Dienstag, 8. November von 17 bis 21 Uhr: Orange …

ist eine schöne Stadt. Woher sie ihren Namen hat? … könnte man etwas frei nach Karl Valentin reimen. Der Rest der genialen Ode auf die Hauptstadt Frankreichs passt dann nicht dazu. Aber der Herr Kurt hat sie in einem Meisterwerk der Filmgeschichte rezitiert.

Orange, im Département Vaucluse, geht auf die römische Stadt Arausio zurück. Ein paar linguistischen Phänomenen wie der partiellen, regressiven (auch antizipatorischen) Fernassimilation ist eine zunehmende Homophonie zur beliebten Zitrusfrucht zu verdanken. Diese ist in Orange zwar nicht heimisch, hat es aber in dreifacher Ausführung in das Stadtwappen geschafft. Soviel zu Namen.

Die Stadt selbst ist dem Rudl nicht sympathisch. Seit 1996 wird sie von einem Bürgermeister des Front National regiert und von dieser Partei deswegen gerne als Modell hingestellt. Oenologisch ist es definitiv nicht dem Rudl Terrain, aber das ist eine andere Geschichte, die man der Stadt wahrscheinlich nicht vorwerfen kann, nicht einmal der Rudl. Auf alle Fälle muss Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, Caviste Rudolf Polifka leider enttäuschen, wenn Sie jetzt Châteauneuf-du-Pape, Ventoux, Rasteau, Gigondas, Cairanne oder Séguret erwarten.

Der Rudl schätzt Assoziationen überaus. Darum kommt er von der Stadt über die Frucht auf die Weinfarbe.

Als sicher kann jedenfalls angenommen werden, dass Orangen nichts für die unsympathischen Seiten der Stadt Orange können. Die Saison der Orangen hebt übrigens jetzt dann bald an. Das weiß der Rudl schon länger. Aber so richtig gesickert ist ihm diese Erkenntnis erst, seit ihn der Herr Anton dankenswerterweise auf das großartige Geschäft von Nino Crupi in der Kleinen Margaretenstraße aufmerksam gemacht hat. Dort gibt es nämlich die sizilianischen Orangen dann, wenn und solange sie reif sind. Davor und danach können Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, im Supermarkt Ihres missbrauchten Vertrauens Orangen kaufen und genauso schmecken die dann auch, sicher pur nach allem Möglichen, aber ganz sicher nicht nach der Natur.

Das Reife der Orangen am Ätna nimmt der Rudl traditionellerweise zum Anlass – sofern nicht gerade Sperrstund‘ is – maischevergorene, sogenannte Orangeweine zu kredenzen.

  • Marius & Simone 2020, Domaine Giachino, Chapareillan, Vin de France (4,50/7)

    Leicht im Alkohol, trotzdem nicht unreif geerntet und absolut sauber. Wenn die Giachinos so etwas wie ein oenologisches Credo haben, dann haben sie zwei: Völliger Verzicht auf den synthetischen Chemiekasten und ein kompromissloses Reinheitsgebot die Abwesenheit von Fehltönen im Wein betreffend. Die Problematik des Chemiekastens kennt Frédéric Giachinos Bruder David von seiner früheren Tätigkeit als Angestellter in einem Oenologie-Labor recht gut. Eine besondere Hochblüte erlebte die Oenologie aus dem Reagenzglas in Savoyen zur und vor der Zeit der Olympischen Winterspiele von Albertville im Jahr 1992. Seither ist der savoyardische Weinbau in der Krise, so die Diagnose von Fréd. Ein paar Jahre länger ist es her, dass der unermüdlich von der Qualität der autochthonen Rebsorten überzeugte Pionier Michel Grisard ganz andere Wege gegangen ist. Und wie für das Gros der heute fast schon unheimlich wachsenden Bioweinszene in Savoyen ist Michel Grisard auch für die Giachinos ein Modell geblieben. Die Wertschätzung zwischen diesen beiden Weinbauern ist übrigens wechselseitig. Darum war der emeritierte Michel Grisard froh, als Clément Giachino, der Sohn von Fréd, 2015 seine steilen Weingärten in Arbin, Cruet und Fréterive übernommen hat.

    Eine fast kristalline Sauberkeit und Präzision in ihren Weinen ist den Giachinos vielleicht gerade auch deshalb ein solches Anliegen, weil sie das destruktive Potential des oenologischen Zauberkastens so gut kennen und wissen, dass dieser Ursache des Problems und nicht Teil seiner Lösung ist.

  • Kåarriegel Weiß 2015, Sankt Andrä/Höch, Sausal, Schiefer (4,50/7)

    Welschriesling klassisch und Grauburgunder auf der Maische vergoren, von Reben eines anderen Weinbaupioniers, Franz Hirschmugl

  • Vitovska 2018, Branko und Vasja Čotar, Komen, Kras, Slowenien (6/9)

    Ein Lehrveranstaltungsthema über maischevergorene Weine aus Weißweintrauben ohne ein entsprechendes Exemplar vom Karst wäre wie eine Boulevard-Titelseite ohne „So …-Schlagzeile“.

  • Organic Anarchy 2013, Aci Urbajs, Rifnik, Šentjur, Slowenien (6/9)
  • Gräfin 2017, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Opok (6/9)
  • Erde 2017, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Opok (7/11)

    Möglicherweise die beiden ersten Orange-Weine, die der Rudl in seinem Sortiment gehabt und schon längere Zeit nicht mehr „au verre“ kredenzt hat.

  • Sauvignon 2006, Branko und Vasija Čotar, Komen, Kras, Slowenien (6,50/10)

    Viele Flaschen werden Sie vom Sauvignon von Branko Čotar momentan nicht kaufen können, weil der Weinmeister den entsprechenden Weingarten ausgehackt hat. Andererseits hat der Rudl vernommen, dass Monsieur Branko einen neuen gepflanzt hat. Vielversprechende Aussichten.

Bis es soweit ist, kredenzt Caviste Rudolf die oben erwähnten Weine glasweise

am Dienstag, den 8. November von 17 bis 21 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22.

Außerdem können Sie zugunsten des Integrationshauses Weine ersteigern und im analogen Fall auch glasweise trinken oder gleich beides zusammen

am Donnerstag, den 10. November ab 19 30 Uhr (Einlass: 18 Uhr)

im Alten Rathaus in der Wipplinger Straße 8

https://www.integrationshaus.at/de/eventarchiv/26-weinversteigerung-zugunsten-des-integrationshauses-kopie

Cycling Caviste Rudolf Polifka bleibt selbstverständlich der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz, endlich zu einem europäischen Feiertag zu erklären ist.

Der Rudl grüßt das Integrationshaus und alle Menschen, die guten Willens sind!

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien