Apremont. Vorletzte Station vom Rudl seiner Weinreise durch Frankreich
Immer wieder liest man von den Crus Abymes und Apremont als Herz des savoyardischen Weins. Geographisch stimmt das nicht, weil südlich von Apremont die Weinbauregion Savoyen endet, also könnte man anatomieanalog bestenfalls von den Füßen, vielleicht von der Achillesferse des savoyardischen Weins sprechen. Quantitativ stellt Jacquère mit den Cru-Bezeichnungen Abymes und Apremont den Hauptanteil des Weines aus der Region Savoyen. Qualitativ stellt sich die Sachlage dem Rudl differenziert dar.
Apremont als solcher
Dem Apremont lassen sie gerne die Feinhefe. Dafür füllen sie ihn früher ab. Ganz dezentes Prickeln, Frische und ein blassgrüner Ton sind das Ziel. Alpenblumenaromen, Kräuter und eine appetitanregende Steinigkeit als Paradekombination mit allen Nahrungsmitteln, die aus dem Wasser kommen.
So hat André Combaz in seinem 1992 erschienenen Standardwerk über die Weine Savoyens Apremont beschrieben. Im Idealfall stimmt das auch heute. Sie treffen diesen Idealfall heute jedoch nicht so leicht. Wie sich das 1992 dargestellt hat, das weiß der Rudl nicht. Damals hat er sich schon für Wein aus Frankreich interessiert, die Weinbauregion Savoyen aber erst vier Jahre später für sich entdeckt.
lokaler Wein
Wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, heute in Savoyen irgendwo einfach nur einen lokalen Wein bestellen, dann haben Sie gute Chancen, dass man Ihnen Apremont bringt. Und wenn man Ihnen Apremont bringt, dann haben Sie wiederum gute Chancen, dass der an Sauvignon Blanc Steirische Klassik oder Grüner Veltliner Weinviertel DAC erinnert, nur halt ein bissl mehr Säure und weniger Alkohol, weil Jacquère viel später reift und viele Winzer auch ganz ordentlich etwas oben hängen lassen.
aber
Dafür können natürlich weder die Rebsorte Jacquère noch die Lage Apremont etwas, gerade genauso wie es ja auch formidabelste Grüne Veltliner aus dem Weinviertel und extraordinaire klassische Sauvignons aus der Steiermark gibt.
Aromareinzuchthefen
Wir leben ja in einer Zeit, wo gerade in der sogenannten Nahrungsmittelindustrie mehr oder weniger fast alles explizit irgendwo auf die Verpackung gepinselt wird, nur damit der Angeschmierte nicht im Nachhinein irgendetwas einklagen kann; bei Zigaretten, dass im angezündeten Zustand Rauch heraus kommt; bei Bier, dass Alkohol drinnen ist; bei Wein, dass Sulfite nicht ausgeschlossen werden könne und bei Eis, dass man nicht erschrecken sollte, wenn es kalt ist.
Warum eigentlich nicht auf einem Weinetikett vermerken, wenn ein Wein mit einer ganz wilden Zuckerlhefe vergoren worden ist? Marketing- und Kommunikatonsexperten könnten das ja gerne euphemistisch behübschen, mit Slogans wie „Wie die sauren Drops von der Omama!“ oder „Trinkfreude mit den Aromen des Kindersielplatzes!“
Aber erstens verwenden Marketing- und Kommunikationsprofis keinen Genetiv und zweitens würden das die Heferlzüchter genauso wenig tolerieren wie die Vereinigte Internationale von Neoliberalisten ein ernsthaftes Parteispendengesetz.
So oder so
Der Apremont kann nichts dafür, die Jacquère auch nicht. Das nachzuweisen wird die Aufgabe von Caviste Rudolf auf seiner vorletzten Station durch Frankreich sein, hundertpercent gummibären- und brausepulverfrei.
Apremont 2013, Domaine Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie
Über die beiden Giachino Brüder hat der Rudl schon ziemlich oft geschrieben. Er setzt das als bekannt voraus. So direkt und resolut die mit den administrativen Agenden am Weingut betraute Frau Giachino agiert, so präzise und lebendig sind die Weine der Giachinos. Monsieur Rudolf freut sich zu zeigen, dass ein gelungener Apremont die auf seine Lese folgende Skisaison locker überlebt.
Matthieu Goury
Seine Rebläche verteilt sich auf eisenhältige Gletschermoränen am rechten Ufer der Isère um Saint Pierre d’Albigny und braunen Kalk am linken Ufer. Dort wächst sein Apremont, dem der Rudl eine Woche in den letzten Ferien fast jeden Abend beim Rennen den Servus herunter gerissen hat.
Herbicide sind Goury sowieso noch nie in den Weingarten gekommen. Das hat Herr Rudolf beim Laufen nicht nur optisch, sondern auch olofaktorisch rezipiert. Den Unterschied zwischen biologisch gepflegten Weingärten und solchen, in denen Turbomassenwein wächst, den kann man in Apremont ziemlich frappant anschauen und -riechen, sogar beim Vorbeilaufen.
Der Ausbau erfolgt sehr traditionell und endet, wenn in Savoyen ein Großteil der Ernte des Folgejahrgangs bereits verkauft ist. Seinem Credo nach muss ein Wein Abbild seines Platzes zu einer bestimmten Zeit sein.
Matthieu Goury ist einer der drei jungen Winzer, die der Rudl vergangenen Sommer kennengelernt hat. Der Apremont ist dem sein bester Wein, zumindest hat der Rudl das so beurteilt.
Jean-Claude Masson
Dass es einfachere Dinge im Leben gibt, als bei Jean-Claude Masson einen Termin zu bekommen, hat Ihnen der Rudl schon einmal geschrieben. Und die Nichtbeschilderung des Weges hinauf zu seinem Weingut ist ein dezenter Hinweis, dass Masson den Hauptakzent seines Schaffens auf die Arbeit im Weingarten und im Keller, nicht aber auf Gespräche mit Kunden legt. Wenn man aber einmal bei ihm im Keller sitzt, sollte man unmittelbar und auch mittelbar danach keinen wichtigen Termin haben. Man könnte in Anbetracht der so gut wie nicht gegebenen Beleuchtung kaum die Zeit vom Chronometer ablesen. Das würde sich aber sowieso nicht empfehlen. So unkompliziert Jean-Claude Masson wirkt und vermutlich auch ist, so großen Wert legt er auf Höflichkeit und Umgangsformen. Nicht unstolz erzählt er vom Besuch eines Parisers, auf die Angabe der Herkunft dieses Kunden legt Masson wert. Der sei mit seinem Kübel gerade nicht durch die Kellertür gefahren und habe den Grund seines Besuchs mit „Il me faut du vin!“ – Schulmeister Rudolf erlaubt sich zu übersetzen: „Ich brauche Weine!“ – bekannt gegeben. Daraufhin habe ihm Monsieur Masson erklärt, dass man dort, wo er zu Hause sei, anklopfe, grüße und dann seinen Wunsch, versehen mit der Wendung „s’il vous plaît“ kundtue.
Sitzt man dann auf dem Holzbankerl am nicht betonierten Kellerboden bei Masson, vergisst man sowieso bald einmal, dass es ein Universum außerhalb dieses Kellers gibt.
Apremont „Lisa“ 2017, Jean-Claude Masson, Apremont, AOP Vin de Savoie (3/5)
Apremont 2016, Domaine de Chevillard, Saint-Pierre-d’Albigny, AOP Vin de Savoie (4/6)
Apremont „La Déchirée“ 2017, Jean-Claude Masson, Apremont, AOP Vin de Savoie (4/6)
Apremont 2013, Domaine Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie (4/6)
Apremont „La Centenaire“ 2016, Jean-Claude Masson, Apremont, AOP Vin de Savoie (5/8)
Grüner Veltliner Rosenberg 2017, Josef Salomon, Falkenstein, Weinviertel (2,50/4)
Grüner Veltliner Retzer Stein 2017, Weingut Rudolf Fidesser, Platt, Weinviertel (4/6)
Grüner Veltliner Katzensprung 2015, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel (4/6)
Sauvignon „Blaue Libelle“ 2017, Andreas und Elisabeth Tscheppe, Glanz, Steiererland (5/8)
(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)
… nicht nur diese Weine, sondern auch noch einen ganzen Haufen Weine aus den Pyrenäen gibt es glasweise
diese Woche am Dienstag, den 4. Juni und am Donnerstag, den 6. Juni
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Vorschau auf die Lehrveranstaltung vom 11. und 13. Juni
Hoch-Savoyen. Letzte Station der diesjährigen Tour
Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag der Menschenwürde erklärt!
Herr Rudolf grüßt Heferln, den Hof und die Hofburg!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien
Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen
kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57