Jetzt hätte der Rudl um ein Haar auf das Radlrennfahren vergessen. Das findet heuer im September statt, nicht im Juli. Jetzt ist der Rudl nicht mehr so jung, dass er so eine terminliche Außertourlichkeit mir nix Dir nix verkraften würde. Aber der September ist halt andererseits auch alles andere als eine Zeit, in der sich Schulmeister Rudolf entspannt zurücklehnt und den Radlfahrern zuschaut.
Umso mehr
ist es dem Rudl ein Anliegen, nicht auf diesen wunderschönen Wettbewerb zu vergessen und Weine zu kredenzen, die er in seinem Weinfachgeschäft noch nicht dargeboten hat, sechs Weine aus sechs Ecken Frankreichs.
L’Hexagone
Das kommt aus dem Griechischen, bedeutet Sechseck und ist der Spitzname von Frankreich. Jetzt fahren die Radlfahrer nicht in allen diesen sechs Ecken herum. Das würde sich in drei Wochen nie ausgehen. Da täten die nächsten Jahr im Juli immer noch fahren. Dann beginnt aber schon die nächste Tour de France, in der Bretagne übrigens. Aber das ist ein anderes Kapitel.
Aus sechs Ecken der diesjährigen Tour de France kommen die sechs Weine, die der Rudl
am Dienstag, den 25. August 2020 von 16 bis 21 Uhr
quasi als Einstimmung auf sein Lieblingsradrennen aufmacht, fast alle sechs zum ersten Mal im Geschäft.
Baron de G. 2006, Château de Bellet, AOC Bellet, Nice, Provence (6,50/10)
In Nizza fahren sie weg. Und Nizza ist so ähnlich wie Wien eine ziemlich große Stadt, in der Wein wächst. Direkt leicht hat es der Wein dort nicht. Pfiffige Immobilienentwickler sorgen dafür, dass in den Hügeln hinter Nizza immer mehr Hütten für Neureiche und immer weniger Weinstöcke für Weinbauern stehen. Die Weingärten vom Château de Bellet haben sie bis jetzt nicht derwischt. Der Rudl ist seinerzeit bei einer Affenhitze mit dem städtischen Bus hinauf gefahren und hat ein paar Flascherl gekauft. Bellet heißt die Appellation, Rolle die Rebsorte für den Weißen. Jetzt gehört das Weingut Crédit Mutuel. Den Zweitausendsechser hat aber noch Ghislain de Charnacé gemacht, so wie 46 andere Jahrgänge auch. Bio
Le Poids du Superflu 2017, Domaine Petit Août, IGP Hautes – Alpes, Théüs (4,50/7)
Hautes-Alpes heißt die Indication, in der Yann de Agostini 2009 mit zwei Hektar begonnen hat. Jetzt hat er sechs. Alte Mollard-, Espanenc- und Clairette-Stöcke, denen das Klima zwischen sechshundert und tausend Meter über dem Meer conveniert. Spielen tut das Ganze im Tal der Durance. Gap ist in der Nähe. Da fahren sie dann auch vorbei.
Auf diesen Wein ist der Rudl selber neugierig. Er kennt ihn nicht, wird eine Flasche öffnen, aber nicht eine ganze ausschenken.
Irouléguy Blanc 2013, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
But one. Es geht in die Pyrenäen.
Muscadet «Comte de Saint-Hubert» 2005, Château du Coing de Saint-Fiacre, AOC Muscadet Sèvre-et-Maine sur lie, Loire (6/9)
Und dann nicht ganz bis ins Muscadet, aber in Richtung Norden.
Der Rudl hat 2012 gewusst, dass er zu den französischen Bergweinen in seinem Sortiment einen Weinbauer aus dem Muscadet möchte. Joseph Landron, Château du Coing oder Michel A. Brégeon? ist die Frage gewesen. Der Rudl hat sich für Michel Brégeon entschieden, bereut diese Wahl nicht, aber die Weine der anderen zwei Weinbauern sind auch nicht schlecht. Ganz im Gegenteil. Und nach den Quitten (Coing) ist dieses Weingut benannt, weil es in der Ecke liegt, in der Ecke, wo Sèvre et Maine zusammen rinnen. Ecke heißt nicht nur «coin», sondern ist wie im Deutschen ein Euphemismus zur Umschreibung von «Häusl». Und weil der Gründer dieses Weingutes beim Gründen sein Weingut nicht nach einer Bedürfnisanstalt nennen wollte, hat er elegant ein -g dran gehängt. Darum heißt das Weingut übersetzt jetzt nicht «Schloss des Häusls», sondern «Schloss der Quitte». So schaut das aus.
Hundert Jahre alte Reben auf Gneiss.
Armenaz 2018, Domaines des Côtes Rousses, AOP Vin de Savoie (4,50/7)
Jacquère auf rotem Ton fünfhundertachtzig Meter über dem Meer. Alpen
Pinot Gris Grand Cru Brand Vendanges Tardives 1990, Josmeyer, Wintzenheim, AOC Alsace Grand Cru (8/12)
Vorletzter Tag. La Planche des Belles Filles. Vogesen.
Und dann geht es in die Stadt, die ihren Namen von der alten Hose Karl Valentins hat.
Diese Weine und ein paar andere kredenzt der Rudl quasi als Nachsitzen in der Sommerschule
von 16 bis 21 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Vorschau
Zum Reindorfgassenfest am 11. und 12. September wird der Rudl heuer nicht öffnen und bittet dafür um Verständnis.
Voraussichtliche nächste Schultage: Dienstag, 15. und Donnerstag, 17. September
Im Übrigen bleibt Rudolf Polifka der Meinung,
dass es jetzt definitiv Zeit für den Ausbruch des Menschen aus seiner selbstverschuldeten, neoliberalen Unmündigkeit ist
und man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz endlich zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!
Bleiben wir vuasichtig und praktizieren wir räumliche, aber nicht soziale Distanz! Letztere ist sowieso ein Widerspruch in sich, weil soziale Distanz unsozial ist.
Autrement! Rudolf Polifka
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien
Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 16 bis 21 Uhr, an Schultagen
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