Es gibt Menschen, die wollen vor allem eines: dass man ihnen Prestige zuschreibt. Und das atmen sie auch aus, mit jeder Pore ihrer Haut: sonore Stimme, langsame Sprache und Gestik, joviales Lachen und Fidelsein, an Psychose grenzender Mangel an Selbstironie und ein para-erotisches Verhältnis zu – nicht selten motorisierten – Statussymbolen: die personifizierten Souveränitäten. Gerhard Polt und Otto Grünmandl haben ihnen vor dreißig Jahren ein literarisches Denkmal gesetzt („Die ganze Welt und überhaupt. Gespräche in einem Raum“), dem eigentlich nichts hinzuzufügen wäre, wenn es diese geborenen oder penibel gecoachten Souveränitäten nicht in verzichtbarer Regelmäßigkeit herausfordern würden, dass man ihnen ihr überschaubares Format vor Augen hält. Und dann gibt es natürlich auch Menschen, die krankhaft von solchen Figuren fasziniert sind, die Claqueure und Claqueusen, manchmal auch Nachäffer der Souveränitäten.
Bemerkenswert erscheint dabei, dass vor ein paar Jahrzehnten solche Souveränitäten auch noch in der Politik zu finden waren. Heute sucht man sie dort vergeblich (nicht jedoch ihre Claqueure). Die Souveränitäten selber scheinen sich in die mehr oder weniger private Wirtschaft zurückgezogen zu haben. In der Politik machen sie sich bestenfalls als Berater(honorar) bemerkbar.
Solchen Erscheinungen mit Skepsis, nötigenfalls auch mit Spott zu begegnen, auf gar keinen Fall aber über ihre jovialen Witze zu lachen, ist eine der wenigen Lehren, die sich Herr Rudolf aus seiner frühen Kindheit gemerkt hat. Beide Seiten dieser konversen Erscheinung – die Darsteller wie die Anhimmler – betrachtet der Rudl als Deppen.
Und von diesen unterscheidet er die Narren, denen komplett zu Unrecht der Fasching als Zeit zugeschrieben wird. Schaut man sich so eine Faschingssitzung nämlich einmal an, dann sieht man dort keine Narren, sondern erst recht wieder die jovialen Deppen und ihre auch nicht viel gscheiteren Bewunderer. Die Narren hat man längst davon gejagt, gekreuzigt, eingeliefert, assimiliert oder in ihrem Narrentum pragmatisiert und ihnen damit den Narrenzahn gezogen.
Die Narretei begegnet aber natürlich nicht nur den anthropomorphen Souveränitäten mit Skepsis, sondern auch den entsprechenden Geistes- und Gemütshaltungen, den Weisheiten, die halt land- oder stadtläufig so angenommen werden, allem, was einem der Hausverstand angeblich so sagt und den übrigen kleinen und großen Konformismen, die so sind, weil sie immer schon so waren.
Eine Weinweisheit, die einem der Hausverstand nahelegt, ist es zum Beispiel, Schilcher jung zu trinken, wobei damit natürlich nicht gemeint ist, sich den entsprechenden Regelungen des Jugendschutzgesetztes zu widersetzen und dem Schilcher bereits im Vorschulalter zuzusprechen. Dazu wäre vermutlich jeder Wein besser geeignet als der Schilcher mit seiner rustikalen Säure und den herben Noten. Die gängige Meinung empfiehlt, Schilcher nicht lange zu lagern. Das wird in vielen Fällen sinnvoll sein, immer stimmt es nicht. Ein begeisternd lebendiger Schilcher von Sepp Muster aus dem Jahr 1992, der 2013 geöffnet wurde, hat das in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ schon gezeigt. Gemäß dem Motto des Apostels Paulus, „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1 Thess 5,21), gebietet es die Narretei, diese Woche drei reife Schilcher zu öffnen, zwei aus dem Jahr 1990, einen aus dem Jahr 1991. Der Rudl ist auf das Resultat selber schon gespannt. Einer davon ist übrigens vom Weingut Fuchs-Maierhofer aus Gundersdorf, das in Weinbüchern der Siebziger Jahren immer wieder als Pionier der naturbelassenen Weine, des lagenspezifischen Ausbaus und der Interventionsreduktion genannt wird (Helmut Romé, Die großen Weine Österreichs).
Dabei sei natürlich darauf hingewiesen, dass das Anrennen eines Narren gegen etablierte Meinungen und Weisheiten nicht ausschließlich mit Siegen über die etablierten Meinungen und Weisheiten endet. Manchmal erweist sich das Etablierte als sinnvoll. Aber den Versuch war es gemäß 1 Thess 5,21 wert. So oder so werden auch andere Weine zur Ausschank kommen, auch junge Schilcher. Und zwar
am Mittwoch, den 12. und am Freitag, den 14. März
jeweils von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22
Rudolf Polifka grüßt diese Woche ganz besonders die Passagiere des „Narrensschyffs“ (1494) von Sebastian Brant und jene des Flascherlzugs von Stainz!