Baud Père et Fils, AOC Château-Chalon, Jura (9/14)
- Vin Jaune 2008, Gérard Villet, AOC Arbois, Jura (7,50/12)
- Vin Jaune 2007, Domaine Pignier, AOC Côtes du Jura, Montaigu, Jura (7,50/12)
am Mittwoch, den 1. Februar und am Freitag, den 3. Februar
jeweils von 16 bis 22 Uhr
in der Weihandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!
Vorschau
In den Wiener Energieferien vom 4. Februar bis 12. Februar trachtet der Rudl der ursprünglichen Bestimmung dieser Ferien gerecht zu werden, lässt die Heizung abgedreht und die Tür zugesperrt.
Herr Rudolf grüßt den Sauerstoff und, der Ausgewogenheit verpflichtet, wie er ist, auch die Elektronen!
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien
Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen
kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro