Drei Jahrgänge Riesling Wieland aus drei verschiedenen Jahrzehnten vom Mantlerhof

Situation:

Sie befinden sich im Weingut Mantlerhof in Gedersdorf bei Krems. Josef Mantler bieten Ihnen diverse Weine an und begleitet die Weine mit unterhaltsamen und informativen Erklärungen. Trotzdem verplempern Sie Ihre Zeit, in dem Sie folgende Arbeitsaufträge ausführen:

Skizzieren Sie Ihre Eindrücke beim Kosten der Weine. Halten Sie sich dabei genau an die aus diversen Weinzeitschriften bekannte Terminologie und vergessen Sie nicht, bei jedem Wein anzumerken, dass er mineralisch oder wenigstens stoffig und hochkomplex ist, darüber hinaus große Individualität aufweist.

Ordnen Sie Ihre Eindrücke in irgendein Blödelschema ein und setzen Sie diese zu den Produkten anderer Ihnen bekannter Produzenten in Beziehung. Zeigen Sie dabei, wie viele Winzer Sie kennen.

Bewerten Sie die verkosteten Produkte und achten Sie dabei darauf, dass der Redefluss nicht abbricht. Reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und reden Sie und …

… wenn alle schlafen, dann haben Sie die neue kompetenzbasierte und teilstandardisierte Einheizmatura bestanden (inspired by Frau Resi U.).

Wenn Sie jetzt sagen, dass das ein Blödsinn, einem guten Wein und einem genialen Winzer unwürdig ist und der Verdacht nahe liegt, dass da manche Bildungsexperten „Kompetenzorientierung“ mit Kopf-in-Formalismen-Stecken verwechseln, dann haben Sie wahrscheinlich Recht. Aber wenn der Schulmeister Rudolf sagt, dass man als Lehrer heute an solchen Blödeleien nicht mehr vorbei kommt, weil man sein Lehrerleben andernfalls ausschließlich mit dem Verfassen von Rechtfertigungen verplempert, dann hat er Recht.

Vielleicht hat Herr Rudolf ein Faible für Theorie, zumindest steht er sicher nie dafür zur Verfügung, Theorie gegen Praxis auszuspielen, wie das bei zeitgemäßen Bildungsexperten heute en vogue zu sein scheint. Darum folgen jetzt ein paar Ausführungen über Löss. Und wenn Sie, geneigte Leserin, gewogener Leser, von theoretischen Hintergründen nicht so viel halten, dann können Sie sich die Lektüre des Folgenden ja ersparen und derweil vielleicht skizzieren, in Beziehung setzen und bewerten, oder wahrscheinlich besser: Sie gehen einen Kaffee trinken.

Löss ist so etwas wie ein Benjamin unter den Weinbergterroirs. Er ist im Lauf der Eiszeiten abgeschliffen und vom Wind dislociert worden. So eine Anwehung kann daher 12 000 Jahre jung sein, was jetzt nicht direkt als minderjährig gilt, aber verglichen mit einem zigmillionenjahrealten Urgesteinsverwitterungsboden in der Wachau oder im Sausal schon einen ziemlicher Generationenabstand darstellt. Würde es für Weinbergböden Pensionssicherungssysteme im Umlageverfahren geben, wäre das für die Systemadministratoren schon halbwegs eine Herausforderung. Egal.

Der Löss in Gedersdorf, auf dem zum Beispiel der Riesling Wieland von Sepp Mantler wächst, ist bis zu zehn Metern hoch. Er besteht zu sechzig bis siebzig Prozent aus Quarz, zehn bis zwanzig Prozent aus Feldspat und Glimmer und zu zehn bis dreißig Prozent aus Kalk.

Wenn man so einen Brocken Löss in der Hand hat, schaut er aus wie der Sandstein, auf dem die Weine von Jacques Maillet (wer’n kennt) in Savoyen wachsen. Nur dass der Boden dort über den Seeweg angeliefert worden ist, die Lössterrassen in Gedersdorf aber durch die Luft.

Weinreben wissen am Löss vor allem seine leichte Durchwurzelbarkeit zu schätzen. Die ist gelegentlich mit Trockenstress verbunden, zum Beispiel im Jahr 1997. Die Lössböden heizen sich gut auf und bringen tendenziell körperbetonte Weine mit weicherer Säure hervor. Mächtigere Lössanwehungen als in Niederösterreich finden Sie übrigens nur beim Kaiserstuhl und in der Wüste Gobi. Und gesund ist der Löss auch. Aufgrund seiner geringen Korngröße und vor allem seinem hohen Gehalt an Mineralien wird er gerne als Heilerde zur inneren und äußeren Anwendung verwendet, wobei der Rudl eindeutig die innere Anwendung präferiert.

Wenn Sie jetzt noch mehr über Löss lesen möchten, empfiehlt Steinmeister Rudolf die Hompage vom Mantlerhof (www.mantlerhof.com), von der er auch den Großteil seiner Weisheiten hat.

Weil Sie jetzt aber sowieso ziemlich viel über Löss wissen, wäre es ja fast schade, nächste Woche keine Weine, die auf Löss gewachsen sind, aufzumachen. Und drum wird Herr Rudolf je eine Flasche vom Riesling Wieland aus den Jahren 1986, 1997 und 2008, aber nicht ausschließlich, öffnen und dann schauen wir einmal.

Den 2008er beschreibt Sepp Mantler als klarfruchtig. Eine geringe Ernte hat zu eleganten Weinen geführt.

1997 hat klimatisch fast alle Stückln gespielt, ein Lieblingsjahrgang von Monsieur Polifka, weil und obwohl er in diesem Jahr Westeuropa den Rücken gekehrt hat: Frost bis minus dreißig Grad Anfang Jänner, Jahrhundertwochwasser im Juli, extreme Trockenheit im Herbst und minus sieben Grad in der dritten Oktoberwoche. Die Weine sind opulent und haben genug Weinsäure.

1986 war wegen der starken Winterfröste des Vorjahres stark erntereduziert, was in Anbetracht der damals gerade nicht ganz so hohen Nachfrage im Ausland vielleicht gar nicht so schlimm war. Nasskaltes Wetter während der Blüte wurde durch einen langen, warmen Herbst mehr als kompensiert. Die Weine haben eine frische Säure, schmecken aber aufgrund der Extraktsüße nicht sauer. Für Sepp Mantler einer der besten Jahrgänge,. Sein Grüner Veltliner Spiegel 1986 ist weltweit gefragt, heute sowieso, aber damals auch schon.

Riesling Wielande vom Mantlerhof aus diesen drei Jahren, aber nicht ausschließlich

am Mittwoch, den 4. Juni und am Freitag, den 6. Juni,

von 16 bis 22 Uhr,

in der „Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“, Reindorfgasse 22

 Herr Rudolf grüßt die Maturierenden dies- und jenseits der Prüfertische!