Gumpoeds gegen Brinnaschdrassla, das ist Brutalität!

Weinnotstände

In Kana woas. Da soll es vor zweitausend Jahren bei einer Hochzeit zu einem Weinengpass gekommen sein. Ein Gast soll daraufhin angeordnet haben, man möge ihm Wasser bringen. The rest, as they say, is history.
Das berichtet zumindest das Johannesevangelium. Wolfgang Teuschl hat die Geschichte 1971 beim Bundesheer ins Wienerische übersetzt. Wer soll da noch am Sinn der allgemeinen Wehrpflicht zweifeln?

Im altgriechischen Originaltext wundert sich der Wirt nur, dass der aus Wasser gewonnene, später kredenzte Wein von höherer Qualität – oῖνον ἓωϛ – sei als der Aperitiv, wo doch „a jeda dea wos a bisl a Hian in Schä’l hod, (…) zeaschd amoe in Gumoeds auffoan“ losd und „daun, waun s ä scho ole in Öö san“, „in Brinnaschdrassla zuwe“ haud (Genehmigung Wolfgang Teuschl, Da Jesus und seine Hawara © Residenz Verlag Salzburg Wien, mit freundlicher Genehmigung des Residenz Verlags).

Sprachnotstand

Nur ist der altgriechische Text ja schon eine Verfremdung der gschertn Worte des Galliläers in eine Gelehrtensprache. Letzterer hat Aramäisch gesprochen, einen zu seiner Zeit nicht sonderlich prestigeträchtigen Dialekt. Alles andere wäre mit Fischern, Handwerkern und Bauern auch nicht sehr zielführend gewesen. „AdressatInnenadäquates Register“ nennen die für die Deutscheinheizmatura zuständigen Sprachkoryphäen das.
Irgendwann ist der sowieso schon gespreizte altgriechische Text in die deutsche Einheitsübersetzung verbannt worden. An Anschaulichkeit hat er dadurch nicht gewonnen.
Wolfgang Teuschl ist es zu danken, diese Texte wieder in eine Jesus angemessene Sprachvariante zurückgeführt zu haben, wenn man davon ausgehen darf, dass der Rabbi Jesus in Galiläa kein Freund des Nominalstils war. Kurt Sowinetz und Willi Resetarits haben daraus Sprechkunstwerke gemacht.

Weinviertel gegen Thermenregion

Zumindest zu der Zeit, als Wolfgang Teuschl das Neue Testament ins Wienerische übersetzt hat, Anfang der Siebziger Jahre, dürfte Wein aus der Thermenregion also einen deutlich besseren Ruf gehabt haben als der aus dem Weinviertel. Auf der Freyung waren in den Neunziger Jahren zwei Winzer aus der Thermenregion am Biobauernmakt, jetzt zwei aus dem Weinviertel. Ob das der Grund ist, warum die Weintour Weinviertel heuer nicht zum ersten Mal am selben Wochenende wie der Gumpoldskirchner Weinstieg stattgefunden hat? Was weiß man? Der besonnene Herr Rudolf ist natürlich um Deeskalation bemüht. Und solange sich nicht auch noch der Wiener Stadtmarathon in dasselbe Wochenende hineindrängt, wie vergangenes Jahr, kann man sowieso am Samstag die eine und am Sonntag die andere Weinveranstaltung besuchen. Das hat der Weineisenbahner Rudolf Polifka auch dieses Jahr gemacht. Und weil nicht nur das Weinsortiment seiner Weinhandlung dem Rudl seinem Geschmack entspricht, sondern auch meistens das Wochenthema seinem Gusto, rekonstruiert Monsieur Rudolf diese Woche die Hochzeit zu Kana in der Übersetzung von Wolfgang Teuschl und lässt Brinnaschdrassla, respektive Weinviertler gegen Thermenregion, vulgo Gumpoeds antreten.

Verkehrsmittel und Wein

Was das Verkehrsmittel betrifft, hat die Südbahn schon vor dem Anpfiff gewonnen, zumindest solange sie noch nicht durch das sinnlose Loch im Berg fährt. Weinmäßig ergibt sich ein anderes Bild, zumindest wenn man in das Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils schaut. Caviste Rudolf hat drei Weinbaumeister aus dem Weinviertel im Sortiment und lediglich einen aus der Thermenregion.
Darum gibt es vom einzigen Südbahnweinmeister, dessen Weine der Rudl führt, eine kleine Zierfandler-Vertikale und von den drei Brinnaschdrasslan im weitesten Sinne eine Grüne Veltliner-Horizontale.

Gumpoeds

Friedrich Kuczera aus Gumpoldskirchen ist seit über dreißig Jahren zertifizierter Bioweinbauer. Schon in seinem Prospekt für den Jahrgang 1996 findet sich das Bekenntnis zum Verzicht auf synthetisierte Dünge-, Pflanzenschutz- und Unkrautbekämpfungsmittel im Weingarten, Aufbesserung und Schönung im Keller gibt es auch nicht. Ziele: widerstandskräftige Pflanzen, weitgehend geschlossener Produktionskreislauf und Förderung der Artenvielfalt. Der auf Kalk stehende Weingarten dankt Friedrich Kuczera offenbar dessen jahrzehntelangen Einsatz. Monsieur Rudolf hat in ganz Gumpoldskirchen keinen lebendigeren und präziseren Zierfandler getrunken.

Vorurteile

Auch um einem Klischée zu begegnen, sind die drei Zierfandler von Friedrich Kuczera schlanke und frische Weine, wohingegen die drei Weinviertler zumindest teilweise schon ein bissl kräftiger da stehen.
Und weil ja jede Woche zumindest ein Wein, der älter als zehn Jahre ist, auf der Tafel steht, ergänzt der Rudl die Südbahn um einen Pinot Noir 1993 aus Sooß. Das Etikett ist nicht mehr ganz vollständig. Darum weiß der Rudl auch nicht, von welchem Weingut.
Und für das Weinviertel geht ein 1997er Grüner Veltliner Rudolf von Habsburg aus der Marchregion ins Rennen. Sein Etikett ist noch lesbar, aber in dem Moment, in dem der Rudl diese Zeilen verfasst, gerade nicht zugänglich. Darum auch der hier ohne Name des Winzers.

Zierfandler 2013, Friedrich Kuczera, Gumpoldskrichen, Thermenregion
Zierfandler 2014, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Thermenregion
Zierfandler 2015, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Thermenregion
Pinot Noir 1993, N.N., Sooß, Thermenregion

gegen

Grüner Veltliner Katzensprung 2013, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel
Grüner Veltliner Rosenberg Reserve 2013, Josef Salomon, Falkenstein, Weinviertel
Grüner Veltliner Rochus 2013, Roland Minkowitsch, Mannersdorf, Weinviertel
Grüner Veltliner Rudolf von Habsburg 1997, N.N., o.O. an der March, Weinviertel
Diese acht Weine, aber nicht ausschließlich die

am Donnerstag, den 7. April und am Freitag, den 8. April
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Nachrichten aus dem Flaschensortiment

Ab sofort sind Pinot Noir 2014 vom Weingut Karl Schnabel im Sausal und Zierfandler 2015 von Friedrich Kuczera in Gumpoldskirchen verfügbar.

Herr Rudolf wünscht Ihnen und sich eine Eisenbahn auf der Trasse der B7, anstatt eines Lochs auf der Südbahn. Im Sinne der infrastrukturellen Chancengleichheit von Gumpoeds und Brinnaschdrassla!