Heute Montag reposieren die Radrennfahrer. Caviste Rudolf tut es ihnen gleich. Morgen, am Dienstag, touchieren sie dann fast seine Lieblingsappellation Irouléguy, die südwestlichste Appellation Frankreichs. Hinfahren geht jetzt nicht. Darum touchiert der Rudl die Etappe boutuell. Und weil die Weinhandlung Rudolf Polifk et Fils in der dritten Tour de France Woche aus studienreisetechnischen Gründen geschlossen bleiben wird, ergänzt Monsieur Polifka jeden Etappenwein durch einen geologisch vergleichbaren aus den französischen Alpen, wo sie dann ja in der dritten Woche mit ihren Vélocipèden herumkraxeln werden.
Irouléguy
ist eine Bergappellation. Aber dort wo Wein wächst, wächst er schon lange, seit dem elften Jahrhundert. Damals ist den Mönchen von Roncevaux die Offenbarung zuteil geworden, dass Schafkäse gut schmeckt, Wein aber auch nicht schlecht. Deshalb haben sie Weingärten zwischen und teilweise auch auf den Schafweiden angelegt. Michel Riouspeyrous von der Domaine Arretxea hält das immer noch für eine gute Idee. Darum düngt er seine Weinstöcke mit Schafmist. Und im Winter düngen die vierbeinigen Wollträger die Weingärten direkt.
aufi und owe
Die Mischung aus Atlantik- und Gebirgsklima mit viel Wasser im Winter und im Frühling, aber viel Sonnenschein im Sommer und im Herbst, ist in Frankreich einzigartig. Der trockene Herbstföhn kommt von Spanien herüber und haut sich auf der französischen Seite über die Pyrenäen herunter. Gefährlich ist der Spätfrost im Frühjahr. Darum werden die Reben auf ziemlich hohen Stämmen gezogen. Der Boden ist ein geologischer Fleckerlteppich: vulkanischer Ophite, Schiefer, Kalk, rostbraun eisenhältiger Sandstein und noch einiges andere mehr.
konsequent oder blöd
Bemerkenswert an der Appellation ist auch, dass sie bis vor wenigen Jahren als Rotweinappellation gegolten hat. Aber an einigen Winzern aus Irouléguy kann man schön sehen, dass Beharrlichkeit und Dummheit zwei zwar oft böswillig verwechselte, aber in Wirklichkeit grundverschiedene Wesenszüge sind, meistens zumindest. Auch wenn noch so viele Generationen vor allem Tannat und Cabernet Franc gesetzt haben, haben ein paar Weinbaumeister, Michel Riouspeyrous auch hier wieder der Pionier, die Arbeitshypothese zugelassen, dass die geologische Vielfalt der Zweihunderthektarappellation Weißweinen gar nicht so unfavorabel sein könnte. Und so ist Monsieur Rudolf selber einmal
gefragt worden: „Vous aussi, vous croyez, que l’appellation est mieux pour les blancs?“
Die Fischsuppe Bisque gilt als Spezialität der Basken, aber ziemlich sicher nur deshalb, weil die Basken die Neusiedlerseefischsuppe vom Gasthaus zur Dankbarkeit nicht kennen. Wenn Sie möchten und über das erforderliche Equipment verfügen, könne sie sich ja ein Becherl Bisque und ein Becherl Fischsuppe von der Dankbarkeit in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitbringen und vergleichen.
10. Etappe, Quatorce Juillet, Tarbes – La Pierre Saint-Martin
Für den Fall, dass Sie gerade keine Suppen bei sich haben, aber trotzdem etwas vergleichen wollen, öffnet der Rudl am Dienstag, dem Tag des Sturms auf die Bastille, an dem die Radler dieses Jahr in das Baskenland fahren, nicht nur ein Flasche
Hégoxuri 2012 von der Domaine Arretxea und eine Flasche
Le Feu 2012 von der Domaine Belluard aus Ayze in den Alpen
Der hohe Eisengehalt im Boden und der Geschmack vom Caviste Rudl verbinden diese beiden Weine. Zwei von fünf oder sechs Weinen, wegen derer Rudolf Polifka privat die Weinsuchmaschine strapaziert.
Jurançon
11. Etappe, 15. Juli, Pau – Cauterets
Vom Gave de Pau bis zum Gave d’Oloron erstreckt sich ein Höhenrücken, der der Quere nach von einigen Flüssen durchschnitten wird. Von oben schaut das aus wie ein Baguette. Bedeckt ist das Baguette mit dem sogenannten Poudingue de Jurançon, einem Tonboden, der mit glaskugerlgroßen Kieselsteinen durchsetzt ist, Süßwasserkalkstein, Mergel, Sand, … tertiäre Molasse.
Auf einem vergleichbaren Boden arbeitet Samuel Delalex in Marin, gleich neben der Quelle von Evian am Genfer See, nur dass die Steinderl dort von den Alpen herunter gespült werden, wohingegen die im Jurançon jetzt in den Pyrenäen fehlen. Kalk, Mergel, Ton, Sand und Eisen da wie dort. Darum macht Herr Rudolf am Tag der elften Etappe ein Flascherl
Jurançon sec, 2011, Domaine de Souch und einen
Marin, Clos de Pont 2009, Domaine Delalex auf.
Zwei unterschiedliche Weine von zwei vergleichbaren Böden. Der Jurançon kraftvoll und exotisch, der Marin kristallklar und schlank wie das Wasser aus der Evianquelle nebenan. Sollten diese beiden Weine außer ihrem Aggregatszustand noch etwas gemeinsam haben, dann kann das fast nur vom Boden kommen. Und weil trotzdem ziemlich sicher die Unterschiede überwiegen werden, könnten Sie sich ja ein Baguette mitbringen, um zwischen dem Konsum der beiden Weine Ihren Gaumen zu neutralisieren. Ob das auch mit einem Pudding geht, müsste man ausprobieren.
Collioure
12. Etappe, 16. Juli, Lannemazan – Plateau de Beille
Dann rollt es Richtung Osten. Fast bis auf Andorra. Dort soll auf über tausend Metern Riesling wachsen. Den hätte der Rudl natürlich gerne offeriert, aber das geht nicht.
Gar nicht so weit weg von Andorra befindet sich die Appellation Banyuls, eine Appellation für gespritete Weine mit ansehnlichen Alkohol- und Restzuckerwerten, Weine, die man wahrscheinlich eher zu einem Fünfzigkilometerlanglaufrennen trinkt als im Juli. Allerdings gibt es eine Appellation für trockene Rote und Weiße, die AOP Collioure. Dort stehen auf präkambrischem Schiefer und Gneis die Weingärten der Domaine de la Rectorie.
Schieferweingärten gibt es in Savoyen auch. Und neuerdings wird dort auch wieder Wein gepflanzt. Brice Omont und Michel Grisard haben in Cevins einen traditionellen Weinberg rekultiviert, die Domaine des Ardoisières, die Domaine der Schieferplatten. Bemerkenswerterweise haben die Domaine de la Rectorie in Banyuls und die Domaine des Ardoisière einen Wein, der Argile blanc heißt. Der mediterrane besteht aus zu 90 % aus Grenache Gris und zu 10 % aus Grenache Blanc, der alpine aus 70 % Jacquère und 30 % Mondeuse Blanche. Für gewöhnlich ist auch Chardonnay dabei. Aber 2013 haben die Schafe die Chardonnay-Lese übernommen.
Collioure, Argile blanc, 2010, Domaine de la Rectorie
Vin de Pays des Allobroges, Argile blanc, 2013, Domaine des Ardoisières
Gaillac
13. Etappe, 17. Juli, Muret – Rodez
Dann geht es in Richtung Alpen, knapp an Gaillac vorbei. Der Kalk dort ist noch weißer als Kimmeridge, vielleicht weil er mehr als hundert Millionen Jahre jünger ist. Das muss schon unter den Römern so gewesen sein. Deshalb haben die den roten Kaolinit-Ton, zu dem der weiße Kalk in Gaillac verwittert für ihre Amphoren und Ziegelsteine verwendet. Davon kündet unter anderem die Kathedrale von Albi. Vielleicht hat dieser Mangel an Jahren die Gaillacois in den Neunziger Jahren verleitet, auf ihre alten, möglicherweise von den Römern mitgebrachten Rebsorten zu pfeifen und wie die Wilden Sauvignon, Semillon, Chardonnay und Muscadelle zu pflanzen. Alle Gaillacois? Nein, die Familie Plageoles hat da nicht mitgespielt. Die hat gerade umso mehr Ondenc, Fer Servadou, Brocol, Duras, Mauzac und l’En de l’El – ein Dialektname für loin de l’oeil (aus dem Auge) gepflegt. Darum sind die jetzt eben nicht mehr aus dem Auge, sondern werden auch von anderen Weinbauern wieder entdeckt.
Und dazu einer vom alten steilen Kimmeridge-Kalkfelsen hinter der Domaine Dupasquier in Jongieux, dort wo der Montagne du Chat zur Rhône hin abfällt.
Ondenc, 2011, Domaine Plageoles
Altesse, 2009, Domaine Dupasquier
Der Wein zur Pyrenäen-Etappe, im vorauseilenden Ungehorsam ein darauf geologisch abgestimmter Vorbote der Alpen(etappen) und ein paar andere Weine schüttet Herr Rudolf diese Woche in die Gläser.
Ab Samstag, den 18. Juli ist der Laden dann bis 10. September dicht. Es muss ja auch geforscht werden. Die Forschung ist unser höchstes Gut.
Dienstag, den 14. Juli,
Mittwoch, den 15. Juli,
Donnerstag, den 16. Juli und
Freitag, den 17. Juli
erst von 19(!) bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Der Rudl bedankt sich und wünscht einen formidablen Sommer!