Nachdem hier jetzt doch das eine oder andere Mal von Corona die Schreibe gewesen ist, plärrt einem der Ausgewogenheit verpflichteten Zeitgenossen wie dem Rudl eine innere Stimme ins geistige Ohr und fordert ihn auf, auch anderen Bedrohungen für Herz, Hirn und Leib Aufmerksamkeit zu widmen. Irgendwann ist der Rudl dann weich oder derrisch und tut, was ihm geheißen.
So erlaubt sich Monsieur Rudolf diese Woche ein paar Bemerkungen zu Influenzern. Deren Saison hebt jetzt dann auch wieder an, hört man. Den Medien entnimmt Herr Rudolf, dass in dieser Influenzer-Saison sechzig Prozent mehr Impfstoff gegen diese Krankheitserreger zur Verfügung steht, es aber in den Apotheken sowie Arztpraxen bereits Wartelisten für das begehrte Serum gebe. So viele Menschen wollen neuerdings Abwehrstoffe gegen Influenzer. Für Citoyen Rudolf klingt das vielversprechend nach Aufklärung und Ende des postfaktischen Neoliberalismus.
Influenzer
… ist ein gefährliches Virus, das an Hirn- und Herzneuronen andockt, Fieberschübe auslöst, Sinnes- und Herzenswahrnehmung beeinträchtigt und in gravierendem Ausmaß die Abwehr schwächt.
Vor etwa dreißig bis vierzig Jahren sind viele Weinbauern von Influenzern angesteckt worden, haben daraufhin Rebsorten wie Welschriesling, Neuburger oder Muskat Ottonell ausgehackt und stattdessen Chardonnay gepflanzt.
Jetzt gibt es sowieso Weingärten, die Bodenspezifika besser in den Wein zu transferieren vermögen als Junganlagen. Aber Influenzer haben Weinbauern dann noch den Floh ins Ohr gesetzt, den Wein mit kleinen, stark getoasteten Holzfässern bekannt zu machen.
Wenige Jahre später haben die Influenzer Sauvignon Blanc durchs Dorf getrieben, wieder ein paar Jahre später Orangeweine und so weiter … Heute gibt es für Weinverkostungen einladendere Themen als „Chardonnay Barrique„. Zwar sind die teuersten Weißweine der Welt vermutlich immer noch Chardonnays, aber bei denen ist die Rebsorte schon früher nicht am Etikett gestanden. Und in der Steiermark gibt es eine Hand voll extraordinairer Repräsentanten dieser Rebsorte. Auf denen steht „Morillon„ und das nur ganz klein.
Chardonnay als Anti-Influenzer-Impfung
Wie völlig sinnlos das Wirken der Trend-Heinis und Henrietten beim Wein, aber ganz abgesehen davon auch überhaupt ist, lässt sich an unzähligen Beispielen illustrieren. Die Prestige-Schwankungen der Rebsorte Chardonnay sind ein besonders überzeugendes Exempel, findet zumindest der Rudl. Monsieur Rudolf tendiert ja sowieso zur Ansicht, dass diese neoliberalen Kommunikationsgenies, Trendgurus, Berater und Geschäftsmodellspürnasen nach dem Muster manch klerikaler Spitzenfunktionäre aus den frühen Neunziger Jahren funktionieren: Hauptsache, man hört sich selber. Das erspart die Pulskontrolle.
Maria und Josef Salomon, Falkenstein
Des Ritalinbedarfs völlig unverdächtig ist der Weinbauer Josef Salomon aus Falkenstein. Er macht Wein. Das hat er quasi schon immer gemacht, zumindest seit 1988, nicht 1978, wie der Rudl irrtümlich einmal geschrieben hat. 1988 hat Josef Salomon das Weingut übernommen. Das hat aber nicht geheißen, dass sich sein Vater Heinrich damit zurück gezogen hätte. Der war mit seinen fünf Hektar so etwas wie ein Doyen unter den Weinviertler Weinbauern. Jahrgang, Boden und ausschließlich großes Holz. Das sind die Zutaten den Weine von Josef Salomon.
Vielleicht ist das der Grund, warum man im Fall seiner Weine seriös von terroirspezifischen Weinen schreiben kann.
Viel zu wenig beachtet ist der Heurige der Salomons, fast jeden Samstag in der Kellergasse in Falkenstein. Dort wird glasweise Wein bis zurück aus den frühen Neunziger Jahren kredenzt. Wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, sonst noch einen Heurigen kennen, bei dem es derlei gibt, ersucht Sie der Rudl um entsprechende Hinweise.
Chardonnay 2019, Josef Salomon, Falkenstein, Veltlinerland (3/5)
Chardonnay 2012, Josef Salomon, Falkenstein, Veltlinerland (3/5)
Morillon „Salamander„ 2018, Andreas und Elisabeth Tscheppe, Glanz, Steirerland (6/9)
Chardonnay „Khéops“ 2017, Les Vignes de Paradis, Ballaison, IGP Vin des Allobroges, Haute-Savoie (6,50/10)
Graf Morillon 2017, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6/9)
Trauben, Liebe und Zeit „Gelb„ N°5 2018, Christine und Franz Strohmeier, Lestein, Sankt Stefan ob Stainz, Schilcherland (6,50/10)
Chardonnay „Cellier des Chartreux„ 2015, Domaine Pignier, Montaigu, AOP Côtes du Jura (6/9)
… nicht nur diese Weine gibt es glasweise
von 16 bis 21 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Herr Rudolf bittet in Anbetracht der immer noch völlig unnotwendigerweise wieder angespannten Lage auch diese Woche wieder um Reservierungen, per Mail bis 13 Uhr am Tag des Besuchs, danach bitte per sms.
Anstand und Abstand
… und er verspricht Ihnen auch wieder, dass er gerade auch im kommenden Wintersemester sein Kaufgeschäft erst gar nicht aufperrt, wenn er sich nicht hundert Percent fit fühlt, er ersucht Sie auch wieder um Nämliches und ist sowieso der Meinung, dass mit einem bissl Hirn, Anstand und Abstand zumindest in den privilegierten Teilen der Welt das Virus sehr schnell ans Ende seines Lateins zu bringen ist.
Vorschau auf den Unterrichtsstoff am 13. und 15.10.
vielleicht zehn Jahre reifer
Im Übrigen ist Rudolf Polifka auch im Herbst der Meinung,
dass es jetzt definitiv Zeit für den Ausbruch des Menschen aus seiner selbstverschuldeten, neoliberalen Unmündigkeit ist
und man auch deshalb den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären soll.
Herr Rudolf wünscht viel Abwehrkräfte gegen Influenzer und allen Franziskas, Franzen und Brunos alles Gute zum Namenstag!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien
Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 16 bis 21 Uhr, an Schultagen
kosten- und fast CO2-lose Zustellung innerhalb von und um Wien