Es wimmelt. Es wimmelt von Natur, von Naturburschinnen und Naturburschen. Sie müssen nur einmal in die Nähe des Pratersterns fahren, respektive in den letzten drei Wochen gefahren sein. Dann, wenn Sie diese Zeilen lesen, überfliegen oder nicht lesen, wird die Wiener Wiesn 2014 vorbei und der Rudl gar nicht so verzagt sein. So eine Urigkeit war für den Rudl immer nur Quelle unfreiwilliger Komik, nie auch nur annähernd irgendetwas, das mit Heimat oder Identität zu tun hat. Und dass dieses Neulederhöschentum jetzt cool oder scharf sein soll … nicht böse sein … Damit überfordert man Monsieur Rudolf, der ja sowieso nicht mit einem Übermaß an Flexibilität gesegnet ist. Dabei kommt der Rudl ja aus einer Gegend, wo man wirklich einmal in der Ledernen gearbeitet hat. Vor hundertfünfzig Jahren oder was, angeblich, auf alle Fälle bevor die Jimmyhose von Amerika herüber gekommen ist. Und ein paar hundert Kilometer westlich vom Praterstern.
Die Kaiserwiese, der Tölpel und Naturweine
Irgendwie erinnert das den Rudl an den Wein. Im Moment kann es gar nicht genug Natur sein. Wie natürlich waren eigentlich die Weine vor fünfzehn Jahren? Natürlicher oder weniger natürlich als heute? Aber da war Natur nicht cool. Zumindest beim Wein ist das jetzt anders.
Aber es ist gar nicht immer so einfach abzuschätzen, inwiefern so ein Wein jetzt Natur ist. Unlängst war über einen steirischen Winzer zu lesen, seine Weine seien ohnehin zu soundsoviel Prozent biologisch, fast ein bissl wie seinerzeit die Etikettenaufschrift „Teilbarrique“. Dabei stellt sich halt die Frage, um welche Biokriterien es da geht und wie viel Prozent man denen zuordnet. Ein Rebstock, dessen Boden Kontakt zu Erde hat – 30 Bioprozent, wenn dann schon einmal ein Vogelgaggerl drauf war: zehn Bio-Percent dazu und so weiter. Jetzt ist der Rudl bei Gott nicht einer, der viel auf Zertifizierungen hält. Da ist er von der Schule her ein gebranntes Kind. Aber irgendein Anhaltspunkt, was einen bei manchen Naturweinen circa erwartet, wäre manchmal schon ganz klass. Ohne Frage sind viele exzellent, lebendig, frisch, ohne unerwünschte Nebenwirkungen und lagerfähig. Aber es gibt auch unsaubere Fässer oder verfaulte Trauben, die als Natur vermarktet werden, gerade wie bei den Krachledernen aus Hietzing, Penzing und Simmering.
Köstlich versus käuflich
Die Fässer und Stahltanks von Josef Salomon in Falkenstein sind sauber. Auf Kunstdünger, Pestizide und Insektizide pfeifen Josef und Heinrich Salomon seit den Siebziger Jahren. Da war das weder angesagt noch selbstverständlich, dass der Senior so etwas unterstützt, wenn es sich der Junior in den Kopf setzt. Und die Muskateller- und Sauvignon-Welle haben einen Bogen um die Salomon-Rieden in Falkenstein gemacht. Stattdessen gibt es einen Grünen Sylvaner, wenn man Glück hat einen, dessen Zuckerrest nach ein paar Jahren zu einer Vielschichtigkeit reift, die der Monsieur Rudolf nicht beschreiben kann.
Der Jahrgang 2014 hängt bei Josef Salomon größtenteils noch draußen. Wenn dann die eingetrockneten verfaulten Trauben aussortiert worden sein werden, wird von diesem Jahrgang ziemlich wenig Wein übrig sein. Aber der wird auffallen. Vorher wird er gären, solange er das will, der eine länger, der andere kürzer. Bis zur DAC-Präsentation am 3. März 2015 wird es sich nicht ausgehen. Bei einigen kommt dann „am Ende des Tages“, wie der Berater sagt, ein trockener Wein heraus, ein sauberer, trockener Wein. Bei gar nicht so wenigen auch ein Wein mit ein paar Gramm Restsüße. So ein Wein ist heute gar nicht so gefragt. Aber zum Glück ist der Kunde nicht überall König, sondern manchmal auch schon Citoyen. Und darum gären die Weine von Josef Salomon so und so lange, wie sie wollen. Das haben die Salomon-Weine schon in der vorigen Generation unter Heinrich Salomon getan. Der schaut am Samstag Nachmittag, wenn man Glück hat, immer noch in der Kellergasse vorbei und erklärt einem den Unterschied zwischen altem Wein und reifem Wein. Manch gereifter Wein, den er seinerzeit gären lassen hat, wie er wollte, wäre mit seiner Restsüße als Jungweine heute kaum zu verkaufen. Jetzt hat sich die Restsüße eingebunden, da wäre er leicht zu verkaufen, ist es aber nicht, weil Vater und Sohn Salomon salomonisch und nicht käuflich sind. Aber manchmal hat man Glück, dann darf man einen kosten. Und das ist großartig.
Der 2005er Grüne Veltliner Rosenberg hat seinerzeit als lieblicher Wein aufgehört zu gären und ist dann achtzehn Monate auf der Feinhefe gelegen, bevor er Zutritt zur Flasche bekommen hat. Und jetzt, fast zehn Jahre später, ist er sicher noch nicht am Zenit, aber schon ein beeindruckender Wein.
Der 2009er hat sich nach zwölf Monaten von seiner Feinhefe trennen müssen und ist halbtrocken.
Der 2012er trocken und der 2013er detto, wobei Letzterer wie erwähnt vor drei Monaten noch gegärt hat.
Diese vier Weine, 2005, 2009, 2012 und 2013, aber nicht ausschließlich, gibt es diese Woche glasweise und flaschenweise in der
„Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils“,
am Donnerstag, den 16. Oktober und am Freitag, den 17. Oktober
von 16 bis 22 Uhr, zu Reindorf.
Monsieur Polifka freut, sich, dass ab sofort Pinot Gris Spätlese 2004, Muskat3 2012, Welschriesling 2013, Zweigelt 2011 und Pinot Noir 2010 von der Dankbarkeit in Podersdorf wieder verfügbar sind.
Der Rudl grüßt Feinhefen, Hefen und Heferln und fordert Dankmalschutz und Tölpelverbot für die, beziehungsweise auf der Kaiserwiese!
Monsieur Rudolf