Rebsortenpopularitäten: Triest und der Rest der Welt. Dem Rudl gefällt das!

Hätten Rebsorten einen Account bei Facebook, wäre es einfach. Dann ließe sich ganz leicht feststellen, welche gerade die beliebteste ist, sofern man selber im Facebook wäre. Aber auch ohne den Sanctus der elektronischen Akklamation wagt Diplomampelziologe Rudolf Polifka die Prognose, dass es der Malvasier, in Österreich als Frühroter Veltliner bekannt, eher nicht unter die drei beliebtesten schafft, sofern man Triest und Umgebung nicht zu Österreich zählt. Umso mehr ein Grund, dieser Rebsorte einmal nahezutreten, reifegradtechnisch und terroireusement.

Etymologisches

Etymologisch bemerkenswerterweise hat die erste Silbe nichts mit „schlecht“ zu tun. Der Rebsortenname leitet sich von der griechischen Hafenstadt Monemvasia ab. Dort befand sich seinerzeit ein bedeutender Exporthafen für Wein. In anderen Sprachen klingt der Name ähnlich: Neben dem italienischen „Malvasia“ findet sich das slowenische wie kroatische „Malvazija“. In Frankreich heißt die Rebsorte „Malvoisie“, ohne dort eine nennenswerte Rolle zu spielen. In Portugal gibt es „Malvasía Preta“, „Malvasía Fina“ und „Malvasía Rei“. Keine ist mit dem mitteleuropäischen verwandt. Wenn Sprache und Wein zwei inkompatible Sphären sind, dann dürfte das in Portugal ganz besonders gelten, so benennt man dort manche Rebsorten mit Lautfolgen, die sich jeder Artikulation entziehen. Weils eh wurscht is.

Hinterfotzige graue Maus

Aber auch die hierzulande geläufige Bezeichnung als „Frühroter Veltiner“ ist hinterfotzig. Der Frührote ist weder mit dem Roten noch mit dem Grünen Veltliner verwandt. Und ohne jetzt irgendeiner Weinbaumeisterin oder einem Weinbaumeister nahe treten zu wollen, kennt der Rudl kaum ein österreichisches Weingut, in dem der Frührote über den Status des Jungweins oder Einstiegsweins hinaus kommt. Für Leo Uibel gilt das nicht. Sein Frühroter kommt von bis zu sechzig Jahre alten Reben, liegt vier Monate auf der Gärhefe und hat mit vordergründiger Zuckerlaromatik überhaupt nichts zu tun.

Wenn es heute um interessante Malvasiers geht, sind wir aber nicht in Österreich zuhause, zumindest nicht im Österreich nach Saint-Germain 1919. Interessant wird es da vor allem im Triestiner Karst und in Istrien. Und dort sind viele der besseren Malvasiers orangene. Von denen öffnet Malvasieur Polifka diese Woche ein paar, nämlich

Čotar, Malvazija 2006

Klinec, Malvazija 2007

Renčel, Malvazija 2007

Sancin, Malvasia 2009

Wein aus Triest von einem Winzer, der auch ein ziemlich guter Zitronenolivenölpresser ist.

Dazu natürlich den

Frühroten Veltliner 2013 von Leo Uibel

1991er Spätlese

Und dann fehlt da noch die diachrone Dimension. Möglicherweise war es ja nicht immer so, dass der Malvasier in Österreich nicht viel gegolten hat. Da hat der Rudl in seinem Keller beispielsweise eine 1991er Malvasier Spätlese von Johannes Zillinger gefunden, vor gar nicht so langer Zeit aufgemacht und war beeindruckt. Dabei hätte ja schon der Terminus „Spätlese“ auf einem Etikett der frühen Neunziger Jahren darauf hingedeutet, dass es sich bei diesem Wein nicht um den Einstieg in das Sortiment gehandelt hat. Darum wird auch der diese Woche glasweise zur Kredenzung gebracht.

Und weil es gerade um das Weingut Zillinger geht, möchte der Rudl ein Kleinod als Dialog, den er beim Orange-Wine-Festival vorletzten Montag in Wien am Stand von Johannes Zillinger aufgeschnappt hat, wiedergeben:

 

Ein sich gerade vorgedrängt habender Experte, der sich keine Sorgen um die Wartenden hinter ihm macht:

Herr Zillinger, erzählen Sie mir etwas über Ihre Weine. Sind Sie jetzt auch bio?“

Herr Zillinger:

Ja, seit 1984.“

 

Malvasiers, maischevergorene und andere, aber nicht ausschließlich:

am Donnerstag, den 27. November und am Freitag, den 28. November

von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

Rudolf Polifka grüßt die Bewohnerinnen und Bewohner von Monemvasia und die seiner näheren und weiteren Umgebung!

 

„Nos 500 meilleures Cuvées“

… titelte vor wenigen Tagen eine Sondernummer der „Revue du Vin de France“. Und darunter sind nicht, wie das österreichische Ohr vielleicht geneigt wäre anzunehmen, die fünfhundert besten Verschnittweine zu verstehen. Das französische „cuvée“ hat – anders als das österreichische „Cuvée“ – überhaupt nichts mit Verschnitt zu tun, eher fast im Gegenteil.

Diese 500 Weine kommende Woche beim Rudl

… zum Darüberlesen. Das Heftl wird im Geschäft aufliegen. Sollte Ihnen das Lesen über diese Weinderln zu wenig, zu trocken oder zu wasweißderrudlwas sein, bietet Ihnen Monsieur Rudolf vier von diesen fünfhundert Weinen glasweise an. Die finden sich nämlich im Sortiment von seinem Weingeschäft.
Das wäre quasi einmal ein materieller Überbau. Muss ja nicht immer die Idee oben drauf sein.

Anlassweinprogrammierung

Aus diesem Anlass schenkt Monsieur Rudolf diese Woche diese vier Weine aus. Auf dass Sie sich über dieselbigen und oder oder, oder und und oder die „Revue du Vin de France“ eine Meinung bilden. Und ganz uneitel ist man ja auch nicht. Wenn von seinem Sortiment, das 38 französische Weine umfasst, 4 unter die 500 besten Frankreichs gewählt werden, dann freut den Rudl das, für ihn selber und für die savoyardischen Winzer. Drum offeriert er diese Woche diese vier Weine glasweise, aber nicht ausschließlich.

Mont Blanc Brut Zéro 2010 von Dominique Belluard, Ayze (22 Euro)

Dem sollte eigentlich erst zu Silvester Einlass ins Rudl-Sortiment gewährt werden. Aber so lange ist es da eh nicht mehr hin. Die Gringet-Reben schauen auf den Mont Blanc hinauf. Und dem Rudl kommt vor, dass man das an der Energie dieses Schaumweins merkt, äußerst feine Perlage, florale Noten und drei Jahre „sur latte“, das heißt vor dem Degorgieren drei Jahre im Rüttelpult mit der Hefe gerüttelt, ohne Zuckerzugabe jedweder Art für die zweite Gärung. Die Zeitung schreibt, dass der 2020 auch noch gut ist. Nur kaufen muss man ihn vorher.

Altesse 2013 Frédéric et David Giachino, Chapareillan (14 Euro)

Eine facettenreiche Altesse mit einer ungewöhnlichen Frische. „Croquant“, sagt der Franzose, was so viel wie „knackig“ bedeutet. Aber dem Rudl gefällt „croquant“ besser. Lindenblüten haben Sie bei einer Altesse ja schnell einmal. Die von Giachino hat einen Zug von Salzigkeit drauf, Quitte, Mandel, Birnen und Zitrusfrüchte. Begleitet fast alles vom Fisch bis zum Dessert, aber auch sich selbst.
Der 2013er ist noch grün hinter den Ohren. Darum macht der Rudl den 2011er auf und verkauft den 2013er nur flascherlweise.

Quartz 2012 Domaine des Ardoisières, Cévins (58 Euro)

Dass Brice Omont Anfang der Neunziger Jahre gemeinsam mit dem Renaissancier Michel Grisard ein atemberaubendes verwaistes Schiefer-Terroir im Isère-Tal wieder mit Rebstöcken bepflanzt hat, das hat Herr Rudolf hier schon ein paar Mal erwähnt. Dass dort auf kargen Böden, wie der Rudl sie bis jetzt nur bei Dupasquier in Jongieux gefunden hat, die teuerste Altesse der Welt residiert, auf Terrassen residiert, das sei heute ergänzt. Spontan vergoren, zu 25 Percent in neuen und 75 in gebrauchten Barriques ausgebaut, kommen 2500 Flaschen im Jahr heraus, als IGP Vin d’Allobrogie. Mindestens fünfzehn Jahre lagerfähig, begleitet er besonders gut Schalengetier (sofern am Teller), Fisch (detto), und Käse (auch ohne Teller).

Irouléguy blanc 2012 Domaine Ilarria, Irouléguy (22 Euro)

60% Petit Courbu und 40% Petit Manseng auf Kalk – eine ungewöhnliche Kombination, weil sowohl im Juranςon als auch in Irouléguy meistens der Gros Manseng dominiert. Die „Revue du Vin de France“ betrachtet den Weißen von Ilarria als wilder im Vergleich zu denen von Arretxea, und beide Weingüter zusammen als Indiz dafür, dass im französischen Süd-Westen die tiefgründigsten Weißen in Irouléguy wachsen. Was der Rudl schon immer gesagt hat.
Zwölf Stunden Maischestand, spontan vergoren, Schwefel erst bei der Füllung. Mehr Kräuter und medizinische Noten als Frucht. Irgendwann wird es eine Vertikale geben.

Das und ein bissl mehr, glasweise

am Donnerstag, den 20. November und am Freitag, den 21. November
von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 

Nachrichten aus dem Sortiment

Ab sofort ist der dem Rudl seiner Meinung nach beste Frührote Veltliner des Landes, nämlich der von Leo Uibel, wieder verfügbar. Dazu sowieso bald einmal mehr.

Herr Rudolf wünscht eine formidable Woche!

When the year ends in 4 und der steirische Jean-Claude

Seit fünftem November gibt es ihn jetzt also, den steirischen Junker. Aus einem Jahr, über das man liest, dass es sich in etlichen Weinbaugebieten nahtlos, wenn nicht sogar noch schlimmer in die Serie der letzen Weinjahrgänge, die auf vier geendet haben, einreiht.

1964

… war nicht so schlecht. Da hat der Rudl vor gar nicht so wenigen Jahren einen Muskat Ottonel vom Propsteiweingut Krems zu sich genommen und auch einmal einen Zierfandler von Kuczera aus Gumpoldskirchen. Zwei sehr gepflegte Weine.

1974

An dieses Jahr kann sich der Rudl noch erinnern, wenn er das auch nicht sehr gerne tut. Als großer Weinjahrgang ist dieses Jahr in Österreich nicht in die Geschichte eingegangen und dass sich daran noch etwas ändert, unwahrscheinlich.

1984

… hat die angesagte Katastrophe nicht stattgefunden, fast im Gegenteil: Frankreich ist trotz des kreativsten Mittelfelds, das je einen grünen Rasen betreten hat, Fußball-Europameister geworden. Weinmäßig dürfte es aber schon ein bissl schwierig gewesen sein. Es ist – und das hat der Rudl jetzt nachgeprüft – der einzige Jahrgang nach 1968, aus dem sich kein Flascherl im Rudlkeller findet. Was er aus diesem Jahr getrunken hat, lässt den Rudl diesen Mangel verkraften.

1994

… gilt als nicht konkurrenzfähig mit 1992 und 1993. Und so gern er vor allem den 1992er hat, Millésimiste Rudolf hat aus dem Jahr 1994 etliche ausgesprochen gute Weine getrunken, auch in jüngerer Vergangenheit. Gar nicht so selten vom Weingut Hagen aus Krems Rehberg und gar nicht so selten bei Weinmeisterin und Weinmeister Reich.

2004

Was an diesem Jahrgang nicht gut sein soll, entzieht sich dem Polifka-Rudl. Im Muscadet gilt es sowieso als Jahrhundertjahrgang.

Und auch wenn die üblichen Phrasen vom Winzerjahrgang und dergleichen schon gedroschen sind, erscheint dem Rudl zum jetzigen Zeitpunkt Neugierde als die angebrachteste Perspektive auf den Weinjahrgang 2014. So viel zu den Weinjahrgängen, die auf vier enden.

In der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ gibt es auch 2014 wieder weder Junker noch Beaujolais primeur, dafür aber zehn und zwanzig Jahre alte Weine glasweise, selbstverständlich nicht ausschließlich:

89 Monate auf der Feinhefe

Den 2004er Muscadet, gewachsen auf den zwei Hektar, die Michel Brégeon auf dem vulkanischen Gabbro stehen hat. Der hat 89 Monate Zeit gehabt, seine Feinhefe genau kennen zu lernen, in unterirdischen Glastanks, wie sich das für einen Muscadet Sèvre-et-Maine Cru Gorgeois halt gehört. Dabei ist ein Wein herausgekommen, den nicht die Unversiertesten mit viel prestigeträchtigeren Weinbauregionen und Weinbauern in Verbindung bringen, vor allem mit Chablis.

http://www.youtube.com/watch?v=ut1eIhzRpP4

Schotten im Land der Katharer

Das schottische Ehepaar Nick und Clare Bradford hat sich im Roussillion, genauer in Albas, wo sich seinerzeit die Katharer versteckt hatten, niedergelassen und die „Domaine des Pensées sauvages“ gegründet. Versteckt haben sie sich dort nicht, sondern einen biologischen Corbières gekeltert, der sich sehen lassen kann. Mittlerweile sind die beiden in Pension, aber Rudolf Polifka hat noch ein Flascherl vom 1994er, das er diese Woche aufmachen wird. Syrah, Carignan, Grenache noir und Cinsault wachsen dort auf Schiefer, Kalk und rotem Sandstein.

Dem Rudl ist klar, dass es mit den letzten drei Wochenthemen Jura, orange und reif jetzt dreimal ein bissl unkonventionell hergegangen ist, beziehungsweise hergeht. Darum werden klassisch präzise jugendliche Weißweine von Roland Minkowitsch und ein ebensolcher Blaufränkisch von Rudolf Beilschmidt aus Rust die Weintariftafel an ihre Grenzen erinnern. Nur sind das halt auch 2012er und 2013er. Kein Junker und auch nix Ähnliches.

Ein und zwei, sowie zehn und zwanzig Jahre alte Weine, aber nicht ausschließlich

 

am Donnerstag, den 13. November und am Freitag, den 14. November

von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“

Der Rudl nützt die Gelegenheit, Sie wieder einmal darauf hinzuweisen, dass der Verzehr von selbstmitgebrachten Speisen in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ ausdrücklich erwünscht ist. Bei einem Muscadet denkt man da zuerst einmal an Austern. Aber jetzt nur rein „unter sich“: Wenn der Rudl Austern zu sich nehmerte, dann täterte er das nicht mit dem 2004er von Brégeon, sondern mit irgendeinem Allerweltsmuscadet, wenn Sie so wollen: mit einem muscadeischen Muscadet.

Und an und für sich kein Freund von sogenannten Remindern erinnert Sie der Rudl trotzdem an die Weinauktion zugunsten des Integrationshauses heute, am 12. November um 19 Uhr 30 am Badeschiff im Donaukanal.

http://www.integrationshaus.at/de/veranstaltungen/event.shtml?252

Rudolf Polifka grüßt die Junkerinnen und Junker, vor allem aber alle Menschen, die warten können. Alle anderen auch, aber die erst nachher.

Pomerantschen, nachmartinale Vorankündigungen und die Madseradsion

Am 3. November findet im Museumsquartier das dritte Wiener Orange-Wine-Festival statt. Da geht der Rudl hin und rekommandiert Selbiges auf das Allerheftigste. Maischevergoren ist dort alles vertreten, was man sich wünschen kann, zumindest istrianisch und österreichisch.

Neurotiker

Jetzt hat der Rudl aber ein bissl einen Hang zum Konsequenz- und Vollständigkeitsneurotiker. Da ist ihm natürlich aufgefallen, dass die orangen Savoyarden fehlen. Die orangen Franzosen auch, aber das wäre für den Rudl zu verkraften. Außerdem kann er sich sowieso nicht um alles kümmern. Auf alle Fälle reicht Rudolf Polifka am 6. und 7. November nach, was am Orange-Wine-Festival gefehlt haben wird.

Josko Gravner

Da ist einmal der Anforenpionier Josko Gravner. Immer wieder liest man, er sei in Mitteleuropa der Erste gewesen, der georgische Anforen eingegraben habe. Der Rudl hält es fast für wahrscheinlicher, dass die Georgier sich vor tausenden Jahren die Anforen von Monsieur Gravner kommen lassen haben, so gut schmecken ihm dem sein Breg und sein Ribolla, in orangener Hinsicht circa das, was der Silex in der Hinsicht mit den grünen und gelben Reflexen ist. Geschmacklich könnte der Rudl gar nicht sagen, ob ihm Breg oder Ribolla besser schmeckt. Und so oft trinkt man die auch nicht, vor allem nicht parallel, dass man da jetzt gleich mit einem Vergleich beim Gaumen wäre. Ehrlich gesagt hat sie der Rudl überhaupt noch nie nebeneinander verkostet.
Rein sprachwissenschaftlich gibt der Breg mehr her. Diese slowenische Bezeichnung für Berg, respektive die deutsche Bezeichnung „Berg“ für slowenisch Breg, nennt man in der Linguistik Metathese, was soviel heißt wie: Zwei aufeinanderfolgende Laute, oft ein Konsonant und ein Vokal, tauschen den Platz. Und diese Metathese muss schon ziemlich alt sein. Das legt zumindest der Vergleich des altkirchenslawischen „brěgŭ“ mit dem zugegebenermaßen rekonstruiert germanischen „*berga“ nahe. Dasselbe Phänomen können dialektbeschlagene Sprachbenutzer beim Vergleich zwischen dem standardsprachlichen „Wespe“ und dem dialektalen „Wepsn“ beobachten. Oder Anglophile bei englisch „hors“ und deutsch „Ross“. Oder für Altphilologen: lateinisch „corcodilus“ vs. griechisch „krokodilos“. Sinn des Ganzen ist fast immer, die Artikulation zu erleichtern.
Aber zurück zum Breg: Dass jetzt auch ein namhafter steirischer Winzer einen Wein Irgendwas-Breg nennt, macht dem seinen Wein nicht besser und den Breg von Josko Gravner nicht schlechter. Den Breg 2005 von Gravner wird der Rudl glasweise ausschenken, an sich und, respektive oder an Gäste.

Savoyarden

Die Gebrüder Giachino machen in Chapareillan am Fuß des Mont Granier im Gebirge von Bruno dem Karthäuser aus der Jacquère-Rebe alles außer Rotwein, unter anderem den maischevergorenen Marius & Simone, benannt nach ihren Großeltern, von denen er, Marius, ganz gerne ein Glaserl konsumiert, und sie, die Simone, das recht wortreich und problematisierend kommentiert haben soll. „Marius & Simone“ 2013 ist trocken und hat zehn Prozent Alkohol. Dass Jacquère sowieso spät reift, ist nur bedingt ein Motive dafür. Dem Rudl gefällt es – ein Orangewine mit zehn Percent Alkohol.

Jean-Yves Peron wohnt in Chevaline. Das zwischen dem Lac d’Annecy und Albertville. In Albertville hat es vor 22 Jahren olympische Winterspiele und für Patrick Ortlieb, der später nicht Bildungsminister geworden ist, zumindest bis jetzt nicht, im Herrenabfahrtslauf eine Goldmedaille gegeben. Noch früher hat man rund um Albertville Wein angebaut. Richtung Val d’Isère, in Cevins beispielsweise, wo Brice Omont von der Domaine des Ardoisières wirklich auf Schieferplatten seit den Neunziger Jahren wieder Weine wachsen lässt, die immer mehr Oenologinnen und Oenologen nicht wurscht sind (Revue du Vin de France N° 585).
Und nicht so viel später hat Monsieur Peron nicht so weit weg von Cevins die wenigen verbliebenen Weingärten hinter der Kirchturmspitze von Albertville gepachtet, Schiefer, Altesse . Wenns passt, bleibt der auf der Maische, wenn nicht, nicht. 2012 hat es gepasst. Das Ergebnis nennt sich „La grande Journée“ und das stimmt.

Österreicher und Sizilianerinnen

Jetzt sind wir aber in Österreichhuminumm und da gibt es nicht mehr nur die Steiermark, wenn es um Orange geht. Wobei der Rudl ja bei Orange zuerst einmal an Nino Croupi in der Kleinen Margarethenstraße denkt. Wenn irgendeine Sprach- oder Appellationsbehörde seinem Geschäft die Orangen und Mandarinen von den Abhängen des Ätna Wind entdeckt, dann haben die ganzen Kaufhausketten und Märkte, was sind, ein Problem, weil dann dürfen die ihr entsprechendes Obst maximal noch „Orangoiden“ nennen.

Jetzt hat der Rudl wieder einmal den Faden verloren. Das gehört sich für einen, der „der Frau Gerti ihrn Stricksalon“ (© Trainer) übernommen hat, an und für sich nicht. Egal. Auf alle Fälle gibt es Orange-Wine auch im Wäuviadl, zum Beispiel in Hohenruppersdorf. Drum diese Woche auch eine Bouteille Sol von Michael Gindl glasweise.

Und dann ist da natürlich „Erde“ von Maria und Sepp Muster. Nicht mehr aus der Amphore, aber maischevergoren. Den muss man weder beschreiben, noch müsste man ihn wahrscheinlich „nachreichen“. Sepp Muster wird beim Orange- Wine-Festival ja anwesend sein. Aber ein Orange-Wine-Wochenthema ohne „Erde“ von Muster, das wäre ein bissl wie alkoholfreier Wein: theoretisch schon möglich, praktisch aber nicht. Oder leise Rockmusik. Da hat Sir Karasek aus Stockerau seinerzeit auch darauf hingewiesen, dass das schon ginge, aber eigentlich nicht.

Und weil das immer wieder in einem Atemzug genannt wird, gibt’s auch einen Wein aus dem Jura. Ist eigentlich eine ganz andere Geschichte, wird aber trotzdem ganz gerne verglichen.

Maischevergorenes aus Savoyen und dem Rest der Welt von

den Gebrüdern Giachino,
Michael Gindl,
Josko Gravner
Maria und Sepp Muster und
Jean-Yves Peron,

am Donnerstag, den 6. November und am Freitag, den 7. November
von 16 bis 22 Uhr
in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

Nachrichten aus dem Sortiment

Ab sofort sind Rotwein 2008 von Maria und Sepp Muster in Bouteillen und Halbflaschen, sowie Sauvignon vom Opok aus demselben Hause jetzt durchgängig als Vertikale von 2009 bis 2012 im Sortiment der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ verfügbar.

Anstand und Anstandsverweigerer

Am Mittwoch, den 12. November geht es im Badeschiff an der „scha-a-rägn Wiesn am Donaukanal“ (© Prof. Heinz Conrads) in erster Linie darum, Weine zu ersteigern und Menschen zu helfen, denen es nicht ganz so gut geht wie denen, die wie der Rudl das Glück haben, sich mit Wein beschäftigen zu können. Vorletzteren wird ja ganz gerne unterstellt, dass sie sich ein feines Leben machen. Uns Letzteren, die wir manchmal die Frage, welcher Wein zu welchem Papperl passt, für ein Problem halten, wird das nicht so oft unterstellt. Der Bund, viel zu viele Kommunen und Bundesländer verweigern Vorletzteren deshalb ganz gerne das, was denen zur Verfügung zu stellen, der Anstand gebietet. Die „So…-…exclusiv&Jetzt reicht’s aber wirklich!-Presse“ mit den vielen Rufzeichen aber nicht. Genau darum wiederum verweigern der Staat, viel zu viele Kommunen und Bundesländer das denen ja. Zum Glück gibt es Madame Bock, Caritas, Diakonie, das Wiener Integrationshaus und ein paar andere, die dafür sorgen, dass man sich als Bewohner dieses Landes nicht ganz so schäbig vorkommen muss.
Und am 12. November, dem Tag nach dem Tag vom heiligen Martin, der seinerzeit seinen Mantel geteilt hat, gibt es eine Weinauktion zugunsten des Wiener Integrationshauses, beziehungsweise der Menschen, die dort drinnen wohnen. Dabei geht es ziemlich nebenbei und ziemlich sicher auch dieses Mal wieder darum, wessen Weinspende hinter der von Josef Lentsch vom Gasthaus zur Dankbarkeit den zweithöchsten Erlös erzielt. Schauen Sie sich das an!

http://www.integrationshaus.at/de/veranstaltungen/event.shtml?252

Der Rudl gratuliert allen Goldmedaillengewinnerinnen und Goldmedaillengewinnern der Olympischen Winterspiele von Albertville und wünscht eine artikulationserleichterte Woche!

Das ά und ώ der Alpen: vom Jura bis zu einer Gehsteigkante am Fuß des Laaer Bergs

 

Ausbildungsideologien

 

Etliches, was der Rudl in der Schule gelernt hat, bereut er heute. Und noch viel mehr bereut er, dass er damals noch viel mehr nicht gelernt hat. Geologie, zum Beispiel. Das hat ihn nicht interessiert, darum hat er da auch nicht aufgepasst. Als Sechzehnjähriger hat er das damit gerechtfertigt, dass er das nie brauchen wird. Damit hat er Recht gehabt. Ein Blödsinn war es trotzdem. Dass dieser halbwüchsige Zugang zur Bildung, demnach man lediglich das lernen soll, wovon irgendwer glaubt, dass man es irgendwann einmal braucht, ein viertel Centennium später Dogma österreichischer Bildungs(?)politik(?) sein wird, quasi auf „Was bringt sich das?“, das konnte der Rudl als Halbwüchsiger nicht wissen und er übernimmt dafür auch keine Verantwortung.

 

Mesozoisches

 

Auf alle Fälle hat der junge Herr Rudl aus der Schule nicht viel mehr geologische Substanz herüber gerettet als die Drei-Wort-Wendung „Trias, Jura, Kreide“. Von chronologischer Einordnung keine Spur und auch sonst nix. Jetzt hat aber ein Reindorfer Literat und Philosoph schon vor Jahren herausgefunden, dass es nie zu spät für eine glückliche Kindheit ist. Und darum erforscht der Student Rudl die Geologie halt erst jetzt, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Wechselwirkung mit vergorenen Getränken und deren geschmacklicher Implikationen. Im Heimstudium. Aus de gscheidn Biachln sozusagen. Aus so einem – von einem gewissen Wilson – weiß er zum Beispiel, dass es sich bei besagten „Trias, Jura, Kreide“ um das Erdmittelalter handelt. Und das ist verglichen mit dem konventionellen Mittelalter relativ eindeutig eingrenzbar. Es hat am 1. Jänner 229998001 vor Christus begonnen und am 31. Dezember 66998001 auch wieder vor Christus an die Erdneuzeit übergeben. Und zwar auf der ganzen Welt einheitlich. Das unterscheidet das geologische Mittelalter vom nicht-geologischen.

 

Jura

 

Fast mitten im Erdmittelalter war das Jura. Vor 195 bis 137 Millionen Jahren, wer es genau wissen will. Und oenologisch hat es – wenn es nicht so felsig wäre, möchte man fast sagen – das Feld bereitet für einige gar nicht so unwesentliche Weinberge. Den von der Domaine Didier Dagueneau in Pouilly-sur-Loire, zum Beispiel. Aber auch für Chablis, die Côte d’Or, einen Teil von Savoyen und vom Elsass, den Norden von Cognac und Cahors. Selbstredend auch für das Jura.

 

Old School

 

Man sagt, dass man ins Jura fahren muss, wenn man herausfinden will, wie französische Weine früher geschmeckt haben. Wo wird man eigentlich in fünfhundert Jahren hinfahren müssen, wenn man schmecken will, wie dann vor fünfhundert Jahren ein Sauvignon Steirische Klassik geschmeckt haben wird?

Das französischen Jura umfasst die Appellationen Côte du Jura, Château-Chalon, Etoile und Arbois. Letztere ist die älteste Appellation Frankreichs. Sie hat 1936 das Appellationenlicht der Welt erblickt. Dreißig Jahre vorher hatte dort die erste Genossenschaftskellerei Frankreichs eröffnet. Und der Vater der Oenologie, Louis Pasteur, Erforscher der Hefen und Bakterien bei der Verwandlung von Traubenzucker in Alkohol, kommt auch aus Arbois. Jacques Puffeney hat gerade seine zweiundfünfzigste Lese eingebracht und wird von seinen Winzerkollegen „Pape d’Arbois“ genannt. Zwei Audienzen in seinem Keller gehören zum Beindruckendsten und Unspektakulärsten, was Monsieur Rudolf und sein Fils in Sachen Wein erlebt haben.

 

Berge mit Migrationshintergrund und die Gehsteigkante an der Ostbahn

 

Geologische Tatsache ist, dass sich ein Stein aus Chassagne von einem aus Arbois nicht erkennbar unterscheidet. Viele Weine aus Chassagne und aus Arbois unterscheiden sich von einander aber ganz deutlich. Soviel zu der Frage, ob der Mensch oder der Boden den Wein macht. Es gibt zwar immer mehr Weine aus dem Jura, die den Gaumen von Unvorbereiteten nicht durch Unbekanntes überfordern wollen. Die werden dann „vin floral“, „ouillé“ oder irgendwie anders genannt, aber die sind irgendwie so, wie wenn man ins Müllner Bräustübl auf einen Kaffee gehen würde.

Denn die Weine aus dem Jura sind etwas Besonderes. Geologisch wachsen sie auf der Bruchstelle, wo die Vorberge der Alpen – dieses imposante Resultat eines Buserers der eurasischen Platte gegen die afro-arabische – aus der Ebene herauswachsen und westnordwestlich, wenn Sie so wollen, beginnen. So ähnlich wie diese eine Gehsteigkante am anderen Ende der Alpen, dem Fuß des Laaer Bergs. Der oben erwähnte Reindorfer Philosoph hat vor Jahrzehnten einmal darauf hingewiesen, dass an ebendieser Gehsteigkante die Alpen in die pannonische Tiefebene übergehen., wenn Sie sich erinnern. Dort ist es heiß, was wiederum ideale Bedingungen für das Entstehen genialer Musik darstellt.

Das Jura ist vom Material her geologisch nichts Besonderes, aber von seiner Entstehung her: Als sich nicht nur der Untersberg, sondern mit ihm auch der Rest der Alpen, vertikal aufstellten, wurde das tief unter der Erde von flüssigen Salz- und Schieferschichten horizontal geschmiert, sodass riesige Gesteinsformationen sich nicht nur vertikal bewegten, sondern auch horizontal kilometerweit von ihren Wurzeln weggeschoben wurden. Wo dieses Schmieren ein Ende hatte, stellten sie sich auf. Das sind die Côtes du Jura. Wenn man mitten auf der Saône stehen würde, wäre genau das der Unterschied zur burgundischen Côte d’Or im Westen. Die besteht aus Hängen, die von Kalkdecken nach Osten abfallen. Die Côtes du Jura dagegen bestehen aus hügeligen Zügen vor stolzen Felsen mit Migrationshintergrund. Die können dort nicht von einem Berg herunter geflogen sein, sondern sind horizontal verschoben worden. Sie lassen sich nicht überdecken und der ganzen Erosion trotzend zum Glück auch nicht assimilieren. Wo sie nach Westnordwesten abfallen, ist das Weinbaugebiet. Während die Côte d’Or also vertikal gebrochen ist, sind die Côtes du Jura horizontal überschoben. Im Westnordwesten vom dunklen Schiefer und Mergel aus dem unteren, das heißt älteren Jura, den „terres noires“, zu immer jüngeren und helleren Schichte zu den Alpen hin.

 

Wieder einmal von den Weinfarben

 

Man liest gelegentlich, dass es sich bei Orange-Wine um die vierte Weinfarbe handle. Rot, Weiß und Rosé sollen demnach die ersten drei Weinfarben sein. Letzteres optisch nachzuvollziehen, setzt schon einen ganzen Haufen Phantasie voraus. Was die Chronologie betrifft, wird von den Weinen, die nicht aus blauen Trauben gekeltert werden, wohl der orange der älteste und Orange eine der ersten zwei Weinfarben sein. Dann kommt ziemlich sicher der

 

Vin Jaune, der gelbe Wein

 

Der Vin Jaune soll im 14. Jahrhundert nach Christus von den schwarzen Nonnen im Stift Château-Chalon erfunden worden sein. Die Lese habe sich damals verzögert. Warum wissen wir nicht. Die überreifen Trauben sind seinerzeit in Wannen, die man in den Kalkfelsen gehauen hatte, vergoren worden.

Man wartet ganz gerne bis zum ersten Frost mit der Lese des Vin Jaune. Dann wird das „geile Zeug“, wie heute junge und demonstrativ junggebliebene Menschen gerne zu „gutem Wein“ sagen, sechs Jahre lang im selben Fass ausgebaut. Das wäre an und für sich noch nicht so ungewöhnlich. Nur wird der verdunstete Schwund im Fass beim Vin Jaune nicht aufgefüllt. Meistens bildet sich dann eine Hefeflorschicht, die den Wein locker sechs Jahre beschützt und ziemlich unverwüstlich macht. Warum sich diese Hefeflorschicht nicht immer bildet, weiß man nicht, zumindest will es Stéphane Tissot nicht verraten. „Vin Jaune“ darf der Wein aber nur genannt worden, wenn sie sich bildet. War das der Fall, dann wird in Arbois jedes Jahr am ersten Febuarwochenende die „Percée du Vin Jaune“, der Durchstich dieser Hefeflorschicht gefeiert, aber eben erst nach gut sechs Jahren.

 

Wittgenstein und der Wein

 

Alles in allem ergibt das dann einen ziemlich unnachahmlichen Geschmack nach Walnüssen, so viel lässt sich klar sagen. Die zahlreichen anderen Aromen übersteigen dem Rudl sein Register. Darum wird über sie in der Tradition von Kommunikationsberater Wittgenstein auch geschwiegen, sofern dieses Wort in der geschriebenen Sprache angebracht ist.

 

Traminer

 

Nur Savagnin ist für den Vin Jaune zugelassen. Am Fuß des Mont Blancs heißt man den Gringet, in Österreich und anderswo Traminer. Ein „Savagnin tradition“ reift meistens etwa zwei Jahre im Holzfass. Was verdunstet, wird auch in diesem Fall nicht aufgefüllt, non ouillé.

Viele Menschen gibt es nicht, denen die traditionellen Weine aus dem Jura beim ersten Versuch schmecken. Beim ersten Versuch nicht. Aber das ist ½ so wild.

 

Côtes-du-Jura und Vin Jaune von der Domaine Pignier, Weine vom westnordwestlichen Ende der Alpen, gibt es kommende Woche

 

am Donnerstag, den 23. Oktober und am Freitag, den 24. Oktober

von 16 bis 22 Uhr glas- und flaschenweise

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 

Und weil der Rudl wie der ORF der Äquidistanz zu fast allem und jedem verpflichtet ist, schenkt er vom anderen Ende der Alpen, von den ostsüdöstlichen Abhängen des Laaer Berges, gleich hinter der Gehsteigkante Ecke Grillgasse – An der Ostbahn, einen Gemischten Satz aus dem Zweilitergebinde und aus Oberlaa aus.

 

Monsieur Rudolf hofft, dass sich das alles etwas bringt. Wenn nicht, ist der auch nicht böse. Auf alle Fälle grüßt er alle Partikel in allen Hefefloren zwischen Château-Chalon und Arbois!

 

Urig, bärig, beliebig

Es wimmelt. Es wimmelt von Natur, von Naturburschinnen und Naturburschen. Sie müssen nur einmal in die Nähe des Pratersterns fahren, respektive in den letzten drei Wochen gefahren sein. Dann, wenn Sie diese Zeilen lesen, überfliegen oder nicht lesen, wird die Wiener Wiesn 2014 vorbei und der Rudl gar nicht so verzagt sein. So eine Urigkeit war für den Rudl immer nur Quelle unfreiwilliger Komik, nie auch nur annähernd irgendetwas, das mit Heimat oder Identität zu tun hat. Und dass dieses Neulederhöschentum jetzt cool oder scharf sein soll … nicht böse sein … Damit überfordert man Monsieur Rudolf, der ja sowieso nicht mit einem Übermaß an Flexibilität gesegnet ist. Dabei kommt der Rudl ja aus einer Gegend, wo man wirklich einmal in der Ledernen gearbeitet hat. Vor hundertfünfzig Jahren oder was, angeblich, auf alle Fälle bevor die Jimmyhose von Amerika herüber gekommen ist. Und ein paar hundert Kilometer westlich vom Praterstern.

Die Kaiserwiese, der Tölpel und Naturweine

Irgendwie erinnert das den Rudl an den Wein. Im Moment kann es gar nicht genug Natur sein. Wie natürlich waren eigentlich die Weine vor fünfzehn Jahren? Natürlicher oder weniger natürlich als heute? Aber da war Natur nicht cool. Zumindest beim Wein ist das jetzt anders.
Aber es ist gar nicht immer so einfach abzuschätzen, inwiefern so ein Wein jetzt Natur ist. Unlängst war über einen steirischen Winzer zu lesen, seine Weine seien ohnehin zu soundsoviel Prozent biologisch, fast ein bissl wie seinerzeit die Etikettenaufschrift „Teilbarrique“. Dabei stellt sich halt die Frage, um welche Biokriterien es da geht und wie viel Prozent man denen zuordnet. Ein Rebstock, dessen Boden Kontakt zu Erde hat – 30 Bioprozent, wenn dann schon einmal ein Vogelgaggerl drauf war: zehn Bio-Percent dazu und so weiter. Jetzt ist der Rudl bei Gott nicht einer, der viel auf Zertifizierungen hält. Da ist er von der Schule her ein gebranntes Kind. Aber irgendein Anhaltspunkt, was einen bei manchen Naturweinen circa erwartet, wäre manchmal schon ganz klass. Ohne Frage sind viele exzellent, lebendig, frisch, ohne unerwünschte Nebenwirkungen und lagerfähig. Aber es gibt auch unsaubere Fässer oder verfaulte Trauben, die als Natur vermarktet werden, gerade wie bei den Krachledernen aus Hietzing, Penzing und Simmering.

Köstlich versus käuflich

Die Fässer und Stahltanks von Josef Salomon in Falkenstein sind sauber. Auf Kunstdünger, Pestizide und Insektizide pfeifen Josef und Heinrich Salomon seit den Siebziger Jahren. Da war das weder angesagt noch selbstverständlich, dass der Senior so etwas unterstützt, wenn es sich der Junior in den Kopf setzt. Und die Muskateller- und Sauvignon-Welle haben einen Bogen um die Salomon-Rieden in Falkenstein gemacht. Stattdessen gibt es einen Grünen Sylvaner, wenn man Glück hat einen, dessen Zuckerrest nach ein paar Jahren zu einer Vielschichtigkeit reift, die der Monsieur Rudolf nicht beschreiben kann.

Der Jahrgang 2014 hängt bei Josef Salomon größtenteils noch draußen. Wenn dann die eingetrockneten verfaulten Trauben aussortiert worden sein werden, wird von diesem Jahrgang ziemlich wenig Wein übrig sein. Aber der wird auffallen. Vorher wird er gären, solange er das will, der eine länger, der andere kürzer. Bis zur DAC-Präsentation am 3. März 2015 wird es sich nicht ausgehen. Bei einigen kommt dann „am Ende des Tages“, wie der Berater sagt, ein trockener Wein heraus, ein sauberer, trockener Wein. Bei gar nicht so wenigen auch ein Wein mit ein paar Gramm Restsüße. So ein Wein ist heute gar nicht so gefragt. Aber zum Glück ist der Kunde nicht überall König, sondern manchmal auch schon Citoyen. Und darum gären die Weine von Josef Salomon so und so lange, wie sie wollen. Das haben die Salomon-Weine schon in der vorigen Generation unter Heinrich Salomon getan. Der schaut am Samstag Nachmittag, wenn man Glück hat, immer noch in der Kellergasse vorbei und erklärt einem den Unterschied zwischen altem Wein und reifem Wein. Manch gereifter Wein, den er seinerzeit gären lassen hat, wie er wollte, wäre mit seiner Restsüße als Jungweine heute kaum zu verkaufen. Jetzt hat sich die Restsüße eingebunden, da wäre er leicht zu verkaufen, ist es aber nicht, weil Vater und Sohn Salomon salomonisch und nicht käuflich sind. Aber manchmal hat man Glück, dann darf man einen kosten. Und das ist großartig.

Der 2005er Grüne Veltliner Rosenberg hat seinerzeit als lieblicher Wein aufgehört zu gären und ist dann achtzehn Monate auf der Feinhefe gelegen, bevor er Zutritt zur Flasche bekommen hat. Und jetzt, fast zehn Jahre später, ist er sicher noch nicht am Zenit, aber schon ein beeindruckender Wein.

Der 2009er hat sich nach zwölf Monaten von seiner Feinhefe trennen müssen und ist halbtrocken.

Der 2012er trocken und der 2013er detto, wobei Letzterer wie erwähnt vor drei Monaten noch gegärt hat.

Diese vier Weine, 2005, 2009, 2012 und 2013, aber nicht ausschließlich, gibt es diese Woche glasweise und flaschenweise in der

„Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,
am Donnerstag, den 16. Oktober und am Freitag, den 17. Oktober
von 16 bis 22 Uhr, zu Reindorf.

Monsieur Polifka freut, sich, dass ab sofort Pinot Gris Spätlese 2004, Muskat3 2012, Welschriesling 2013, Zweigelt 2011 und Pinot Noir 2010 von der Dankbarkeit in Podersdorf wieder verfügbar sind.

Der Rudl grüßt Feinhefen, Hefen und Heferln und fordert Dankmalschutz und Tölpelverbot für die, beziehungsweise auf der Kaiserwiese!
Monsieur Rudolf

Kimmeridge – Felsen, auf dem die Domaine Dupasquier steht

Es gibt Menschen, die fast permanent kommunizieren und sich präsentieren. Den Rudl hat ja immer schon interessiert, ob die das auch tun, wenn überhaupt gar niemand in der Nähe ist, aber das wird der Rudl naturgemäß nie erfahren, weil das geht nicht, aber interessant wäre es, wie gesagt, schon, weil wenn die das auch tun, wenn überhaupt niemand da ist, dann wäre zu überlegen, ob man nicht von Caviste auf Psychotherapeut umsatteln soll. An Diskontinuitäten ist dem Rudl seine Vita ja nicht arm, ein lebenslanger Lerner quasi, vom Kino-Billetteur über den rentnernden Nebenberufsgeldwechsler am Gürtel, den Kabel-TV-Konsumenten bis zum Cavisten und jederzeit weiter oder zurück, wenn notwendig.

Das ist jetzt gar nicht so siebenmalgescheit gemeint, wie es klingt. Ein Fünfzehnjähriger hat heute nicht die Wahl, ob er an seinem mobilen Endgerät anwachsen soll oder nicht. Tut er es nicht, gibt’s ihn gesellschaftlich nicht mehr. Und daran, dass das so ist, sind nicht die Fünfzehnjährigen schuld.

Über 150 Millionen Jahre alte Meeresablagerungen und fossile Einlagerungen

Aber zurück zum Kimmeridge: Die Domaine Dupasquier in Aimavigne, Jongieux ist als Weingut ungefähr so kommunikativ wie der Dent du Chat, der markante Berg, der auf sie herunter schaut: keine Homepage, was in Frankreich nicht weiß Gott wie ungewöhnlich ist; kaum einmal in einem Weinführer. Wenn dann mit hohen Bewertungen und erst seitdem die Jungen übernommen haben, mit Angabe einer E-Mail-Adresse. Kauft man dort direkt Wein, braucht man Zeit. Meistens muss man sich anstellen. Insofern passt das dann wieder alles zusammen. Denn Leute, die sich gerne reden hören, stellen sich nicht gerne an, das ist zumindest eine Arbeitshypothese vom Rudl. Und Menschen, die sich ständig vordrängen, sind sonst meistens nicht die allerflinksten, zumindest solange sie zur Fortbewegung eigene Energien aufbringen müssen.

Die Passion des Weins

Im fast weltweiten Internet gibt es eine lesenswerte Seite www.lapassionduvin.com. Dort schreiben Weinliebhaber über Weine, die sie gerade getrunken haben. Die Kommentare zu Château Cheval Blanc aus Saint Emilion erstrecken sich dort auf 23 Seiten, die über die Domaine Dupasquier auf 32.

Und André Combaz, der 1992 das Buch über die Weine Savoyens geschrieben hat, weist darauf hin, dass die Weingärten in Jongieux am ziemlich steilen Abhang zur Rhône – zum Glück ist sie rechtzeitig abgebogen, bevor sie in den Lac du Bourget geronnen wäre – mit dem Krampen in den Kimmeridge-Felsen gehaut worden sind, weil es dort fast keine Humusauflage gibt. Er nennt das „wine in the rocks.

Dem Rudl gefällt das schon sehr gut, landschaftlich und oenologisch. Von den Weinen der Domaine Dupasquier hat er seit zehn Jahren keinen Jahrgang versäumt. Darum gibt es diese Woche

Jacquère 2010

Chardonnay 2009

Roussette de Savoie 2009 (Altesse)

Roussette de Savoie, Cru Marestel, 2010

Mondeuse 2011 und

Pinot Noir 2011

glasweise in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, aber nicht ausschließlich. Wie die schmecken, können Sie ziemlich sicher auf Lapassionduvin nachlesen. 

Marestel – Oberkellner und Berater

Marestel und Pinot Noir sind auf alle Fälle neu im Sortiment von Monsieur Polifka, Mondeuse wieder verfügbar. Und der Rudl müsste lügen, wenn er sagen würde, dass er nicht ein bissl stolz ist, vor allem auf den Marestel. Es gibt Weingüter, wo man Geduld braucht, wenn man bestimmte Weine möchte. Der Marestel von der Domaine Dupasquier ist so einer. Und der Marestel Fleur d’Altesse noch viel mehr, weil es von dem noch viel weniger gibt. 2009 war der erste seit 2005 und seit 2009 hat es dann keinen mehr gegeben.

Der Marestel ist ein Roussette der Savoie (Rebsorte Altesse) von einer bestimmten Parzelle über Jongieux. Marestel [maretel] heißt er nach Claude Marestel, dem Berater und Oberkellner von Herzog Emmanuel-Philibert aus dem sechzehnten Jahrhundert. No ja, Berater gibt es heute auch. Ob die auch Oberkellner sind, entzieht sich der Kenntnis des Rudl. Aber dass irgendwann einmal nach einem, von denen manche jetzt schon nicht mehr wissen, wo ihre Leischtung woa, ein Wein benannt sein wird, das kann sich Monsieur Polifka beim allerbesten Willen nicht vorstellen. Wobei … es gibt ja Weine …, aber lassen wird das.

Dupasquier, aber nicht ausschließlich

am Donnerstag, den 9. und am Freitag, den 10. Oktober

von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22 

Neues aus dem Soritment

Ab sofort sind Riesling Rabenstein 2013 und der Grüne Veltliner Rosenberg Reserve 2013 von Josef Salomon aus Falkenstein verfügbar. Der Grüne Veltliner hat bis Juli gegärt. Ein paar Weinviertel DAC desselben Jahrgangs waren da wahrscheinlich schon getrunken.

Monsieur Rodolphe grüßt Claude Marestel, alle Oberkellner und fast alle Berater!

Mit Roten Veltlinern in den Oktober. Eine Farbenlehre

Mit Farbadjektiva und dem Wein ist das so eine Sache. Stimmen tut das alles nur mit sehr viel Phantasie.

Dass die hellen Weine „Weißweine“ heißen, ist nachvollziehbar, stimmen tut es deswegen aber nicht. Gesehen hat der Rudl noch keinen weißen Wein. Und würde er einen sehen, weiß er nicht, ob er den trinken würde. Ein Weißwein ist halt heller als ein roter. Und der ist in den allerseltensten Fällen rot. Aber Blau-, Violett- oder Schwarzwein wäre natürlich auch ein bissl komisch. Ganz genau stimmen täte es auch nicht, wobei einzelne Weine und Rebsorten schon so heißen. Der vin noir aus Cahors zum Beispiel. Oder der Blaue Portugieser, der zumindest mehr blau als ein Portugieser ist. In Portugal gibt es den nicht und hat es ihn auch nie gegeben. Wahrscheinlich ist, wenn es um Sprache und Wein geht, eh alles wurscht, ähnlich wie bei Kommunikationsberatern und Sportreportern. Da sagt man halt irgendwas. Viele Weinjournalisten machen das nicht anders, nur dass die halt gleich Begriffe verwenden, denen sowieso keine Bedeutung zugeordnet werden kann.

Roter Veltliner

Der Rote Veltliner ist auf alle Fälle als Wein gelbgrünlich, gerade wie der Grüne Veltliner, und als Traube bestenfalls rötlich, zumindest rötlicher als der Grüne. Aus demselben Grund heißt der Burgunder, dessen Trauben bei Vollreife rötlich werden „Grauer Burgunder“. Und in Frankreich sagt man zu einem Rosé, der aufgrund einer besonders kurzen Maischestandzeit blasser als ein Rosé ist „vin gris“, grauer Wein. Der ist in Lothringen besonders bekannt, wird aber weder aus Grauem Burgunder noch aus Rotem Veltliner, nicht einmal aus Sauvignon Gris, sondern vor allem aus Gamay und ein bissl Pinot Noir gekeltert.

Farbadjektiva und Zeit

Logisch ist das alles nicht und wenn einer farbenblind ist, hat er weintechnisch keinen großen Nachteil. Äußerstenfalls kann man davon ausgehen, dass sich vom Farbadjektiv Rückschlüsse auf die Maischestandzeit ziehen lassen. Ein Orangewein etwa hat seine Maische auf alle Fälle länger und intimer kennen gelernt als ein Steirischer Junker. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Wein orange sein muss. Und ein Wein aus der momentan nicht gerade besonders angesagten Orangetraube ist auch nicht orange, es sei denn, es handelt sich bei ihm um einen Orangewein, aber auch dann muss er nicht orange sein. Fast könnte man sagen, dass ein Farbadjektiv beim Wein weniger eine optische als eine zeitliche Bedeutung hat.

Der Rote Veltliner, wie gesagt, ist nicht rot und er ist auch nicht mit dem Grünen Veltliner verwandt, dafür aber mit Neuburger, Rotgipfler und Zierfandler. Es gibt Dinge, die er lieber mag als Frost und die Mehltaue. In den richtigen Lagen und auf den richtigen Höfen wird aus dem Roten Veltiner ein extraktreicher, lagerfähiger Wein. Und weil der oft nach Haselnuss schmeckt, wird man ihn beim Rudl mit einem Altesse aus Savoyen vergleichen können, dem man das ja auch nachsagt.

Der Rote Veltliner am Mantlerhof

Darum gibt es diese Woche – natürlich nicht ausschließlich – Rote Veltliner von 1990, 2006, 2007 und 2008, aus dem Kremstal, der Wachau, dem Weinviertel und vom Wagram. Darunter selbstverständlich den 2006er und 2007er vom Mantlerhof, den der Rudl und der Fils ja im Sortiment führen, der erste medium, der zweite trocken. Und einen 2008er von Rudi Pichler aus Wösendorf in der Wachau.

Am Donnerstag, den 2. Oktober und am Freitag, den 3. Oktober von 16 bis 22 Uhr

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,

Reindorfgasse 22

Ab sofort gibt es dort im Sortiment auch den Furmint 2013 und den Weißburgunder 2013 vom Herrenhof Lamprecht in der Oststeiermark.

Monsieur Rudolf und der Fils wünschen allen Weinbäuerinnen und Weinbauern, dass zumindest jetzt einmal ein Zeitl eine Ruhe ist mit dem Regen!

Monsieur Rudolf

 

Les Pétavins – acht Biowinzer aus den französischen Alpen

Früher ist in den Weingärten ein rankenartiges Kraut mit Dornen gewachsen. Das hat die Arbeit nicht erleichtert. Die Segnungen der chemischen Unkrautbekämpfung haben bald einmal dazu geführt, dass diese Ranken in den meisten Weingärten nicht mehr gewachsen sind. In ein paar aber schon noch. Es soll ja Weinbauern geben, die Ranken, Dornen und Wurzeln den Herbiziden von irgendwelchen Pharmavertretern aus den hohen rechteckigen Betonhäusern vorziehen, weil sie nicht immer den einfachsten oder am breitesten ausgetretenen Weg gehen.

 

Acht solche haben sich in Savoyen zusammengeschlossen. Und weil in ihren Weingärten der Pétavin wächst, haben sie sich gleich nach ihm benannt. „Les Pétavins“ sind acht savoyardische Winzer, die biologisch oder biodynamisch arbeiten, und das weder aus Zufall noch weil es gerade cool ist und auch nicht auf hundert Hektar oder so.

 

Einer von ihnen ist Jacques Maillets. Seine Weingärten stehen in der Chautagne. Das ist die Verlängerung des Lac du Bourget nach Norden. Wenn die Rhône in den Lac du Bourget fließen würde und dabei den direkten Weg – wenn Sie so wollen – die Luftlinie, was aber bei einem Bach schon komisch klingt, wählen würde, dann würde sie direkt durch die Chautagne fließen. Aber das tut sie nicht, weil sie überhaupt nicht in den Lac du Bourget fließt, sondern vorher sowieso nach Westen abzweigt. Aber egal. Chautagne ist neben dem westlichen Combe de Savoie von Arbin bis Frétrive die Rotweingegend in Savoyen. Gamay, Pinot Noir und Mondeuse sind dort die Platzhirschen. Nicht nur deshalb gibt es seit kurzem neben dem Pinot Noir auch die Mondeuse von Jacques Maillet im Sortiment der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ zu erstehen. Die Kombination aus roten Früchten, schwarzem Pfeffer und sehr dezentem Pferdestall, gefällt dem Rudl ziemlich gut. Bemerkenswert ist auch, dass Jacques Maillet auf dem pickelharten Sandsteinterroir der Chautagne drei Weißweine wachsen lässt, an denen Sommeliers gesternter Häuser nicht so einfach vorbei können. Und da der reinsortige Altesse und die Altesse-Jacquère-Kombination „Le p’tit canon“ beim Reindorfgassenfest glasweise ausgeschenkt worden sind, wird der Rudl diese Woche den Jacquère aufmachen. Von ihm wird in manchen Jahren behauptet, „ce vin sauvignonne“, was in österreichischen Ohren zugegebenermaßen vielleicht fast ein bissl bedrohlich klingt. Aber wenn Sie den Wein einmal neben einem Sauvignon der Domaine Didier Dagueneau oder einem Sauvignon von Maria und Sepp Muster trinken, dann ist das gar kein so schlechtes Erlebnis.

 

Ein, beziehungsweise zwei Pétavins sind die Brüder Giachino, die man – da hat sich der Rudl jetzt definitiv erkundigt – [giakino] ausspricht. Sie sind in Chapareillan, in der Nähe von Apremont zuhause. Ihre Weine wachsen auf Kalksteingeröllhalden, die Folgen eines Felssturzes vom Mont Granier im Jahr 1248 sind. Der Mont Granier ist schon Teil des Chartreuse-Gebirges, in dem seinerzeit die Karthäuser einen ganz bekannten Kräuterlikör erfunden haben. Apremont und Abymes sind die beiden namhaftesten Crus der savoyardischen Leitweißweinrebsorte Jacquère. Eine Leitweißweinrebsorte deutet nicht immer nur auf die allerhöchsten Qualitäten hin. Davon kann man sich bei jedem Bezirkswinzerfest überzeugen. So gilt auch der Jacquère als Massenwein Savoyens, für die Skistationen im Winter, mit der Maschine gelesen, auf Teufel komm raus vergoren und möglichst schnell verkauft und getrunken.

 

Die Giachinos machen das alles nicht. Sie versuchen, alles aus der Rebsorte Jacquère herauszuholen, vom früh gelesenen Wein mit neuen Prozent Alkohol, dem Primitf, über die lagenspezifisch abgefüllten Apremont und Monfarina, einem Schaumwein nach der méthode rurale, bei der die Kohlensäure gleich bei der ersten Gärung in der Flasche entsteht, einem Schaumwein nach der méthode traditionnelle, wie vom alten Pérignon angewendet, bis hin zu einem maischevergorenen Jacquère, dem Marius et Simone, nach den Großeltern mütterlicherseits benannt, von denen der Opa ganz gerne dem Weinglas und die Oma deswegen ganz gerne dem Opa zugesprochen haben soll. Marius et Simone ist seit Beginn des Wintersemesters in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ wieder verfügbar. Vom Apremont wird es irgendwann einmal eine Vertikale geben. Die Schaumweine haben zu Silvester ihren Auftritt. Und der Primitif spätestens bei der Wiener Gemeinderatswahl. Darum gibt’s diese Woche glasweise den Altesse, eine Gourmandise, die Quitten- und exotische Aromen gleichgewichtig mit Honig, Wiesenblumen, Grapefruitlebendigkeit und Salzigkeit kombiniert.

 

Das sind die beiden Pétavins, deren Weine der Rudl im Sortiment hat. Abgesehen von denen gibt es noch sechs andere. Und jeder von ihnen wird diese Woche durch einen offenen Wein repräsentiert:

 

Den Chignin Bergeron Grand Zeph von Adrien Berlioz aus Chignin hat es bei Monsieur Rudolf schon glasweise gegeben. Diese Woche wird es der Jacquère von Adrien Berlioz mit jenem von Jacques Maillet aufnehmen.

 

Dafür wird der Onkel von Adrien, Gilles Berlioz mit seinem Parade Chignin Bergeron Les Filles antreten. Der ist nicht nur wegen seines ausgesprochen schönen, Jahr für Jahr wechselnden Etikettes berühmt.

 

Der Biodynamie Pionier Michel Grisard, Mitbegründer der Renaissance des Appellations, ist mit seiner Mondeuse Tradition 2009 vertreten.

 

Die Domaine Etienne et Raphael Saint Germain liegt an der Route du col de frêne, auf der die Tour de France ganz gerne hinauf oder hinunter fährt. Seine Mondeuse 2010 wird sich nicht nur mit der von Michel Grisard, …

 

… sondern auch mit La Brova 2005 von Louis Magnin, dem momentan ziemlich sicher einzigen savoyardischen Wein, den man in Wien außerhalb des Volksfürstentums Reindorf erstehen kann, messen. Rotwein von Louis Magnin hat La Cave am Bacherplatz im Sortiment.

 

Marie-Eliane und Olivier Lelievre von der Domaine de Soleyane gehören streng appellationstechnisch nicht mehr nach Savoyen, sondern nach Bugey. Aber sie können auf die westlichsten Weinreben Savoyens vermutlich noch einen Stein über die Rhône hinüber schmeißen. Darum sind auch sie bei den Pétavins und diese Woche mit einem Chardonnay in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“ dabei.

 

Darüber hinaus möchte Caviste Polifka auf noch eine Neuerung aufmerksam machen: Ab sofort spielt Herr Rudolf Flaschenpost. Innerhalb von Wien, ab einer Bestellmenge von sechs Flaschen und mit dem Carbon Footprint eines Zwerges, weil mit U-Bahn und Kinderwagen – sofern nicht palettenweise geordert wird – stellt Ihr Kompetenzzentrum für Wein und Logistik ab jetzt nach Maßgabe der zeitlichen Reserven gebührenfrei zu. Dabei müssen natürlich nicht sechs Flaschen desselben Weines bestellt werden.

 

Im Herbst, der Jahreszeit, wo bei uns die vielen guten Sachen reif werden, ist es dem Rudl wieder einmal ein Anliegen, Sie auf die Möglichkeit, sich eine Jause mitzubringen, hinzuweisen. Der Rudl selber kann Ihnen essensmäßig lediglich luftgetrocknete Mangalitza-Würschtl und ein Semmerl offerieren. Aber wer sich zum Beispiel eine Trüffel kauft oder einen Mont d’Or, den es seit dieser Woche endlich wieder in den Käsegeschäften Wiens gibt, der kann davon ausgehen, dass der Herr Rudolf einen passenden Wein dazu offen hat.

 

Acht Weine von acht dornigen Unkrautranken, aber nicht ausschließlich

 

diese Woche am Donnerstag, den 25. und am Freitag, den 26. September

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“

Reindorfgasse 22

 

Und wenn Sie eine genauere Übersetzung des Wortes „Pétavin“, sei es ins Deutsche, sei es ins Lateinische daher bringen, dann ladet Sie der Rudl auf das erste Achtel ein.

 

Aux Pétavins les citoyEns! Monsieur Rudolf