Am Donnerstag, den 10. September beendet der Rudl seinen Sommerschlaf und kredenzt einen möglichst repräsentativen Querschnitt durch sein Sortiment und ein bissl darüber hinaus. Am 11. und am 12. September findet dann das Reindorfgassenfest statt. Auch da hat Monsieur Rudolf selbstredend geöffnet.
Reindorf
Über Reindorf ließe sich viel schreiben. Das Epizentrum des 15. Bezirks war seinerzeit von einem Meer bedeckt. Irgendwann hat dieses Meer dann begonnen sich zurückzuziehen und ein Binnenmeer zu bilden. Das muss ungefähr vor knapp siebzig Millionen Jahren gewesen sein, damals als das Erdmittelalter an die Erdneuzeit übergeben hat. Irgendwann hat dann auch das Binnenmeer den Hut drauf gehaut und es ist kalt geworden in Reindorf und darüber hinaus. Aus dem Frost resultierte Schutt, den wiederum Donau und Wienfluss in das Wiener Becken befördert haben. Der Wienfluss ist früher einmal mehrere hundert Meter breit gewesen. Aber das war vor dem Bau der U4. Damals hat die Wien als Fischwasser und Energiequelle Menschen ernährt. Der größte Mühlbach befand sich dort, wo jetzt Ullmannstraße und Mollardgasse nach dem Motto „Parkplätze statt Mehl!“ bewirtschaftet werden.
Wenn es am Ende einer Eiszeit warm geworden ist, haben sich Donau und Wien in die Schottermassen hinein geschnitten und Terrassen gebildet, je weiter weg vom Wasser, desto älter die Terrasse. Reindorf liegt auf der ältesten dieser Terrassen, der Laar-Berg-Terrasse, die an der musikgeschichtlich vermutlich berühmtesten Gehsteigkante der Welt beginnt und im Türkenschanzpark endet.
Geologischer Überbau
Reindorf ist bedeckt von einer dünnen Lössschicht, die im Lauf der Zeit vom Kalk und Sandstein aus dem Wienerwald integriert worden ist, oder umgekehrt. Sehen tut man beides nicht, weil der Großteil von Reindorf zuasphaltiert ist. Rudolfsheim-Fünfhaus ist der Bezirk mit den anteilsmäßig dritthöchsten Verkehrsflächen. Drum juckt es den Rudl immer wieder, wenigstens ein ganz kleines Fleckerl auf der Kreuzung Ölweingasse – Reindorfgasse zu begrünen, gerade so groß, dass ein Weinglasl drauf Platz hat, aber dazu fehlt der politische Wille, wie man sagt.
Basis
Die handfeste Basis des Ganzen stellen vor allem aus den Alpen zugewanderte Quarze dar. Ob das der Grund ist, warum Rudolfsheim-Fünfhaus bei Wahlen kein gutes Pflaster für Hetzer ist, oder die gute Durchmischung der Bevölkerung, die dafür sorgt, dass man einander kennt und nicht angafft, das weiß der Rudl nicht und es ist ihm auch egal, solange es nur so bleibt.
Nix fia unguat
Direkt maßgeschneidert für einen Bahööö wie das Reindorfgassenfest ist dem Rudl sein Einkaufsgeschäft ja nicht oder vice versa. Darum ersucht Monsieur Polifka Sie, gewogene Oenologin, geneigter Oenologe, gleich am Beginn des Trimesters um Nachsicht im Falle der einen oder anderen Inkonvenienz. Ein Pfand für das Hinaustragen von Gläsern und Flaschen zu verlangen ist auch dem Herrn Rudolf nicht die sympathischste Idee, aber es ist ihm noch nichts Schlaueres eingefallen. Und bevor er den Wein in Einwegbecherl füllt, sperrt er lieber ganz zu. Dasselbe betrifft die eine oder andere Minute des Wartens beim Anstellen. Die ist nicht auszuschließen. Aber auch da findet der Rudl nur das Vordrängen noch blöder als das Warten.
Auf alle Fälle kredenzt Herr Rudolf diese Woche folgende Weine
Grüner Veltiner Landwein, Staringer, Weinviertel
Grüner Veltliner Vollmondlese, Uibel, Weinviertel, 2014
Jacquère, Domaine Dupasqier, AOC Vin de Savoie, 2010
Blaufränkisch Landwein, Alfred Weber, Südburgenland
Zweigelt, Biohof Heideboden, Neusiedlersee, 2012
Mondeuse, Jacques Maillet, Vin de Savoie, 2013
Riesling, Klinglhuber, Kamptal, 1973
… und sollte sich der Dreiundsiebziger großer Beliebtheit erfreuen und deshalb leer sein, wird der Rudl den Vierundsiebziger vom selben Weingut aufmachen und dann gegebenenfalls den Fünfundsiebziger. Nach dem Klinglhuber Riesling aus dem Jahr 1976 wäre dann auf alle Fälle Schluss. Den Siebenundsiebziger hat Herr Rudolf nicht in Wien lagern.
Dazu gibt es das Bräustübl Märzen aus Salzburg Mülln und Trockenwürstel vom Steppenrind aus Pamhagen.
Carambar
Monsieur Rudolf hat diesen Sommer zum ersten Mal in seinem Leben bewusst einen Corton-Charlemagne getrunken hat. Dieses Geschmackserlebnis möchte er gerne mit Ihnen teilen. Darum gibt es für die ersten vierzig Kundinnen und Kunden der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils ein eigens aus Frankreich importiertes Carambar. Die Aufzeichnungen vom Rudl über den Corton-Charlemagne bestehen aus genau diesem Wort.
Donnerstag, den 10. September von 16 bis 22 Uhr
Freitag, den 11. September ab 16 Uhr und
Samstag, den 12. September ab 14(!) Uhr
Nachrichten aus dem Flaschensortiment
Caviste Rudolf freut sich, eine Rotweincuvée von der Domaine des Ardoisières anbieten zu können: Améthyste, 60 % Persan, 40 % Mondeuse Noire, gewachsen auf bis zu 60 Grad steilen, nach Süden ausgerichteten kargen Schiefer-Terrassen im Tal der Isère.
Und eine zweite Errungenschaft: Das Weinviertel mag der Monsieur Polifka besonders. Drum ist es im Sortiment seines Kaufladens auch gut vertreten. Aber jetzt kann er zum ersten Mal einen soliden Weißen im Zwei-Liter-Gebinde, das dessen Arterhaltung dem Rudl ja auch nicht ganz egal ist, anbieten: Grüner Veltiner Landwein vom Bio-Weingut Staringer aus Stillfried an der March.
Herr Rudolf wünscht einen agréable Eintritt in die R-Monate! Allez-y!